Protocol of the Session on April 23, 2002

In der Substanz wird es so bleiben, wie es ist.

(Busemann [CDU]: Ah ja! Danke!)

- Natürlich! Das habe ich Ihnen doch schon deutlich gesagt. Sie müssen aber einmal das ganze Paket betrachten. Die Anhörung hat doch ergeben, dass die meisten von uns vorgeschlagenen Maßnahmen begrüßt werden.

(Frau Körtner [CDU]: Was? Wie bit- te?)

- Ja. - Die Frage der Schulstruktur ist strittig. Sie haben mir in der Diskussion selbst gesagt, dass Sie mit der Sprachförderpflicht überhaupt kein Problem haben. Geben Sie das doch zu! Sie haben auch

kein Problem mit der Flexibilisierung der Grundschule. Kein Problem haben Sie auch mit dem Unterricht Werte und Normen. Diesbezüglich sind Präzisierungen gewünscht worden. Sie haben auch kein Problem mit der Finanzhilfe und auch nicht mit der Änderung des Konkordats. Dieses ganze Paket ist doch fast unstrittig. Von daher können Sie uns doch nicht sagen - -

(Zurufe von der CDU)

- Natürlich ist das ein wichtiger Kernpunkt der Novelle, ohne Frage. Die Menge der Vorschriften aber ist doch gar nicht strittig. Das müssen Sie doch zugeben.

Danke schön, Frau Ministerin. - Herr Kollege Klare, Sie sind der nächste Redner. Auch Sie haben zusätzliche Redezeit beantragt. Ich erteile Ihnen eine zusätzliche Redezeit von bis zu vier Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich der Frage nach dem Losverfahren zuwenden. Ich sage Ihnen hierzu einmal Folgendes: Eine Schullaufbahnempfehlung auszusprechen, die Leute daraufhin in einen Topf zu werfen, eine Kapazitätsverordnung zu erlassen, dann aber das Los entscheiden zu lassen, ist - so habe ich vorhin gesagt - wie auf dem Rummelplatz. Wir befinden uns hier aber nicht auf dem Rummelplatz, sondern es geht hier um eine verantwortliche Entscheidung über die Zukunft der Kinder.

(Beifall bei der CDU - Wulf (Olden- burg) [SPD]: Wie wollen Sie das denn machen? Das ist doch die entscheidende Frage!)

Nennen Sie mir einmal ein anderes Land, das ebenfalls das Losverfahren anwendet. Bei uns soll das gehen. Herr Wulff, ich will es Ihnen jetzt erklären, damit Sie nicht weiter herumbrüllen müssen.

(Wulf (Oldenburg) [SPD]: Ja, danke! - Frau Dr. Andretta [SPD]: Da sind wir aber gespannt!)

Bei uns geht es nach Begabungen und nach Lernverhalten. Am Ende ist der Elternwille entschei

dend. Das hat der Ministerpräsident übrigens einmal versprochen. Heute aber ist vom Elternwillen überhaupt keine Rede mehr. So sieht das aus!

(Beifall bei der CDU)

Der Ministerpräsident wird in dieser Frage unglaubwürdig, weil er versprochen hat, den Elternwillen frei zu geben. Jetzt aber geht es nach Kapazitäten, nach Klassenräumen und nach Losverfahren. Die Guten ins Töpfen, die Schlechten ins Kröpfchen. Nach dieser alten Methode. - Das ist die erste Geschichte.

(Frau Dr. Andretta [SPD]: Sie drü- cken sich ja schon wieder! Und was machen Sie?)

Zweitens möchte ich Ihnen noch etwas zur Anhörung sagen, Frau Ministerin. Diese Anhörung ist nicht ordnungsgemäß abgelaufen, weil Sie uns für die Beratung die von Ihnen versprochenen Verordnungen nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt haben. Das ist leider die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin, wir haben die Verordnung über die Größenordnung von Gymnasialzügen bis heute noch nicht vorgelegt bekommen. Sie liegt uns noch nicht auf dem Tisch. Freitag jedoch soll der Gesetzentwurf weiter beraten werden. Wir wissen nun aber, dass Sie der Presse die entsprechende Verordnung bereits gegeben haben. Einen solchen Umgang mit dem Parlament halte ich für unmöglich, meine Damen und Herren. Das muss ich Ihnen einmal sagen.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen das in aller Ruhe. Sie hätten während der Anhörung einmal in die Gesichter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kultusministeriums gucken sollen. Die fühlten sich ja wie verprügelt. Das sage ich einmal in Anführungsstrichen. Wenn ein Gesetzentwurf, der auf Weisung so entwickelt worden ist, derart zerrissen wird, dann ist das unmöglich. Einen solchen Umgang haben die betreffenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kultusministeriums mit Sicherheit nicht verdient. Das kann ich Ihnen sagen. Die haben dort gesessen und haben gelitten.

(Beifall bei der CDU)

Ich will Ihnen noch ein Weiteres sagen, Frau Ministerin. Wenn Sie das, was Sie hier gesagt haben,

wirklich ernst meinen, dass Sie nämlich sorgfältig prüfen und die Anhörung sorgfältig auswerten wollen, dann zwingen Sie uns bitte nicht, morgen und am kommenden Freitag abschließend zu beraten.

