Protocol of the Session on January 30, 2020

Bitte, jetzt können Sie fortfahren.

Ich gebe mir größte Mühe, Frau Präsidentin, obwohl mich das schon ziemlich aufgeregt hat,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Na dann!)

was ich jetzt, insbesondere in der letzten Rede des Kollegen Schulte, gehört habe, weil wir schätzen uns ja doch gegenseitig.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Und das hätte ich, ehrlich gesagt, nicht erwartet.

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Ich hätte es begrüßt, wenn du diesen Antrag eingebracht hättest. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Oh Gott! Oh Gott!)

Alles klar, alles klar. Ich werde jetzt meinen Beitrag leisten.

Zu Herrn Reuken noch: Also dieser Antrag ist auch Teil unseres Stufenplans. Sie haben von einem Stufenplan von Ihnen geredet. Azubi-Ticket, das halten wir für das Vordringlichste, deshalb muss das sofort kommen. Das Nächste sollte der Mobi-Pass für Kinder und Jugendliche sein, und langfristig wollen wir eigentlich auch im Interesse einer Verkehrswende, einer klimapolitisch notwendigen Verkehrswende, dass öffentlicher Verkehr fast oder zumindest fast ganz kostenlos für alle Menschen wird, weil Bedarfe,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

weil Bedarfe gibt es eigentlich in vielen Bereichen. Aber so weit zu Vorbedingungen.

Das unzureichende Nahverkehrsangebot, die Lücken bei Bahn und Bus wurden deutlich als eines der Hauptprobleme in der aktuellen forsa-Umfrage benannt.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau so!)

Die Landespolitik soll sich um mehr Bahn und Bus kümmern, das ist sowohl ein sozialer als auch ein klimapolitischer Auftrag.

Azubis, die trifft es besonders hart. Deshalb wollen wir auch darauf hinweisen, was Herr Waldmüller schon gemacht hat, die Zentralisierung von Berufsschulen und der gleichzeitige Rückbau von Bus- und Bahnverbindungen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau so!)

Was haben wir damit eigentlich erreicht? Wir haben jede Menge Ausbildungshemmnisse geschaffen. Der weite Weg zur Berufsschule, ein Drittel der Auszubildenden braucht einen Wohnheimplatz oder eine extra angemietete Wohnung. Und wer pendelt, ist im Durchschnitt ungefähr 108 Minuten zur Berufsschule unterwegs. Umsteigen und das Warten auf dem Bahnhof, an der Bushaltestelle, das sind neben den hohen Kosten auch sehr hohe Freizeitkiller. Oft bleibt nur das „Eltern-Taxi“

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau so!)

oder der Kumpel mit dem Auto und, wer es sich leisten kann, das Moped. Alles aus meiner Sicht klimapolitischer Wahnsinn.

In ländlichen Räumen liegen auch die Ausbildungsbetriebe und auch die Berufsschulen nicht an den Schulbusrouten. Auch Arbeitsbeginn und -ende fallen nicht mit den Schulzeiten zusammen. Also einen Schulbus kann man auch nicht nutzen, was anderes fährt aber nicht. Noch mehr klimapolitischer Wahnsinn – den können und wollen wir uns nicht mehr leisten. Oder wir einigen uns darauf, dass wir weiter zusehen, wie die jungen Leute ihre Regionen oder gar das Land verlassen und woanders eine Ausbildung machen, wo sie bessere Bedingungen

haben und dann vielleicht sogar ganz wegbleiben. Wir wollen das nicht!

Die Frage ist: Was müssen wir tun, damit die jungen Leute im Land bleiben, um hier auch zu Fachkräften ausgebildet werden zu können? Die Lösung kann für uns nur ein gutes öffentliches Verkehrsangebot sein. Und dazu hilft ein Azubi-Ticket, noch dazu, wenn es kostenfrei ist.

Sehen Sie sich Thüringen an! Dort ergab die Marktforschung – und das ist nicht nur ein Experiment – zum Azubi-Ticket eindeutig positive Effekte für den Nahverkehr und umwelt…,

(Torsten Renz, CDU: Pilotphase!)

und umweltfreundliches Fahrverhalten.

Aber es wird fortgesetzt.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Es wird fortgesetzt, Herr Renz. Da komme ich noch drauf.

30 Prozent der Nutzer fahren sowohl bei beruflichen Fahrten als auch in der Freizeit weiter und häufiger mit Bahn und Bus. Diesen Mehrfacheffekt, den wollen wir auch in Mecklenburg-Vorpommern erreichen. Mehr Nutzung erzeugt ein besseres Angebot oder braucht ein besseres Angebot, und ein attraktives Angebot zieht mehr Fahrgäste. Für meine Fraktion ist das Azubi-Ticket ein erster notwendiger Schritt!

