Protocol of the Session on March 13, 2002

- Bitte schön, Frau Ministerin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin etwas erstaunt über diese Dringlichkeit der Anfrage.

(Frau Körtner [CDU]: Wir auch!)

Wir haben hier gestern das Schulgesetz eingebracht und diskutiert, und der Entwurf liegt Ihnen vor, Frau Litfin. Warum beziehen Sie sich auf eine Aussage einer Mitarbeiterin - wer das auch immer gewesen ist - und nicht auf das Schulgesetz? Darin ist diese Thematik geregelt.

(Klare [CDU]: Weil das noch nicht vorlag, als die Dringliche Anfrage ge- stellt wurde!)

Die Einrichtung eines Schulkindergartens obliegt, wie Sie wissen, dem Schulträger. Der Schulkindergarten hat nach dem Niedersächsischen Schulgesetz die Aufgabe, vom Schulbesuch zurückgestellte schulpflichtige, aber noch nicht schulfähige Kinder durch besondere pädagogische Maßnahmen individuell bis zur Schulfähigkeit zu fördern. Diese Einrichtung besteht in Niedersachsen an 23,2 % der Grundschulen, wobei allerdings ein Schulkindergarten auch Kinder aus benachbarten Grundschulen aufnimmt. Allerdings können nur 72,7 % aller zurückgestellten Kinder einen Schulkindergarten besuchen.

Es ist festzustellen, dass die Anzahl der Rückstellungen von Schule zu Schule sehr unterschiedlich und nicht nur auf den Standortfaktor zurückzuführen ist. An Schulen, die über einen eigenen Schul

kindergarten verfügen, werden deutlich mehr Kinder zurückgestellt als an Schulen ohne Schulkindergarten. Es ist auch ein Zusammenhang zwischen der Größe der Klassen und der Anzahl der Rückstellungen feststellbar. Auch die Tatsache, dass doppelt so viele Jungen wie Mädchen und überproportional viele Kinder aus Migrantenfamilien zurückgestellt werden, gibt Anlass, über dieses Instrument nachzudenken. Das haben wir anlässlich der Erarbeitung der Schulgesetznovelle getan.

Die Ergebnisse internationaler Schulleistungsvergleiche verstärken übrigens die Zweifel daran, dass Kinder durch Zurückstellung und den Besuch des Schulkindergartens optimal gefördert werden. Der niedersächsische Schulversuch zur „Neustrukturierung des Schulanfangs“, der zum 31. Juli 2002 ausläuft, sollte auch dazu Erkenntnisse liefern. Die Ergebnisse dieses Schulversuchs zeigen, dass durch eine veränderte Schuleingangsstufe günstigere Voraussetzungen für die Förderung von Kindern mit Entwicklungsverzögerungen geschaffen werden können. Nur wenige Kinder durchlaufen die Eingangsstufe in drei Jahren.

Im Schulgesetzentwurf, der dem Landtag vorliegt, wird die Möglichkeit eröffnet, den ersten und zweiten Schuljahrgang als Eingangsstufe zu führen, die von einzelnen Schülerinnen und Schülern durch Überspringen in einem Schuljahr, von anderen in drei Schuljahren durchlaufen werden können. Damit erhält die Grundschule Gelegenheit, auf die Zurückstellung schulpflichtiger, aber noch nicht schulfähiger Kinder zu verzichten und einen anderen Weg der Förderung zu praktizieren. Dass dieser Weg erfolgreich gegangen werden kann, wird durch die Schulversuche nachgewiesen. Die Einführung dieser Eingangsstufe ist schrittweise geplant, und zwar auf Antrag der Schule.

Dies vorausgeschickt, beantwortet die Landesregierung die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu 1 und 2 habe ich, wie Sie gehört haben, die Vorbemerkungen gemacht.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Herr Kollege Klare, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Frau Ministerin, können Sie sicherstellen, dass die Lehrkräfte oder Sozialpädagogen, die heute in den Schulkindergärten unterrichten, in der Grundschule verbleiben, obwohl die Schulkindergärten abgeschafft werden?

(Möhrmann [SPD]: Wer sagt denn, dass sie abgeschafft werden? - Gegen- ruf von Klare [CDU]: Das steht im Gesetz!)

Frau Ministerin, bitte!

