In Bezug auf das schon von Herrn Schröder erwähnte U-Haft-Projekt will ich darauf aufmerksam machen, dass wir das einzige Bundesland sind, das
sich mit einem Modellversuch in Neuland vorgewagt hat und durch sehr erfreuliche Ergebnisse belohnt wurde.
Wir sind auch Spitze bei der Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit. Dieses Konzept „Schwitzen statt Sitzen“ wird nirgendwo erfolgreicher eingesetzt als bei uns: 1991 lag die Summe der durch gemeinnützige Arbeit getilgten Tagessätzen bei 25 800; zehn Jahre später immerhin schon bei 75 000. Wir konnten dadurch im letzten Jahr 205 Haftplätze einsparen - also eine komplette, kleine Justizvollzugsanstalt. Das hat uns rechnerisch 5,3 Millionen Euro eingespart, die anderweitig verwendet werden konnten.
Die Fraktion der Grünen rennt bei mir auch im Hinblick auf die Aussetzung der Vollstreckung für verurteilte Frauen offene Türen ein. Bereits am 17. April habe ich angeordnet, dass die Vollstreckung von Freiheitsstrafen beim Vorliegen genau bestimmter Voraussetzungen für die Dauer eines Jahres nach § 455 a StPO unterbrochen werden kann, weil wir hier ein Problem haben: 183 Haftplätze für 240 weibliche Gefangene - das ist unerträglich. Darauf mussten wir reagieren. Gleichzeitig haben wir aber auch damit begonnen, durch Baumaßnahmen eine Erweiterung der Aufnahmekapazität zu bekommen, damit auch auf diese Weise das Problem angegangen wird.
Ich möchte ergänzend zu dem, was schon zu den Abschiebehaftzeiten gesagt wurde, auf eine Initiative Niedersachsens hinweisen. Am Freitag wird im Bundesrat darüber entschieden, ob ein Vorschlag von uns akzeptiert wird, dass in solchen Fällen, in denen klar ist, dass ein einsitzender ausländischer Gefangener anschließend abgeschoben wird, er bereits sehr viel früher, als es gegenwärtig üblich ist, ins Heimatland abgeschoben wird, um seinen Vollzug dort zu verbüßen.
Schließlich möchte ich auf die Diskussion eingehen, die hier zur Reform des strafrechtlichen Sanktionssystems geführt wurde. Wir stehen eindeutig hinter dem Bundesjustizministerium. Mit Nachdruck sind wir dafür, dass es zu einer Reform des Sanktionenrechts in die Richtung kommen muss, wie sie von der Bundesregierung vorgeschlagen wird. Es müssen die ambulanten Sanktionsmöglichkeiten erweitert werden. Der Vollzug kurzer Freiheits- und Ersatzfreiheitsstrafen muss stärker als bisher vermieden werden. Dadurch werden einerseits unerwünschte Nebenwirkungen vermieden, und der Strafvollzug wird andererseits
entlastet. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir Anlass dazu haben, den Anwendungsbereich der gemeinnützigen Arbeit auszuweiten.
Wir haben Anlass dazu, die Strafaussetzung zur Bewährung für die Gerichte flexibler zu gestalten, und wir müssen zielgenauer neue Sanktionsmöglichkeiten schaffen. Es geht darum, ambulante Sanktionen zu schaffen, die intelligente Strafen bedeuten, d. h. die durchaus schmerzhaft sind, ohne dass sie gleichzeitig destruktiv für den Betroffenen sind. Ein Beispiel dafür ist das Fahrverbot, das aus meiner Sicht in der Tat ohne Beschränkung auf Verkehrsstraftaten eingesetzt werden sollte.
Ich wäre deshalb dankbar, wenn mich der Landtag bei all diesen Maßnahmen engagiert unterstützen könnte. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Der Ältestenrat empfiehlt, den vorliegenden Antrag zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sowie zur Mitberatung an den Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ und an den Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen zu überweisen. - Ich stelle fest, dass das Plenum damit einverstanden ist.
Tagesordnungspunkt 23: Besprechung: Die PROLAND-Offensive der Landesregierung - Bilanz und Perspektive - Große Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 14/3157 Antwort der Landesregierung - Drs. 14/3290
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der ländliche Raum befindet sich im Umbau. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft trägt dazu bei, dass sich der ländliche Raum verändert. Jähr
lich geben ca. 3 % der landwirtschaftlichen Betriebe auf. Immer weniger Landwirte versorgen immer mehr Konsumenten. Das hat dazu geführt, dass die Zahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten rückläufig ist. Der Anteil beträgt im ländlichen Raum sogar nur noch 5 bis 10 %.
Die Auslöser dieser Entwicklung sind vielfältig: technischer Fortschritt, Verbesserung der Agrarstruktur, Rationalisierungsdruck durch einen stark konzentrierten Lebensmittelhandel, EG-Agrarreformen und Welthandelsrunden. Auch in Zukunft ist eine Umkehrung dieses Trends nicht zu erwarten.
