Zunächst zu Tagesordnungspunkt 8. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sozialund Gesundheitswesen in der Drucksache 3245 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 2657 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenstimmen! - Das Erste war die Mehrheit.
Nun zu Tagesordnungspunkt 9. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sozialund Gesundheitswesen in der Drucksache 3246 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 2662 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenstimmen! - Auch hier war das Erste die Mehrheit.
Tagesordnungspunkt 10: Zweite Beratung: Vorlage eines Nachtragshaushalts 2002/2003 und eines Berichts über die Folgen und Wirkungen der Versprechen von Bundesfinanzminister Eichel zur Einhaltung der Maastricht-Kriterien für die Finanzplanung des Landes - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3194 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 14/3255
Der Antrag der Fraktion der CDU wurde in der 102. Sitzung am 14. März 2002 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.
Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Möllring für die Fraktion der CDU. Ich erteile ihm das Wort und bitte um Aufmerksamkeit für den Redner.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem Beitrag von Frau Seeler vorhin, dass das Parlament endlich mal wieder die Gesetzgebung in die Hand nehmen und nicht alles die Regierung machen lassen sollte, bin ich gespannt, wie die SPD hinsichtlich der Forderung nach einem Nachtragshaushaltsplan die Kehrtwendung hinbekommt.
Der Doppelhaushalt 2002/2003, der ja erst seit wenigen Wochen gedruckt vorliegt, war schon Makulatur, bevor die Druckstücke ausgeliefert wurden. Er ist, wie wir wissen, total unterfinanziert. Daher braucht Niedersachsen zwingend einen Nachtragshaushalt für 2002 und einen neuen Haushalt für 2003. - Wenn Sie zuhören, werde ich Ihnen erläutern, welche Ausgaben nicht gedeckt sind bzw. welche Einnahmen nicht zu verzeichnen sind.
Land zukommen, noch nicht im Haushaltsplan 2002/2003 berücksichtigt und nicht gedeckt sind. Wir wissen noch nicht einmal, wie sich die anderen Bundesländer nach der Bundestagswahl zu dem Vorschlag der Bundesregierung verhalten, die Summe zwischen den Bundesländern entsprechend aufzuteilen.
Wir wissen, dass der Finanzminister, obwohl er der Tarifkommission der Länder angehört und wusste, dass es im Jahr 2002 im öffentlichen Bereich keine 630-DM-Jobs mehr geben wird, vergessen hat, in den beiden Haushaltsjahren je 50 Millionen Euro für die Verlässliche Grundschule anzusetzen. Diese müssen zusätzlich bereitgestellt werden, weil die bisherigen 630-DM-Jobs in voll versicherte und voll versteuerte Jobs überführt werden müssen, was entsprechend teurer ist. Dies zu wissen, aber es trotzdem nicht einzusetzen, ist natürlich ein Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung. Aber das scheint die Landesregierung inzwischen auch nicht mehr zu interessieren.
Wir wissen, dass die VBL-Leistungen zu erheblichen Ausgabesteigerungen führen. Dafür ist aber weder im Ansatz der VBL-Leistungen Vorsorge getroffen worden, noch gibt es für diesen Bereich eine globale Mehrausgabe. Auch daran muss gearbeitet werden. Es ist jedenfalls nicht vorstellbar, dass der Haushalt mit diesen hohen Risiken gefahren wird.
Allein aus diesen Punkten ergibt sich, dass der Haushalt nicht mehr haltbar ist. Vor vier Wochen war er genauso wenig haltbar, und deshalb haben wir damals auch den Antrag gestellt.
Hinzu kommen erhebliche Mindereinnahmen, die sich aus der neuen Steuerschätzung und natürlich daraus ergeben, dass wir dem Haushalt nicht mehr, wie es die Landesregierung noch getan hat, ein Wirtschaftswachstum von 1,5 %, sondern nur noch von 0,75 % - mit Glück ein bisschen mehr zugrunde legen können. Das ist nur noch die Hälfte dessen, was angenommen worden ist, und entsprechend müssen natürlich die Einnahmedaten angepasst werden. Selbst bei vorsichtiger und zurückhaltender Schätzung werden jährlich mindestens 150 Millionen Euro ausfallen.
Wir wissen nicht, wie die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst ausgehen werden. Aber nachdem ich vorhin die Äußerungen einiger SPDKollegen zu den Forderungen der IG Metall gehört habe, gehe ich davon aus, dass die Tarifgemein
schaft der Länder hier auch noch zulegen wird. Entsprechend muss natürlich etwas getan werden; denn bevor man etwas ausgeben kann, muss man es erst einmal einsetzen. Oder umgekehrt: Wenn man die Löhne und Gehälter im Laufe des Jahres erhöht, muss man darauf mit einem Nachtragshaushalt reagieren.
