Protocol of the Session on January 30, 2020

(Holger Arppe, fraktionslos: Was soll ich denn da sagen?)

Aber in Ziffer 3 wird erwähnt, dass sich dann diese Beobachtungsstelle/Beratungsstelle auch verfassungsnachrichtlicher Mittel bedient, also auch der Überwachungstätigkeit. Es wird ja nicht differenziert, wer nun überwacht werden soll mit diesen Mitteln und wer auch nicht. Das wird nur Herr Arppe wissen.

Auch der Verfassungsschutzbericht, den er ja abschaffen will, sagt eigentlich, dass die Transparenz, die also durch den Verfassungsschutzbericht, welche Aufgaben und Ziele der Verfassungsschutz verfolgt, zumindest in dem Teil, was nicht nachrichtendienstlich also geheim ist, wird natürlich diese Transparenz auch abgeschafft. Und mit welchen Dingen wollen Sie das ersetzen? Und die parlamentarische Kontrolle wird auch abgeschafft. Dazu wird auch kein einziges Wort gesagt.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das ist ja auch ein Witz.)

Und zur Terrorbekämpfung und Spionageabwehr im Inland sagen Sie auch kein Wort,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

wer das machen soll, auch polizeiliche Kräfte wahrscheinlich. Also ich glaube schon, wenn Sie sich im Dunstkreis der Identitären Bewegung, der Neonaziszene bewegen, Herr Arppe, dann würde ich natürlich alles das auch fordern.

Ich darf also noch mal erwähnen, dass die Verfassungsschutzbehörde eine nachrichtendienstliche Behörde ist, die sich mit der Sammlung und Auswertung über Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Ordnung und zur Spionageabwehr befasst. Und genau in dieser Zeit, wo die Bedrohung durch politischen und religiösen Extremismus und der Spionage anwächst, da fordern Sie die Abschaffung des Verfassungsschutzes.

Nun könnte man überlegen, was Sie da wohl gerade bezwecken. Also an Stabilisierung unserer Sicherheit ist Ihnen wahrscheinlich nicht gelegen.

Ich darf hier vielleicht einige Beispiele nennen. Die Zahl der Islamisten hat sich erhöht, insbesondere bei den Salafisten.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Nicht jeder Salafist ist ein Terrorist, aber jeder Terrorist ist ein Salafist. Die Anzahl der Rückkehrer der Terrormiliz ist eine Herausforderung, die Entwicklung der rechtsextremistischen Gewalt und der Gewaltverherrlichung, die Beobachtung der Jungen Alternative, also der Jugendorganisation der AfD – das ist Ihnen sicherlich auch ein Dorn im Auge, also zumindest diese Verdachtsfallprüfung –,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Was ist das?)

und die Identitäre Bewegung, die sich breitmacht in unserem Land. Die Entwicklung des Linksextremismus besorgt uns ebenfalls genauso wie die des Rechtsextremismus, ist doch gar keine Frage. Die Cyber- und Wirtschaftsspionage und -kriminalität nehmen zu, und auch der Iran und die Türkei suchen ihre Oppositionellen in Deutschland. Auch das ist eine Aufgabe, die zukünftig wahrscheinlich die Polizei übernehmen soll.

Die entscheidende Kategorie in der Demokratie ist das Vertrauen in den Staat. Und das versuchen Sie ganz systematisch, indem Sie hier das öffentliche Sprachrohr sein wollen für Ihre Klientel, dazu zu nutzen, genau dieses Vertrauen auch zu untergraben. Haben Sie also oder wäre mehr Vertrauen in die Polizei, wenn sie diese Aufgabe übernimmt mit geheimdienstlichen Maßnahmen? Nach welchem Vorbild soll die Polizei ausgestattet werden? Nach einer Geheimpolizei oder einer geheimen Abteilung in der Polizei

(Zuruf aus dem Plenum: Hatten wir schon mal.)

oder nach dem Vorbild der Geheimpolizei, die wir schon mal hatten, Herr Arppe? Das wird Ihnen wahrscheinlich eher liegen. Oder nach dem Vorbild der USA, der Schaffung des FBI? Da müsste sicherlich eher ans Justizministerium gedacht werden und so weiter und so fort.

Es geht also nicht darum, wie Sie suggerieren, Herr Arppe, dass die Verfassungstreue der Deutschen zu überwachen wäre, nein, darum geht es überhaupt nicht, es geht nur und ausschließlich um die Beobachtung von Verfas

sungsfeinden und Terroristen und der Spionageabwehr. Ihre Dienstbarkeit – und das ist ja in den letzten Sitzungen hier dauerhaft zu erkennen – zur AfD ist nicht nur größer, sie ist auch zielgerichtet.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Was soll dieser Satz?)

Wie die AfD damit eines Tages umgeht, haben Sie ja neulich schon angekündigt, wie Sie Ihre politische Heimat wohl finden wollen demnächst, das wäre ja abzuwarten und da will ich auch nicht spekulieren. Dieser Antrag ist auch schon im Vergleich des Verfassungsschutzes mit der Staatssicherheit also nicht nur unterirdischer Na...,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Völlig angebracht.)

sehr boshaft.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Völlig angebracht.)

Die einen haben Verfassungstreue geschworen, aber Sie haben es zumindest dahin gelenkt.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Blödsinn! – Zuruf von Holger Arppe, fraktionslos)

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Holger Arppe, fraktionslos: Lesen Sie es sich mal in Ruhe durch!)

