Protocol of the Session on October 17, 2019

Mit welchen Mitteln soll die Regelung dann vollzogen werden? Mit Kontrollen?

Nun mag der Einwand kommen, in diesem einen Fall ist es angebracht einzugreifen, denn es geht um abzuwendende gesundheitliche Gefahren. Die Konsumenten von Wasserpfeifen in Shisha-Einrichtungen brauchen so ein Schutzgesetz. Worauf stützt die AfD denn eigentlich die von ihr selbst an die Wand gemalte gesundheitliche Gefahr des Gebrauchs von Wasserpfeifen in Shishas?

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

Ebenfalls auf Kontrolle, in diesem Fall durch die des Gemeinsamen Giftzentrums der Länder Sachsen, SachsenAnhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern, das GGIZ.

Ausweislich der von der AfD in ihrem Antrag selbst zitierten Antwort der Landesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage gab es in fünf Jahren vier Kontrollen. Es wurden dabei zehn Mängel erhoben. So bezeugt es auch die Problemdarstellung des vorliegenden Gesetzentwurfs. Mit dieser Feststellung endet alle Faktenseriosität in diesem Gesetzentwurf. Ab hier wird alles von kruder AfDIdeologie getrieben. Schon wenn man genauer hinschaut, welche Mängel denn erhoben wurden, in den Erläuterungen zur Mängelstatistik weist die Landesregierung ausdrücklich darauf hin, dass diese sich nicht auf Anforderungen der Gefahrstoffverordnung erstreckt, wörtlich, Zitat: „Anforderungen der Gefahrstoffverord

nung, die sich auch auf Dritte erstrecken können, sowie Fragen des Ordnungsrechtes und des Bau- und Gaststättenrechtes bleiben unberücksichtigt.

Nun, das hält die AfD nicht davon ab, erfasste Mängel auf Kohlenmonoxidausstoß zu schieben, obgleich es in Wahrheit um arbeitsstättenrechtliche Angelegenheiten geht, wie eine nicht vorliegende Kopie des Mietvertrages beim Ordnungsamt, fehlende Unbedenklichkeitsbescheinigungen des örtlichen Finanzamtes und Ähnliches.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Quatsch!)

Habe ich da eben „Quatsch“ gehört? Sie müssen mal lesen, was Sie von der Landesregierung als Antwort wirklich bekommen!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Aber es kommt noch bunter, sehr geehrte Damen und Herren, es kommt noch bunter. Die AfD problematisiert, dass sich die Zahl der Vergiftungen mit Tabakerzeugnissen in den letzten Jahren allgemein auf 24 verdoppelt habe. Das veranlasste mich, bei der Quelle dieser Angaben, beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, nachzufragen, welcher Art denn diese Vergiftungen von Tabakerzeugnissen wären. Interessant zu erfahren, dass es mitnichten um Wasserpfeifen ging. Hintergrund der Statistik von Vergiftungen durch Tabakerzeugnisse sind demnach Liquids von E-Zigaretten, also die mit elektronischen Zigaretten verbundenen aromatischen Flüssigkeiten, oder in anderen Fällen verunreinigte Tabakpflanzen in herkömmlichen Tabakabpackungen.

Was sagt uns das? Für die AfD gilt, was nicht passend ist, wird passend gemacht. Und wenn, wie in MecklenburgVorpommern, die Datenlage für die eigene Argumentation allzu dürftig ist, greift man sich noch Druckkammerbehandlungsfälle der Uniklinik Düsseldorf, Rettungseinsätze in Hamburg oder Kohlenstoffmonoxidvergiftungen in Mainz. Ob die etwas mit Auspuffgasen oder Wasserpfeifen zu tun haben könnten, ist ganz einerlei, die AfD missbraucht – das ist meine Feststellung – statistische Aussagen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.)

auf dass sie ins Konzept passen.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr interessant!)

Was ein Licht darauf wirft, um was es der AfD tatsächlich geht: In Wahrheit geht es der AfD um das Schüren von Ängsten, um das Säen von Keimen der Abneigung und Feindseligkeit...

