Protocol of the Session on June 14, 2002

(Starker Beifall bei der SPD)

Bis zu zwei Minuten Redezeit erhält nun der Kollege Schwarzenholz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rede von Herrn Möllring und die von Herrn Golibrzuch haben den Eindruck erweckt, als gebe es in der Opposition eine übereinstimmende Haltung. Lassen Sie mich ganz kurz feststellen, dass ich mich diesen Positionen nicht anschließe. Die Entlassung von Ministern zu beantragen, ist ein Ausnahmeinstrument, das auf besondere Situationen begrenzt werden muss. Um über Sachfragen eine Auseinandersetzung zu führen, gibt es ausreichend andere Möglichkeiten. Letztendlich bedient sich die CDU ohne konkrete Substanz dieses Ausnahmeinstrumentes.

(Schurreit [SPD]: So ist es!)

Erstaunt hat mich die heutige Erklärung von Herrn Golibrzuch, wir - er hat wörtlich von „wir“ gesprochen - beantragten die Entlassung des Finanzmi

nisters. Grundlage ist aber ein Antrag der CDUFraktion. Ich finde es schon bemerkenswert, wie weit die Grünen bei der CDU untergekrochen sind.

(Beifall bei der SPD)

Frau Harms, mir ist schleierhaft, wie Sie erklären wollen, mit diesem Ministerpräsidenten und dem Finanzminister nach der Wahl eine Koalition einzugehen, während gleichzeitig Ihr Kollege Golibrzuch Entlassung beantragt. Diese doppelte Logik, kann man einfach nicht nachvollziehen.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde es bedauerlich, dass uns nicht die Möglichkeit offen steht, jetzt über diesen Unsinn abzustimmen. In dem Falle könnte man das Thema sofort beerdigen und für erledigt erklären. Jede parlamentarische Debatte dazu in dieser Form ist überflüssig.

(Frau Harms [GRÜNE]: Kleiner Vor- schlag: Golibrzuch als Finanzminis- ter!)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratung.

Herr Möhrmann hat mir gerade zugeflüstert, die SPD beantrag sofortige Abstimmung. Das geht nach unserer Geschäftsordnung so nicht. Vorschlagen kann das nur der Antragsteller. Da das also nicht geht, kommen wir zur Ausschussüberweisung.

(Zurufe von der SPD)

- Hätten Sie bitte die Freundlichkeit, Ihre Gespräche einzustellen! Wir befinden uns in der Abstimmung.

Wer der Überweisung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

(Zuruf von der SPD)

- Verehrte Frau Kollegin, Sie können davon ausgehen, dass das Präsidium weiß, was getan werden muss. Sollten Sie daran Zweifel haben, können wir das außerhalb des Sitzungssaales klären.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Tagesordnungspunkt 37: Erste Beratung: Rahmenbedingungen für die gesundheitliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen verbessern - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3448

soll direkt in die Ausschüsse überwiesen werden, und zwar federführend an den Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Jugend und Sport. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Damit haben wir so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 38: Erste Beratung: Den Norden gemeinsam stärken! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3449

Der Antrag wird vom Kollegen Adam eingebracht. Ich erteile ihm hiermit das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Der Norden fährt ab“ lautet seit Jahren der Slogan der großen NDR-Radtour quer durch unser Bundesland. Soweit es um die positive Entwicklung unseres Bundeslandes, des Küstenlandes Niedersachsen, geht, können wir mit Blick auf die Entwicklung an der Küste, die Entwicklung in den Häfen, bei der Schifffahrt, auf den Werften, in der Raumund Luftfahrtindustrie sowie bei weiteren zukunftsorientierten Technologien behaupten: Es war richtig, dass die von meiner Partei geführte Bundesregierung und die Landesregierung Niedersachsen den Norden nicht nur gestärkt, sondern zukunftsgerichtet aufgebaut haben und weiter ausbauen werden.

(Beifall bei der SPD - Unruhe)

Herr Kollege Adam, einen Augenblick! - Einige Kolleginnen und Kollegen möchten jetzt in Ruhe den Saal verlassen. Andere möchten zuhören. Von daher bitte ich darum, dass Sie es uns hier oben im Präsidium auch zu fortgeschrittener Zeit nicht zu schwer machen.

Fahren Sie bitte fort!

(Zuruf von Wulff (Osnabrück) [CDU])

Ich weiß nicht, was Herr Wulff gesagt hat, aber, Herr Wulff, die Bewegungen waren rechts und links gleichermaßen stark.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Fragen Sie sich mal, woran das liegt!)

- Sicherlich daran, dass Ihre Leute genug haben von Ihrer Schuldiskussion. Dafür habe ich aber auch Verständnis.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Norden fährt wirklich ab. Die norddeutschen Bundesländer haben sich in den 90er-Jahren positiv entwickelt. Diese Entwicklung ist zustande gekommen, obwohl die von der damaligen CDU/CSU-FDP-Bundesregierung verteilten Fördermittel eindeutig zulasten des Nordens und zugunsten des Südens gingen.

(Vizepräsidentin Goede übernimmt den Vorsitz)

Ich will das an einigen Zahlen und Fakten verdeutlichen. So förderte die liberal-konservative Koalition in Bonn in den 80er-Jahren die Länder Bayern und Baden-Württemberg mit öffentlichen Aufträgen in Höhe von bis zu 80 Milliarden DM pro Jahr, während für Niedersachsen ganze 6 Millionen DM übrig waren, so erhielt Bayern zu Zeiten Kohls pro Kopf doppelt so viel Geld für Forschung und Entwicklung wie wir in Niedersachsen, und so verweigerte uns die alte Bundesregierung - wir wissen es - eine ausreichende finanzielle Unterstützung für die EXPO.

