Hans-Joachim Beckmann
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Kürzung der Eigenheimzulage tausende von Arbeitsplätzen in der Bauwirtschaft kosten wird, frage ich die Landesregierung, ob sie der Kürzung der Eigenheimzulage im Bundesrat sowie weiteren beschäftigungsfeindlichen Maßnahmen ihre Zustimmung geben wird oder ob sie sie ablehnen wird.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon sehr bezeichnend, dass sich von insgesamt 22 Fragen nur eine einzige - Ziffer 17 - der Anfrage mit der Zukunft der Städtebauförderung im Lande Niedersachsen beschäftigt.
Die Zukunft sollte uns eigentlich mehr interessieren als die Zahlen und Statistiken, die abgefragt werden und mit denen hier Vergangenheitsbewältigung betrieben werden soll.
- Wenn man Leistung gebracht hat, kann man das auch tun.
Wieder einmal hat es die Landesregierung versäumt, anhand der Städtebauförderung wohnungspolitische Perspektiven aufzuzeigen. Die Aneinanderreihung belangloser Fakten soll darüber hinwegtäuschen, dass diese Landesregierung in Wirklichkeit kein wohnungspolitisches Konzept hat. Dabei geht es nicht nur um Städtebauförderung. Das ist nur ein Aspekt. Es geht letztlich um die Frage, was die Landesregierung tut, um Investitionen im Baubereich zu ermöglichen. Die beste Städtebauförderung ist die Mobilisierung privaten Kapitals.
Die Fakten, meine Damen und Herren, sind bekannt. Niedersachsen belegt, was die baukonjunkturelle Entwicklung in den alten Bundesländern betrifft, mit den hintersten Platz: 20 000 arbeitslose Bauarbeiter, 10 000 Beschäftigte im Baugewerbe weniger als im Jahr 2000, Rückgang der Bauproduktion um 11,6 %, Umsatzrückgang um 9,9 % im
Gegensatz zum Bundesdurchschnitt, der bei 7,4 % liegt.
Demgegenüber soll sich die Antwort der Landesregierung wie eine Erfolgsstory, wie von Ihnen auch genannt, Herr Wolf, lesen. Auf die Frage 17 nach den zukünftigen Programmschwerpunkten wird immerhin auf fast einer Seite von einer groß angelegten integrierten Revitalisierungsstrategie gesprochen und wird der Eindruck erweckt, es ließen sich mit 23,5 Millionen Euro für 2002 die schon in der Landtagsentschließung vom 18. September 2001 formulierten Ziele in ganz Niedersachsen erreichen. Meine Damen und Herren, das ist und bleibt Augenwischerei.
Städtebauförderung ist Förderung von Investitionen in Neubau und Modernisierung von Immobilien in einem städtischen Zusammenhang. Die Diskussion über die Städtebauförderung geht einher mit der Landfluchtdiskussion und dem Ziel von Rot-Grün, diese wegen vermeintlicher Zersiedlungsgefahr zu stoppen. Die Diskussion über die Eigenheimzulage geht mittlerweile in dieselbe Richtung. Neubauten außerhalb der Stadt führen nicht automatisch zur Zersiedlung. Eine vernünftige Flächenausweisung ist im ureigensten Interesse aller Kommunen. Exzessive Flächenausweisungen produzieren Strukturen, die vom Markt nicht angenommen werden. Man kauft nicht nur ein Haus, sondern man kauft auch Infrastruktur, man kauft die Umgebung, und damit kauft man auch Heimat ein.
Dem, meine Damen und Herren, müssen sich die Kommunen stellen und damit für die eigene Stadtentwicklung Sorge tragen durch vernünftige Bebauungspläne, unbürokratischen Umgang mit Bauanträgen, Deregulierung auf breiter Front, z. B. im Bereich kommunaler Satzungen und sonstiger Verordnungen. Fehlbelegungsabgaben und saftige Bußgelder bei gewerblicher Vermietung von Wohnungen sind da eher, wie von uns letzthin festgestellt, kontraproduktiv.
