Protocol of the Session on August 28, 2002

Es gibt solche Strategiepapiere für Medienstandorte und für die verschiedensten Bereiche. Wenn man sich einmal die Mühe macht, hinter die Kulissen zu schauen, kommt man zu der kühlen, harten und ernüchternden Erkenntnis, dass weithin nichts geschehen ist. Es gab nur Ankündigungen. Die entscheidende Frage lautet meines Erachtens daher: Ist dies wirklich eine durchgreifende Strategie, oder handelt es sich, wie so oft, nur um ein Werbeprogramm zur Wahl? - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin Dr. Knorre hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen ist ein Autoland. Wir haben die große Chance, Niedersachsen auch zu einem Flugzeug

land zu machen. Diese Chance wollen wir nutzen. Wenn Herr Wenzel sagt, es stehe keine Perspektive hinter diesem Programm, muss ich Sie einmal fragen: Wie soll eine Perspektive aussehen, wenn 40 000 Arbeitsplätze, die wir bis 2007 hier schaffen wollen, keine Perspektive sind?

(Beifall bei der SPD - Frau Harms [GRÜNE]: Wie viel?)

- 40 000 Arbeitsplätze. Wir haben direkt im Bereich der Luft- und Raumfahrt jetzt schon 20 000 Arbeitsplätze. Wir haben das klare Ziel vorgegeben, dass wir diese Zahl verdoppeln wollen. Das ist das Ziel, das hinter dem Programm steht. Wenn das keine Perspektive ist, weiß ich nicht, was Sie als Perspektive bezeichnen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist, wie ich glaube, im Übrigen ganz klar, dass wir unsere Ziele definiert haben, auch was die Schwerpunkte unserer Förderung anbelangt. Sie wissen, dass ich immer gesagt habe, dass wir Schwerpunkte bei unserer Wirtschaftsförderung setzen müssen. Um es ganz klar zu sagen: Dieses ist ein Schwerpunkt der Wirtschaftsförderung in Niedersachsen, und zwar ohne Wenn und Aber. Deswegen sind auch die 40 Millionen Euro, die wir investieren wollen, nicht irgendeine gegriffene Größe. Es handelt sich vielmehr um eine plausible Hochrechnung anhand von Projekten, die wir in der Pipeline haben oder die wir zumindest am Horizont sehen. Dies ist also nicht eine gegriffene Zahl, sondern eine Zahl, die wir aus der Kenntnis des Marktes und der Projekte und der Investoren, die wir im Augenblick haben, realistischerweise ansetzen können.

Insofern klare Ansage: Dies ist ein Schwerpunkt der Förderpolitik. Ich sage Ihnen ganz offen, dass wir den Mut haben, diesen Schwerpunkt so zu setzen und uns nicht mit der Gießkanne in der Förderpolitik im Klein-Klein zu verstricken.

Herr Dinkla, Sie haben gesagt, wir hätten so viele Strategien. Sie haben Recht. Wir haben in der Tat viele Strategien, wie wir die Wirtschaft im Lande voranbringen wollen. Wenn Sie bemängeln, dass nichts passiere, dann erinnere ich Sie an Folgendes: Dieses Land und diese Landesregierung haben im Bereich der Luft- und Raumfahrt in den vergangenen zehn Jahren Investitionen in der Größenordnung von fast einer Viertelmilliarde Euro angeschoben. Wenn das keine Taten sind, dann weiß ich es wirklich nicht mehr. In der Tat ist das eines

der größten Investitionsvolumen für eine Branche in diesem Lande.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Sinne werden wir diese Strategie weiterhin konsequent umsetzen. Es geht vor allem darum, unsere Standortschwerpunkte weiterzuentwickeln, die starken Airbus-Standorte weiterzuentwickeln, den starken Standort Hannover und alles das, was sich rund um den Forschungsflughafen Braunschweig tut, weiterzuentwickeln. Wichtig ist dabei, dass wir darauf achten, diese Standorte untereinander zu vernetzen und das spezifische Know-how, das zum Teil vorhanden ist, auch für Aktivitäten an anderen Standorten nutzbar zu machen. Deswegen ist es wichtig, dass das DLR aus Braunschweig künftig auch in Stade vertreten ist, um dort aktiv im FuE-Bereich mitwirken zu können. Deshalb ist es wichtig, dass wir neue, auch logistische Konzepte entwickeln, um beispielsweise die Airbus-Standorte im Norden unseres Landes noch besser zu verbinden, um dort Materialflüsse und den Gütertransport weiter zu optimieren. Die Vernetzung der Standorte ist also ein Topthema. Wir werden unsere FuE-Mittel weiterhin an diesen Standorten einsetzen. Stade ist dabei im Augenblick sicherlich ein Schwerpunkt. Meine Damen und Herren, das, was dort zurzeit gerade im Bereich Luft- und Raumfahrt, FuE, passiert, kann sich wirklich sehen lassen und schafft Arbeitsplätze. Darauf kommt es an. Wir haben die Strategie dazu. Wir haben einen klaren Schwerpunkt in der Mittelverteilung, und wir werden diese Ziele für Niedersachsen erreichen. Niedersachsen ist auch ein Flugzeugland.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, damit ist die Erörterung auch dieses Tagesordnungspunktes abgeschlossen.

