Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion wäre mutiger und fairer gewesen, wenn sie den Antrag der CDU-Fraktion schlichtweg abgelehnt hätte, anstatt einen Änderungsantrag einzubringen, der nur vertuschen soll, dass nichts weiter getan wird und man nicht den Mut hatte, hinsichtlich der Krise in der Bauwirtschaft zu sagen: Wir wollen wirklich nichts tun. Man kann natürlich wie Herr Dr. Schultze gestern sagen,
denn wir haben die Wiedervereinigung und in der Baukonjunktur zehn Jahre eine Sonderkonjunktur Aufbau Ost gehabt. Von daher muss hinterher mit Abschmelzungen gerechnet werden. Hier sind wir gerade dabei. - Das hilft aber weder den betroffenen mittelständischen Betrieben noch den Arbeitnehmern in diesem Bereich. Es ist fast zynisch, es so zu sagen, denn wir müssen auch das bedenken, was das Land Niedersachsen tun kann. Das Land Niedersachsen hat in der letzten Zeit dazu beigetragen, dass wir eine Rekordflut von Insolvenzen, sprich Pleiten, gerade in der Bauwirtschaft, aber auch in anderen Bereichen haben, weil das Land seinen Verpflichtungen nicht nachkommt und die Investitionsquote auf den geringsten Stand seit dem Kriege gefallen ist und weiter fällt.
Ich möchte nun auf Ihren Änderungsantrag zu sprechen kommen. Sie machen ja wieder nur eine Begrüßungsorgie. Sie fordern die Landesregierung nicht auf, sondern Sie begrüßen, dass das alles ganz toll ist, was die Landesregierung tut. Wenn das alles so toll wäre, hätten wir ja nicht die Pleitewelle, bei den Landesstraßen einen Sanierungsbedarf in Milliardenhöhe und fehlende Infrastruktur im Lande, sondern wir hätten eine florierende Baukonjunktur.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Sie schreiben, Sie fänden es toll, dass jetzt Investitionen vorgezogen werden. Es ist richtig: Die Landesregierung hat ein 100-Millionen-Programm aufgelegt. Damit wird jedoch nicht ein einziger Arbeitsplatz zusätzlich geschaffen, sondern es wird nur die Statistik verbessert. Wie sieht es denn aus? - Es werden zusätzliche Mittel in kommunale und andere Projekte gegeben, die sofort begonnen werden können. Das heißt, überall dort, wo praktisch die Bagger schon standen, wird jetzt zusätzlich Geld hineingesteckt, die Kommunen sparen entsprechend Geld - das ist für die Kommunen an der einen oder anderen Stelle schön -, aber der Arbeitsplatz wäre trotzdem sicher gewesen, weil das Projekt ja durchgezogen worden wäre. Stattdessen nehmen Sie andere Projekte, die noch in der Planung sind, heraus und stellen sie zurück. Es ist also nur eine Statistikverfälschung. Dies wird den Menschen in Not vorne und hinten nicht helfen. Das Gleiche gilt für weitere vorgezogene Investitionen im Hochbau.
- Das hat doch der Minister gesagt. Er soll erst im Jahre 2003 kommen, und das wird die nächste Landesregierung machen.
(Biel [SPD]: Das ist richtig, aber man kann doch nicht „keiner“ sagen! Er hat doch gesagt, dass einer gemacht wird!)
- Ich habe ja gesagt: Diese Landesregierung wird ihn nicht machen, sondern eine andere. Dann werden Sie in der Opposition sitzen und wir in der Regierung. Dann wird eine saubere Politik gemacht.
