Protocol of the Session on June 11, 2020

Zurück zur UN-Kinderrechtskonvention. Sie definiert Kinder als Menschen, die das 18. Lebensjahr noch nicht abgeschlossen haben, sofern die Volljährigkeit nicht früher eintritt, wie in einigen muslimischen Ländern. Sie enthält viele Punkte, die für uns völlig selbstverständlich sind, zum Beispiel Ernährung, medizinische Versorgung, Bildung und so weiter. Und sie enthält Punkte, die so weich formuliert sind, dass sie eine vollkommen unterschiedliche Umsetzung zulassen, zum Beispiel die Artikel zur Meinungs- und Informationsfreiheit sowie Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.

Interessant ist, dass die Bundesrepublik zunächst einen Vorbehalt erklärt hatte, wonach unser Ausländerrecht Vorrang vor Verpflichtungen der Konvention hatte. Dabei ging es vor allem um den Vorrang des Kindeswohls nach Artikel 3. Dieser Vorbehalt wurde 2010 zurückgenommen – ich füge hinzu: ohne die danach gemachten Erfahrungen. Das ist einer der Gründe, weshalb jugendliche Intensivtäter nicht abgeschoben werden können.

Das Wohl der Kinder liegt wohl jedem am Herzen. Und was auch immer geändert oder verbessert werden sollte, kann geändert werden, mit oder ohne Gesetz. Eine Verfassungsänderung ist dafür jedenfalls nicht notwendig. Selbst wenn DIE LINKE in jedem Dorf einen Kinderbeauftragten oder eine Beschwerdestelle für Kinder einrichten wollte, dazu bedarf es keiner Aufnahme eines Kindergrundrechts in die Verfassung.

Das Kindeswohl ist für DIE LINKE nur der Aufhänger, die traditionelle Familie weiter aufzubrechen und das gut austarierte Verhältnis von Familie, Eltern, Kind und Staat zugunsten von mehr Staat durcheinanderzubringen.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Mit einer Verfassungsänderung und einer stärkeren Betonung von eigenständigen Beteiligungsrechten soll die Grundlage für mehr staatliche Lenkung bei der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder geschaffen werden. Dazu muss man sich nur die linksgeprägten Projekte für Kinderrechte ansehen. Hier soll offensichtlich die richtige Weltanschauung bereits in der Kita vermittelt werden.

Wir brauchen keine frühkindliche Politisierung. Was wir brauchen, ist eine vertiefte Willkommenskultur für unsere Kinder. Wir brauchen eine Familienpolitik und ein Familienbild, wo Kinder wieder selbstverständlich dazugehören. Wir brauchen einen Bewusstseinswandel, dass Kinder ein Geschenk und kein wirtschaftlicher Faktor sind. Wir brauchen eine Gesellschaft, in der das Kind

nicht zur Armutsfalle werden darf. Wir brauchen noch vieles mehr, damit möglichst jedes Kind in Liebe und Geborgenheit aufwächst. Und dazu brauchen wir eine Politik, die sich den konkreten Problemen der Familien zuwendet und nicht eine realitätsferne Grundrechtsdebatte führt. Die Verbesserung des Elterngeldes,

(Heiterkeit bei Martina Tegtmeier, SPD: Realitätsfern!)

die wir in der letzten Sitzung gefordert haben, wäre tausendmal wichtiger als ein substanzloses neues Kindergrundrecht. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die CDUFraktion wird den Antrag ablehnen.

Die erste Frage, die ich mir gestellt habe, ist, ob es sinnvoll ist, hypothetische Fragen zu erörtern. Der Landtag soll heute eine eventuelle Zustimmung im Bundesrat debattieren über ein Bundesratsverfahren,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Bundestag.)

was es ja noch gar nicht gibt. Aber es gibt ja nicht nur das Bundesratsverfahren noch gar nicht, es gibt ja noch nicht mal das Bundestagsverfahren, das dann zu dem Bundesratsverfahren in irgendeiner Form am Ende führt. Aber damit eigentlich immer noch nicht genug: Es gibt ja noch nicht einmal einen Gesetzentwurf auf Bundesebene, der dann zu einem Bundestagsverfahren führt und in irgendeiner Form diesen Bundestag verlässt und dann in den Bundesrat gerät, sodass wir heute überhaupt noch nicht wissen, ob und was dort am Ende überhaupt rauskommt und worüber,

(Jochen Schulte, SPD: Aber das, Herr Manthei, das sind für die AfD Lappalien!)

und worüber wir dann am Ende eigentlich dann hier debattieren sollen.

