Protocol of the Session on August 29, 2002

das niemandem in Ihren Reihen und auch niemandem im Lande Niedersachsen. Es geht Ihnen lediglich darum, dieses Land in dem Punkt schlechtzureden.

(Zustimmung von der SPD - Frau Hansen [CDU]: Karten auf den Tisch! Fakten! - Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, eines will ich in meiner letzten Minute Redezeit auch noch sagen: Bitte vergessen Sie nicht, was objektive Beurteiler der Regierung Albrecht in das Stammbuch geschrieben haben. Ich fange an beim Bund der Steuerzahler, ich setze fort mit den Statistischen Monatsheften.

(Frau Pawelski [CDU]: Was haben sie denn gesagt?)

- Das kann ich Ihnen gerne vorlesen.

(Frau Pawelski [CDU]: Oh, ja, bitte!)

Dort heißt es, in dieser Zeit des Nicht-wartenWollens und -Könnens seien die Grundlagen für die heutigen Probleme gelegt worden. Und die Steuerzahler schreiben, unter CDU-Ministerpräsident Ernst Albrecht habe die Schuldenspirale begonnen, sich richtig zu drehen.

(Glocke des Präsidenten)

Zu Zeiten der Albrecht-Regierung habe sich der Anteil der Schulden am BIP des Landes von 9,2 % auf 18,3 % erhöht.

(Schurreit [SPD]: Verdoppelt!)

Und das alles bei BEB-Einnahmen und unter Konjunkturaussichten, die gewaltig besser waren, als sie zurzeit sind, meine Damen und Herren.

(Schurreit [SPD]: Ja!)

Wir haben gemeinsam mit Ihnen die deutsche Einheit gewollt und haben sie auch bezahlen müssen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Herr Möhrmann, das, was Sie hier abhandeln, ist letztes Jahrhundert! - Busemann [CDU]: Gerhard Schröder hat doch gesagt: Keine Mark in den Osten! - Weitere Zurufe von der CDU Glocke des Präsidenten)

- Ich bin sofort fertig. - Alleine für das Land Niedersachsen waren das mehr als 25 Milliarden DM,

die wir gerne zur Verfügung gestellt haben, die uns aber auf der anderen Seite auch gefehlt haben. Sie blenden das völlig aus. Sie blenden weiter aus, dass sich die Konjunktur nach 1992 vollkommen anders entwickelt hat als in den Jahren der Regierung Albrecht.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Unter Albrecht ging es besser, das ist wahr!)

Herr Gansäuer, ich finde, dass die Zitate, die Sie hier vorgelesen haben, zwar nicht falsch sind. Sie beschreiben etwas, was tatsächlich entstanden ist. Nur, die Ursachen und das, was niedersächsische Politik daran reparieren könnte, haben Sie überhaupt nicht beleuchtet.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Seitdem Sie in Berlin regieren, wurde es doch noch schlechter!)

Trotzdem hat das Institut der Deutschen Wirtschaft die Finanzpolitik des Landes von 1990 bis zum Jahr 2000 mit Platz 2 bewertet.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das kann doch nicht wahr sein!)

Von daher - da bin ich ganz sicher - schaffen wir auch das, was wir uns jetzt vorgenommen haben, nämlich den Haushalt des Landes auch in den nächsten fünf Jahre zu konsolidieren. - Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich möchte den Kollegen Möhrmann und die Damen und Herren des Plenums darauf aufmerksam machen, dass die Tagesordnung mit der Formulierung zu Punkt 29 im Ältestenrat zur Beratung anstand und ohne Beanstandung genehmigt worden ist. Wenn Sie also Bedenken haben, dann müssen Sie sie an anderer Stelle vortragen. Ich habe hier eine Aussage aufgenommen, von der ich meine, dass der Betreffende, der sie gemacht hat, darüber nachdenken sollte. Mehr habe ich nicht gemacht.

Ich komme zur Ausschussüberweisung des Antrages. Wer möchte, dass sich der Ausschuss für Haushalt und Finanzen mit ihm befasst, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 30: Besprechung: Steigende Zahl von forensischen Maßregelvollzugspatienten - Einrichtungen des Maßregelvollzugs vor dem Kollaps - Große Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 14/3497 Antwort der Landesregierung - Drs. 14/3653

Wir kommen zur Besprechung. Als Erste hat sich Frau Kollegin Zachow gemeldet, der ich das Wort erteile.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um zunächst einmal jeglicher Legendenbildung vorzubeugen, Frau Ministerin: Bei der damaligen Dezentralisierung des Maßregelvollzugs ging es nicht um Regionalisierung oder um reformorientierte Gesichtspunkte, wie Sie uns weiszumachen versuchen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Damals ging es schlicht und einfach darum, dass Göttingen und Moringen aus allen Nähten platzten. Uns diesen Notstand im Nachhinein als soziale Wohltat verkaufen zu wollen, ist unerhört.

