Protocol of the Session on November 13, 2019

(Ralf Borschke, AfD: Das ist vielleicht der Grund, dass alle austreten. – Heiterkeit bei Horst Förster, AfD)

ich gehöre zu den Mitgliedern, die nach vorne denken und schauen, wie kann man diesen Verband und seine Mitglieder für die Zukunft fit machen, und nicht, wie kann man durch Stillstand noch weiter Betriebsstrukturen auf eine gefährliche Linie bringen.

Im Grunde genommen wurde ja gesagt, woraus dieses Agrarpaket oder dieses sogenannte Agrarpaket der Bundesregierung besteht, nämlich aus den Teilen Umschichtung, Tierwohllabel und Insektenschutzprogramm. Und ich erzähle Ihnen nichts Neues, dass die SPD seit vielen, vielen Jahren fordert, dass mehr Umschichtung vorgenommen wird, und ja, es ist zum Vorteil für den Naturschutz im ländlichen Raum und auch für die Förderung des ökologischen Landbaus.

Und auch wir sind es, die seit vielen, vielen Jahren fordern, dass die Europäische Union es endlich möglich

macht, dass eben Agrarumweltmaßnahmen mit einer Anreizkomponente versehen werden können und somit eben auch Agrarumweltmaßnahmen als ein Einkommenszweig für unsere Betriebe hier in MecklenburgVorpommern einen festen Platz in der Betriebsplanung finden können.

Beim Tierwohllabel hatte ich gesagt, wir fordern seit Langem eine Verpflichtung. Ich habe wahrgenommen, dass unser Minister sich nicht nur heute hier positioniert hat,

(Marc Reinhardt, CDU: Ja, weltweit.)

sondern auch immer sich dafür verkämpft hat,

(Torsten Renz, CDU: Er war der Vater des Gedankens.)

dass wir diese Verpflichtung haben. Ziel war, dass die SPD-Bundestagsfraktion weiter dafür kämpft, dass wir hier eine Verpflichtung haben werden,

(Glocke der Vizepräsidentin)

und ich nehme wahr, dass auch viele Landwirtschaftsbetriebe eine Verpflichtung wollen. Und warum? Weil sie Angst haben vor noch mehr Wettbewerbsverzerrung in Deutschland und weil sie Angst haben vor noch mehr Wettbewerbsverzerrung in Europa.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ihr entwickelt euch hier Richtung zehn Prozent.)

Wenn wir überlegen, wir hätten ein verpflichtendes Tierwohllabel auf Bundesebene, dann heißt das natürlich auch, dass wir aktiv politisch den Umbau der Betriebe, die eben noch nicht so viel leisten konnten im Bereich Tierwohl, vorantreiben wollen. Und dann gehe ich davon aus, dass wir da auch entsprechend Mittel von Bundesebene für unsere Betriebe bekommen können. Wenn wir das alles auf freiwilliger Basis machen und wer kann, der kann, und wer nicht kann oder will, der eben nicht, dann werden wir an dieser Stelle mit Sicherheit nicht weiterkommen.

Ein verpflichtendes Tierwohllabel wäre definitiv auch die Grundlage, um den Lebensmitteleinzelhandel endlich besser mit ins Boot zu bekommen, denn ohne den wird es nicht gehen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ja, immer schön mit Zwang gegen die Bürger, ne?)

Was das BML da seit Jahren abliefert, ist rundweg einfach nur peinlich und schäbig. Und da bin ich froh, wenn ich auch hier im Land Lebensmitteleinzelhandelsunternehmer sehe oder von ihnen mitbekomme, die mit sehr gutem Beispiel vorangehen, wie kürzlich Herr Dumnick vom Edeka in Tribsees und in Franzburg, der beispielsweise für sich entschieden hat, er möchte Produkte der Firma Wiesenhof nicht mehr in seinen Regalen wissen, sondern er hat sich bemüht um einen alternativen Lieferanten, der die Tiere eben mehr so hält, wie Herr Dumnick sich das für seinen Edeka-Markt vorstellt.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Heiterkeit und Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Von diesen Unternehmerinnen und Unternehmern brauchen wir deutlich mehr, und wenn wir das dadurch unterstützen können, dass eben unsere Landwirtschaftsbetriebe unter einheitlichen Tierwohllabelstandards – und zwar für alle Tierarten, nämlich für Schwein, für Rind und Geflügel – wirtschaften können, dann ist das doch mit Sicherheit ein sehr guter Weg.

