Protocol of the Session on March 12, 2020

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Sehr geehrte Linksfraktion, ich komme mal direkt zum Kern, zum Kern des Antrages, so, wie ich ihn verstehe. Kann ja sein, dass es anders gemeint war, aber ich sehe es eigentlich so, dass das Wesentliche, auch des Ge

schichtsunterrichts, für mich bedeutet, dass Menschen aus Fehlern lernen, sowohl die Individuen, jeder von uns, aber auch als Gruppe, auch als Partei zum Beispiel oder auch als Gesellschaft. Die deutsche Gesellschaft hat in den letzten 75 Jahren beispielhaft und auch ohne Beispiel, wenn man so will, gelernt und die Vergangenheit aus dem Nationalsozialismus aufbereitet und aufgearbeitet.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das haben wir ja beim NSU gesehen, ganz prima gesehen. Aufgearbeitet, ganz toll!)

Und das war kein einfacher Weg, das waren viele Diskussionen, viele Kämpfe, viele Diskussionen auch innerhalb der westdeutschen Gesellschaft und dann der gesamtdeutschen Gesellschaft.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aufarbeitung!)

Und ähnlich macht sie das auch seit 1989, seit der friedlichen Revolution mit der Geschichte der SED-Diktatur. Auch das wird aufbereitet, aufgearbeitet. Und es ist ein langer Weg, der auch noch nicht ganz abgeschlossen ist. Das ist ja völlig klar.

Aber in diesem Sinne ist das eigentlich ein zutiefst auch christdemokratischer Ansatz, der sich durch unsere Republik ja auch zieht. Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient. Das gilt für den einzelnen Menschen. Und unsere parlamentarische Demokratie ist bemüht, sich zu verteidigen, es ist eine wehrhafte Demokratie. Und dazu gehört eben, dass man genau aus diesen Fehlern lernt. Wie konnte es zum Nationalsozialismus und zu den Diktaturen dann auch kommen und wie kann man das vermeiden, dass ähnliche Dinge noch mal passieren können? Das ist der Grundgedanke. Und die Voraussetzung dafür ist natürlich das Wissen über die Geschichte. Die Fakten müssen bekannt sein, aber auch das methodische Wissen, der Wertekanon, um mit diesem Faktenwissen dann auch umzugehen und damit dann eben auch die dunklen Stunden unserer Geschichte zu verhindern, dass sie noch mal auftauchen. Und ich glaube und hoffe eigentlich, dass das Konsens in unserem Landtag ist, dass wir das eigentlich alle so sehen, dass wir alle als Einzelner und auch als Fraktion, als Gesellschaft insgesamt aus der Geschichte lernen wollen.

Was bedeutet das nun konkret im Zusammenhang mit dem Antrag? Da geht es um den Geschichtsunterricht. Und der Vorschlag ist zum Beispiel, eine Wochenstunde Geschichtsunterricht schon in der 5. Klasse einzuführen. Diesem Vorschlag kann ich was abgewinnen. Ich selber hatte auch zum Beispiel in der 5. Klasse Geschichtsunterricht. Das war auch absolut in Ordnung.

(Torsten Renz, CDU: Ich auch.)

Ich hätte …

Auch viele andere von uns.

Es gibt jetzt keinen Grund, dass man damals noch ein Jahr hätte warten müssen, um irgendwie damit loszulegen. Der Millionen-Jahre-Hintergrund ist vielleicht ein bisschen übertrieben,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nein, es sind schon 30 dazugekommen.)

weil natürlich die erste Million Jahre, die geht natürlich sehr, sehr schnell vorbei. Und auch die letzten 30 Jahre, das ist natürlich auch nicht so ein richtig gutes Argument.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das ist ganz intensiv! Das ist ganz intensiv!)

Das ist nicht so ein ganz gutes Argument, weil natürlich jedes Jahr dann immer Geschichte, Zeitgeschichte dazukommt

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Richtig! – Nikolaus Kramer, AfD: Jeden Tag!)

und der Geschichtsunterricht natürlich immer weiter verlängert werden müsste. Das geht nicht, das wissen wir alle.

Und wir haben Erkenntnisgewinne ja nicht nur in der Geschichte, sondern in vielen anderen Fächern. Ich denke mal an die Naturwissenschaften, an die Informatik, die künstliche Intelligenz. Auch dort müssen wir ja zusätzlichen Stoff in die Lehrpläne hineinpacken. Das geht nicht. Das heißt, diese eine Stunde, so sehr ich sie gerne hätte, kann man nicht mal eben hier im Landtag aus dem Ärmel schütteln, sondern das ist eine Gesamtabstimmung der Kontingenttafel. Man muss dann tatsächlich genau überlegen, was fällt weg, was kann man vielleicht auch mal entrümpeln, wobei ich das Wort eigentlich gar nicht mag in dem Zusammenhang. Aber tatsächlich muss man dann auch mal was streichen, man muss auch mal überlegen, wie setzt man Prioritäten.

