Protocol of the Session on March 9, 2022

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen uns hier und heute mit einem weiteren Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, den wir begehren, und das, wie ich sagen möchte, aus gutem Grund. Die JamaikaOpposition hat sich hier sehr intensiv dazu Gedanken gemacht.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und AfD)

Und, meine Damen und Herren, ja, es ist, wenn Sie das so amüsant finden,

(Zuruf von Enrico Schult, AfD)

ich muss sagen, ich kann sozusagen dieser Thematik jetzt nicht so viel Amüsantes abgewinnen, denn wir erleben schon seit einiger Zeit Zustände an den beiden Universitätsmedizinen, die uns mit sehr, sehr großer Sorge erfüllen, meine Damen und Herren.

Dazu komme ich auch gleich, aber ich will eines vorwegschicken: Es ist ja so ein Stück weit kolportiert worden, wir würden hier an dem Image, an dem guten Image und an der fleißigen Arbeit der Ärzte und des Pflegepersonals rütteln und würden das in Zweifel ziehen. Meine Damen und Herren, das ist mitnichten der Fall. Deswegen will ich von vornherein gleich sagen, diese Arbeit, die da geleistet wird, die braucht weitaus mehr Anerkennung, als es bisher – nicht nur vor dem Hintergrund von Corona –, als es bisher der Fall ist. Und deswegen sage ich,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

und deswegen sage ich, hier geht es nicht um die Verwerfung der, oder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Ärzte und des Pflegepersonals, sondern es geht um Fehlentscheidungen, strategische Fehlentscheidungen, insbesondere in den Führungsgremien, meine Damen und Herren. Und diese müssen in diesem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden. Das ist das Ziel dieses Untersuchungsausschusses.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Und da kommen wir mal zu den Punkten, derer es an der Zahl viele gibt, aber ich will einige herausstellen. Ich fange mal in Greifswald an, an der Universitätsmedizin Greifswald. Hier haben wir im Jahr 2018 die Zeitschrift, von der „Süddeutschen“ die Überschrift gelesen: „Millionenloch“ in Greifswald. Und worum geht es? Es geht um die betriebliche Altersvorsorge, die umgestellt wurde. Man ist 2005 aus der VBL ausgestiegen und hat einen privaten Anbieter gesucht, mit der Folge mittlerweile, wie wir wissen, dass 30 Millionen Euro fehlen, dass 30 Millionen Euro wohl durch den Steuerzahler aufgebracht werden müssen, um dieses Defizit auszugleichen.

Allein, allein dieser Aspekt, dass das im Rahmen einer Tischvorlage in den Gremien entschieden wurde, allein das würde aus meiner Sicht schon einen Untersuchungsausschuss rechtfertigen. Und, meine Damen und Herren, wenn Sie sich angucken, wie das im Detail gelaufen ist – wir wissen ja nicht alles, das gilt es dann in diesem Untersuchungsausschuss herauszustellen –, dann muss man schon sagen, hier gab es betrügerische Absichten, meine Damen und Herren. Und das muss wirklich aufgeklärt werden. Das ist nicht hinnehmbar, nicht hinnehmbar für den Landtag Mecklenburg-Vorpommern und schon gar nicht hinnehmbar auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die letztlich ja auch ein Stück weit betroffen sind dadurch – nicht nur ein Stück weit. Und da ist die Rolle natürlich nicht nur des Aufsichtsrates zu hinterfragen, da ist auch die Rolle des zuständigen Ministeriums zu hinterfragen.

Und, Frau Ministerin, ich weiß, Sie haben ja in der vergangenen Legislaturperiode im Bildungsausschuss immer wieder auch auf andere Verantwortlichkeiten hingewiesen. Dazu muss ich ganz eindeutig sagen: Schauen Sie bitte noch mal ins Landeshochschulgesetz! Die Zuständigkeit

lag und liegt bei Ihnen, und das muss hier noch mal deutlich herausgestellt werden.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Wir haben aber auch,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Aber nicht seit 1999, ne?)

wir haben aber auch …

Herr Koplin, Sie können gerne dazu nachher sprechen, ich gehe mal davon aus, dass Sie sozusagen Ihre ablehnende Haltung dann begründen werden, vielleicht stimmen Sie auch mit, das ist ja durchaus mal eine gute Nachricht zur Abwechslung aus Ihren Reihen.

(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Mal? Das ist ja lächerlich!)

Wir kommen mal zur Universitätsmedizin Rostock. Das war ja im vergangenen Jahr eine der größten Baustellen, Baustellen im wahrsten Sinne. Darüber haben wir ja sehr intensiv auch gesprochen, insbesondere auch über die Frage der dezentralen Standorte, eine Frage, die wir hier zwar erörtert haben, aber auch das ist nicht wirklich abschließend geklärt, meine Damen und Herren. Und vor allem ging es aber, und da werden Sie sich sicherlich erinnern, das war wenige Wochen vor der Landtagswahl, und man hat uns unterstellt, wir würden damit Wahlkampf betreiben. Das war mitnichten der Fall.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Und die Antwort können wir Ihnen hier und heute geben.