Der Mobi-Pass, der auch in unserem Antrag steht, mit dem alle Kinder und Jugendlichen in Schule, Ausbildung und Studium landesweit kostenfrei fahren können, bleibt unser langfristiges Ziel. Es sichert nicht nur die Mobilität von jungen Leuten, sondern bezweckt auch eine Initialzündung für den öffentlichen Nahverkehr. Landkreise und kreisfreie Städte müssen zusätzlich mit Landesmitteln ausgestattet werden, um ihr Angebot verbessern zu können.

Ziel muss auch in Mecklenburg-Vorpommern sein – da unterstütze ich auch den Antrag –, ein Land, ein Tarif, ein Ticket und optimale Vernetzung von Bahn, Bus und Rufbus. Wir wollen eine Mobilitätsgarantie für alle Menschen im Land, und wir kämen damit auch der Forderung im ÖPNV-Gesetz, Nahverkehr als gleichwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr zu entwickeln, ein deutliches Stück näher.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit dem Koalitionsausschuss gehen die Wogen um das Azubi-Ticket hoch her. Die Diskussion heute hat aufgezeigt, klar ist noch gar nichts. Herr Waldmüller hat es noch einmal betont, der CDU ist ein kostenfreies, für die Azubis kostenfreies Ticket eine „Herzensangelegenheit“. Für die SPD war davon nie die Rede.

(Torsten Renz, CDU: So haben sie es nicht gesagt! – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

In den sechs Bundesländern, die bisher ein Azubi-Ticket einführten, zahlen die Auszubildenden dazu.

(Jochen Schulte, SPD: Ja, eben!)

Die Azubis in Brandenburg und in Berlin können es für 365 Euro im Jahresabo und in Thüringen für 50 Euro monatlich erwerben.

(Jochen Schulte, SPD: Das sind 600 Euro pro Jahr!)

Natürlich wird davon ausgegangen, dass der Ausbildungsbetrieb diese Kosten übernimmt, aber eine Garantie gibt es für die Kostenfreiheit nicht.

Wir wollen da gar keine Unklarheit zulassen. Im Land der geringsten Löhne der Eltern und auch der meisten nicht so üppigen Ausbildungsvergütungen wollen wir keine Beteiligung der Azubis!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ein paar Beispiele: Zum Beispiel zahlt ein Azubi von Samtens auf Rügen bis nach Greifswald 130 Euro wöchentlich. Von Samtens nach Stralsund sind es über 70 Euro wöchentlich. Eine Beteiligung der Wirtschaft, die wollen wir aber schon, und dazu ist die Wirtschaft auch bereit. Sie sehen nämlich auch den Wettbewerbsvorteil im Ringen um die immer weniger werdenden zukünftigen Fachkräfte.

Die Ministerpräsidentin will dieses Jahr nutzen, um ein Konzept zu entwickeln, von einem Gutachten ist die Rede. Wann liegen eigentlich diese Zahlen vor? Kann man das zumindest erfahren? Inzwischen, denken wir, wandern weitere Jugendliche ab. Der ländliche Raum blutet weiter aus – ein Desaster für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes, das meinen wir zumindest.

Ein Azubi-Ticket ist doch Wirtschaftsförderung vor allen Dingen für strukturschwache Räume. Uns sprechen Sie ja immer die fehlende Wirtschaftskompetenz zu. Aber wir sind uns da sehr einig mit den Verbänden und haben das auch in unseren Gesprächen schon vor der Sommerpause so dargelegt. Es darf nicht noch mindestens ein weiteres Jahr verplempert werden! Angesichts dreistelliger Millionenüberschüsse in Mecklenburg-Vorpommern ist das auch nicht mehr zu erklären.

Der Weg für ein Ticket, das landesweit gelten soll, wäre leichter, hätten wir einen Landesverkehrsverbund. Aber so ist es nicht. Also ist einiges an Arbeit zu leisten, da haben Sie völlig recht, Herr Schulte. Die Wirtschaft, die Kreise, die kreisfreien Städte, die Verkehrsunternehmen sind ins Boot zu holen. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür haben wir eine Landesverwaltung. Dafür wird sie bezahlt, zumal auf die Erfahrungen anderer Länder zurückgegriffen werden kann und das Sommerferienticket in unserem Land auch praktische Hinweise liefert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Landtag muss für unsere Begriffe eine klare Botschaft aussenden: Das Azubi-Ticket gilt ab August zum Ausbildungsbeginn!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Diese Zusicherung brauchen Azubis und ihre Eltern jetzt für ihre Berufsentscheidung. Dieses Signal braucht auch die Wirtschaft bei ihrem Werben um den Nachwuchs. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Kollegin Schwenke, liebe Mignon, das war durchaus vorhin ernst gemeint, dass ich es ja schätze, wenn du als verkehrspolitische Rednerin zu solchen Themen sprichst. Es hat sich auch eben mal wieder bewahrheitet, dass du da in dem Stoff drinstehst.