Die Landesregierung bleibt eine Antwort darauf schuldig, mit welchen Maßnahmen konkret sie die in der von ihr zitierten Landtagsentschließung aufgeführten Ziele gefördert hat und welche Erfolge dadurch tatsächlich erzielt wurden. Wenn schon Statistiken geführt werden, dann sollten diese um solche Angaben ergänzt werden. Zumindest für
Hannover kann ich sagen, dass einige so genannte Erfolge beim Einsatz von Landesmitteln durchaus zweifelhaft sind. Das viel gepriesene Modellvorhaben Vahrenheide-Ost konnte jedenfalls nicht verhindern, dass die Leerstandsquote von 7 % die höchste in der Stadt Hannover ist. Es konnte auch nicht verhindern, dass beschlossen worden ist, dort 250 Wohnungen abzureißen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einige Punkte aufgreifen: Revitalisierung sozial gefährdeter Stadtquartiere. - Hat die Landesregierung alles getan, um Fehlbelegungsabgaben im öffentlich geförderten Wohnungsbau abzubauen, und was hat sie getan, um Eigentumsbildung z. B. durch den Abbau investitionshemmender Vorschriften zu erleichtern? Warum sind Fördermittel in den Neubau in Gebieten geflossen, obwohl von vornherein absehbar war, dass es dort zwangsläufig zu einer Gettoisierung kommen wird und auch gekommen ist und damit neue soziale Brennpunkte entstanden sind?
Meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung, dass in der Städtebauförderung umgedacht werden muss. Ganz wesentlich müssen wir uns der Subjektförderung statt der bisherigen Objektförderung zuwenden. Die Städtebauförderung kann nur Bestandteil eines weiter gefassten wohnungspolitischen Konzeptes sein. Wir jedenfalls erkennen ein solches bei dieser Landesregierung nicht. Städtebauförderung muss in ein Konzept für eine nachhaltige Entwicklung der Bauwirtschaft und des Bauhandwerks integriert sein. Ein solches Konzept zu entwickeln, ist Aufgabe einer Landesregierung. Ellenlange Statistiken, wie wir sie von Ihnen bekommen haben, lenken nur von der Konzeptionslosigkeit ab.
Mit dieser so genannten Großen Anfrage ist unserer Auffassung nach die Chance vertan, auf Zukunftsfragen Antworten zu geben. Aber was hätten Sie auch antworten sollen? Was hätten Sie fragen sollen?
Meine Damen und Herren, bleiben Sie so, wie Sie sind! Bleiben Sie rückwärts gewandt! In spätestens zehn Monaten werden Sie, etwas kleiner geworden, aus der Opposition heraus erleben dürfen,
wie wir dieses Land, seine Städte und Gemeinden einer in allen Bereichen dynamischen Zukunft entgegenführen werden.
Herr Minister, ich bin im Grunde genommen sehr dankbar für Ihren Redebeitrag, weil er gezeigt hat, in welcher Weise Sie unsere Diskussionsbeiträge getroffen haben.
Sie können nicht so weitermachen, wie das immer gewesen ist, und es kann auch nicht sein, dass die Freunde der sozialdemokratischen Fraktion feststellen: Es muss so bleiben, wie es bisher war.
Wir haben davon gesprochen, dass wir von der Objektförderung weg und hin zur Subjektförderung kommen müssen, und Sie sprechen davon, wir sollten unsere Innenstädte dann nicht mehr ansehen. Da kann ich nur fragen: Was ist denn passiert? Warum haben wir denn die sozialen Brennpunkte bekommen? Weil wir eben diese Objektförderung über Jahrzehnte gehabt haben und weil wir die Subjektförderung nicht haben einführen und durchführen können.
Was Sie tun müssten, wäre, die gesamten Reglementierungen z. B., die Sie in diesen Wohnungsmarkt eingeführt haben, zurückzunehmen. Herr
Hagenah ist doch Zeuge dessen gewesen, was wir in der Großstadt Hannover erlebt haben. Wir haben im Jahre 1992 mit den Gesetzen, die Sie im Bund beschlossen haben, die Einführung von Erhaltungssatzungen für vier Gebiete erlebt. Zehn Jahre lang haben Sie diese Gebiete mit der Erhaltungssatzung heruntergewirtschaftet, und nun müssen diese Gebiete mit Mitteln aus dem Programm „Soziale Stadt“ wieder aufgeforstet werden.