Ich möchte noch einmal klarstellen, dass es sich nicht um eine Abschaffung handelt. Die Schulkindergärten, die da sind, bleiben auch da, solange die Schulen nichts anderes beantragen. Selbstverständlich kann ich auch sicherstellen, dass die Kräfte, die an den Schulen sind, dringend benötigt werden. Also gibt es auch da kein Problem.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Litfin, bitte schön!

Frau Ministerin, für die Schulversuche - es sind wohl insgesamt neun - „veränderte Eingangsstufe“ sind zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt worden. Werden die Grundschulen, die mit einer Eingangsstufe ausgestattet werden sollen, die gleichen Ressourcen bekommen wie die bereits arbeitenden Schulen?

Frau Ministerin, bitte!

Sie werden zusätzliche Ressourcen - aber nicht die gleichen - bekommen, da es sich dann nicht um Schulversuche, sondern um die Flächendeckung handelt.

Vielen Dank. - Zu einer zweiten Zusatzfrage hat der Kollege Klare das Wort.

Herr Präsident! Frau Ministerin, haben Sie einmal festgestellt, welcher zusätzliche Raumbedarf pro Schule notwendig ist, wenn diese veränderte Eingangsstufe jetzt an Schulen umgewandelt wird?

(Plaue [SPD]: Meinen Sie jetzt Quad- ratmeter oder die Logistik? - Kla- re [CDU]: Die Kosten!)

(Präsident Wernstedt übernimmt den Vorsitz)

Frau Ministerin, bitte!

Erstens. Damit Klarheit besteht: Es wird nicht umgewandelt - der Sprachgebrauch ist falsch -, sondern es wird auf Antrag der Schulen eingerichtet. Das ist im Gesetzentwurf auch so vorgesehen.

Zweitens. Nach unseren Erkenntnissen aus den Schulversuchen gibt es keinen zusätzlichen Raumbedarf.

Frau Janssen-Kucz!

Weshalb findet die Umwandlung nur auf Antrag der Schulen statt, wenn Ihre bereits laufenden Modellprojekte so toll sind?

Die Antwort bitte!

Es ist ein neues Vorgehen, jahrgangsübergreifend mit Kindern zu arbeiten. Ich wundere mich wirklich über Ihre Fragestellung! Sie stellen in der Presse das Schulmodell sechsjährige Grundschule vor, bei dem Sie einen viel weitergehenden Übergriff von Klasse 1 bis 3 und von Klasse 3 bis 6 vornehmen. Dann fragen Sie auch noch, warum

wir das ganz langsam machen. Sie sollten sich das ganz genau überlegen: Die Schulen müssen sich auf diese Art des Arbeitens erst einmal einstellen. Deshalb meinen wir, dass das freiwillig passieren soll.

(Beifall bei der SPD)

Frau Litfin!

Frau Ministerin, wie viele zusätzliche Ressourcen werden die Schulen bekommen, die diese Arbeit in Zukunft freiwillig machen werden? Wo sind diese zusätzlichen Lehrerstellen im Haushalt verankert?

Frau Ministerin, bitte!

(Plaue [SPD]: Wollen Sie die Seite wissen?)

Frau Litfin, das hängt von der Größe der Schule ab. Das kann ich Ihnen nur für die einzelnen Schulen beantworten, wenn sie es beantragt haben.

Frau Pothmer, bitte!

Frau Ministerin, sind die laufenden Schulversuche evaluiert worden? Sind aus dieser Evaluation Erkenntnisse darüber hervorgegangen, welche Ressourcen man für diese flächendeckende Einführung bräuchte?

Können Sie das beantworten?

Die Evaluation beginnt. Deshalb sind wir mit der Einführung so vorsichtig und wollen sie schrittweise vornehmen. Im Gegensatz zu Ihnen - Sie wollen das im Schulgesetz gleich für alle Grundschulen verankern - gehen wir davon aus, dass es Auswertungsbedarf gibt. Wir haben deshalb Frau Prof. Dr. Kahle den Auftrag erteilt, diese wissen

schaftliche Auswertung vorzunehmen. Wir haben bisher aus den Schulen Berichte erhalten und können darauf zurückgreifen. Wir werden Sie dann darüber informieren.

Frau Steiner, bitte!

Frau Ministerin, vor dem Hintergrund der PISA-Studie und der Auswertung, über die wir schon diskutiert haben: Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass wir diese Eingangsstufe schneller einführen müssten?

Sind Sie der Auffassung, Frau Ministerin?

Nein!

(Beifall bei der SPD)