Protocol of the Session on October 18, 2019

2000, Kollege. Es ist die Drucksache 3/1492, falls Sie zwischenzeitlich googeln wollen.

Was dann aber passierte, das war bis dahin einmalig in diesem Landtag, weil die drei vertretenen Fraktionen damals nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen wollten, sondern wir waren uns einig, dass wir bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus in diesem Land etwas tun müssen. Der damalige Fraktionsvorsitzende der SPD Volker Schlotmann, der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion Dr. Armin Jäger und ich, wir haben uns zusammengefunden und die Grundlagen für das Landesprogramm geschaffen, was jetzt seit vielen Jahren Grundlage für die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in diesem Land ist.

Daran zu erinnern, war mir wichtig. Warum? Weil...

(Torsten Renz, CDU: Das war meine Frage, meine eigentliche.)

Nein, weil die Fortschreibung, lieber Kollege Renz, die Fortschreibung des Landesprogrammes, die wir heute hier diskutieren, gegenüber der ersten Vorlage zurückbleibt, an manchen Stellen widersprüchlich ist und an weiteren Stellen zu unkonkret ist. Dennoch wird meine Fraktion dieser Fortschreibung zustimmen, aber es ist mir wichtig, auf diese Kritikpunkte noch einmal einzugehen und diese zu reflektieren. Denn heißt es noch in der „Leitbild“-Beschreibung, wie schon an verschiedener

Stelle heute hier zitiert, auch von mir, „Aufgrund ihres rassistischen, antisemitischen, fremdenfeindlichen, antidemokratischen und nationalistischen Weltbildes stellen rechtsextremistische Parteien und Organisationen sowie entsprechende Haltungen in Mecklenburg-Vorpommern gegenwärtig die größte Herausforderung für Demokratie... und Menschenwürde dar“, Zitatende, wird schon in der „Ausgangslage“ die Schraube etwas zurückgedreht, weil es dort dann nur noch heißt: „In MecklenburgVorpommern bleibt der politische Extremismus weiterhin eine zentrale Herausforderung“. Angesichts der Dinge, die wir heute hier diskutiert haben, erscheint mir das eine unzulässige Verkürzung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es heißt im „Leitbild“, ich zitiere: „Für den Zusammenhalt in unserer offenen und freiheitlichen Gesellschaft ist das Gelingen der Integration von Zugewanderten entscheidend. Sie ist Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Sowohl die Zugewanderten als auch die aufnehmende Gesellschaft müssen dafür ihren Beitrag leisten.“ Zitatende. Das ist ein neuer Bestandteil dieses Programms, eine neue Herausforderung, die auch richtig beschrieben ist und von uns nachhaltig unterstützt wird.

Es heißt dann in der „Ausgangslage“, ich zitiere wiederum: „Bei den Protesten gegen Geflüchtete ist eine Entwicklung zu beobachten, die die Notwendigkeit einer gesamtgesellschaftlichen Strategie gegen den Rechtsextremismus noch einmal unterstreicht. Im Rahmen asylfeindlicher Demonstrationen kam es nicht selten zu einer Mischung von Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten und Menschen ohne einen erkennbar extremistischen Hintergrund. An dieser Schnittstelle bewegen sich auch neue Strömungen, die zwar eine Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut ablehnen, um ihre Anschlussfähigkeit zu erhöhen, aber zugleich antidemokratische Tendenzen erkennen lassen.“ Zitatende.

Und da sage ich, auch nach dem Vortrag des Kollegen Grimm, ich bedaure hier zutiefst, dass wir nicht klar Ross und Reiter benennen. An dieser Stelle hätte ganz klar die AfD benannt werden müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ein weiterer Punkt, den ich in der Fortschreibung auch namens meiner Fraktion ausdrücklich begrüße, ist, ich zitiere: „Das Land wird seine staatlichen Angebote zum Schutz und zur Hilfe von Gewaltopfern, insbesondere auch von Opfern politisch motivierter Gewalttaten, weiter optimieren, sodass allen Gewaltopfern, unabhängig von der Motivation der Täterinnen und Täter, eine gleichwertige und professionelle Unterstützung zukommt. Entsprechende nichtstaatliche Angebote werden weiterhin unterstützt, wenn sie den Ansprüchen der staatlichen Opferberatung genügen.“ Zitatende. Ein wichtiger Anspruch und es wird höchste Zeit, dass wir diesen Anspruch umsetzen, wenn es nämlich darum geht, den vielen Tausend Menschen, die auf den Listen der Nordkreuz-Sammler stehen, Hilfe und Unterstützung zu gewähren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Es heißt richtig auch in der Fortschreibung des Landesprogramms, ich zitiere: „Der Förderung von Freizeitangeboten und die Unterstützung der Arbeit, wie von Stadt-