Meine Damen und Herren, gewöhnen Sie sich das ab. Sie können mit Gesetzen, mit Satzungen und mit all dem, was Sie an Reglementierungen eingeführt haben, Städtebauförderung nicht wirkungsvoll durchführen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach einem Pressebericht der Hannoversche Allgemeinen Zeitung vom 12. April 2002 soll der Umweltdezernent der Stadt Hannover noch während der Ausschreibung für den Bau der geplanten Müllverbrennungsanlage Lahe versichert haben, die Stadt Hannover werde sich für das wirtschaftliche und ökologisch sinnvollste Angebot entscheiden. Bürgerinitiativen kritisieren, dass die Stadt Hannover bei der Ausschreibung zwar zulässige, aber längst überholt Abgasgrenzwerte, nicht jedoch den neuesten technischen Stand zugrunde gelegt hat. Die aufgrund der öffentlichen Proteste erfolgten Nachverhandlungen mit der Betreibergesellschaft Traba-Germania sollen jetzt dazu geführt haben, dass im Jahresmittel nur 50 % der erlaubten Schadstoffmengen ausgestoßen werden. Dafür habe sich die Stadt verpflichten müssen, dass 30 000 t mehr Müll, insgesamt jetzt also 230 000 t, jährlich verbrannt werden dürfen.
Selbst die 50-prozentige Reduzierung der Schadstoffe ist in keiner Weise mehr neuester Stand der Technik. Modernste Filteranlagen erreichen Werte, die weit unter der 50 %-Marke liegen, so z. B. bei der Anlage in Hameln.
Wir fragen die Landesregierung:
1. In welchem Verhältnis stehen die Schadstoffabgaswerte bei den Müllverbrennungsanlagen in Buschhaus und Hameln zu den Abgaswerten der Anlage in Lahe?
2. Wie bewertet sie den Vorwurf, dass bei der in den Nachverhandlungen vereinbarten Reduzierung von 50 % der Emissionen bei gleichzeitiger Erhöhung der Müllmenge um 15 % keine nennenswerte Verringerung der absoluten Schadstoffmengen erreicht wird?
3. Wie wird der Vorwurf bewertet, mit der Genehmigung der Verbrennung von 230 000 t Müll jährlich werde der Mülltourismus nachhaltig gefördert, da aus der Stadt Hannover nicht einmal 100 000 t jährlich angeliefert werden können?
Herr Minister, ich frage Sie: Ist es eigentlich nicht anders, als Sie es dargestellt haben? Bei der nunmehr nachverhandelten Grenzwertunterschreitung soll es sich nämlich tatsächlich lediglich um eine Unterschreitung im Jahresmittel handeln, anders als Sie es dargestellt haben. Hier ist ja die Grenzwertunterschreitung des definierten Wertes von 5 000 m3 pro Tonne, wie Sie es gesagt haben, bei der BKB in Helmstedt nicht emissionsentlastend verhandelt worden. Teilt die Landesregierung unsere Einschätzung, dass - -
Teilt die Landesregierung meine Auffassung, dass, wenn es hier nur um einen Jahresmittelwert geht, es sich um reine Augenwischerei handelt, was hier zwischen der Traba-Germania und der Stadt Hannover verhandelt worden ist?
Hält es die Landesregierung für sinnvoll, Herr Jüttner, dass diese Müllverbrennungsanlage in den Grenzen der Stadt Hannover zu Zeiten gebaut wird, in denen Hameln und Buschhaus erhebliche Kapazitätsprobleme haben und diese nur dadurch lösen können, dass Müll aus anderen Ländern nach Niedersachsen gekarrt wird, z. B. von Italien nach Hameln?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hagenah, nach Ihrer Rede habe ich nicht den Eindruck, dass Sie in der Vergangenheit Kontakt zur Realität des Arbeitslebens gehabt haben. Mit Ihrer Rede haben Sie für mich den Beweis erbracht, dass Sie nicht derjenige sind, der uns aus dem Tal, in dem wir uns befinden, herausführen kann.