Meine Damen und Herren, im Anschluss an das, was Herr Wulff gesagt hat - Freitag sagt der Ministerpräsident zu Höppner das und Montag das -, ist es ja mal interessant, wie es denn mit den anderen Äußerungen des Ministerpräsidenten aussieht, der ja durchs Land zieht und Wohltaten verspricht.
Zunächst die Äußerung mit den Laptops für jeden Schüler. Das wären knapp 1 Million Laptops, also 3 Milliarden DM gewesen. Inzwischen hat die Ministerin ja gesagt, das war nur ein Beispiel für das, was man so machen kann.
Dieses Projekt ist dann aus der Initiative N 21 unterstützt worden. Das kann man natürlich kritisieren, aber ich kritisiere das überhaupt nicht. Der Ministerpräsident hat allerdings so getan, als wenn das Land das bezahlen würde.
Ich will nur einige wenige Beispiele für das nennen - ohne Anspruch auf Vollzähligkeit -, was der Ministerpräsident alles versprochen hat:
Versprochen hat er zusätzliche Lehrer zur vollständigen Unterrichtsversorgung bei weiter steigenden Schülerzahlen. - Das ist im Haushalt nicht drin.
Zugesagt hat er die Verdoppelung der Förderstunden. - Im Haushalt steht dafür aber kein Geld dafür zur Verfügung. Sollen das alles Mütter ehrenamtlich machen, oder wer soll das tun?
Auch die angekündigte Verlässlichkeit der Förderstufe ist nicht finanziert. Dafür brauchen Sie Vertretungskräfte, also entsprechend Personal; denn Sie können das Personal ja nicht einfach aus anderen Bereichen abziehen, wo es ebenfalls gebraucht wird.
Der Ministerpräsident hat einen Sprachförderunterricht für angehende Grundschüler versprochen. Er hat gefordert, dass die alle verlässlich Deutsch können, wenn sie in die Grundschule kommen. Als wir das vor ein paar Jahren gefordert haben, wurden wir noch in die rechte Ecke gestellt. Jetzt
plötzlich ist das modern. Aber wenn man die Sprachförderung machen will, dann muss man dafür auch entsprechende Personen einstellen.
Die wiederum machen das natürlich nicht kostenlos, jedenfalls in der Regel nicht, weil ja nicht alle Altruisten sind.
Sie haben angekündigt - auch das haben wir heute schon diskutiert -, für moslemische Schüler einen Werte- und Normenunterricht durchzuführen, und zwar im Gegenwert von 500 Stellen. Wenn Sie im Gegenwert von 500 Stellen solchen Unterricht erteilen wollen, müssen Sie auch entsprechende Mittel zur Verfügung stellen, damit Sie entsprechende Lehrer einstellen können. Auch dafür ist kein Cent eingestellt.
Auch die Diskussion um den Tiefwasserhafen ist hoch interessant. Über den Tiefwasserhafen wird zwar viel geredet, aber Mittel dafür werden nicht eingestellt. Vor der Wahl spricht man sich natürlich gern für den Tiefwasserhafen aus, aber hinterher wird man sagen: Es tut uns Leid, das können wir nicht bezahlen.
Schließlich die versprochene Investitionsinitiative der Landesregierung; Frau Knorre hat heute Morgen darauf hingewiesen. Da lache ich mich schlapp. Der Ministerpräsident hat im Hinblick auf das zu erwartende Defizit 2002 schon die Übertragung der Ausgabereste gestoppt. Damit sind auch die Investitionen gestoppt.
Nun will ich Ihnen einmal ein Beispiel nennen, wie Investitionen zusätzlich ins Land gepumpt werden. Was da gemacht wird, ist völliger Blödsinn. Wenn Sie mithilfe von GVFG-Mitteln eine Straße bauen wollen und damit auch sofort anfangen könnten und wenn Sie gleichzeitig auch noch eine zweite Maßnahme nach dem GVFG angemeldet haben, dann kommt die Bezirksregierung bzw. das Ministerium und sagt: Wir geben euch mehr für die erste Fördermaßnahme. Dann können wir nämlich behaupten, wir investieren mehr, und ihr könnt sofort loslegen. - Damit wird allerdings kein zusätzlicher Arbeitsplatz geschaffen, sondern nur mehr Förderung in das Land gepresst, und die zweite Maßnahme fällt durch den Rost.
Diese gewaltigen Mehrausgaben und Mindereinnahmen summieren sich zu einem Defizit von rund 1 Milliarde Euro. Wenn Sie bei einem Gesamtumfang des Haushalts von 20 oder 21 Milliarden Euro 1 Milliarde Euro nicht finanziert haben, dann fehlen Ihnen 5 %. Damit kommen Sie in eine Verschuldung hinein, gegen die Sie anarbeiten müssen.