und Kreisjugendringen, des Freizeitsports, der Jugendverbände, beispielsweise der Jugendfeuerwehren, sind weiter voranzutreiben. Jugendliche, die hier organisiert sind, erleben in der Gemeinschaft Solidarität, Anerkennung und Achtung und leisten einen wichtigen Beitrag zur Herausbildung einer toleranten und gemeinwohlorientierten Gesellschaft.“ Zitatende. Richtig. Aber wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, unter den Bedingungen der 25-prozentigen Erhöhung im Rahmen des Kinder- und Jugendfördergesetzes diesen Anspruch erfüllen wollen, das müssen Sie mir noch erklären und das müssen Sie in der Praxis beweisen, denn 1,32 Euro mehr pro Kopf wird dieser Herausforderung nicht gerecht, das will ich Ihnen hier deutlich sagen.

Zum Schluss, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ein Zitat. Es heißt in der Fortschreibung: „Die Regionalzentren für demokratische Kultur sind eine wesentliche Säule zur Umsetzung des Landesprogramms. Sie werden sich den wandelnden gesellschaftlichen Entwicklungen stellen und entsprechend wachsender und wechselnder Herausforderungen und Nachfragen immer wieder neu ausrichten. Dazu wird das ihrer Arbeit zugrundeliegende Regionalzentrumskonzept angepasst und fortentwickelt.“ Zitatende. Ein notwendiger wie wichtiger Schritt, und an der Stelle ist es mir und meiner Fraktion ein Herzensbedürfnis, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Regionalzentren ein herzliches Dankeschön zu sagen für ihre geleistete Arbeit. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Einen Moment, Herr Ritter! Auch zu Ihrem Wortbeitrag ist eine Kurzintervention angemeldet worden.

Ich rufe auf Professor Dr. Weber von der Fraktion der AfD.

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium! Werte Kollegen!

Herr Ritter, was Sie eben gemacht haben, war Negativwerbung für Demokratie und Toleranz.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wenn Sie sagen, Ross und Reiter nennen und die AfD müsse da genannt werden, wenn Sie sagen, diejenigen, die bei Demonstrationen gegen die unbegrenzte Zuwanderung aktiv geworden sind, das seien alles Leute im Näheumfeld von Rechtsextremismus, dann verharmlosen Sie auf eine erschreckende Weise den Rechtsextremismus, den wir alle bekämpfen. Wenn Sie jeden, der sich Sorgen um unser Land macht, jeden, der sich patriotisch äußern möchte und äußert, und alle diejenigen, die auf Missstände hinweisen, die in Ihren Augen keine Missstände sind, ins rechtsextreme Lager abschieben, dann leisten Sie einen Bärendienst für den Kampf gegen den wirklichen Rechtsextremismus. Da sind wir uns alle einig, gegen den müssen wir geschlossen vorgehen, aber nicht jeder ist schon Rechtsextremist, nur, weil er Ihre Konsenspolitik –

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

da nehme ich Sie ausdrücklich mit ein von der Linksfraktion –, weil er das ablehnt.