Wir müssen Rezepte für die Zukunft finden, wie wir die Bauwirtschaft wieder dahin führen können, wo sie hingehört; denn die Bauwirtschaft nicht nur in Niedersachsen, sondern in ganz Deutschland liegt am Boden. Insbesondere in Niedersachsen kam es in den letzten beiden Jahren zu einem dramatischen Abbau von Arbeitsplätzen in einer Größenordnung von 20 000. Sie wissen wie wir alle, dass die Bauwirtschaft immer Konjunkturmotor gewesen ist und dass sich alle anderen Wirtschaftszweige dort angehängt haben.
Zu lange sind mögliche Investoren, die in Deutschland Geld in Immobilien anlegen wollten, demotiviert und verunsichert worden. Wir glauben, dass der Bauwirtschaft neue Impulse gegeben werden müssen, um die Entwicklung weg vom Bau aufzuhalten.
Meine Damen und Herren, groß angelegte Konjunkturprogramme - wie in der Vergangenheit aufgelegt - sind dafür sicherlich der falsche Weg. Die Verbesserung von Rahmenbedingungen für das Baugewerbe ist sicherlich notwendig, wenngleich man auch hier nicht über das Ziel hinausschießen darf, wie uns die jüngst eingeführte Bauabzugssteuer bewiesen hat - ein Musterfall für Bürokratiewahnsinn. Für die Bauwirtschaft hat die Bauabzugssteuer nichts gebracht.
Im Gegenteil. Die Kunden sind verunsichert worden und übten bei der Erteilung von Aufträgen noch mehr Zurückhaltung, weil sie nicht das Risiko eingehen wollten, zum Steuerzahler für ihren Auftragnehmer zu werden.
An dieser Stelle muss man die Frage stellen, wodurch die Krise im Baubereich und auf dem Immobilienmarkt eigentlich verursacht wurde. Dass der Wohnungsmarkt umgekippt ist und sich innerhalb weniger Jahre vom Vermieter- zum Mietermarkt entwickelt hat, ist doch nicht von ungefähr
gekommen. Die verfehlte Förderpolitik hat in Niedersachsen großen Schaden angerichtet. Demgegenüber hindert eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen private Investoren nach wie vor daran, ihr Kapital so anzulegen, wie es wirtschaftlich vernünftig wäre.
Nennen wir die Investitionshemmer doch einmal beim Namen. Obwohl längst keine Wohnungsnot mehr herrscht, muss ein privater Investor nach Umwandlung eines Miethauses in Eigentumswohnungen zehn Jahre warten, bis er selbst in diese von ihm gekaufte Wohnung einziehen kann. Zehn Jahre lang ist in vielen Städten in Niedersachsen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausgeschlossen, weil der Mieter angeblich so lange braucht, um eine neue Wohnung zu finden.
Meine Damen und Herren, wer sich die Landschaft heute ansieht, muss feststellen, dass das geradezu grotesk ist.
Landauf, landab stehen Wohnungen zuhauf leer, und der Immobilienmarkt wird nach wie vor durch Regelungen aus der wohnungspolitischen Mottenkiste belastet. Für die Bauwirtschaft, die maßgeblich von Investitionen in die eigenen vier Wände profitieren würde, bedeutet dies Umsatzeinbußen in nicht zu beziffernder Millionenhöhe.
Ein anderes Beispiel: Stichwort „Wohnraumzweckentfremdungsverordnung“. In vielen Städten Niedersachsens - so auch in der Landeshauptstadt Hannover - können Bußgelder von bis zu 50 000 Euro verhängt werden, wenn eine Wohnung leer steht, weil unterstellt wird, dass dies mit Absicht geschieht. Leer stehender Wohnraum kann nicht in Gewerberaum umgewandelt werden, was bedeutet, dass Flächen - wenn sie überhaupt vermietet werden können - weiter als Wohnungen zu Mieten vermietet werden müssen, die angesichts der geänderten Marktverhältnisse nicht einmal ausreichen, um davon auch nur die Instandsetzungskosten bezahlen zu können. Meine Damen und Herren, Ausbau, Modernisierung, energiesparende Maßnahmen - all das unterbleibt, weil es schlicht nicht finanzierbar ist.
