Der springende Punkt, der springende Punkt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist ein anderer, völlig losgelöst jetzt von dem Artikel der SVZ. Die Vorwürfe, die man gegenüber der früheren Landtagsabgeordneten Frau Borchardt erhebt – und ich sage hier ausdrücklich, dazu kann man stehen, wie man will, was sie inhaltlich gesagt hat, ich teile diese Auffassungen nicht –, sind, wenn man die zugrunde legt, was ihr jetzt vorgehalten wird, spätestens seit dem Jahr 2011 bekannt, spätestens seit dem Jahr 2011!
Und ungeachtet dessen hat dieses Parlament in dieser Zusammensetzung mehrheitlich, nämlich auch mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, bereits im Jahr 2017, nachdem der damalige besondere Ausschuss die Kandidatinnen und Kandidaten im Ausschuss gehört hat, hier in diesem Haus gewählt, weil dieses Parlament mit einer deutlichen Mehrheit der Auffassung war, dass diese Kandidatin als stellvertretendes Mitglied des Landesverfassungsgerichts wählbar ist. Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann erwarte ich, dann erwarte ich, wenn man das kritisiert – und man kann eine Wahl immer kritisieren –, dann erwarte ich doch aber von denjenigen, die Kritik üben, dass das, was erklärt wird, einen Mehrwert, einen Neuigkeitswert hat gegenüber dem, was bei dem vorhergehenden Wahlgang schon bekannt war und nicht dazu geführt hat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass man sie dann trotzdem nicht wählt.
Und, meine Damen und Herren, lassen Sie mich an einer Stelle noch mal auf die Äußerungen von Frau Borchardt eingehen. Ich habe das eben hier schon gesagt, dass ich ein überzeugter Verfechter der sozialen Marktwirtschaft bin. Ich glaube, dass der Wohlstand dieses Landes – und damit meine ich nicht nur Mecklenburg-Vorpommern, sondern die Bundesrepublik Deutschland – gerade auf dem Konsens und dem Ausgleich beruht, den diese soziale Marktwirtschaft mit sich bringt. Aber ich sage es an dieser Stelle auch noch mal ganz deutlich, das ist nichts, was in Stein gemeißelt ist im Rahmen des Grundgesetzes. Dort steht anders als bei der Weimarer Reichsverfassung keine Wirtschaftsordnung.
Und, meine Damen und Herren, was im Grundgesetz drinsteht, ist – ich verkürze das jetzt etwas – letztendlich der Schutz des Eigentums unter bestimmten Voraussetzungen. Der darf nicht angegriffen werden. Aber das
heißt nicht, dass ich nicht eine Wirtschaftsordnung, solange ich sie nicht mit Mitteln versuche zu erreichen, die auf dem Boden des Grundgesetzes sind, erzielen oder anstreben kann, die sich mit meinen politischen Wertvorstellungen nicht deckt.
Und, meine Damen und Herren, das ist auch nichts Neues. Diese Debatte wird nicht erst seit 1990 in der Bundesrepublik Deutschland geführt, sondern wurde auch in der alten Bundesrepublik Deutschland schon geführt. Und ich erlaube mir mal, und Sie können – hinterher werde ich Ihnen sagen, von wem das Zitat ist –, Sie können mal überlegen, wer das dann tatsächlich geschrieben hat, ich zitiere: „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden.“ Zitatende. Und ich sage es Ihnen jetzt ganz deutlich, das ist nicht von der Linkspartei, das ist auch nicht von – ich weiß gar nicht, ob es sie heute noch gibt – der DKP,
es ist auch nicht von der SPD, von der SPD hätte das auch durchaus sein können, nein, meine Damen und Herren, dieses Zitat ist aus dem Ahlener Programm der damaligen West-CDU vom 03.02.1947.
Und ich würde nie auf die Idee kommen, deswegen bitte ich auch doch um Verständnis, das ist jetzt auch nicht irgendwie, dass die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion das falsch verstehen, mir geht es nur darum, deutlich zu machen, dass eine bestimmte Wirtschaftsordnung nicht per se vorgeschrieben ist.
Und, meine Damen und Herren, deswegen halte ich es auch für unzulässig, jemandem das vorzuwerfen, wenn er eine andere politische Auffassung hat. Etwas ganz anderes ist es, wenn Frau Borchardt zum Beispiel gesagt hätte, ich will mit nicht rechtsstaatlichen Mitteln diese staatliche Ordnung oder die Wirtschaftsordnung dieses Landes abschaffen.
Aber, meine Damen und Herren, an dieser Stelle lassen Sie mich dann ein anderes Zitat bringen, wo ich dann persönlich als Mitglied dieses Hohen Hauses zum Beispiel Bedenken gehabt hätte, eine solche Person in ein Landesverfassungsgericht zu wählen. Das wäre zum Beispiel der Fall gewesen, wenn die betreffende Person gesagt hätte: „Die parlamentarische oder wie immer auch diese Demokratie heißt, die wollen wir doch gar nicht, die wollen wir doch abschaffen.“
Nur diese Äußerung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist nicht von der Kollegin Borchardt, sondern von dem derzeitigen Bundestagsabgeordneten und früheren Mitglied dieses Hauses Herrn Komning gemacht worden.
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, AfD und DIE LINKE – Rainer Albrecht, SPD: Aha! – Peter Ritter, DIE LINKE: Der war früher beim Wachregiment.)
Sie sagen jetzt, das ist aus dem Kontext. Das kann ich nicht beurteilen, das mag sein. Ja, das will ich jetzt einfach mal dahingestellt sein lassen. Und das wäre für mich, damit...
Das wäre für mich zum Beispiel ein Grund gewesen, dass ich gesagt hätte, im besonderen Ausschuss soll zum Beispiel bei demjenigen, der so was gesagt hat, dann noch mal hinterfragt werden, wie steht er dazu. Dann hätte man die Sache geklärt, dann hätte man auch das klären können. Ich will das nur deutlich machen: Das eine ist die Frage der Verfassungstreue und das andere ist die Frage der politischen Auffassungen, solange sie auf dem Grundgesetz stehen. Und das sollte man bitte miteinander nicht verwechseln und nicht das eine dann auch zu dem anderen machen.
Und, meine Damen und Herren, ich will – und damit komme ich jetzt zum Ende –, ich weiß nicht, ob Frau Borchardt immer glücklich ist über die Äußerungen, die sie vielleicht in der Vergangenheit getan hat.
Ja, und ich kenne Frau Borchardt und ich habe sie auch als eine Kollegin erlebt, umso mehr man sie drängt, umso mehr wird sie sagen, ich habe da keinen Grund, das zurückzunehmen. Das ist, glaube ich, Teil ihrer Persönlichkeit.