Aber ich will gar nicht jetzt hier nur formal, ich will natürlich auch inhaltlich auf den Antrag eingehen. Und einen Punkt gibt es, der hat mich dann doch ein bisschen geärgert. Es ist ja nicht meine Aufgabe, hier die Regierung zu verteidigen, aber, Frau Bernhardt, Sie haben ja der Regierung hier Unehrlichkeit, Unredlichkeit vorgeworfen, und diesen Vorwurf muss ich leider zurückgeben.

(Martina Tegtmeier, SPD: Ja.)

Und zwar geht es um das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Da behaupten Sie, ich zitiere, dass dieses Gutachten zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Formulierungsvorschlag des Bundesjustizministeriums „hinter den völkerrechtlichen Staatenverpflichtungen … zurückbleibt“, Zitatende. Diese Behauptung ist einfach falsch.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das ist ein Zitat.)

Das Gutachten macht das, was halt ein wissenschaftliches Gutachten immer macht, es listet lediglich wissenschaftlich nüchtern Kritikpunkte auf, die es in der Literatur gibt zu diesem Punkt. Es gibt also nur die Kritik anderer wieder, es liefert kein Ergebnis. Und das, wenn Sie das gelesen hätten, können Sie nachlesen. Auf Seite 2 des Gutachtens wird ausdrücklich,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ich habe es gelesen.)

da weist der Dienst ausdrücklich darauf hin, dass es nur den aktuellen Stand der Diskussion wiedergibt.

Und abschließend möchte ich darauf hinweisen noch mal, worauf auch das Gutachten eingeht, dass nach geltendem Recht bereits Kinderrechte im Grundgesetz verankert sind. Auch Kinder sind nach der ständigen Rechtsprechung auch des Bundesverfassungsgerichts selbstverständlich auch jetzt schon wie jeder andere Mensch Träger von Grundrechten.

Ich selbst habe ja, wie Sie wahrscheinlich wissen, jahrelang auch als Familienrichter gearbeitet und dort auch viel mit Rechtsanwälten, Jugendämtern, freien Trägern, wie Caritas, Volkssolidarität, Deutsches Rotes Kreuz oder auch dem Deutschen Kinderschutzbund und anderen, zusammengearbeitet und habe viele engagierte Kollegen dort kennengelernt, die sich eben für Kinder gerade in problematischen Lebenslagen eingesetzt haben. Und ich kenne eigentlich niemanden in der Praxis, der irgendwie auf die Idee gekommen wäre, Kindern stünden nach unserem Grundgesetz keine Rechte zu. Zum Beispiel die Frage der Anhörung, die hier angesprochen worden war, wir haben natürlich in den familiengerichtlichen Verfahren die Kinder fast immer, außer bei den Allerjüngsten, angehört, zum Beispiel, wenn es um das Kind in einem Verfahren ging, um Umgangsverfahren, Sorgerechtsverfahren, Kindeswohlgefährdungsverfahren, denn das entscheidende Kriterium im Kindschaftsrecht ist eben immer das Wohl des Kindes.

Und wenn Sie, sehr geehrte Frau Bernhardt, eben ehrlich gewesen wären, hätten Sie genau diesen Teil des Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes auch dargelegt, denn auch im Gutachten wird eben ausführlich dann auch dargelegt, dass selbstverständlich Kinder eben schon jetzt Träger von Rechten im Grundgesetz sind.

(Bernhard Wildt, CDU: Ganz genau.)

