Protocol of the Session on September 23, 2020

Es dürfte Ihnen auch nicht entgangen sein, dass die Landesregierung sich nach diesem feigen Anschlag auf Herrn Nawalny mehrfach vehement für das Projekt ausgesprochen hat. Und selbst nachdem der SPDAußenminister sich gegen Nord Stream positionierte, blieb die SPD-Ministerpräsidentin bei der vom Landtag aufgegebenen Linie. Und worüber reden wir hier also? Wir reden mal wieder über den Versuch der AfD, auf einen lange abgefahrenen Zug wieder aufzuspringen.

(Nikolaus Kramer, AfD: Der Grund war die Abstimmung der CDU-Leute in Brüssel, Herr Waldmüller! Das war der Grund!)

Und die CDU-Fraktion, für die CDU-Fraktion bekräftige ich an dieser Stelle, was ich bereits vor einem Monat gesagt habe.

Sie haben noch Redezeit, Sie können noch reden!

(Nikolaus Kramer, AfD: Genau. Machen wir auch!)

Ich hatte letztes Mal gesagt, als es um diese Angriffe der Senatoren ging, hatte ich zitiert, wo soll das alles hinführen, Einreiseverbot, Sperren von Konten. Was ist eigentlich die nächste Eskalationsstufe, wird MecklenburgVorpommern zum Schurkenstaat erklärt? Das hatte ich alles gesagt. Also wir brauchen klare Haltungen, klare Aussagen, und die gab es in dem Haus im letzten Land

tag am 27. Und einen Monat später hat dann die AfDLandtagsfraktion, sieht dann auch Handlungsbedarf. Das spricht zwar nicht für die Auffassungsgabe, aber dennoch für eine Lernkurve. Die ist dann erfreulich. Ich denke, wir in diesem Haus und auch die Landesregierung haben aber diese Erkenntnisdefizite nicht, und deswegen brauchen wir auch diesen Antrag nicht. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Andreas Butzki, SPD)

Mir liegt noch ein Antrag auf Kurzintervention durch Herrn Professor Weber vor.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Na dann los!)

Bitte, Herr Professor Weber!

(Torsten Renz, CDU: Der Verfasser des Antrages.)

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium!

Herr Waldmüller, dann mal für Ihre Auffassungsgabe noch mal langsam, damit Sie es verstehen: Der Antrag ist notwendig, gerade weil nach der, ja, verhängnisvollen Affäre Nawalny doch Stimmen aufgekommen sind, die eben diese Linie in Gefahr gebracht haben. Das war einmal Ihre Fraktion im Europaparlament, die CDU, und, weil Sie nachgefragt haben, es war Frau Merkel selbst. Die ist zwar keine Abgeordnete hier für unseren Landtag, aber sie ist die Bundeskanzlerin und sie hat ihren Direktwahlkreis hier. Und das war Herr Amthor, der dann ein bisschen zurückgerudert ist. Aber den wollten Sie vor Kurzem noch, bevor er sich hat käuflich gezeigt, wollten Sie ihn sogar noch zum Landesvorsitzenden ernennen. Insofern ist sehr wohl Anlass da.

Ich gebe andererseits Ihnen und anderen Rednern recht, es ist schon richtig, ich bin ganz oft nicht einer Meinung mit unserer Ministerpräsidentin, aber in dem Punkt hat sie immer klar sich geäußert und sich für Nord Stream 2 ausgesprochen. Diese Klarheit, die hätte ich doch von der CDU auch gerne gehabt. Und deswegen dieser Antrag.

Herr Waldmüller, möchten Sie darauf erwidern?

Na ja, diese Klarheit der CDU, das habe ich vorhin weit mehr als deutlich gemacht hier im Landtag, die ist da. Da haben wir uns ausgesprochen dazu. Ich kenne keinen Abgeordneten der CDU, der sich dagegen ausgesprochen hat, oder außer die, die vorher schon bekannt waren. Letztendlich haben wir hier die Beschlusslage herbeigeführt. Noch einmal: Wir stehen dazu.

Diesen Antrag, den Sie gestellt haben, der geht, der ist hier in dem Landtag und wir reden hier zu dem Landtagsantrag. Und letztendlich geht dieser Antrag, den Sie geschrieben haben, in keinster Weise über das hinaus, was wir bereits als Beschlusslage haben. Da hat sich nichts geändert, und Frau Ministerpräsidentin hat das auch noch mal im Bundestag klargemacht.

