Protocol of the Session on June 10, 2020

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender!

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Arppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Ja, es ist durchaus richtig, dass aus solchen Krisen, nach solchen auch Epidemien, Pandemien, dass da auch positive Dinge draus hervorgehen können. Ich erinnere mich da mal mit einem Blick in die Geschichte an die große CholeraPandemie in Großbritannien Mitte des 19. Jahrhunderts, die die Verantwortlichen damals dazu veranlasste, in London die modernste Abwasser- und Kanalisationsanlage der Welt zu bauen, die dann auch Vorbild war für Großstädte in aller Welt.

Aber was nun überhaupt nicht hilfreich ist – und das wurde ja dankenswerterweise hier auch schon angesprochen –, ist diese sozialistische Klassenkampfrhetorik, mit der Sie hier versuchen, die Corona-Krise zu instrumentalisieren, um diese Ideen aus dem 19. Jahrhundert, aus der Mottenkiste von Marx, Engels und Lenin, hier wieder den Leuten schmackhaft zu machen.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Was mich aber genauso wundert, ist, dass sich die CDU jetzt hier als Apologet der Marktwirtschaft aufspielt, denn es war ja Ihre Kanzlerin, die Große Koalition in Berlin,

(Torsten Renz, CDU: Haben Sie Ihr Feindbild wieder rausgeholt?)

die seit vielen Jahren,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

seit vielen Jahren die marktwirtschaftlichen Mechanismen in Deutschland gezielt untergraben hat, um sie durch eine Semiplanwirtschaft in vielen Bereichen zu ersetzen. Ich denke da nur an diese unsägliche Energiewende. Das ist ja auch der Grund, warum viele Schlüsselindustrien in Deutschland ja schon vorher auf dem letzten Loch gepfiffen haben, bevor diese CoronaPandemie überhaupt auf der Tagesordnung stand. Und das ist auch der Grund, warum die Wirtschaft viel schlechter vorbereitet war auf dieses natürlich irgendwo ein Stück weit unvorhergesehene Ereignis in Gestalt dieser Pandemie.

Die Marktwirtschaft, das ist richtig, ist der Garant für Wohlstand und für wirtschaftliche Stabilität, aber wir haben hier in Deutschland die höchsten Strompreise weltweit, wir haben die höchste Steuern- und Abgabenlast weltweit, wir haben Bürokratie ohne Ende, und das ist doch der Grund dafür, warum viele Menschen, viele Bürger nicht genug Geld haben, warum viele Unternehmen keine Rücklagen haben. Und dann kommt noch die Nullzinspolitik dazu. Also wenn man die Steuern wirklich vernünftig senken, die Abgabenlast senken, die Strompreise senken würde, dann hätten die Menschen, dann hätten die Unternehmen auch die entsprechenden Rücklagen, um bei einer neuen Krise dieser Art gewappnet zu sein und nicht auf Almosen des Staates warten zu müssen. Und das ist der eigentliche Casus knacksus bei der ganzen Geschichte. – Danke!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD Herr Schulte.

(Der Abgeordnete Jochen Schulte spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.)

...ginnen! Sehr geehrte Kollegen!

Liebe Frau Kollegin Oldenburg! Zunächst einmal herzlichen Dank! Herzlichen Dank dafür, dass Sie dieses Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt haben, weil es macht zwei Dinge deutlich: Erstens, dieser Landtag muss sich natürlich auch mit der Frage beschäftigen, wie geht es weiter im Zusammenhang mit der längst noch nicht zu Ende gekommenen Corona-Pandemie oder Corona-Krise, und zweitens, es macht auch deutlich, dass das Parlament hier der Ort ist,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau.)

in dem man sich mit diesem Thema beschäftigen muss, weil wir sind nun mal eine parlamentarische Demokratie.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich an dieser Stelle drei, vielleicht vier Dinge ansprechen, die man tatsächlich auch als Schlussfolgerungen aus der Corona-Krise ziehen sollte, die aber heute in der Debatte in diesem Umfang vielleicht noch gar nicht angesprochen worden sind. Meiner festen Überzeugung nach hat diese Krise, diese Pandemie zunächst einmal eins gezeigt, wir leben trotz aller Kritik, die immer wieder in der Vergangenheit geäußert worden ist, in der Bundesrepublik Deutschland in einem föderalen System, und der Föderalismus hat sich in der Krise bewährt. Das, was an Kritik immer wieder geäußert worden ist, dass 16 Bundesländer und ein Bund unabhängig voneinander agieren, ist gerade nicht das Zeichen der Schwäche dieses Systems gewesen, sondern es ist Zeichen seiner Stärke gewesen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Es ist, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist ein Zeichen der Stärke gewesen, dass die Bundesländer, vertreten durch ihre Ministerpräsidentin, durch ihre Ministerpräsidenten, gemeinsam mit dem Bund versucht haben, ein Vorgehen abzustimmen, aber trotzdem jedes Land, jedes Bundesland für sich am Ende die Entscheidung getroffen hat, was vor Ort regional an Entscheidungen getroffen werden muss. Und wir sollten uns dieses

Pfund des Föderalismus daher auch in Zukunft nicht kleinreden lassen.