Rechtsextremismus ist ein Erscheinungsbild, das alle – auch wir – entschieden ablehnen. Aber nicht jeder, der sich so äußert, wie Sie es getan haben und gesagt haben, deswegen müsste die AfD benannt werden, ist rechtsextrem. Im Gegenteil, ich möchte behaupten, die allerwenigsten derer, die auf die Straße gehen und an diesen Demonstrationen teilnehmen, sind Rechtsextremisten, sondern das sind besorgte Bürger. Und es wäre mal ein schönes Zeichen, wenn Sie diese Besorgnis von denjenigen, die uns hier im Land mit über 100.000 Stimmen und bundesweit mit mehreren Millionen Stimmen gewählt haben, nicht alle ins rechtsextreme Lager abschieben würden. Damit verharmlosen Sie den wirklichen Rechtsextremismus in einer unerträglichen Weise und dagegen möchten wir uns verwehren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ach wissen Sie, lieber Kollege Professor Weber, Sie können hier noch so oft versuchen, wie Sie es wollen, eine Trennungslinie zwischen Ihrer Partei und dem Rechtsextremismus zu ziehen, es wird Ihnen nicht gelingen. Solange Sie solche Kollegen wie den Kollegen Hersel in Ihren Reihen haben, für den brennende Flüchtlingsheime kein Verbrechen sind, sondern ein Akt der Verzweiflung, solange es Leute in Ihrer Partei gibt wie Kalbitz oder wie Augustin, Ihren Landesvorsitzenden, wo Sie sich immer noch nicht trauen, den rauszuschmeißen, oder solange Sie,

(Stephan J. Reuken, AfD: Ja, der ist doch raus!)

oder solange Sie immer noch ein freundschaftliches Verhältnis pflegen mit Herrn Arppe und anderen,

(Horst Förster, AfD: Wie ist denn Ihr Verhältnis, Herr Ritter? – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

solange zähle ich Sie zu dem rechtsextremistischen Lager und solange werde ich Sie entschieden bekämpfen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Das ist unwissenschaftlich und unpolitisch in höchstem Maße!)

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Arppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste!

Die Frau Bildungsministerin hat festgestellt, dass es auch in diesem Hause zu einer Verrohung der Sprache gekommen ist in letzter Zeit. Frau Ministerin, Sie haben recht, zum Beispiel, wenn die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Natürlich!)

die allseits beliebte Frau Larisch,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Natürlich!)

im Internet öffentlich Andersdenkende als „Dreck“ bezeichnet, den man „von der Straße fegen“ müsse.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Fühlen Sie sich da irgendwie getroffen, oder was?)

Also so viel zu Ihnen dort und Ihrem ständigen Herumreiten auf dem hohen moralischen Ross.

Ich möchte allerdings noch einmal an dieser Stelle auf die Ergebnisse der Allensbach-Umfrage zurückkommen. 79 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind der Meinung, dass sie weder in der Öffentlichkeit noch im Privatraum unbehelligt, unbefangen und frei ihre Meinung äußern dürfen. Da ist doch mit Ihrem Programm, das hier gerade diskutiert wird, einiges irgendwie schiefgelaufen.

Und ich möchte auch den Schriftsteller Uwe Tellkamp an der Stelle zitieren, der in einem Interview im Rekurs auf seinen bekannten Roman davon gesprochen hat, dass die Deutschen sich wieder wie in der Endphase der DDR in ihre verschiedenen Türme zurückgezogen haben, wo sie nur noch mit sich selbst reden, aber nicht mehr zwischeneinander den Dialog und den Diskurs suchen.

Das ist tatsächlich so. Als jüngst in Rostock in der Langen Straße ein Klimatag stattfand, wo für den Klimaschutz geworben wurde, da war in dem Programm zu lesen, wer im Laufe dieser Veranstaltung irgendwelche Leute sieht, hört oder trifft, die zu den sogenannten Klimaleugnern gehören, soll die doch melden, damit die von der Veranstaltung entfernt werden können. Also das ist ja gerade das Problem, dass die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen mit ihren Meinungen, Haltungen und Sichtweisen nur noch in ihren eigenen Referenzräumen hocken, nur noch untereinander miteinander reden, aber es zu keinem Austausch

(Jörg Heydorn, SPD: Das sagt mit Ihnen genau der Richtige!)

der Ideen...

(Jörg Heydorn, SPD: Das sagt mit Ihnen genau der Richtige.)

Ja, auch, ich lerne auch dazu, mein lieber Herr Heydorn.

Also solange sich das nicht ändert,

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

solange sich das nicht ändert, werden solche Programme, wie sie hier heute diskutiert worden sind, weiterhin ins Leere laufen. So einfach ist das. – Vielen Dank.