Und noch die letzte Kritik, aber das ist eigentlich jetzt noch die entscheidende Kritik. Man kann natürlich eine Formulierung aufnehmen oder auch nicht, aber das Entscheidende ist ja immer, wenn ich etwas verändere, welche Auswirkungen hätte eine Aufnahme von wie auch immer formulierten Kinderrechten ins Grundgesetz. Und auch hier wieder, muss ich sagen, lassen Sie diesen Teil des Gutachtens geflissentlich weg, denn die entscheidende Frage ist: Wie würde sich eine Aufnahme auf das Elternrecht in Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes auswirken? Auf diese Frage gehen Sie bislang überhaupt nicht ein. Aber Sie haben ja noch Redezeit, vielleicht machen Sie das ja noch.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das mache ich noch, Herr Manthei.)

Es stellt sich also die Frage:

(Torsten Renz, CDU: Aber keine falschen Hoffnungen wecken! – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Wenn jetzt schon Kinderrechte im Grundgesetz verankert sind, was bezwecken Sie mit dem Antrag? Und das ist eben auch das, was meine Kollegen im Bundestag eben bislang dazu bewogen hat, den Entwurf, den es dort im Ministerium gibt, abzulehnen, denn sie haben zu Recht den Verdacht, dass das Verhältnis, das unser Grundgesetz und die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fein austariert haben zwischen Kind, Eltern und Staat, und was sozusagen im Artikel 6 Absatz 2 eben auch verankert ist, dass dieses Verhältnis zugunsten des Staates verschoben werden soll. Und wir sind der Meinung, dass das besondere Verhältnis einer Familie, das Verhältnis zwischen Kindern und ihren Eltern, gewahrt bleiben muss.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Der Antrag ist daher überflüssig, er ist leider auch falsch und er ist irreführend, in jedem Fall oberflächlich und ist abzulehnen. – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD)

Jetzt hat das Wort die fraktionslose Abgeordnete Frau Weißig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Kinderrechte umfassend im Grundgesetz aufnehmen, Artikel 3 Absatz 1: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Das gilt für alle Menschen, ob jung oder alt. An erster Stelle steht die Aufgabe, Familien und Eltern zu befähigen und zu stärken, um ihren Aufgaben nachzukommen, sagt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dabei habe der Staat eine Wächterfunktion. Staats- und Verfassungsrechtler sind sich einig, im Bereich der Kinderrechte gibt es keine verfassungsrechtliche Schutzlücke. Die Grundrechte des Grundgesetzes stehen bereits heute auch den Kindern in vollem Umfang zu,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Horst Förster, AfD: Richtig!)

vom grundgesetzlichen Würdeschutz über das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit bis zur freien Entfaltung der Persönlichkeit.

Schon Olaf Scholz, SPD, der Mann mit der ehemals schwarzen Null,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

hat 2002 den Wunsch geäußert, die „Lufthoheit über den Kinderbetten“ zu erobern. Eltern werden entrechtet, Kinderrechte hebeln das Elternrecht aus und führen dazu, dass der Staat durch die Abwertung der Familie die heiß ersehnte Hoheit über die Kinderbetten bekommt. Was das Wohl des Kindes ist, bestimmt der Staat.

Norwegen, wo die Kinderrechte gesetzlich verankert sind, warnt eindringlich über die Auswüchse, die es mit sich bringen kann. 70.000 Kinder, das sind sieben Prozent aller Kinder unter 18 Jahren, sind in Obhut der Kinderschutzbehörde. Hat ein Kind kein eigenes Zimmer

und nicht genug Privatsphäre zu Hause, widerspricht das dem vom Staat definierten Kinderwohl. Auch wer sein Kind nach traditionellem Rollenmuster erzieht, macht sich verdächtig. Rollenmuster will man überwinden.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

„Gendermainstream“ heißt das Zauberwort. Sie, liebe LINKE, und Ihre Gesinnungsgenossen haben Angst vor starken Familien,

(Torsten Renz, CDU: Oha!)

die ein Bollwerk gegen Ihre ideologischen Projekte sind.

(Beifall Horst Förster, AfD)