Zweitens, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – es ist schon angesprochen worden –, hat sich aus meiner Sicht die Stärke auch in diesem Landtag des parlamentarischen Systems gezeigt. Wir hier als Landtag, gemeinsam mit der Landesregierung, haben deutlich gemacht, und zwar über die Grenzen der Regierungsfraktionen hinaus, dass wir in der Lage sind, schnell und wichtige Entscheidungen gemeinsam hier zu tragen. Und ich glaube, das ist etwas, was für dieses System, für diese Demokratie immens wichtig ist, dass die Menschen in diesem Land auch erlebt haben, dass wir uns in der Krise nicht zerstreiten, sondern gemeinsam agieren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn ich schon die Menschen in diesem Land anspreche, dann komme ich, glaube ich, zu dem wichtigsten Punkt – und das ist durch die Ministerpräsidentin schon angesprochen worden, aber ich will es hier an dieser Stelle noch mal wiederholen –: Was mich persönlich auch immens positiv betroffen gemacht hat, ist tatsächlich die Solidarität, die sich insbesondere am Anfang dieser Krise auch in unserem Land gezeigt hat, wo auf einmal Menschen, die überhaupt nichts miteinander zu tun hatten, aufeinander – im übertragenen Sinne – zugingen und gefragt haben, wie kann ich dir helfen, wie kann ich aus meinem eigenen engen Bezugskreis heraustreten und meinem Nachbarn behilflich sein, den ich vielleicht ansonsten nur einmal am Tag gesehen und gegrüßt habe. Und das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bei aller Diskussion, die es immer wieder in Deutschland gibt über soziale Kälte und was alles da eine Rolle spielt, sollten wir nicht vergessen, weil das zeigt die Stärke dieses Landes. Was dieses Land ausmacht, sind am Ende des Tages die Menschen, die hier leben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und, sehr geehrte Frau Kollegin Oldenburg, Sie haben recht. Sie haben recht, wir alle haben vielleicht zu sehr in dem Bewusstsein gelebt, dass vieles, was wir tagtäglich erleben, wirklich selbstverständlich ist. Und wir haben aus diesem Punkt, aus dieser Situation natürlich dann auch die Erkenntnis erlangt, dass eben nicht alles, was wir für selbstverständlich halten, wirklich selbstverständlich ist.

Und, sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, ich will ein Beispiel aufgreifen, das ist hier auch schon genannt worden, wir sollten uns – nicht, weil wir das in der Vergangenheit vielleicht nicht schon getan haben, aber vielleicht, weil wir es nicht ausreichend getan haben – viel stärker und viel intensiver tatsächlich auch mit der Frage noch beschäftigen, was können wir für die Menschen in diesem Land tun, die so viel für dieses Land getan haben, egal, an welcher Stelle sie sind, egal, ob sie Krankenschwester, im Pflegedienst sind, ob sie irgendwo, tatsächlich auch im Einzelhandel, gearbeitet haben, während andere Leute im Homeoffice waren oder nicht arbeiten konnten, was wir für diese Menschen tun können. Und das, was wir machen können – und das sage ich an dieser Stelle auch noch mal ausdrücklich, weil meine eigene Fraktion sich auf ihrer Sommerklausur Anfang August auch mit diesem Thema schwerpunktmä

ßig beschäftigen wird –, wie können wir auch die finanzielle und die materielle Situation gerade dieser Menschen weiter verbessern, denn bei allem Respekt, der damit verbunden ist, wenn man für Menschen klatscht, aber vom Klatschen kann keiner leben.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau.)

Davon kann man seine Rechnungen nicht bezahlen, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Deswegen, sehr geehrte Frau Kollegin Oldenburg, sehr geehrte Damen und Herren, sollte es nicht – und ich habe auch Sie am Ende des Tages nicht so verstanden –, sollte es auch nicht kleingeredet werden, wenn es jetzt zum Beispiel diesen Kinderbonus, will ich es einmal nennen, von einmalig 300 Euro gibt.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Einmalig!)