Ihre Vorgängerin im Amt, Frau Merk, hatte damals Herrn Wulff, Frau Pawelski und mich zu einem Gespräch eingeladen und uns wirklich beschworen, dieser Verteilung von forensischen Patienten zuzustimmen. Durch die Überbelegung in Göttingen und Moringen und die damals klammheimliche Belegung von Osnabrück mit Maßregelvollzugspatienten schwand die Akzeptanz gegenüber der Forensik immer mehr.

Die CDU hat Ihren Vorschlägen damals zugestimmt. Allerdings waren sich alle Gesprächsteilnehmer darin einig, dass die vorgelegten Planzahlen wirklich das absolute Ende der Fahnenstange darstellten, dass mehr einfach nicht möglich sei und deshalb über eine neue dritte Einrichtung oder eine wirklich große Erweiterung eines bestehenden Hauses nachgedacht werden müsse. Erst recht herrschte völliges Einverständnis, dass die baulichen Sicherungsmaßnahmen schleunigst durchgezogen werden müssten. Eine weitere Maßgabe war damals - das beschreiben Sie richtig -, dass die durch fehlende Plätze teilweise notwendig gewordene Durchmischung mit Patienten der Allgemeinpsychiatrie und Maßregelvollzugspatienten beseitigt werden müsse.

Und jetzt behaupten Sie, dass dies bis auf wenige Ausnahmen tatsächlich passiert sei. Diese Aussage, Frau Ministerin, nehmen wir Ihnen wirklich übel! Ich nenne Ihnen nur zwei Zahlen: Aus einem Landeskrankenhaus - ich nenne hier keine Namen wurde im Oktober 2001 berichtet - das ist noch nicht so lange her -, dass einzelne Stationen bis zu einem Drittel mit forensischen Patienten belegt waren. Die zweite Zahl betrifft Lüneburg - das sind die Zahlen, die Sie selber veröffentlicht haben -, wo zum 1. Juni bei 69 Planbetten 88 forensische Patienten untergebracht waren. Das sind mehr als 20 % Überbelegung!

(Zuruf von der CDU: Tja!)

Diese Durchmischung begründen Sie nicht nur mit Überfüllung des forensischen Bereichs, sondern auch mit therapeutischen Gründen.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Das können Sie in der Fachliteratur nachlesen!)

Ich habe bei Klinikern nachgefragt, welche therapeutischen Gründe sie sich vorstellen könnten. Die kürzeste Antwort will ich Ihnen hier nennen: Alles Quatsch!

(Zustimmung von Frau Pawelski [CDU] - Zurufe von der SPD)

Sie betreiben Mangelverwaltung, widersetzen sich auch der Forderung der Krankenkassen, die Ihnen aufgetragen haben, diese Stationen voneinander zu trennen. Ich finde, das ist alles nur noch skandalös!

(Zustimmung von Frau Pawelski [CDU])

Am 22. August dieses Jahres befanden sich auf den beiden geschützten Stationen der Allgemeinpsychiatrie in Lüneburg jeweils fünf forensische Patienten, die im Rahmen einer Krise dort untergebracht wurden. Sie behaupten, so etwas geschehe nur, wenn es nach streng medizinischen Maßstäben vertretbar sei. Für wen eigentlich vertretbar?

Geschützte Stationen mit den außerordentlich schwierigen Krankheitsbildern, dazu kommen forensische Patienten in einer Krise - wir müssen uns doch nicht wundern, wenn ehemalige Patienten von Angst berichten, zumal sie doch auch wissen, um welche Straftaten es sich teilweise handelt. Wenn Angehörige uns voller Angst und Sorge über diese Zustände berichten, dann müssen wir uns doch nicht wundern, wenn sich niedergelassene Psychiater fragen, wohin sie z. B. depressive, sui

zidalgefährdete Patientinnen einweisen sollen. Wir müssen uns auch nicht wundern, wenn Patienten freiwillige Behandlungen in einer Fachklinik ablehnen - gar nicht einmal von den Belastungen des Pflegepersonals zu sprechen.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Dann sollte man denen die Approbation aberken- nen, wenn die sich das fragen müs- sen!)

- Frau Elsner-Solar, wenn Sie meinen, man solle denen die Approbation aberkennen, dann ist das haarsträubend! Die wissen doch nicht, wohin, weil sie die Stationen und die Situation dort kennen.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Wenn sie ausgebildet sind, müssen sie wissen, wohin sie damit gehen können!)

Meine Damen und Herren, aber auch bei nicht geschützten Stationen, wo sich alles eine Nummer ruhiger abspielt, gibt es problemhafte Situationen bei unterschiedlichen Patientengruppen.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Natürlich!)

Sie können nicht leugnen, dass das Misstrauen auf den Stationen zunimmt. Sie kennen die Dinge ganz genau, Frau Elsner-Solar!

(Zustimmung von Frau Pawelski [CDU])