Protocol of the Session on August 28, 2002

Aber damit dürfen wir nicht stehen bleiben, sondern wir müssen weitergehen. Das Ministerium hat die Ansätze der wirklichen Siegerländer, die da z. B. Finnland, Schweden, Kanada, Neuseeland oder Vereinigtes Königreich heißen

(Möllring [CDU]: Südkorea!)

- das sind die entscheidenden Länder -, analysiert. Daraus ziehen wir die Schlussfolgerungen, und das ist auch der entscheidende Punkt, Herr Busemann. Hier geht es nicht darum - wie Sie es tun -, sich bräsig auf die Stühle zu setzen und so zu tun, als ob PISA Sie überhaupt nichts anginge, sondern hier geht es darum, wirklich Schlussfolgerungen zu ziehen. - Die Grünen haben das mit ihrem Konzept durchaus getan. Das erkenne ich absolut an.

Die Schlussfolgerungen liegen natürlich auf der Hand. Die Selbständigkeit von Schulen, Ganztagsangebote, das Setzen von Leistungsstandards, die Überprüfung dieser Leistungsstandards bei den Schülerinnen und Schülern oder auch bei den Schulen ist in den wirklichen Siegerländern Praxis. Daran orientieren wir uns, und dies werden wir auch in Niedersachsen realisieren.

Wenn Sie andauernd herummäkeln, dann beschreibt das nur Ihre desolate Situation.

(Busemann [CDU]: Ach du lieber Himmel!)

Sie - das werfe ich Ihnen ganz entschieden vor drücken sich an der PISA-Front herum und haben überhaupt keine Perspektiven, was die Anforderungen an ein neues, modernes Schulsystem angeht.

(Busemann [CDU]: Kennen Sie ei- gentlich die vielen Petitionen zur Un- terrichtsversorgung?)

Zur Unterrichtsversorgung, Herr Busemann: Wir haben vor der Wahl gesagt - das wissen Sie ganz genau -, wir werden nicht nur die 12 000 Lehrerinnen und Lehrer ersetzen, die von 1998 bis 2003 aus dem Schuldienst ausscheiden, sondern wir werden

15 000 Lehrkräfte in den Schuldienst bringen. Das haben wir in diesem Jahr schon erreicht. Mit dem Einstellungstermin 1. November dieses Jahres werden wir 15 000 Lehrkräfte - mehr sogar - in den niedersächsischen Schuldienst eingestellt haben. Damit haben wir unsere Hausaufgaben gemacht.

(Busemann [CDU]: Herr Wulf, alle Stellen schon besetzt?)

Mit dem Antrag „Konsequenzen für die niedersächsische Schulentwicklung nach PISA: Mehr Selbständigkeit und Gestaltungsfreiheit für Niedersachsens Schulen“, den wir morgen vorlegen werden, und mit den Maßnahmen, die wir im Bereich der Unterrichtsversorgung eingeleitet haben, zeigen wir deutlich auf, dass wir uns in der Schulpolitik durchaus darüber klar sind, wohin die Reise geht.

(Schünemann [CDU]: Sackgasse!)

Wir setzen in der Schulpolitik ganz eindeutig nicht auf die Sackgasse, sondern auf den Weg nach vorne und werden damit auch ganz klar die Landtagswahl gewinnen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Um das Wort hat noch einmal Frau Kollegin Litfin gebeten. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Busemann, es sind absolut keine Wolkenkuckucksheime, über die wir hier reden, sondern das sind aus Sicht meiner Fraktion Wege, die unbedingt gegangen werden müssen,

(Beifall bei den GRÜNEN)

damit die Schulen in die Lage versetzt werden, ihre Arbeit professionell zu tun. Das sind Wege, Kollege Wulf, die wir gemeinsam gehen können. Aber diese Wege müssen auch richtig gegangen werden.

Zur Ministerin: Es war an Arroganz wirklich kaum noch zu überbieten, wie Sie hier aufgetreten sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Wenn Sie die schulpolitischen Debatten der letzten Jahre verfolgt haben - davon gehe ich doch einmal aus -, ist es schon eine Unverschämtheit, unseren Konzepten zu unterstellen, dass wir keine Überprüfungen und keine Qualitäts-Checks haben wollten, dass ich hier nicht immer wieder gestanden habe und von interner und externer Evaluation geredet habe.

Wenn Sie in dieser Art und Weise mit Ihrem Personal, d. h. mit den Lehrern und Lehrerinnen, umspringen - ich fürchte, das tun Sie -, müssen wir uns nicht wundern, wenn die Motivation, den Weg in die Selbständigkeit, in die Freiheit auch mitzugehen, relativ gering ist und so die Widerstände, die sich ergeben werden, größer werden, als sie sein müssen. - Sie sind auf die Motivation in den Kollegien angewiesen. Ohne die werden Sie nicht weiterkommen.

Ich fürchte, dass die Frau Ministerin unter dem Gerster-Syndrom leidet: die falsche Person für die richtige Sache.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass die Beratungen zu Punkt 2 a abgeschlossen ist. - Wir kommen nun zu

b) TAKE OFF Niedersachsen - Strategie zur Stärkung des Luftfahrtstandortes - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3623

Dazu wird sich zunächst der Kollege Schurreit äußern.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen heute mit Freuden eine Erfolgsstory für Niedersachsen präsentieren.

(Frau Pawelski [CDU]: Schon wie- der? Das ist ja ganz was Neues!)

Niedersachsen ist in Deutschland Technologieführer in der Luftfahrtindustrie. Wir befinden uns nicht in der Phase des „Ready for take off“, sondern wir befinden uns schon im Steigflug.

(Möllring [CDU]: In den Wolken!)