Insofern, Herr Kröger, war der Hinweis mit der Sportstunde auch gar nicht verkehrt, denn genau so haben wir damals auch argumentiert. Man kann nicht einfach eine Stunde Sport jetzt hineinpacken, obwohl sehr viel Sympathie für mehr Sportunterricht hier im Landtag existiert, sondern man muss dann genau überlegen, wie kann man das tatsächlich organisieren, ohne dass was anderes Wichtiges herausfällt. Und wir können weder die Lehrer und schon gar nicht die Schüler überfordern.

Ich selber habe ja hier auch schon diverse Anträge gestellt, was ich eigentlich alles gerne noch hätte im Schulunterricht. Und ich musste ja auch lernen, natürlich geht das so nicht, sondern es ist ein Gesamtkunstwerk und da müssen wir halt auch alle gemeinsam sehen, was kann man dort reinpacken und was nicht mehr. Ja, das zur Wochenstunde.

Und natürlich spielt auch die Lehrerausstattung eine Rolle. Wir wissen, dass der Lehrermangel und der drohende Unterrichtsausfall unser größtes Problem sind im Bildungssystem. Auch das ist keine Entschuldigung, jetzt irgendwas von vornherein ausfallen zu lassen oder nicht mehr anzubieten. Aber auch das schüttelt man nicht im Landtag in der Debatte aus dem Ärmel, sondern das muss natürlich genau geprüft werden, haben wir überhaupt Lehrer, die diesen Unterricht dann erteilen könnten,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wir haben nichts so viel wie Geschichtslehrer!)

und fehlt es dann vielleicht an einer anderen Stelle. Also das muss man tatsächlich vernünftig diskutieren. Und da steht es ja auch Ihnen unbenommen, so was dann im Ausschuss mal auf die Tagesordnung zu setzen und da in die Diskussion verstärkt einzusteigen.

Projekttage, da ist, glaube ich, schon alles zu gesagt worden, auch insbesondere von der Frau Ministerin. Sie hat ja das alles im Einzelnen vorgetragen, wie dort auch die Regeln sind.

Aber gerne möchte ich dann noch mal auf die Drucksache 7/4693 verweisen, die Kleine Anfrage der Frau Oldenburg. Da geht nämlich sehr schön draus hervor, ja, dass diese Fahrten ja auch tatsächlich zugenommen haben, also von Jahr zu Jahr mehr.

Was ich jetzt der Kleinen Anfrage beziehungsweise der Antwort nicht entnehmen konnte: Mussten auch Fahrten abgesagt werden aus Geldmangel? Das wäre jetzt noch eine Frage, die mich interessieren würde. Tatsächlich sollten die Fahrten daran nicht scheitern, dass man überhaupt keinen Zuschuss bekommt.

(Torsten Renz, CDU: Sehr richtig!)

Das ist wichtig. Und daraus kann man auch erst ableiten, ob wir dort mehr Geld hineinstellen müssten oder nicht. Aber mein Gefühl, so, wie ich es wahrgenommen habe und ich auch gerade aus den steigenden Zahlen der Fahrten gesehen habe, ist, dass es nicht am Geld scheitert, sondern dass eigentlich das Land da genug Geld zur Verfügung stellt und dass an dieser Stelle sozusagen alles einigermaßen in Ordnung ist. Der Mittelabfluss ist gestiegen und die Zahl der Fahrten ist gestiegen.

Jetzt komme ich noch mal zurück zum Grundgedanken. Menschen lernen ja nicht nur aus Fehlern, sondern Sie lernen auch aus Erfolgen, zum Beispiel aus der friedlichen Revolution von 1989 oder, um ein Beispiel aus dem letzten Jahr zu nehmen, da hatten wir 100 Jahre Geburtstag des Frauenwahlrechts. Das war meiner Meinung nach ein Gedenktag, der viel zu wenig gewürdigt wurde, weil es einem eigentlich schon so ein bisschen peinlich ist, daran zu denken, dass es mal eine Zeit gab ohne Frauenwahlrecht. Das ist so meine These, warum man das gar nicht so gebührend gefeiert hat. Das zeigt aber doch, dass es letzten Endes gelingen kann, wenn man sich einsetzt, so, wie das auch schon vor 100 Jahren oder über 100 Jahren die Deutschen gemacht haben, das waren ja nicht nur Frauen, sondern auch Männer, dann kann man etwas erreichen.