Ich rufe auf

c) Konkursverschleppung durch SPDLandesregierung - Nothaushalt längst überfällig - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3623

Herr Kollege Möllring hat das Wort.

(Zuruf von der SPD: Wer sonst bei diesem Thema!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als in diesem Haus der Doppelhaushalt 2002/2003 verabschiedet wurde, war jedem klar, dass der Haushaltsplan für 2003 Makulatur war, bevor er überhaupt verabschiedet worden war. Den Kundigen war auch deutlich, dass auch der Haushaltplan 2002 etwa die Überlebenschance einer Eisscholle in der Südsee hatte, das heißt: keine. Man muss deutlich sagen, dass dieses Szenario auch so eingetreten ist. Im Rahmen der Steuerschätzung Mai wurde schon vorausgesagt, dass in diesem Jahr rund 650 Millionen Euro an Steueraufkommen fehlen würden. Der Finanzminister hat bei der Bewertung der Steuerschätzung Mai gesagt, dass das alles nicht so aufregend sei, die Konjunktur in der zweiten Hälfte wie sonst was anspringen würde und das dann alles wieder aufgeholt würde. Wir haben in unseren Antrag, der nachher noch zu beraten ist, hineingeschrieben, dass wir schätzen, dass sich die Steuerausfälle bis zum Ende des Jahres auf bis zu 800 Millionen Euro summieren werden. Gestern hat uns die Presseerklärung des Finanzministers und des Ministerpräsidenten belehrt, dass schon im ersten Halbjahr 950 Millionen Euro an Steueraufkommen ausgefallen sind. Wir haben jetzt schon fast die Hälfte der zweiten Jahreshälfte erreicht, und kein Mensch sieht irgendwo eine Konjunktur anspringen. Natürlich kann sich die Lage bis zum 22. September noch ändern. Aber es glaubt doch niemand, dass im Oktober, November und Dezember noch das aufgeholt werden kann, was bis dahin schon verloren gegangen ist.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Damit finanziert Stoiber sein ganzes Programm!)

- Warten Sie es einmal ab! Wirtschaftspolitik ist zur Hälfte Psychologie. Es ist eben ein Unterschied, ob man eine Bundesregierung hat, die Mehltau über das Land verbreitet und alles lähmt, oder ob man eine Bundesregierung hat, die Versprechen nicht nur gibt, sondern auch hält, und den Wirtschaftsrahmen so gestaltet, dass die Wirtschaft anspringt. Dann werden die Leute auch wieder investieren.

(Beifall bei der CDU)

Wer bei dieser rot-grünen Rahmengesetzgebung für die Wirtschaft noch investiert, der muss ja einen Klaps haben, weil er mehr eingeschnürt wird, als ihm geholfen wird. Daran müssen wir einmal denken. Sie reden hier über 4 Millionen Arbeitslose. Das sind 4 Millionen Einzelschicksale. Da sollte man nicht solche Zwischenrufe machen, sondern eine Wirtschaftspolitik betreiben, die den Menschen hilft.

(Beifall bei der CDU - Biallas [CDU]: Jetzt hast du es Tantchen aber gege- ben! - Zurufe von den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)

Wir haben gestern leider nichts dazu gehört, was 2002/2003 geändert werden soll. Diese Landesregierung hat ein Gutachten eingeholt, das sie sich immerhin 600 000 Euro hat kosten lassen. Ich dachte gestern, dass es ein Witz wäre, dass Jobst Fiedler dieses Gutachten erstellt habe.

(Zuruf: Wer ist denn das?)