Auch der private Investor muss sich den Marktverhältnissen anpassen. Der Skandal ist nur, dass die Politik nicht das tut, was von ihr erwartet wird, dass die Politik auch gar nicht zur Kenntnis nimmt, wie sich die Welt verändert hat.
Dazu, meine Damen und Herren, passt ein weiteres Stichwort, und dieses Stichwort, Herr Hagenah, kennen Sie ganz besonders, weil Sie nämlich daran mitgewirkt haben, dass in der Stadt Hannover eine solche kontraproduktive Wohnraumerhaltungssatzung beschlossen worden ist. Diese Wohnraumerhaltungssatzung sollte sichern, dass die Bevölkerungsstruktur erhalten bleibt, hatte aber zur Folge, dass Modernisierungen wie der Anbau eines Balkons, wie der Einbau einer zweiten Toilette oder wie die Verlegung von Parkett nicht vorgenommen werden konnten. Hier hat man Investitionen verhindert. Und weil in den Gebieten, in denen wir mit unglaublich viel Geld, mit Bundesmitteln, mit Landesmitteln, mit Städtebauförderungsmitteln Sanierungsmaßnahmen durchgeführt haben, anschließend die Erhaltungssatzung eingeführt worden ist, haben wir genau das Gegenteil erreicht, nämlich dass die Bevölkerung, die dort gewohnt hat, weggezogen ist, weil sie die verbesserten Standards doch nicht bekommen hat. Das hat zur Folge gehabt, dass dringend notwendige Investitionen nicht erfolgen konnten, womit natürlich auch die Bauwirtschaft geschädigt worden ist.
Meine Damen und Herren, es hat zehn Jahre gedauert, bis die SPD-Mehrheitsfraktion im Rat der Stadt Hannover begriffen hat, dass diese Verordnung kontraproduktiv war. Im letzten Jahr ist sie auf Antrag der CDU-Fraktion endlich in den Papierkorb gewandert. Das war eine richtige Maßnahme. Aber leider musste man die negativen Folgen und Mängel, die heute mit neuen Mitteln aus dem Programm „Soziale Stadt“ beseitigt werden müssten, erst einmal zehn Jahre lang ertragen.
Alle vorliegenden Gutachten und empirischen Untersuchungen namhafter Institute - Pestel, Gewos - und der Städte und Gemeinden selbst sprechen eine ganz eindeutige Sprache. Schon lange besteht ein Überangebot an Wohnungen. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird sich der Wohnungsmarkt noch weiter dramatisch verschlechtern. Wie heute der Presse zu entnehmen war, wird für Niedersachsen und Bremen für das Jahr 2015 ein Leerstand von 170 000 Wohnungen prognostiziert.
Diese Zahlen geben noch nicht die ganze Entwicklung wieder. Deshalb kommt es schlicht einer Enteignung gleich, wenn durch anachronistische Landesverordnungen weiter in Eigentumsrechte eingegriffen wird, obwohl es dafür schon längst
keine Legitimation mehr gibt. Wir fordern die Landesregierung nochmals auf, endlich alle wohnungswirtschaftlichen Verordnungen aufzuheben, die den Markt in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise reglementieren, und auf diese Weise für mehr Investitionen und für mehr Beschäftigung in der Bauwirtschaft Sorge zu tragen.
Gerade im Bestand der Städte gibt es genug zu tun. Gebäude aus den 30er-Jahren sind in vielen Bereichen nicht mehr wettbewerbsfähig. Weder energiesparende Maßnahmen noch die multimediale Infrastruktur der Gebäude entsprechen modernen Standards.
Meine Damen und Herren, in Zeiten leerer öffentlicher Kassen muss privates Kapital mobilisiert werden, um wichtige Infrastruktureinrichtungen wie Straßen, Schulen, Krankenhäuser sowie Kultur- und Sporteinrichtungen finanzieren zu können.