Die Luftfahrt ist zu einer Kernindustrie in Niedersachsen geworden. Ich möchte Ihnen verdeutlichen – hören Sie bitte zu! -: In den verschiedenen Regionen Niedersachsens gibt es augenblicklich 20 000 Arbeitsplätze direkt in der Luftfahrtindustrie und insgesamt 40 000 Arbeitsplätze in davon abhängigen Bereichen.

Ziel der Landesregierung ist es, diese Zahlen in den nächsten fünf Jahren zu verdoppeln. Das ist sicherlich ein ehrgeiziges Programm, Herr Möllring, aber es ist machbar. Um dieses Ziel zu erreichen, wird das Land in den nächsten fünf Jahren 40 Millionen Euro in den verschiedenen Bereichen - etwa Technik, Forschung, Service, Flugverkehr in den Teilmärkten - investieren. Flugzeugkomponenten, Werkstoffe und Sicherheitssysteme könnten dazu beitragen, dass wir weltweit unseren Standard halten.

Basis dieses Programms war eine ehrgeizige Analyse der zukünftigen Entwicklung des Verkehrs. Dazu ist erstens zu sagen, dass bis zum Jahr 2020 weltweit 15 000 neue Jets benötigt werden, wobei das Verhältnis zwischen Boeing und Airbus in etwa ausgeglichen ist. Airbus erzielt 40 % seiner Wertschöpfung hier in Deutschland.

Zweitens. Die tiefe und schmerzhafte Krise, in die der Luftverkehr nach dem 11. September des letzten Jahres geraten ist und die ihm tiefe Wunden geschlagen hat, ist überwunden. Wir kalkulieren, was die Flugbewegungen anbetrifft, bis zum Jahr 2020 einen Zuwachs von etwa 300 %.

Drittens. Wir haben in den letzten zehn Jahren 260 Millionen Euro in die Luftfahrtbranche und 38 Millionen Euro direkt in Maßnahmen der Luftfahrtindustrie investiert. Damit sind wir in vielen Bereichen Technologieführer geworden, und damit können wir gewisse Teilbereiche auch weltweit dominieren.

Ich möchte einmal aufzählen, was das Interesse Niedersachsens dabei ist:

Erstens. Wir haben am Standort Nordenham 1 900 Arbeitsplätze bei verschiedenen Unternehmen im Bereich Rumpfchargenproduktion und -montage, Großblechfertigung und Profilfertigung.

Zweitens. In Stade sind ca. 1 200 Menschen in der Fertigung von Seitenleitwerken und Fensterrahmen für den Airbus beschäftigt. Diese Zahl soll sich durch die Fertigung des A 380 noch steigern. Vor

allem in der neuen Technologie der Kohlefaserverbundstoffe erwarten wir riesige Zuwächse.

Drittens. Im Forschungsflughafen Braunschweig/Wolfsburg - wir haben ihn gerade besichtigt - haben wir 1 800 Experten mit einer hohen Kompetenz in der Luftsicherheit und der Verkehrsleittechnik zusammengeschlossen. Angesiedelt haben sich Aerodata, das Luftfahrtbundesamt und eine Vielzahl weiterer Unternehmen, die aufzuzählen den Rahmen sprengen würde.

Viertens. Wir haben in Hannover/Langenhagen insgesamt 6 200 Arbeitsplätze geschaffen, und zwar auch im Bereich der Zulieferung. Dieser zentrale Flughafen fertigt heute zu 70 % Touristen und zu 30 % Geschäftsreisende ab. Die Auslastung könnte aber noch ein bisschen besser sein.

Das zeigt: Niedersachsen verfolgt mit dieser Programmatik ein ehrgeiziges, aber erreichbares Ziel.

In der Zukunft wird unser Schwerpunkt sein, in Stade voll auf die Technologie der CFK-Verbundstoffe zu setzen. Mit dieser Technologie lässt sich eine Gewichtsreduzierung um 40 bis 70 % erreichen. Damit ist sie nicht nur für den Flugzeugbau interessant, sondern auch für den Schiffbau und den Maschinenbau in unserem Land und auch darüber hinaus. Hier sehen wir eine riesige Chance, und zwar auch für die Neuansiedlung von Arbeitsplätzen.

Wir zentrieren auf dem Flughafen Braunschweig/Wolfsburg neben den 46 dort schon angesiedelten Unternehmen - von Aerodata bis Zeppelin Luftfahrttechnik - Wissenschaftler aus Braunschweig und der Region, die eine hohe Kompetenz in Sachen Überwachungs-, Navigations- und Informationssystemen haben, und wir fördern auch den Ausbau der Start- und Landebahn um 800 Meter auf 2 600 m, damit eventuell schon im Jahr 2005 die ersten Flugzeuge dort landen, aber auch starten können.

Damit haben wir die Rahmenbedingungen gesetzt, um im Verbund unter anderem mit Bremen und Hamburg den Norden stark in der Luftfahrttechnologie zu positionieren. Die Luftfahrtechnologie wird sich zu einer Kernindustrie in Niedersachsen mit erheblichen Innovations- und Beschäftigungsschüben - wie wir sie hier auch benötigen - entwickeln. Deshalb diese Initiative in der Aktuellen Stunde. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist Herr Kollege Wenzel.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Welt redet vom Klima, und auch der Ministerpräsident hat heute Morgen deutliche Worte zu diesem Thema gefunden. Der überdurchschnittliche Beitrag des Flugverkehrs zu den Klimaveränderungen, zum CO2-Ausstoß, insbesondere in großen Höhen der Erdatmosphäre, ist belegt, und dem wird auch nicht widersprochen.

Ich bin, gelinde gesagt, überrascht, dass die SPDFraktion gerade dieses Thema heute zum Gegenstand der Aktuellen Stunde gemacht hat.