(Beifall Christiane Berg, CDU)

Vielen Dank, Herr Waldmüller!

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Arppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Bürger! Der Antrag läuft ja unter der Überschrift den „Fall Nawalny nicht missbrauchen“. Da muss man ja auch mal über die Person Alexei Nawalny etwas sprechen. Und, das kann man unisono sowohl im „Neuen Deutschland“ als auch in der „Jüdischen Allgemeinen“ und anderen Medien lesen, Alexei Nawalny ist nicht der Volksheld, für den er hier den Bürgern in Deutschland verkauft wird. Das ist ein Rechtsextremist und Antisemit, eine höchst zweifelhafte Persönlichkeit.

Und es ist natürlich interessant, dass sich die Bundesregierung, zum Beispiel auch jemand wie Heiko Maas, der ja angeblich wegen Auschwitz in die Politik gegangen sein will, sich jetzt mit solchen Leuten gemeinmacht und bereit ist, für so jemanden einen milliardenschweren volkswirtschaftlichen Schaden hier in MecklenburgVorpommern und Deutschland insgesamt anzurichten. Das ist genauso bizarr wie seinerzeit, als der Ex-Oligarch Chodorkowski hier wie ein Volksheld in Deutschland gefeiert wurde, unter ähnlichen Umständen auch jemand, der sein Vermögen ja in den wilden 90er-Jahren in Russland auf höchst kriminelle und brutale Art und Weise zusammengerafft hat. Also diese Doppelzüngigkeit hätte Frau Schwesig im Bundestag ja auch mal erwähnen können, auch wenn ihre Rede ansonsten sehr gut war.

Andererseits ist dieser Fall vielleicht auch mal ganz lehrreich. Es gab vor Jahren mal einen Bundespräsidenten, der hieß Horst Köhler, und der musste unter anderem auch deswegen zurücktreten, weil er gesagt hat, Deutschland muss unter Umständen auch bereit sein, freie Handelswege mit militärischen Mitteln zu verteidigen. So. Damals wurde ja ein Shitstorm über ihn ausgeschüttet, weil es damals nicht vorstellbar war, dass Geopolitik und geopolitische wirtschaftliche Interessen, dass das eben kein Ponyhof ist, wie sich das jetzt hier auch in diesem Fall mit Nord Stream 2 offenbart. Und vielleicht lernt Deutschland ja an diesem Fall endlich einmal, wie wichtig es ist, die eigenen nationalen Interessen, wenn nötig auch mit Vehemenz, durchzusetzen und nicht immer davon auszugehen, dass die ganze Welt so funktioniert wie ein Evangelischer Kirchentag.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Amerikaner, die machen nichts weiter, als ihre Interessen und die Interessen ihrer Bürger zu vertreten. Die Russen machen es so, die Chinesen machen es so und alle anderen vernünftigen Nationen auch. Und es wäre höchste Zeit, dass auch Deutschland hier mal wieder zur Vernunft kommt und bei diesem und auch anderen Themen die Interessen der deutschen Nation, die Interessen der deutschen Bürger an die erste Stelle rückt. – Danke!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt die fraktionslose Abgeordnete Frau Weißig.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Solange nichts bewiesen ist, gilt die Unschuldsvermutung. Alle Menschen sind gleich vor

dem Gesetz. Oder argumentiert man mal wieder, es gibt keine Alternative, es kann nur der eine Täter sein, und da lassen wir uns nicht von abbringen, auf Gedeih und Verderb?

Man hat Putin als versuchten Mörder ausgemacht, auf Verdacht, ohne ins Feld zu führen, dass der BND bereits in den 90er-Jahren eine Verbindung der Toxingruppe sah und eine Probe nach Deutschland gebracht hat. Es gibt über den Besitz von diesem Toxin viele Informationen, die sich nicht nur auf Putin konzentrieren. Es ist aber nicht im Interesse der Nord-Stream-Gegner. Wir dürfen uns nicht erpressen lassen! Hier wird mit der moralischen Keule unsere Souveränität außer Kraft gesetzt.