Im Übrigen: 2003 haben wir eine Landtagswahl. Hier ist der Ministerpräsident seinem Vorbild Schröder, der zu feige ist, eine Pressekonferenz zu geben, schon ganz nah auf den Fersen: Er ist nämlich zu feige, den Haushalt 2003 vor der Landtagswahl zu machen.
Andererseits kann man auch sagen, es ist natürlich auch sinnvoll, es nicht zu tun; denn er muss sowieso geändert werden. Er wird von einer neuen Mehrheit aufgestellt, selbst wenn dann im Januar noch ein neuer Haushalt ist. Aber für 2002 brauchen wir verlässliche Daten, mit denen man arbeiten kann. Dafür brauchen wir einen Nachtragshaushalt. Nachdem wir heute die Meinung von Frau Seeler zur Schulpolitik gehört haben, kann nur das Gleiche für die Haushaltspolitik gelten. Dann erwarte ich auch, dass Sie uns zustimmen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Soweit ich mich erinnern kann, hatten wir noch nie einen Etat, der so schnell so wenig mit der Realität zu tun hatte wie dieser aktuelle Doppelhaushalt der SPD: immer neue Einnahmeausfälle, immer neue Ausgaben produzieren immer neue Haushaltslöcher. Natürlich brauchen wir aus diesem Grunde einen Nachtragsetat, und zwar nicht irgendwann, sondern umgehend.
Sie haben vonseiten des Finanzministeriums das Wirtschaftswachstum deutlich zu hoch, den Tarifabschluss deutlich zu niedrig eingeschätzt. Sie haben die riesige Last, die aus der Rückzahlung
des BEB-Betrages resultiert und die einen Jahresfehlbetrag im Jahre 2001 zur Folge haben wird, überhaupt nicht im Haushalt berücksichtigt. Sie haben die Nachzahlung für kinderreiche Beamte zu gewärtigen. Sie müssen die Mehrausgaben für die Verlässlichen Grundschulen - rund 27 Millionen Euro - finanzieren. Sie müssen die Verstärkungsmittel für die Zusatzversorgung der Angestellten bei der VBL mit rund 40 Millionen Euro finanzieren. Sie müssen die Mehrausgaben für das Schulgesetz mit 70 Millionen bis 80 Millionen Euro finanzieren. Sie machen sich als Landesregierung und als SPD-Fraktion schon überhaupt gar nicht mehr die Mühe, sich für all das noch Deckungsvorschläge einfallen zu lassen. Sie lassen den Etat einfach durchlaufen, wohl wissend, dass der Jahresabschluss 2001 und das vorläufige Kassen-Ist für das laufende Haushaltsjahr, in dem es wiederum ein Defizit geben wird, erst nach der Landtagswahl 2003 vorliegen wird. Weil alles das im vollen Bewusstsein gemacht wird, sage ich Ihnen, dass dieser Doppeletat auf den 2. Februar angelegt ist, angelegt ist auf einen Wahlbetrug.
Wesentliche Rahmendaten dieses Etats sind nicht zu halten. Das gilt nicht nur für das Wirtschaftswachstum, das gilt nicht nur für den Tarifabschluss, das gilt auch für bestimmte Sonderlasten, so möchte ich sagen, die so in anderen Bundesländern nicht auftreten. Von konjunkturellen Einbrüchen sind irgendwo alle, auch der Bund, betroffen. Aber wir haben in Niedersachsen in den letzten Jahren über eine ausufernde Neuverschuldung - und daraus resultiert eben auch eine Zinsbelastung - eine Reihe von Maßnahmen zu finanzieren gehabt, die andere Bundesländer nicht zu verkraften hatten. Das fängt bei der EXPO an, das setzt sich mit der BEB fort, da spielen auch eine Rolle der Neubau eines Emssperrwerks, eines Tiefwasserhafens, der Lückenschluss der A 31, das INI. Man kann diese Liste im Prinzip endlos fortsetzen.
Das alles sind natürlich in der Summe Milliardenbeträge, die von diesem Landeshaushalt zu tragen sind. Dieses haben andere Bundesländer in vergleichbarer Lage nicht zu schultern. Für Niedersachsen ist es besonders krass, weil die Ausfälle an Steuereinnahmen, das geringere Wirtschaftswachstum und der zu erwartende Tarifabschluss dann noch obendrauf kommen. Das ist für ein ohnehin finanzschwaches Land wie Niedersachsen
Wir haben heute Morgen viel über „Pecunia“ gehört, wir haben viel über „Pecunia olet“ gehört, und wir haben viel über „Pecunia non olet“ gehört. Für mich bewahrheitet sich mit diesem Haushalt vor allem eine Annahme, nämlich die Annahme „democrati sociales pecunia male uti solent“, das heißt auf Deutsch so viel wie: Sozialdemokraten können nicht mit Geld umgehen. Und das kommt Niedersachsen teuer zu stehen.