Als Fazit dieser Entwicklung muss man sicherlich feststellen, dass die Landwirtschaft heute ein wichtiger, aber keineswegs der wichtigste Faktor im ländlichen Raum ist. Sie ist nicht mehr wie früher in der Lage, allein die Lebensfähigkeit ländlicher Räume zu garantieren. Sie wird nicht umhinkommen, sich auf Veränderungen in der Gesellschaft einzustellen.
Die gemeinsame europäische Agrarpolitik hat dieses Fazit längst gezogen und darauf reagiert. Mit der Agenda 2000 wurde eine Agrarreform beschlossen, die sich nicht ausschließlich in einer produktionsbezogenen Sektorpolitik erschöpft, sondern die erstmals eine raumbezogene Politik beschreibt, die als zweite, gleichberechtigte Säule im Rahmen der Reform eingeführt wurde.
Durch die Absenkung der EU-Marktstützungspreise ist eine Ausrichtung der Agrarpolitik in Richtung Markt- und Umweltorientierung eingeleitet worden. Die ländliche Strukturpolitik erhält größeres Gewicht. Somit kann Wertschöpfung im ländlichen Raum behalten werden, wodurch das Leben auf dem Lande insgesamt gestärkt wird. Dieses von der Landesregierung aufgelegte Programm, das unter dem Namen PROLAND bekannt ist, sieht weitreichende Förderungen für den ländlichen Raum vor.
Meine Damen und Herren, zunächst ist die Verbesserung der Produktionsstrukturen in der Landwirtschaft mit den vor- und nachgelagerten Bereichen zu nennen. Deutliche Akzente liegen in der Diversifizierung der Land- und Forstwirtschaft, in der Verbesserung des Energieeinsatzes in der Landund Forstwirtschaft und in der Verbesserung von Tierschutzbelangen.
neben Maßnahmen zur Erhaltung des Dorf- und Landschaftsbildes z. B. ländlicher Wegebau Flurbereinigung und das Dorferneuerungsprogramm. PROLAND wurde darüber hinaus um die Handwerks-, Tourismus- und Kulturförderung erweitert, um die regionalen Wirtschaftskreisläufe und Wertschöpfungsketten zu stärken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach knapp zweijähriger Laufzeit des Programms halten wir es deshalb für sinnvoll und erforderlich, eine erste Zwischenbilanz für das PROLAND-Programm zu ziehen. Dies erscheint auch deshalb notwendig, weil durch die veränderte Schwerpunktbildung in der Landwirtschaft, nicht zuletzt auch durch die BSE-Krise ausgelöst, eine Modifizierung des strategischen Ansatzes des PROLAND-Programms erforderlich werden könnte. Deshalb haben wir in unserer Großen Anfrage an die Landesregierung drei Grundsatzfragen mit Detailfragen gestellt: erstens gegenwärtiger Abwicklungsstand des Programms PROLAND, zweitens bisherige Ergebnisse des PROLANDProgramms, drittens Notwendigkeit eines Wechsels des strategischen Ansatzes durch die veränderte Schwerpunktbildung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage liegt vor, und wir sagen Danke. Nunmehr möchte ich auf einige Schwerpunkte eingehen.
Zum ersten Bereich, zum gegenwärtigen Abwicklungsstand. Durch die hohe Mittelfreisetzung leistet PROLAND einen wirksamen Beitrag zur Stärkung des Agrar- und Forstsektors, zur Verbesserung der Attraktivität und der Wettbewerbsfähigkeit des ländlichen Raums, zum Schutze der Umwelt und zur Sicherung des ländlichen Kulturlebens. Bereits in den ersten beiden Haushaltsjahren wurden PROLAND-Maßnahmen von mehr als 300 Millionen Euro gefördert. Das Programm wurde in Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen erstellt und hat deshalb auch eine besonders gute Resonanz und Akzeptanz gefunden. Niedersachsen hat im Vergleich zu anderen Bundesländern schon im Jahre 2001 von einer Mittelaufstockung profitiert, da andere Bundesländer ihre Budgets nicht voll genutzt haben, sodass die Mittel umverteilt werden konnten. Leider schränkt das Verbot der Mittelübertragung zwischen den Haushaltsjahren den flexiblen Einsatz gerade mehrjähriger Investitionen oder Investitionsvorhaben die Chance einer optimalen Wirkung von PROLAND ein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum zweiten Teil. PROLAND setzt wirksame Akzente für die notwendige Ausrichtung der Agrarpolitik auf die Verbesserung der Umwelt-, Tierhygiene- und Tierschutzbelange. Die Förderung der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse hat die Wettbewerbsfähigkeit der Ernährungswirtschaft - nach der Automobilindustrie immerhin der zweitwichtigste Arbeitgeber in Niedersachsen - nachhaltig gestärkt.
PROLAND legt ein besonderes Gewicht auf den Schutz der Umwelt und honoriert eine umweltverträgliche Wirtschaftsweise der Landwirtschaft im Rahmen seiner Agrarumweltmaßnahmen. Die Größe der ökologisch bewirtschafteten Fläche hat sich seit 1996 in Niedersachsen von 21 000 ha auf 43 000 ha verdoppelt. Die Anzahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe hat sich im gleichen Zeitraum von 503 auf 859 erhöht.