Nawalnys Schicksal ist schrecklich und ich wünsche ihm, dass er vollkommen gesund wird. Für ihn muss es aber auch ein Anliegen sein, er, der die Korruption mit aller Kraft bekämpft, nicht ein Opfer der Korruption zu werden, indem man sein Leben dazu benutzt, amerikanische Interessen gegen den Willen deutscher Interessen durchzusetzen. Amerika will angemessen reagieren, „sobald alle Fakten verfügbar sind“, sagte Außenminister Pompeo. Eine richtige Verfahrensweise: Beweise vorlegen und dann reagieren. Gleichzeitig hoffen unsere Beschützer – in Anführungsstrichen –, dass Nord Stream nicht fertig wird, Zitat: „Wir arbeiten an einer Koalition, um dieses Projekt zu verhindern.“

Frau Schwesig, bleiben Sie hart in Ihrer Linie: Legale Verträge einhalten und Milliardenschäden von den Firmen und Steuerzahlern verhindern, um den zuverlässigen guten Ruf von Deutschland zu bewahren! – Vielen Dank!

(Beifall Ralf Borschke, AfD)

Vielen Dank, Frau Weißig!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD Herr Philipp da Cunha.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal fragt man sich ja schon, welchen Eindruck die AfD-Fraktion hier von den restlichen Fraktionen im Landtag hat und ob sie allen Ernstes glaubt, dass man nicht über die Überschrift hinaus liest. Aber, werte Kolleginnen und Kollegen der AfD, da muss ich Sie enttäuschen. Auf Bundesebene streuen Ihre einzelnen Vertreter Ihrer Partei ja gerne mal den Gedanken, dass die Altparteien sich von der AfD inspirieren lassen würden, Gedanken reproduzieren. Bei dem hier vorliegenden Antrag frage ich mich ja schon, wo denn eigentlich der eigene Gedanke der AfD ist.

(Andreas Butzki, SPD: Wo die Alternative ist!)

Sie haben das Thema „Nord Stream 2“ verschlafen und versuchen jetzt, mit einem ärmlichen Antrag sich auf dieses Thema draufzusetzen, zudem sehr schwach umgesetzt. Oder warum taucht der Name Nawalny zwar in der Überschrift auf, aber an keiner Stelle im Beschlusstext?

Ich darf gern daran erinnern, dass dieses Haus bereits in der letzten Sitzungswoche einen Antrag von SPD, CDU und LINKE einstimmig beschlossen hat, wo unsere Haltung zum Thema „Nord Stream 2“ unmissverständlich auf den Punkt gebracht wird.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das war vor Nawalny!)

Ich darf festhalten: Das Thema Nawalny war am 20. August. Unsere Sitzung war eine Woche später.

(Andreas Butzki, SPD: Aber er kann nicht rechnen.)

Ja, Rechnen ist vielleicht nicht die Stärke.

Ich darf festhalten, dass die Ministerpräsidentin diese Position des Hauses in den letzten Wochen wiederholt in der Öffentlichkeit so durchgetragen hat. Sie werden bei entsprechender Suche in Medienquellen gut 2.000 Treffer hierzu finden. Zuletzt hat Manuela Schwesig am vergangenen Freitag im Bundestag unsere Position bekräftigt: Wir werden dieses Wirtschaftsprojekt nicht kurz vor seiner Fertigstellung aus populistischen Gründen fallen lassen!

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

Ich zitiere da gerne kurz aus ihrer Bundestagsrede: „Wir wollen Klimaschutz, wir wollen saubere Energie aus Windkraft und anderen erneuerbaren Energieträgern verbunden mit der Wasserstofftechnologie. Dazu brauchen wir allerdings zusätzlich Gas als Überbrückungstechnologie.“ Zitatende.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir in einer Sache jedoch eines nicht benötigen, dann ist es dieser in meinen Augen unnötige Antrag, der für niemanden hier im Raum, für niemanden hier in Mecklenburg-Vorpommern oder in der ganzen Bundesrepublik irgendeinen Mehrwert schafft. Keine der im Landtag vertretenen Fraktionen hat in den vergangenen Wochen verlauten lassen, dass ein Baustopp oder ein Ende des Projekts auch nur ansatzweise eine Option für uns wäre. Im Gegenteil, wir haben Gespräche geführt, um die Notwendigkeit der Fertigstellung zu unterstreichen. Und wir haben uns auch weiterhin auf bundespolitischer Ebene dafür engagiert, dass Nord Stream 2 fertiggestellt wird.

Doch bitte differenzieren Sie, sehr geehrte Herren von der AfD, dass jegliche Überlegungen, die irgendwo im Bund kursieren, nichts mit der Wahrnehmung unserer politischen Pflichten zu tun haben.