Hemmnisse gibt es allerdings auch auf kommunaler Ebene noch genug. Nehmen wir z. B. das Thema Baulandpreise. Bauland ist kein Tafelsilber der Kommunen. Mit ihrem Bauland müssen die Kommunen auf die wesentlich differenzierter werdende Nachfrage antworten. Ich meine, sie müssen die Zeichen der Zeit erkennen und sicherstellen, dass wir heute nur Einfamilienhäuser bauen können, die nicht wesentlich mehr als 150 000 Euro kosten. Das ist auch in einer Stadt möglich, wenn die Preise entsprechend günstig gestaltet werden. Dazu kann die Kommune erheblich beitragen.
- Zum Beispiel dadurch, dass sie ihre eigenen Grundstücke nicht, wie die Stadt Hannover, für mehr als 250 Euro pro Quadratmeter verkauft. Das wäre z. B. eine Antwort auf Ihre Frage „Wie denn?“ Denn die Kommune ist ja diejenige, die den Marktpreis ganz wesentlich beeinflussen kann, indem sie das Angebot entweder groß oder klein gestaltet. Das steht im Übrigen nicht im Gegensatz zu den katastrophalen Leerstandszahlen, da Eigenheime nach wie vor nachgefragt werden und die Anforderungen an Infrastruktur und Lage steigen.
Bauland muss vor allem jungen Familien in ganz Niedersachsen zu fairen, günstigen Preisen angeboten werden. Davon profitiert auch und gerade die Bauwirtschaft. Bei der Eigentumsquote - das wissen wir alle - liegen wir in Deutschland und damit natürlich auch in Niedersachsen an letzter Stelle in der Europäischen Union, hinter Italien, Spanien und Frankreich.
Während mit der zurzeit wieder diskutierten Eigenheimzulage der Bau und Erwerb von selbstgenutzten Immobilien pauschal gefördert werden, fehlt es an umfangreichen Anreizen für Instandhaltung, Modernisierung und energieeinsparenden Maßnahmen bei bestehenden selbstgenutzten Eigenheimen und Eigentumswohnungen. Notwendige Investitionen in diesem Bereich werden hinausgeschoben. Der Schwarzarbeit werden damit Tür und Tor geöffnet. Schon jetzt, Herr Hagenah, gibt es zwei Preissysteme bei privaten Aufträgen. Ist die Arbeit beendet, gibt es viele, die fragen: „Wollen Sie 5 000 DM mit Rechnung? Oder sind Sie bereit, ohne Rechnung 4 000 DM zu zahlen?“ Das soll in einigen Landstrichen zur Tagesordnung gehören.
Meine Damen und Herren, wenn die Steuerquote so hoch wie in diesem Lande ist, bedrückt das natürlich die Leute stark und schnürt auch letztendlich den Hals zu und lässt sie nach solchen Auswegen suchen. Im Gegensatz zu Ihnen sind wir der Auffassung, dass die Menschen, wenn Sie die Steuerlastquote der einzelnen Menschen senken, auch mehr Geld zu ihrer Verfügung haben, um solche Maßnahmen ganz legal finanzieren zu können.
Meine Damen und Herren, wir sind mit Ihnen der Meinung, dass Schwarzarbeit kein Kavaliersdelikt ist. Aber zur Schwarzarbeit kommt es besonders auch vor dem Hintergrund einer schwachen Konjunktur, die dem Mittelstand kaum Luft zum Atmen lässt. Wenn im Vorfeld von Wahlen über Steuersenkungsprogramme gesprochen wird, die zum Ziel haben, den Bürgern mehr Geld zum Ausgeben zu lassen, sollte man auch darüber nachdenken, wie Investitionen zielgerichtet erleichtert werden können.
Konsum wird der Bauwirtschaft wenig helfen. Meine Damen und Herren, nur wer den Rahmen, in dem sich die Bauwirtschaft bewegen muss, verändert, indem er z. B. überflüssige Limitierungen zurücknimmt, und den steuerlichen Bereich zugunsten privater Investoren verbessert, der hilft der gesamten Wirtschaft, und der hilft, den Abschwung in einen Aufschwung umzukehren.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich bitte Sie: Handeln Sie! Ich meine, das ist das Gebot der Stunde. Versuchen Sie die ruhenden Hände zu aktivieren.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf unsere Anfrage zeigt, wie weit sie von der wohnungspolitischen Realität im Lande Niedersachsen entfernt ist und wie wenig sie die Situation vor Ort in den Kommunen kennt.