Das alles hätte sich ohne Begleitung des Landes durch Förderung wesentlich langsamer entwickelt, vielleicht auch gar nicht entwickelt. Gerade für die Erschließung des ländlichen Raums im Bereich Kultur- und Tourismusförderung wurden die Ansätze mit EU-Mitteln kräftig aufgestockt. Damit wurden zusätzliche Einkommensmöglichkeiten geschaffen und Beschäftigungsimpulse gegeben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer vor Ort in den Regionen, aber auch im eigenen Wahlkreis genauer hinschaut, stellt ein Bündel von Maßnahmen und Umsetzungen des PROLANDProgramms fest, wenngleich durch die breit gefächerte Struktur der Schwerpunkte ganz unterschiedlich beteiligte Bewilligungsstellen zuständig sind. Allein im Bereich der Entwicklung typischer Landschaften verzeichnete z. B. der Landkreis, aus dem ich komme, in den letzten zwei Jahren elf geförderte Projekte mit einem Förderbetrag in Höhe von 1,75 Millionen Euro.
Daneben existieren die vielfältigen Investitionsförderungen, die über Kammern, Bezirksregierungen, Ämter für Agrarstruktur usw. begleitet wurden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum dritten Bereich: mögliche Perspektiven bzw. Modifizierungen und Änderungen des Programms. Natürlich gilt immer der Grundsatz: Never change a winning team.
- Das gilt nicht nur für PROLAND, sondern das gilt auch für die Landtagswahl, lieber Kollege Kethorn.
Angesichts der großen Akzeptanz und der gleichzeitig hohen Wirksamkeit des Programms PROLAND scheint eine grundlegende Änderung zurzeit nicht wünschenswert. PROLAND entspricht mit seiner Förderstruktur inhaltlich dem Gutachten der Regierungskommission „Zukunft der Landwirtschaft - Verbraucherorientierung“.
Das Fazit: Meine sehr geehrten Damen und Herren, die bisherigen Erfahrungen mit der Umsetzung des Programms PROLAND auf die ländlichen Räume Niedersachsens und auf die unterschiedlichen Strukturen des Landes und die breit angelegten Förderangebote zeigen nicht zuletzt durch die hohe Mittelausschöpfung, dass es sehr genau den Bedarf, die Interessenlage und die Gestaltungsschwerpunkte in den Regionen trifft. Es zeigt sich, dass PROLAND ein wichtiges Instrument zur Entwicklung ländlicher Räume in Niedersachsen ist, und damit wird der immer wieder vorgetragene Vorwurf der angeblichen Vernachlässigung des ländlichen Raums eindrucksvoll widerlegt. Die bewilligten und bereitgestellten Mittel haben gerade wegen der gewollten Investitionsorientierung vor Ort zusätzliche Wachstumsimpulse und Beschäftigung gefördert. Das schafft neue Lebensund Arbeitsräume und gibt für die Zukunft Chancen zur Weiterentwicklung des ländlichen Raums in Niedersachsen. Das Programm PROLAND hat sich bewährt und ist zukunftsweisend.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich natürlich bei der SPDFraktion für die Gelegenheit, im Zusammenhang mit der Großen Anfrage eine vorläufige Bilanz zur zweijährigen Laufzeit von PROLAND darstellen zu können. Lassen Sie mich aus dieser Anfrage drei Punkte herausgreifen.
- Herr Möllring, Sie hätten besser gestern reden sollen, und da offen und ehrlich. Das wäre besser gewesen.
- An Ihrer Stelle wäre ich leise. Meine Damen und Herren, aber heute ist ein anderes Thema dran. Ihr Thema kommt wieder dran.
Wir reden über Abwicklungsstand, über Ergebnisse, Perspektiven und mögliche Modifizierungen. Das sind die Schlagworte, auf die ich eingehen werde.
Das PROLAND-Programm ist unter erschwerten Bedingungen in Gang gesetzt worden. Ich darf daran erinnern, dass wir mit dem Programm praktisch erst im September 2000 beginnen konnten und dass das EU-Haushaltsjahr schon am 15. Oktober auslief. Dennoch haben wir nach den ersten beiden Jahren einen Abwicklungsstand erreichen können, der mit mehr als 100 % des ursprünglich Geplanten nur als hervorragend bezeichnet werden kann. Niedersachsen hält diesbezüglich auch jeden Vergleich mit anderen Ländern stand, wenn ich an Bayern mit 90 % und Hessen mit 71 % denke.
Erstens. Das Programm ist offensichtlich wirklich auf die tatsächlichen Bedürfnisse des ländlichen Raumes zugeschnitten. Das - auch im Vergleich zu anderen Länderprogrammen - breite Spektrum der Förderangebote, das wir hier anbieten, trifft die Nachfrage vor Ort.