- Herr Kollege Biel, dafür sind doch Wahlen da, dass man erfolglose Regierungen abwählt und bessere Regierungen in die Verantwortung wählt. Es wäre ja komisch, wenn es in der Demokratie nicht so wäre. Deshalb ist es dringend erforderlich, hier einiges zu tun, Investitionsmittel zu erhöhen. Wir haben eine ganze Menge Punkte aufgegriffen. Das Einzige, was Sie übernommen haben, ist das Vorziehen baureifer Investitionsmaßnahmen des Landes. Hierzu habe ich schon dargestellt, wie Sie dieses machen, nämlich durch falsche Förderpolitik,
sodass Sie nur die Statistik verfälschen. Es wäre gut gewesen, wenn Sie unseren Antrag Ernst genommen hätten und nicht mit solch einem Placebo, wie er jetzt aus dem Wirtschaftsausschuss gekommen ist, versuchen würden, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Die Fachleute werden Ihnen das nicht abnehmen. Sie werden das als zynisch empfinden, und Sie werden die Quittung dafür bekommen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die schwierige Lage in der Bauindustrie erfordert es natürlich, von staatlicher Seite Anschub zu leisten, soweit es möglich ist. Darüber haben wir in diesem Haus oft diskutiert, und darüber sind wir uns einig. Hier hört es aber auch schon auf. Herr Möllring hat den Antrag der CDU-Fraktion vehement gelobt. Aber ich muss sagen: Sie sind mit Ihren Vorschlägen weit über das Ziel hinaus geschossen. Sie fordern in Ihrem Antrag z. B. – hiermit haben wir uns bereits bei der Einbringung auseinandergesetzt -,
dass die kommunale Vorfinanzierung von Landesstraßen eingeleitet werden soll und dass die Chancen der privaten Finanzierung öffentlicher Infra
struktur im Hoch- und Straßenbau genutzt werden sollen. Sie wissen so gut wie wir alle, dass das nur eine verdeckte Neuverschuldung ist, weil Sie die Investitionen lediglich verschieben und irgendwann dieses vorfinanzierte Geld zurückzahlen müssen. Insofern ist das kein sinnvoller und machbarer Vorschlag, es sei denn, Sie wollen die Neuverschuldung hochfahren. Aber das wollen Sie ja angeblich nicht. Ich habe jedenfalls nicht den Eindruck, dass Ihre Fraktion das vorschlägt.
Das Gleiche gilt für die Landesliegenschaften. Hier kommen Sie mir vor wie die Kommunen, insbesondere wie die FDP in den Kommunen, die die vorhandenen Stadtwerke zu dem fünften verschiedenen Zweck verkaufen wollen, aber genau wissen, dass das nur einmal geht und man das nicht tut, weil man sie weiter braucht. Von daher muss man auch diesen Vorschlag verwerfen.
Wenn ich mir nun den Änderungsvorschlag der SPD-Fraktion ansehe, dann sage ich: Dem kann man zustimmen! Aber: Übrig bleibt eigentlich eine ziemliche Selbstverständlichkeit. Das ist ein Selbstläufer. Man erwartet, dass Landesregierungen das machen. Aus diesem Grunde, obwohl es uns natürlich schwer fällt, schon wieder die Arbeit der Landesregierung zu begrüßen, stimmen wir diesem Antrag zu.
Ich sage Ihnen aber auch: Es bleibt ein schaler Nachgeschmack. Sie haben das Programm im November des vergangenen Jahres vorgelegt. Die Diskussionen über die Probleme der Bauindustrie liefen schon ein Jahr auf höchstem Niveau. Wir fragen uns, warum Sie nicht schon früher öffentliche Investitionen vorgezogen haben. Warum sind Sie so zögerlich damit umgegangen? Kann die Ursache vielleicht sein, dass Sie lieber in Wahlkampfnähe die Verdienste der Landesregierung ins rechte Licht rücken wollen,
oder lag es eventuell an den langen Wegen und dem Förderwirrwarr, den die Wirtschaftsministerin bereits selbst beklagt hat, als sie ihr INBankkonzept vorgestellt hat? - Wir kennen das ja aus der Vergangenheit. Das trifft tatsächlich zu.
Ich möchte noch einmal auf den Antrag zurückkommen. Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung nicht von November bis Juni gewartet hat,
um ihr Programm „Bauen jetzt“ umzusetzen. Wir erwarten, dass bei der Förderung unterschieden wird nach Investitionen in neue Projekte, die Arbeitsplätze bringen, und in Projekte mit hohen Mitnahmeeffekten, wie wir es bereits aus der Wirtschaftsförderung in Niedersachsen der vergangenen Jahren kennen. Darüber hinaus erwarten wir nicht nur wohlfeile Erfolgsmeldungen in Pressemitteilungen der Staatskanzlei, sondern ein Controlling, damit man weiß, wie mit den Geldern umgegangen worden ist und welche Effekte erzielt worden sind.
Ein Weiteres: Sie schöpfen noch nicht alle Möglichkeiten aus, die Sie eigentlich von staatlicher Seite aus hätten. Bei entsprechendem eigenen Einsatz könnten Sie für Niedersachsen erheblich mehr Mittel aus Bundesfördertöpfen holen, z. B. aus dem Förderprogramm der Bundesregierung zur Altbausanierung und zur CO2-Minderung, und damit Geld für Niedersachsen locker machen. Hier ist fast noch nichts passiert. Grüne Anträge zu dem Thema schmoren seit einem Dreivierteljahr im Ausschuss, und wir fragen uns: Wieso nutzt die Landesregierung das nicht? Wieso passiert da nichts?