Ja, Herr Krüger, Sie lachen da. Ich finde das ziemlich unverschämt,

(Thomas Krüger, SPD: Ich auch! Ich auch!)

dass Sie über diese Situation,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

über die Situation...

Ja, offensichtlich scheinen Sie das nicht ansatzweise ernst zu nehmen, was da passiert ist.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP – Thomas Krüger, SPD: Jaja!)

Denn wir reden über Missstände,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Kollege Krüger, wir reden über Missstände in der Kinder- und Jugendmedizin.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Und wenn Sie dafür, wenn Sie dafür Gelächter übrig haben,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

meine Damen und Herren,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

dann bleibt mir hier fast die Spucke weg.

(Zuruf von Bernd Lange, SPD)

Das ist wirklich also ein starkes Stück.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Sie können natürlich auch hier Ihre Position gleich darlegen. Ich will aber sagen, das war natürlich der größte Aufreger und das hat das Fass fast zum Überlaufen gebracht.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Und letztlich mündete das ja – Sie werden das erinnern – in einen Brandbrief von Chefärzten und weiteren Medizinern, die hier klargestellt haben, dass offensichtlich der Versorgungsauftrag nicht erfüllt werden kann.

(Zurufe von Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Nikolaus Kramer, AfD)

Und das ist hier zwar im Bildungsausschuss thematisiert worden, es gab Anhörungen, wir haben den Aufsichtsrat uns angehört. Ich kann Ihnen sagen, wie das gelaufen ist: Der jetzt nicht mehr zuständige Aufsichtsratsvorsitzende hat offensichtlich alle anderen hier ziemlich gut eingenordet und hat seine Darlegungen zu den Dingen hier zum Besten kundgetan. Aber, meine Damen und Herren, wir wissen mittlerweile ja schon aus dem anfänglichen Aktenstudium, dass das offensichtlich nicht ganz mit der Realität in Einklang zu bringen war und ist. Und deswegen, meine Damen und Herren, gibt es da so viele Fragen: Warum ist dieser Sparkurs durchgedrückt worden zulasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber vor allem zulasten auch der Patienten?

Und hier ist dargestellt worden, dass der Aufsichtsrat damit eigentlich gar nichts zu tun hatte, das sei ja dann das operative Geschäft des Vorstandsvorsitzenden gewesen, den man dann ja sehr schnell zum Bauernopfer gemacht hat und entlassen hat. Und jetzt ist der Aufsichtsratsvorsitzende selbst, Mathias Brodkorb, ebenso zum Bauernopfer geworden – eine Ironie der Geschichte, meine Damen und Herren. Aber gerade diese Entscheidung, diese Entscheidung vom gestrigen Tag macht ja diesen Untersuchungsausschuss nicht mehr unnotwendig. Im Gegenteil, der Ausschuss wird umso wichtiger, weil auch diese Entscheidung zu diesem Zeitpunkt, das lässt mich ehrlicherweise mit Erstaunen zurück. Dazu werden Sie sicherlich etwas sagen. Richtig begründet ist es in der Öffentlichkeit nicht. Warum? Aber dazu haben Sie ja, Frau Ministerin, die Gelegenheit, sich jetzt zu äußern. Und Sie werden auch Gelegenheit haben, natürlich zu den anderen Dingen im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss sich zu äußern.

Und darauf werden wir Wert legen, dass es hier eine lückenlose Aufklärung gibt, aber nicht nur der Aufklärung wegen, sondern vor allem, meine Damen und Herren, dass wir daraus auch Lehren ziehen, Lehren ziehen für die Weiterentwicklung, für die bessere Situation, für die

bessere Ausgestaltung auch an den beiden Standorten in Rostock und Greifswald.

Und deshalb glaube ich daran, dass dieser Parlamentarische Untersuchungsausschuss dazu führt, dass wir natürlich auch Verantwortlichkeiten benennen über bestimmte strategische Fehlentscheidungen, aber eben auch lernen können, wie wir die beiden Universitätsmedizinen zukunftssicher aufstellen können. Und deswegen erwarte ich auch von Ihnen, liebe Koalitionäre, dort konstruktive Beiträge und nicht solche Beiträge, wie wir sie hier im Bildungsausschuss in der letzten Legislatur, zum Ende der Legislatur erleben mussten, indem nämlich maximal gemauert wurde. Es wurde gemauert, als es darum ging, Akteneinsicht zu bekommen. Das ist auf die lange Bank geschoben worden, und das, muss ich ehrlicherweise sagen, das hat uns auch im Nachgang schwer entsetzt. Und deswegen ist dieser Untersuchungsausschuss mehr als notwendig, meine Damen und Herren.

Ich danke den Fraktionen, auch der FDP und der GRÜNEN, dass sie sozusagen jetzt hier, die zwar damals nicht im Landtag vertreten waren, aber dass sie auch hier klar erkennen, dass da Aufarbeitung erfolgen muss. Und deswegen hoffe ich, dass wir hier mit diesem Votum heute ein klares Signal senden.