Natürlich, natürlich kann man darüber diskutieren, ob es mehr hätte sein sollen,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nee, dauerhaft.)

das ist nicht die Frage. Man kann, sehr geehrte Frau Kollegin, aus Ihrer Sicht vielleicht auch darüber diskutieren – ich komme da gleich noch mal zu dem Punkt –, darüber diskutieren, ob es dauerhaft sein sollte. Aber was aus meiner Sicht wichtig ist, und das sollten wir an dieser Stelle auch mitnehmen, ist der Punkt, dass es zielgerichtet eben nicht für diejenigen Leute war und ist, die sehr viel Geld verdienen, sondern insbesondere denjenigen zugutekommt, die wenig verdienen, weil es eben auch bei der Steuer mitberücksichtigt wird, und diejenigen, die einen hohen Steuersatz haben, entsprechend weniger davon haben.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wohin wir nicht verfallen sollten, und ich sage das in aller Deutlichkeit noch mal und ich bin auch dankbar dafür, dass die Bundesvorsitzende der CDU das gleich klargestellt hat, als die Äußerung von Herrn Merz kam, man sollte doch über die Höhe des Mindestlohns diskutieren:

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Tja!)

Das ist der völlig falsche Weg. Gerade wir in MecklenburgVorpommern müssen nicht darüber diskutieren, dass wir eventuell den Mindestlohn oder Tariflöhne oder sonstige Einkommenssituationen in diesem Land senken, wir müssen darüber diskutieren, wie wir die Menschen und ihre Einkommenskraft in diesem Land stärken können.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und der Weg dorthin, das habe ich schon öfter gesagt, der Weg dorthin ist am Ende des Tages Tariflohn und tariflohngerechte Bezahlung auch bei uns im Land.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, natürlich kann man über die Förderung von Elektrofahrzeugen diskutieren. Jetzt will ich es mal in aller Deutlichkeit sagen: Wenn jemand Ministerpräsident in Baden-Württemberg

oder in Bayern ist, dann halte ich das für völlig legitim, wenn er sich für die dortige Automobilindustrie einsetzt. Das erwarte ich von meiner Ministerpräsidentin dann auch für die Werften, und das hat sie ja auch getan. Das muss ich dann nicht gutheißen, was die Automobilindustrie angeht, aber das ist nun mal so. Auch da geht es um Arbeitsplätze.

(Heiterkeit und Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Aber man sollte an der Stelle doch bitte nicht vergessen, dass wir in einem Land leben – und damit meine ich jetzt die Bundesrepublik Deutschland –, wo wir auch voneinander abhängig sind. Auch die Industrie in Süddeutschland lebt davon, dass es zum Beispiel Zuliefererbetriebe bei uns im Land gibt, genauso, wie wir auch Zuliefererindustrie für unsere Werften in Süddeutschland und in anderen Teilen der Bundesrepublik Deutschland haben. Das ist keine Einbahnstraße, in der wir uns bewegen, und deswegen sollte man auch gerade in einem föderalen System Verständnis dafür haben, was da gemacht wird.

Und, sehr geehrte Kollegin Oldenburg, meine Damen und Herren, Sie haben das Thema Vermögensabgabe angesprochen. Ich will mich dazu nicht äußern, Sie kennen die Position auch meiner eigenen Partei dazu. Ich will etwas ganz anderes ansprechen, was noch mal deutlich gemacht worden ist, gerade vor dem Hintergrund der Beihilfen und Unterstützung für große Konzerne, die jetzt auch in Anspruch hier oder in Rede stehen. Was viel wichtiger, was mindestens genauso wichtig ist wie die Diskussion über eine Vermögensabgabe, ist die Frage von Steuergerechtigkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Es kann doch nicht angehen, dass eine Krankenschwester hier in diesem Land ihre Steuern bezahlt

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)

und auf der anderen Seite große Konzerne, die international tätig sind und hier aus der Bundesrepublik Deutschland kommen – und dafür müssen sie nicht mal in Steueroasen gehen, das können sie schon innerhalb der Europäischen Union tun –, in ein anderes Land gehen, um Steuern zu vermeiden. Das ist das eigentliche Problem, und da brauchen wir eine Lösung auf europäischer Ebene, die diese Steuervermeidung tatsächlich verhindert. Dann haben wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch das Geld, das wir an vielen anderen Stellen brauchen und das wir auch gerne ausgeben.

Und, meine Damen und Herren,