Jahr für Jahr werden an falscher Stelle Millionen in den Wohnungsbau investiert und gleichzeitig durch wohnungsmarktregulierende Gesetze und Verordnungen, die sich längst überholt haben, Millioneninvestitionen verhindert. Wenn mit wenig überzeugender Begründung in mehreren Großstädten, darunter Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Göttingen, Lüneburg, noch immer an einer Verordnung festgehalten wird, die die Zweckentfremdung von Wohnraum verhindern soll, dann zeigt sich,
dass diese Regierung nicht nur die Gründung und Ansiedlung von bürgernahen klein- und mittelständischen Betrieben verhindert, sondern sie demonstriert auch, wie unlängst in Hannover geschehen, wie unsinnig, auch ökonomisch gesehen, solche Maßnahmen, die zu früheren Zeiten möglicherweise ihre Berechtigung gehabt haben, heute sind. Wenn z. B. die Existenzgründung eines physikalischen Instituts in einer seit Monaten nicht zu vermietenden leerstehenden Wohnung an einer vielbefahrenen Ausfallstraße Hannovers, nämlich der Podbielskistraße, nur mit der Auflage zugelassen werden kann, dass an anderer Stelle in gleichem Umfang neuer Wohnraum von dieser Existenzgründerin neu geschaffen werden muss, dann zeigt allein dieses Beispiel, wie nicht nur die Existenzgründung verhindert wird, sondern wie, ohne nach Lage und Art der Ansiedlung zu differenzieren, ganze Städte unter eine Käseglocke gestellt werden.
Meine Damen und Herren, damit wird die Wohnungsversorgung und die Ansiedlung von Betrieben von der Stadt, in diesem Fall der Stadt Hannover, verhindert. Angaben der Kommunen zum Wohnungsleerstand können überhaupt nicht gemacht werden, weil es zu deren verlässlichen Ermittlung überhaupt keine Instrumente gibt. Da man aber ein Kriterium benötigt, womit die Berechtigung am Festhalten der Wohnraumzweckentfremdungsverordnung nachgewiesen werden kann, und da für Niedersachsen auf Kreisebene keine aktuellen Einkommensstrukturen vorliegen, kommt in der Wohnungsbaubeobachtung der Landestreuhandstelle der Sozialindikator zur Anwendung. Allein der gilt zur Feststellung, ob die Wohnraumzweckentfremdungsverordnung berechtigt ist oder nicht. Nun fragen Sie natürlich, was der Sozialindikator ist. Der Sozialindikator ist definiert als Anteil der Summe von Sozialhilfeempfängern, Leistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und Empfängern von Arbeitslosenhilfe an der Bevölkerung. Weil dieser Personenkreis in den genannten Städten Braunschweig, Hannover, Oldenburg, Lüneburg und Göttingen am höchsten ist, wird diese Verordnung so lange Verwendung finden, wie SPD-Regierungen in diesem Land Verantwortung tragen.
Meine Damen und Herren, ich meine, dass das so nicht sein kann. Dieser Indikator kann doch nicht Maßstab dafür sein, ob eine solche Verordnung bestehen bleiben kann. Hier muss doch auf die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort abgestellt werden und müssen bei der Analyse des regionalen Wohnungsbestandes stärker die am Markt beteiligten Unternehmen und Interessenvertretungen einbezogen werden, um endlich nachprüfbare Kriterien für den Wohnungsleerstand zu gewinnen.
Es ist doch ein Unding und ein erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden, wenn keine der 10 000 bis 20 000 allein in der Landeshauptstadt leer stehenden Wohnungen einer vernünftigen Verwendung zugeführt werden kann!