Ich könnte noch weitere Punkte nennen, aber bei uns ist gerade natürlich mal wieder die Redezeit abgelaufen. Auch für Bahninvestitionen könnte bei entsprechender Vorleistung und planerischer Beförderung durch Niedersachsen wesentlich mehr lockergemacht werden. Wir könnten mehr Gelder nach Niedersachsen holen und damit auch mehr Arbeitsplätze sichern.
Ich komme zum Schluss. Ich habe gesagt, wir stimmen diesem Antrag zu, weil wir es für eine pure Selbstverständlichkeit halten. Wir erwarten aber, dass die Landesregierung ihren Aktionsradius erheblich ausweitet, um hier zu größeren Erfolgen gerade in puncto Vermeidung von Insolvenzen und Sicherung von Arbeitsplätzen zu kommen. - Vielen Dank.
battenbeitrag des Kollegen Möllring. Er hat gesagt - das steht auch in dem Antrag der CDUFraktion -, man müsste alles tun, um der Bauwirtschaft zu helfen, und z. B. die Investitionen nach vorne ziehen. Nun macht die Landesregierung das schon seit fast einem Jahr, aber dem Herrn Möllring ist es immer noch nicht recht. Das ist genau das Problem. Es geht der CDU-Fraktion nicht um die Sache, sondern darum, dass sie nörgeln kann. Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren!
Die Landesregierung hat Investitionen in einem Volumen von 1,1 Milliarden Euro nach vorne gezogen. Sie hat dafür gesorgt, dass den Unternehmen, die in der Tat Probleme haben, Aufträge zu bekommen, schnell geholfen wird. Aber Sie tun das hier mit einer Handbewegung ab, als ob das nichts wäre. Dahinter stehen aber Arbeitsplätze und Menschen, und deshalb kümmern wir uns darum, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wir tun auch ein Weiteres. Wir haben das Projekt Investitionsbank vorgestellt, womit sichergestellt ist, dass in Zukunft gerade den kleinen und mittleren Unternehmen ein Beratungs- und Unterstützungsangebot gemacht wird, das es bisher so nicht gegeben hat. Auch dort tun wir konkret etwas und jammern nicht immer nur herum, dass die Lage so schlecht ist, wie Sie sie hier darstellen, meine Damen und Herren.
Nein, ich glaube, die Frage, wie man der Bauwirtschaft wirklich entscheidend hilft, muss noch beantwortet werden, Herr Kollege Möllring. Alle Investitionstätigkeit des Staates - die ohnehin nur 20 % des Auftragsvolumens der Unternehmen ausmacht -, alle zusätzliche Investitionstätigkeit des Staates nutzt nichts, wenn die niedersächsischen Unternehmen keine Chance bekommen, auch tatsächlich die Ausschreibung zu gewinnen. Deshalb steht und fällt jede unterstützende Maßnahme mit der Frage, ob wir durch ein Landesvergabegesetz oder durch ein Bundesvergabegesetz faire Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt schaffen. Aber da verweigern Sie sich, meine Damen und Herren.
Herr Kollege Dinkla, ich traue Ihnen zu, dass Sie mit den kleinen und mittleren Unternehmen gesprochen haben, insbesondere mit denen entlang der ehemaligen Zonengrenze, jetzt der Grenze zu den neuen Bundesländern Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die sagen Ihnen, dass sie keine Chance haben, Ausschreibungen zu gewinnen, wenn auf der anderen Seite Unternehmen sind, die sich nicht an Tarifverträge halten müssen, die keine Sozialversicherungsabgaben zahlen und die über die Frage der Arbeitssicherheit anders diskutieren, als wir das hier zu Recht tun. Wenn wir denen nicht das Handwerk legen, können Sie hier Reden halten, soviel Sie wollen: Dann kommt nichts bei der niedersächsischen Bauwirtschaft an. Das gilt es zu verhindern.
Da habe ich ja Ihre starken Worte gehört, gerade auch Ihre, Herr Dinkla. Sie haben gesagt - ich übrigens auch -: „Wir wollen ein Landesvergabegesetz, aber besser wäre ein Bundesvergabegesetz.“
Das ist absolut richtig, und zwar auch deshalb, weil unsere niedersächsischen Unternehmen, die ihre Betriebssitze an der Grenze zu den anderen Bundesländern haben, nicht nur in Niedersachsen anbieten, sondern auch in Hessen, in NordrheinWestfalen, in Bremen und in Hamburg. Weil es aber schwierig ist, wenn man es mit 16 Landesvergabegesetzen zu tun hat, und weil sich diese kleinen und mittleren Unternehmen eben nicht Juristen leisten können, wie Herr Möllring einer ist, die dann prüfen, was in den anderen Landesvergabegesetzen steht, wollen wir ein einheitliches Vergabegesetz haben, meine Damen und Herren.