Vielen Dank, Herr Dachner.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE Herr Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt sicherlich viele Gründe für die von Herrn Arppe zitierte Unzufriedenheit oder das nicht vorhandene Vertrauen der Bevölkerung in den Verfassungsschutz, aber die Ablösung von Herrn Maaßen war bestimmt nicht der Grund dafür, dass das Vertrauen der Bevölkerung in den Verfassungsschutz zutiefst erschüttert worden ist.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Ich glaube, es waren wohl eher einige froh darüber, dass dieser Schritt vollzogen worden ist. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, für eine Positionsbestimmung meiner Fraktion und meiner Partei zur Institution des Verfassungsschutzes bedarf es keines Antrages von Herrn Arppe, auch nicht der Versuch, hier darstellen zu wollen, dass sich rechts und links ja in manchen Fragen doch ganz nahe sind. Ich werde im Einzelnen noch darauf zurückkommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, allen Versuchen einer stärkeren politischen und parlamentarischen Kontrolle zum Trotz führt der Verfassungsschutz letztendlich ein unkontrollierbares Eigenleben.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Das ist Geheimdiensten innewohnend, egal, wie man sie bezeichnet und wo man sie ansiedelt. Aber ob der Verfassungsschutz notwendig ist, das möchte ich dann doch schon bestreiten. Das Verbot zum Beispiel von „Combat 18“ hätte viel früher und schneller erfolgen können, wenn

man sich hier allein auf die antifaschistischen Rechercheportale verlassen hätte und nicht auf die Ergebnisse des Verfassungsschutzes gewartet hätte.

20 Jahre nach dem Verbot von „Blood and Honour“, als man schon wusste, dass „Combat 18“ – übrigens wusste auch durch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, aber auch andere öffentlich zugängliche Quellen –, dass „Combat 18“ der bewaffnete Arm von „Blood and Honour“ ist, 20 Jahre danach hat man dann das Verbot umgesetzt, und das auch noch mit einer Ankündigungszeit von einem halben Jahr. Also für solche Schritte brauche ich nun wirklich keinen Verfassungsschutz, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Bei Antifa sind die auch noch nicht so weit.)

Oder nehmen Sie das Verbotsverfahren zur NPD: gescheitert, gescheitert an den V-Personen des Verfassungsschutzes. Also ich könnte die Reihe von Beispielen fortsetzen, die die Sinnhaftigkeit der Verfassungsschutzbehörde infrage stellen.

Die kritische Position der LINKEN gegenüber Geheimdiensten und Verfassungsschutzbehörden war allerdings nach dem Auffliegen des NSU im Begriff, Mainstream zu werden. Der institutionelle Arm der streitbaren Demokratie stand nämlich nach dem NSU-Skandal vor einem Scherbengericht. „Geheimdienst am Ende“ hieß es in vielen Publikationen. Die öffentliche Meinung stand kurz vor der Forderung, Republik- und Demokratieschutz statt Verfassungsschutz. Und auch Opferschutz statt Quellenschutz stand im Raum.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, dass es anders gekommen ist. Ob staatsanwaltschaftliche oder parlamentarische Untersuchungen, ob politische Reform- empfehlungen oder praktische Reförmchen, im Ergebnis wird nach dem bisherigen Stand einer der Hauptverantwortlichen beim Versagen im NSU-Komplex letztendlich der Gewinner sein. Und schauen wir uns mal in Mecklenburg-Vorpommern um, wie man in dieser Frage mit den Empfehlungen des ersten NSU-Bundestagsunter- suchungsausschusses umgegangen ist, wo es hieß, die öffentliche Kontrolle des Verfassungsschutzes müsste erweitert werden und die Kontrollbefugnisse der Parlamente müssten erhöht werden. Was haben wir in Mecklenburg-Vorpommern gemacht, also nicht wir, aber was hat man in Mecklenburg-Vorpommern gemacht? Man hat die parlamentarische Kontrolle eingeschränkt, indem man die Parlamentarische Kontrollkommission verkleinert hat. Aber wir haben ja alles getan, um die Verbrechen des NSU lückenlos aufzuklären!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch deshalb haben wir uns in Mecklenburg-Vorpommern politisch und konzeptionell starkgemacht für eine parlamentarische Untersuchung der NSU-Vorgänge in unserem Bundesland.

Und drittens und letztens schließlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, zieht der Vorwurf nicht oder die Feststellung, dass es hier Übereinstimmungen gebe zwischen Ihrer Position und unserer Position. Und es zieht auch nicht der Vorwurf, DIE LINKE will den Verfassungsschutz abschaffen, ohne zu sagen, wie es anschließend weitergehen soll und wer dessen Aufgaben künftig übernehmen soll. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag unter dem Titel „Zivilge

sellschaft stärken, Verfassung wirksam schützen“ hat diese Fragen versucht zu beantworten. Und wenn man dann diesen Antrag hernimmt und das noch mal mit der Rede des Kollegen Arppe abgleicht, wird man schnell feststellen, dass Herr Arppe hier kräftig abgekupfert hat. Wir aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, bleiben da lieber beim Original,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

nämlich bei dem Antrag meiner Fraktion im Deutschen Bundestag, und lehnen deshalb das Ansinnen des Herrn Arppe ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU Frau von Allwörden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Abgeordnete Arppe beantragt, den Verfassungsschutz abzuschaffen, der Abgeordnete Arppe, der sich mit rassistischen und gewaltpornografischen Aussagen in Internetchats beteiligt, ein Abgeordneter, der von der Demokratie so weit entfernt ist wie die Sonne vom Mond, so weit, dass nicht einmal die AfD ihn in ihrer Mitte dulden kann,