Die Tatsache, dass mit derselben Begründung wie bei der Zweckentfremdungsverordnung Käufer von Eigentumswohnungen noch immer bis zu zehn Jahre lang keine Eigenbedarfskündigungen durchsetzen können und damit kein selbst genutztes
Eigentum begründen können, zeigt doch deutlich, wie wenig ernst es die Landesregierung mit der Investitionsförderung und der Förderung privater Eigentumsbildung nimmt;
eine Förderung übrigens, die den Steuerzahler im Gegensatz zu vielen groß angelegten Projekten keinen Pfennig kostet.
Man kann nur von Glück sagen, dass einige Kommunen von sich aus erkannt haben, dass Instrumente wie die Fehlbelegungsabgabe nicht nur Bürokratie und Verwaltungskosten produziert haben, sondern auch zur Verslummung ganzer Stadtteile beigetragen haben.
Der Schaden, der dadurch entsteht, ist ungleich höher als der Vorteil, den man im Interesse sozial Schwacher zu haben glaubt.
Die Förderung des Mietwohnungsbaus mit öffentlichen Mitteln muss zugunsten einer stärkeren Förderung von Eigentumsbildungsmaßnahmen, insbesondere im Einfamilienhausbereich, aber auch zugunsten einer stärkeren Förderung von Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Bestand zurücktreten. Davon profitieren nicht nur Mieter, sondern nebenbei auch noch die Handwerker, was für die ortsansässige Wirtschaft ja nicht schlecht wäre.
Außerdem wäre das ein aktiver Beitrag zum Erhalt gewachsener Strukturen.
Meine Damen und Herren, hier wurde von Visionen gesprochen. Eine weitere Folgerung, die man aus der Antwort der Landesregierung auf unsere Frage ziehen kann, eigentlich ziehen muss, ist die Umstellung der Förderung auf die Haushalte, die sich bisher am freien Wohnungsmarkt nicht mit Wohnraum haben versorgen können. Ich meine hiermit ganz konkret die Umstellung der Wohnungsbauförderung von der Objekt- auf die Subjektförderung. Seit über 50 Jahren werden in der gleichen Weise diejenigen mit öffentlichen Mitteln versorgt, die heute den größten Leerstand im Lande Niedersachsen aufweisen.
Meine Damen und Herren, dieses Verfahren der Objektfinanzierung ist kontraproduktiv, zu teuer und schafft mehr Probleme, als damit gelöst werden. Häuser, Straßenzüge, Quartiere, ja ganze Stadtteile weisen zwischenzeitlich einseitige Bewohnerstrukturen auf, die in den schlimmsten Fällen zu sozialen Brennpunkten verkommen sind. Um hier zu helfen, werden immer wieder neue Programme ersonnen, aufgelegt und mit unglaublich hohen Milliardensummen finanziert.
Meine Damen und Herren, in unseren Gemeinden brauchen wir zum gedeihlichen Zusammenleben eine gesunde Durchmischung der Bevölkerung; ich brauche das nicht weiter zu erläutern. Dieses Problem löse ich, indem ich den Bedürftigen die Chance gebe, sich durch ein individuelles Wohngeld auf dem frei finanzierten Wohnungsmarkt selbst versorgen zu können. Diese Wohnungsförderung ist sozialer, weil sie den Menschen auch die Chance gibt, sich da anzusiedeln, wo es ihnen gefällt, und für die öffentliche Hand ist sie preiswerter, weil sie zu einer besseren Durchmischung bzw. Entflechtung problematischer Wohnbereiche führt.
- Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren! - Abbrüche von Häusern, um der Gettoisierung vorzubeugen, wie es in Hannover von den Sozialdemokraten im Rat der Stadt Hannover beantragt worden ist, sind die denkbar schlechteste Art der Förderung.
Meine Damen und Herren, wenn ich die Ausgaben für Objektfinanzierung mit den Ausgaben für Subjektförderung vergleiche, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass wir ungefähr 75 % der heute in Ansatz gebrachten Wohnungsbaumittel einsparen können.
Ich meine, dass die Landesregierung aufgefordert ist, mit derselben Innovationsfähigkeit, wie sie der Ministerpräsident in der Schulkonzeption an den Tag legt oder auch nicht, neue Konzepte vorzulegen, die Lösungen aufzeigen, wie wir nach 50 Jahren unveränderter Förderung zu einer preiswerteren Konstellation gelangen können.