- Jobst Fiedler war einmal der Oberstadtdirektor von Hannover, der sich in Pleiten auskennt und deshalb natürlich für solch ein Gutachten prädestiniert ist.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Jetzt weiß man natürlich, warum Roland Berger gesagt hat, dass er nach dem 22. September den Schröder bei sich einstellen will. Denn wenn schon ein abgehalfterter Oberstadtdirektor eine Akquise von 600 000 Euro macht, was muss da erst ein abgehalfterter Bundeskanzler an Land ziehen!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Es ist ja klar, was dabei herausgekommen ist. Herr Golibrzuch und ich haben uns das durchgelesen und in Presseerklärungen gesagt, dass dabei nicht viel herausgekommen ist. Als Regierung kann man es vielleicht erwarten, dass die Opposition immer mäkelt. Aber lassen Sie mich doch einmal bitte einige Einschätzungen geben, die ich dem Pressespiegel entnommen habe. Der eine überschreibt seinen Kommentar mit dem Wort „Pleite“. Der Nächste schreibt: nur ein Vorwand. - Der Nächste schreibt: unwägbar. - Der Letzte schreibt: Warum erst jetzt? - Wenn ich ein bisschen mehr Zeit gehabt hätte, Zeitung zu lesen, hätte ich vielleicht noch weitere solche Kommentare gefunden. Es ist ein Offenbarungseid erster Güte.

Sie haben in Ihrer Presseerklärung geschrieben, dass Sie globale Minderausgaben erzielen wollten und zusammen mit einem Handlungsbedarf Einsparungen von mehr als 1 Milliarde erwirtschaften wollen, ohne aber auszuführen, wie diese Summe erwirtschaftet bzw. gespart werden soll. Gleichwohl erklären Sie, dass Sie die Karten auf den Tisch legten. Das ist jedoch eine Veräppelung der Wählerinnen und Wähler, der Bürgerinnen und Bürger, weil Sie eben nichts auf den Tisch legen und eben nicht sagen, wo gespart werden soll.

(Beifall bei der CDU)

Es ist doch nicht zu verstehen. Sie schreiben in Ihrer Presseerklärung, Ihnen fehle knapp 1 Milliarde an Steuern, und sagen nichts zu den anderen Unwägbarkeiten wie Mehrausgaben, die Sie bei Aufstellung des Haushaltsplans zum Teil schon kannten. So hatten Sie z. B. im November zugestimmt, dass bei den VBL einige zig Millionen mehr ausgegeben würden, und im Dezember haben Sie diese Mehrausgaben nicht in den Haushalt eingestellt, was auch ein Verstoß gegen Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit ist. Sie sagen den Bürgern noch nicht einmal jetzt, was in 2002 und 2003 geschehen soll. Auf diese beiden unsoliden Haushalten aber, die sich wie eine Eisscholle in der Südsee bewegen, bauen Sie Ihre Mipla auf. Sie bauen Ihre Mipla auf der Wirtschaftserwartung der Steuerschätzung Mai dieses Jahres auf, die noch von einem Wirtschaftswachstum von 1,5 % ausgeht. Jetzt wissen wir, dass wir ein Wirtschaftswachstum von weniger als 1 % erzielen werden. Sie schreiben weiter tapfer in Ihrer Presseerklärung, dass die Personalkosten nur um 1,5 bzw. 2 % steigen, während der Ministerpräsident sagt, dass eine Forderung von 6 % mehr Arbeitslohn reine Notwehr sei. Wo sind wir denn? - Auf der einen Seite so reden und auf der anderen Seite solche Zahlen verkaufen!

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Möhrmann hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte eigentlich angenommen, dass die Opposition das heutige Thema zum Anlass nehmen würde, nicht nur zu polemisieren und Leute

schlechtzureden, sondern auch eigene Vorschläge zu unterbreiten.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben wieder einmal erlebt, dass Herr Möllring seiner altbekannten Rolle treu bleibt und sich dann hier schamhaft hinstellt, wenn wir über Hildesheim und „Pecunia non olet“ reden.

(Unruhe - Zurufe von der CDU - Glo- cke des Präsidenten)

Wer so was am Hut hat, der darf sich nicht hier hinstellen, sich aufblasen und Herrn Fiedler schlechtreden. Ich finde es ungehörig, wie hier mit dem Unternehmen Roland Berger umgegangen wird. Ich kann nur hoffen, dass es öffentlich wird, wie Herr Möllring sich in dieser Frage hier im Landtag benimmt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist wahr: Das Land Niedersachsen befindet sich in einer sehr schwierigen Lage.

(Busemann [CDU]: Sagen wir ruhig: Pleite!)

Das ist überhaupt nicht zu bestreiten. Meine Damen und Herren, in dieser schwierigen Lage kommt es jetzt darauf an, dass man eine Landesregierung hat, die handlungsfähig ist.

(Lachen bei der CDU)

Ich meine, dass das Kabinett gestern mit seinen Entscheidungen bewiesen hat, dass wir uns auf einem guten Wege befinden, diese schwierige Lage zu überstehen.

(Busemann [CDU]: Sie brauchen nichts zu überstehen! Sie sind bald ohne Regierungsverantwortung!)