Und das ist ein positives Beispiel und da knüpfe ich an an das, was die Frau Ministerin hier vorgetragen hat. Es geht nicht nur darum, das geschichtliche Wissen immer wieder in Erinnerung zu rufen, damit nichts verloren geht beim Übergang auf die nächste Generation, sondern es geht auch darum, die Kinder und Jugendlichen zu stärken in ihrem Bemühen, in der Demokratie groß zu werden, anzukommen und als Demokraten zu leben. Und dafür brauchen sie eben die demokratischen Erfahrungen und praktische Erfahrungen in ihrem täglichen und näheren Umfeld, zum Beispiel in der Schule.

Es nützt nichts, in Sonntagsreden von Demokratie zu sprechen, sondern wir brauchen diesen Alltag in der Schule oder auch insbesondere in den Kommunen. Da kann ich dafür werben, dass dort auch die Jugendlichen vielleicht noch viel stärker, als das heute der Fall ist, in die kommunalpolitische Arbeit eingebunden werden, damit sie möglichst früh lernen, es hat einen Sinn, sich zu engagieren, man kann etwas erreichen, gerade wenn man sich mit anderen zusammentut. Das ist aus meiner Sicht viel wichtiger, als vielleicht noch eine Fahrt oder

noch einen Gedenktag einzurichten, dass wirklich die Erfolge und das Schöne der Demokratie mit praktischen Erfahrungen vermittelt werden.

Ja, das Fazit wäre dann eben auch aus meiner Sicht, dass das grundlegende Thema des Antrages, also insbesondere der Geschichtsunterricht in MecklenburgVorpommern, schon gut aufgestellt ist. Da haben wir also keine Riesenlücke oder kein Riesenproblem. Man kann immer noch besser werden, aber im Großen und Ganzen ist das in Ordnung. Die Klasse 5 oder der Geschichtsunterricht in der Klasse 5, das ist diskussionswürdig. Das sollte man im Ausschuss durchaus mal aufgreifen. Aber, wie gesagt, insgesamt ist viel wichtiger noch, die positive Erfahrung mit der Demokratie zu stärken. Das ist ja übrigens auch das, was die Landeszentrale für politische Bildung versucht, was auch in den Programmen ja den größten Raum einnimmt. Aber das ist natürlich noch so ein bisschen am Rande, das muss noch viel, viel stärker in die Mitte der Gesellschaft, in die Mitte des Alltags der Schüler geraten.

Und insofern können wir dem Antrag leider nicht zustimmen, aber inhaltlich werden wir einige Punkte davon in den Ausschussberatungen sicherlich sehr, sehr gerne aufgreifen. – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD Herr Butzki.

(Torsten Renz, CDU: Halt dich kurz!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss erst mal auf den Redebeitrag von Herrn Kröger eingehen. Im Ausschuss habe ich ihn etwas anders erlebt. Und auch, wenn ich jetzt einen Ordnungsruf erhalte: Dieser Beitrag war schwachsinnig!

(Beifall Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Das muss ich wirklich so ganz deutlich sagen. Wenn Sie sich wirklich mal den Antrag anschauen, dann steht hier drin: „Das hat zur Folge, dass die bedeutenden historischen Ereignisse ab 1989 bis heute im Geschichtsunterricht nicht adäquat abgebildet werden können, da zu wenig Zeit für Vermittlung des Unterrichtsstoffes zur Verfügung steht.“ Da steht doch nicht irgendwas Politisierendes drin. Da kann genauso die Geschichte der SED mit drin sein, von SED zu PDS zur LINKEN, welche Fehler die anderen Parteien gemacht haben und, und, und, und.

Und wenn Sie dann mit Stalinismus kommen, ich habe mal schnell jetzt im Internet nachgeschaut, da wird das genau in der Klasse 10 durchgenommen. Dort steht: „Die deutsche Frage und die Integration der BRD und der DDR in die Militärblöcke“, „An ausgewählten Beispielen“ – und jetzt – „(Stalin-Note 1952, Mauerbau 1961) die Deutschlandfrage im Spannungsfeld des Kalten Krieges diskutieren“. Das ist doch alles drin!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und deswegen kann ich das nicht verstehen. Entweder Sie waren schlecht vorbereitet oder das war wirklich so, wie ich das zu Anfang sagte, ich will das nicht wiederholen.

Und wenn Sie dann sagen, das Kind soll in Thüringen Abitur machen, weil das in Mecklenburg nichts taugt – ich kann das bloß anhand der eigenen Familie sagen: Meine Tochter war 19,

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

hat in Mecklenburg das Abitur gemacht, hat in Bayern studiert,