Und wenn ich dann sehe – ich weiß gar nicht, ob es letzte oder vorletzte Woche war, da war ich bei einer Diskussion mit Landwirten am Schweriner Ostufer, da war auch ein Kollege aus dem Bundestag da, nicht SPD –,

(Torsten Renz, CDU: Sie können ruhig Herrn Monstadt benennen. Wir wissen das, ich habe das gelesen.)

und wenn ich dann mitbekomme, wie wenig tatsächlich dort bei einer Diskussion mit Landwirten im Thema gesteckt wird, oder im Thema, ja, doch, gesteckt wird,

(Marc Reinhardt, CDU: Was denn nun?)

wie wenig Argumente dort überhaupt für unsere Betriebe gebracht werden konnten, dann wird mir angst und bange, wenn ich überlege, was soll dieser Bundestagsabgeordnete hier für unsere Betriebe in MecklenburgVorpommern bei den Verhandlungen in Berlin bewirken, weil natürlich ist es so, dass das, was die beiden Bundesministerinnen da vorgelegt haben, um Längen noch nicht das ist, was hier praxistauglich im Sinne von Umwelt, aber natürlich auch im Sinne unserer Landwirtschaftsbetriebe umsetzbar ist.

Und, da kommt meine Hoffnung, das Insektenschutzprogramm ist ja erst mal nur ein Programm und noch kein Gesetz, also da werden wir noch entsprechend Vorlauf haben, auch für eine vernünftige Beteiligung. Da gehe ich davon aus, dass auch unsere Landesregierung sich weiter dafür starkmachen wird, dass wir da eine entsprechend gute Beteiligung auch von allen Betroffenen, sowohl von Verbandsseite, im Umweltbereich als auch der berufsständischen Vertretung, hinbekommen werden. Dann müssen wir schauen, welche Auswirkungen das, was erst mal lose hingeschrieben ist, tatsächlich hier für Mecklenburg-Vorpommern hat, wie wir damit umgehen und wie wir vor allen Dingen bewirken, dass wir am Ende beides hinbekommen, nämlich mehr Umweltschutz, den unsere Betriebe leisten können und den sie auch leisten wollen, weil sie es fest in ihren Betrieb integrieren können.

Ich möchte noch mal sagen, warum es so wichtig ist, dass wir auch im Bereich Umweltschutz weiter vorankommen. Ich habe bei mir in meinem Wahlkreis mehrere Gehöfte, die zersiedelt sind. Wahrscheinlich hat jeder von Ihnen, wenn er nicht gerade einen Stadtwahlkreis hat, genau diese Gehöfte, die nicht angeschlossen sind an eine öffentliche Wasserversorgung, sondern die eben ihr Brauchwasser aus einem Brunnen ziehen. Und ich habe mehrere Fälle mittlerweile bei mir im Wahlkreis, wo die Brunnen eben stillgelegt werden mussten oder stillgelegt werden müssen beziehungsweise man in tiefere Wasserschichten bohren muss, weil eben in den Brunnen nachweislich sowohl Pflanzenschutzmittel als auch Düngemittel, als auch Schwermetalle und so weiter und so fort gefunden werden.

Das heißt, der Einzelne, der dort wohnt, muss,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Leben die noch, die Armen, ja?)

muss also nun gucken, wie kriegt er seine Wasserversorgung vernünftig geregelt, wer ist eigentlich verantwortlich für die Einträge und vor allen Dingen, wie kann es sein, dass, wenn ein Mittel fachgerecht angewandt worden ist, also so, wie es auf dem Hinweis des Herstellers steht, dass wir dann trotzdem solche Einträge in unseren Gewässern haben. Das alles muss also auf den Prüfstand gestellt werden und wir können eben nicht den Einzelnen mit seinem Schaden lassen, mit einem Schaden, den er nicht selber verursacht hat, und wir können auch nicht, wenn ein Mittel zugelassen ist und fachgerecht angewandt worden ist, dem Landwirt den Schaden in die Schuhe schieben, sondern wir müssen ganz genau gucken, wie gehen wir in Zukunft damit um.

Das ist etwas, was definitiv auch auf Bundesebene noch weiter mit behandelt werden muss, weil ansonsten werden wir nicht das, was wir hier fordern unter II.3, dass wir nämlich Pflanzenschutzmittel auch in Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern anwenden wollen, dann werden wir das nicht halten können. Wenn wir nicht gewährleisten können, dass diese Pflanzenschutzmittel, wenn sie fachgerecht angewendet werden, nur dort landen, wo wir sie auch haben wollen, und zwar dann nicht in unseren Gewässern, in unserem Grundwasser, dann müssen wir uns davon verabschieden.