(Frau Dr. Andretta [SPD]: Morgen?)

Das hat mit sorgfältiger Beratung nichts mehr zu tun. Ich weiß nicht, wann Sie arbeiten wollen. Wir können es bis Freitag nicht. Wir können bis Freitag nicht arbeiten.

Meine Damen und Herren, ein Letztes. Wenn wir ernsthaft miteinander beraten wollen, dann bitte ich Sie ganz herzlich um eines: Es besteht kein Anlass, dieses Gesetz im Juni zu verabschieden. Über die Anträge kann erst zum 1. Februar nächsten Jahres entschieden werden. Sie haben keine Mitstreiter. Das ist mir aber auch egal. Wir müssen sorgfältig beraten, weil es hier nicht um irgendwelche Durchziehungsmöglichkeiten geht, sondern es geht um wichtige Laufbahnentscheidungen für Schule, für Schulträger und vor allem für die Kinder. Wenn Sie Ihr Modell jetzt nicht zurückziehen, dann werden Sie bis zum März des nächsten Jahres, bis nach der Landtagswahl eine Debatte bekommen. Spätestens dann werden wir dieses Gesetz zurückziehen, wenn wir die Möglichkeit dazu haben.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Frau Kollegin Harms, bitte schön! Sie haben zusätzliche Redezeit beantragt. Ich erteile Ihnen eine zusätzlich Redezeit von bis zu eineinhalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich finde es erstaunlich, dass ich mich jetzt auch noch darüber belehren lassen muss, wie weit ich die Position von Verbänden und Gewerkschaften kenne oder nicht kenne. Ich habe inzwischen mehrere Diskussionsrunden mit dem Bildungsbündnis in Niedersachsen veranstaltet, wie Sie in der Presse nachlesen konnten. Ich kann Ihnen nur sagen: Im Kern sind diese Verbände und auch die Gewerkschaften inhaltlich sehr einig mit uns. Anzustreben ist nämlich eine möglichst lange, mindestens sechsjährige gemeinsame Schulzeit für alle Kinder.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich würde wetten: Wenn wir beide mit den Verbänden über diese Frage diskutieren, wird diese Diskussion für Sie und Ihren Schulgesetzentwurf nicht gut ausgehen. Wir können es gern machen, Frau Ministerin.

(Wulf (Oldenburg) [SPD]: Das können wir gern machen!)

Ich möchte jetzt noch etwas sagen zu dem Stichwort „taktisches Umgehen mit dem Gesetzentwurf“. Das haben Sie uns unterstellt.

(Wulf (Oldenburg) [SPD]: Das haben Sie gesagt!)

Frau Litfin wird Ihnen noch sagen, was sie überhaupt gesagt hat und was nicht. Ich finde es ziemlich infam, mit solchen Behauptungen hier ins Plenum zu gehen. Wir konnten ein Gesetz nicht vorlegen. Wir haben nur wenige Arbeitskapazitäten. Wir müssen den Zeitpunkt genau überlegen. Wir konnten ein Gesetz nicht vorlegen, so lange wir nicht wussten, was Sie endgültig ins Plenum einbringen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wulf (Oldenburg) [SPD]: Das ist ja ein Armutszeugnis erster Güte!)

Das war die Grundlage für unsere Arbeit.

Frau Ministerin, Sie haben - ich wiederhole das jetzt hier - eineinhalb Jahre gebraucht, um - über den Daumen - insgesamt 13 Entwürfe zu schreiben, die immer wieder korrigiert werden mussten.

(Wulf (Oldenburg) [SPD]: Wir arbeiten gründlich!)

Da Sie so lange gebraucht haben, um uns etwas vorzulegen, müssten Sie einmal darüber nachdenken, woran das gelegen hat. Unser Umgang damit ist keineswegs taktisch begründet. Unser Umgang ist ein betont inhaltlicher. Wir wollen eine bessere Schule für Niedersachsen. Was für die CDU gilt, sage ich mit anderer Begründung für uns: Mit uns wird es dieses Gesetz der SPD nicht geben. Mit uns wird es dieses Zurück in die Vormoderne, dieses Zurück zum Sortieren nach Klasse 4 in Niedersachsen nicht geben.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wulf (Oldenburg) [SPD]: Machen wir überhaupt nicht!)

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Seeler hat ebenfalls ums Wort gebeten. Auch ihr erteile ich eine zusätzliche Redezeit von bis zu vier Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir als Landtag sind doch Herr des Verfahrens. Insofern verstehe ich nicht so ganz, warum alle Anfragen an die Ministerin gerichtet werden und nicht an uns aus der Fraktion. Die Fraktion hat eine Meinung, und wir sind diejenigen Parlamentarier, die im Ausschuss beraten.

(Zurufe von der CDU)

- Ja, Sie mögen darüber lachen, Herr Busemann. Bei uns ist es jedenfalls so, dass wir noch eine eigene Meinung haben.

(Möllring [CDU]: Wo denn? - Klare [CDU]: Ihr verbergt sie aber sehr gut!)

Frau Seeler, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Mundlos?

Nein, ich habe leider nur vier Minuten Zeit.