Heute, meine Damen und Herren, dürfen wir mit Stolz sagen, dass der Standort Niedersachsen im Bundesvergleich einen Spitzenplatz einnimmt. Im jüngsten Ländervergleich der Bertelsmann-Stiftung konnten wir im Standort-Ranking und beim so genannten Aktivitätsindex Boden gut machen und liegen mittlerweile im vorderen Drittel - und das trotz 16 Jahre finanzieller Benachteiligung durch die damalige Bundesregierung. 16 Jahre lang versickerten Förder- und Forschungsmittel des Bundes im Süden. 16 Jahre lang traten die norddeutschen Bundesländer als Bittsteller an den Bund heran und mussten sich mit dem Rest der Dinge,

die aus dem Süden nicht abgenommen wurden, begnügen.

Ihren verfassungsmäßigen Auftrag, annähernd gleichwertige Lebensbedingungen im gesamten Bundesgebiet zu schaffen, hat die Regierung Kohl sträflich vernachlässigt und vorsätzlich missbraucht. Ein Beispiel, meine Damen und Herren: Hafen- und Schifffahrtspolitik hieß damals „Stärkung des Main-Donau-Kanals“, und nichts anderes.

Meine Damen und Herren, wir haben uns hier selbst zu helfen gewusst. Die Wissenschaftler der Bertelsmann-Stiftung loben den Standort Niedersachsen heute vor allem wegen seiner angebotsorientierten Wirtschaftspolitik und der vorbildlichen Situation in der inneren Sicherheit.

Wir haben gute Arbeit geleistet, doch, meine Damen und Herren, wir dürfen uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Wir stehen seit vielen Jahren in einem multilateralen Wettbewerb, der auf wirtschafts- und strukturpolitische Versäumnisse keine Rücksicht nimmt. Wer heute die Entwicklung in Bildung und Forschung verschläft, wer seine Häfen und Verkehrswege vernachlässigt, wer bei der Energiegewinnung keine Alternativen sucht und diese nicht fördert, der wird gnadenlos untergehen und nachfolgenden Generationen die rote Laterne in die Hand drücken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in Niedersachsen Anstrengungen unternommen, um im verschärften Standortwettbewerb bestehen zu können. Zusammen mit Arbeitnehmern und Unternehmern haben wir und unsere norddeutschen Nachbarländer eine konstruktive und zukunftsorientierte Politik gemeinsam auf den Weg gebracht, die auf wirtschafts- und infrastrukturelle politische Kooperation setzt. Nur so haben wir in den letzten Jahren das Süd-Nord-Gefälle abschwächen können, und nur so können wir weiter aufholen und unsere Position weiter ausbauen.

Der Norden, meine Damen und Herren, muss seine Politik noch stärker koordinieren und in zentralen Bereichen noch enger zusammenarbeiten. Mit der Metropolregion Hamburg und der gemeinsamen Landesplanung Niedersachsen/Hamburg

(Frau Vockert [CDU]: Die heißt mittlerweile „Regionale Arbeitsge- meinschaft“, Herr Adam!)

- liebe Frau Vockert, ich bin noch gar nicht bei Ihnen, ganz ruhig! - sowie der Regionalen Arbeitsgemeinschaft Niedersachsen und Bremen ist es uns parteiübergreifend gelungen, zu einer gemeinsamen Arbeit für unsere Region zu kommen. Leitprojekte der Regionalen Entwicklungskonzepte der Metropolregion Hamburg und der gemeinsame Landesplanung Niedersachsen/Bremen, z. B. das Großschutzgebiet Elbtalaue, das GewerbeflächenInformationssystem oder die Regionale Arbeitsmarktpolitik, wurden länderübergreifend von unseren Kolleginnen und Kollegen auch als wirtschaftspolitische Strategie ausgeführt.

Bei Europark in der Grafschaft Bentheim und der Finanzierung der A 31 im Emsland haben wir es übrigens erstmals geschafft, niederländische Wirtschaftsregionen auch bei bedeutenden Infrastrukturprojekten einzubinden.

Wie wichtig die Zusammenarbeit über die Ländergrenzen hinweg ist, zeigt die Luft- und Raumfahrttechnik. Auch wenn wir gestern einen Antrag direkt in den Ausschuss überwiesen haben, wissen besonders unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Wirtschaftsausschuss, wie wichtig diese Arbeit ist. Stade vor den Toren Hamburgs oder Lemwerder vor den Toren Bremens seien genannt.

Meine Damen und Herren, hätte Niedersachsen keine Ausgleichsflächen zur Verfügung gestellt, hätte das Werksgelände in Hamburg-Finkenwerder nicht erweitert werden können. So wird jetzt der Airbus A 380 dort gebaut, und so haben Hamburg und Niedersachsen gemeinsam den Grundstock für 4 000 neue Jobs gelegt und damit für den norddeutschen Raum Standortvorteile gesichert.

Meine Damen und Herren, die erfolgreichen Kooperationen müssen wir forcieren und ausbauen. Dazu sind folgende Punkte notwendig:

Erstens. Zur Optimierung der laufenden Projekte sollte unsere Landesregierung die administrative Zusammenarbeit der norddeutschen Länder analysieren und auswerten. Ziel ist es hierbei, Prioritäten zu setzen und einen Arbeits- und Zeitplan zu erstellen. Man kann das auch alles mit dem Begriff „strukturelles Controlling“ umschreiben.