Das wollen wir nicht, das wissen Sie auch, da positionieren wir uns auch so, und deswegen ist es wichtig, dass wir hier mit Forschung und einer entsprechenden Aufarbeitung noch besser zusammenkommen, damit wir mehr Biodiversität haben, damit wir sauberes Wasser haben, aber vor allen Dingen auch, damit wir unter Berücksichtigung dieser beiden Punkte vernünftig aufgestellte, stabile Agrarbetriebe hier in Mecklenburg-Vorpommern haben können,

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

die uns alle mit gesunden Lebensmitteln versorgen können. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Dr. Weiß.

(Zurufe von Elisabeth Aßmann, SPD, Sebastian Ehlers, CDU, und Marc Reinhardt, CDU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bauernproteste der letzten Wochen haben sehr viele Leute aufgeschreckt, in 28 Städten, insgesamt 19.000 Traktoren waren unterwegs. Das hat vor allem unter dem Label

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

„Land schafft Verbindung – wir rufen zu Tisch“ gestanden, eine Initiative, eine private Initiative, die der Bauernverband zwar begrüßt hat, aber selber nicht unterstützt.

Der Unmut im Berufsstand ist außerordentlich groß, und vor allem über die aktuelle Agrarpolitik. Zudem fühlen

sich die meisten Bauern auch nicht mehr durch ihre Verbände richtig vertreten. Über einige dieser Fragen wurde ja bereits geredet. In meinen Gesprächen mit den protestierenden Bauern vor unserem Schloss vor einigen Wochen wurde mir immer wieder von vielen Beteiligten gesagt, redet mit uns, redet mit uns, aber nicht über uns. Auf konkrete Nachfrage kam dann zum Beispiel von Vertretern der Kreisbauernverbände das Argument, dass man in Mecklenburg-Vorpommern ja auch durchaus das Gefühl hat, dass ihnen zugehört wird, aber man sich von der Bundesregierung, auch von der Bundesagrarministerin Julia Klöckner, im Stich gelassen fühlt und ihre Anliegen nicht mehr berücksichtigt werden würden.

Zudem fühlen sich viele Landwirte, so, wie das beispielsweise heute früh die Ministerpräsidentin in der Aktuellen Stunde sehr richtig dargestellt hat, als Buhmann der Nation abgestempelt. Der Agrarminister hat eben ja auch darüber geredet. Landwirte werden als die Hauptverursacher des Klimawandels dargestellt, für das Insektensterben verantwortlich gemacht, als diejenigen, die Umwelt und Wasser versauen,

(Egbert Liskow, CDU: Machen wir heute wieder.)

den Boden ruinieren, Tiere quälen. Obendrauf kommen dann die aktuellen ordnungsrechtlichen Diskussionen, freiwillige Maßnahmen des Agrarpaketes des Bundes, was eine wettbewerbsfähige, effektive, ökonomisch und ökologisch ausgewogene Landwirtschaft verhindere.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht ja nicht darum, die Landwirtschaft total auf Öko umzustellen, das wäre absolut weltfremd.

(Torsten Renz, CDU: Da bin ich unsicher.)

Meine Fraktion

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

lud noch während der Demonstration kürzlich auf der Schlossbrücke einen aktiven Landwirt in die Fraktionssitzung ein, der genau diesen Unmut artikulierte, und das Thema der heutigen Aussprache und des Antrages von CDU und SPD sehe ich deswegen auch als eine direkte Reaktion auf die Proteste des Berufsstandes, wenn ich Herrn Kliewe richtig verstanden habe.

Am 24. Oktober sprach die Bundesagrarministerin im Bundestag einen ziemlich gelassenen Satz aus, indem sie darstellte, dass die Landwirtschaft systemrelevant sei. Ja, wir geben ihr recht, sie ist systemrelevant. Auch für uns ist die Landwirtschaft systemrelevant. Aber dieser Satz muss zu Ende gedacht werden. Ich zitiere an dieser Stelle mal, was meine Kollegin Kirsten Tackmann aus dem Bundestag dazu gesagt hat: Er, der Satz, „bedeutet, dass die Beantwortung existenzieller Fragen in der Landwirtschaft uns alle etwas angeht, zum Beispiel: Wem gehört das Land? Wer bewirtschaftet es und wie?“

Zwischenbemerkung: Der Agrarminister – jetzt ist er weg –