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

Herr Lerche, Sie haben vorhin ein Paradebeispiel dafür gegeben, Sie maskieren das nur immer leider so ungeschickt.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, zum Glück!)

... gegenüber anderen Kulturen und Lebensweisen.

Absichtsvoll schlecht maskiert ist auch der erste Satz der Problemdarstellung des Gesetzentwurfes. Dort ist von

kultureller Erweiterung durch ungeordnete Masseneinwanderung aus Nordafrika und dem Nahen Osten die Rede und davon,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Keiner weiß, wie viel Pfeifen die mitbringen.)

dass die orientalische Lebensweise nachgeahmt werde.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

So etwas wiederum wird in allem Weiteren als gesundheitsgefährdend, wenn nicht gar lebensbedrohlich konnotiert.

Die orientalische Lebensweise hat uns in den vergangenen Jahrhunderten – das wird der AfD nicht passen zu hören – geradezu bereichert. Wir rechnen mit arabischen Zahlen, die Grundschriften des Christentums sind im Orient entstanden, die Kaffeezubereitung ist durch die arabische Welt und das Osmanische Reich zu uns gelangt, das Wort „Mütze“ ist ein arabischer Einwanderer, Goethes Dichtkunst „West-östlicher Divan“, inspiriert vom persischen Dichter Hafis,

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

hat bekanntlich das Prädikat UNESCO-Weltdokumentenerbe, und der bei vielen von uns beliebte Mannschaftssport Polo hat seine Wurzeln im Orient. Der AfD ist nicht daran gelegen, einfach anzuerkennen, ob Chinese, Kanadier, Deutscher, Russe, Iraner oder Australier, in welchem Land, in welcher Region wir auch immer leben, welche Weltbilder uns prägen, eines haben wir alle gemeinsam: Wir sind Menschen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Wer dies ausblendet, mehr noch, wer die geografische Herkunft von Menschen dazu benutzt, um Zwietracht zu säen, wer soziokulturelle Prägungen von Menschen dazu benutzt, sie gegeneinander auszuspielen, zu diskriminieren, der ist verantwortlich für Hass und Gewalt in der Gesellschaft. Hier als AfD die um die Gesundheit Besorgten zu mimen,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)

nimmt Ihnen keiner ab.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Dass Sie in Ihrer Einfalt politisch gesehen zur Wasserpfeife greifen, ist geradezu lächerlich.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Tilo Gundlack, SPD)

Wenn Sie denn besorgt um die Gesundheit der Mitmenschen wären, dann hätten Sie sich positioniert. Dann hätten Sie sich distanziert etwa davon, dass ein Höcke

(Horst Förster, AfD: Ooh!)

in Goebbels-Manier von „Verdrängung aus angestammten Siedlungen und Lebensräumen“ schwadroniert.

(Dr. Ralph Weber, AfD, und Holger Arppe, fraktionslos: Was hat denn das mit Wasserpfeifen zu tun?!)

Übrigens ist das nur eine geringe Verschiedenheit zur Warnung vor der, wörtlich, „Nachahmung“ von Lebensweisen anderer Kulturen, von der in Ihrem Antrag die Rede ist. Das ist der Zusammenhang.

Sie hätten sich positioniert zur Tatsache, dass Stephan Ernst, der Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke, Teilnehmer der AfD-Demo in Chemnitz war.

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

Sie hätten sich positioniert dazu, dass Marco Groß, der als „Nordkreuz“-Chef mit Feindes-, ich sage Todeslisten und Leichensäckenbestellungen hervortrat, 2015 am AfD-Aufmarsch in Schwerin teilnahm.

Apropos Aufmärsche: Wer von Ihnen bereits an Fackelmärschen der NPD teilnahm – gibt es ja auch in Ihren Reihen –,

(Thomas Krüger, SPD: Ja. – Zuruf von Horst Förster, AfD)

sollte wissen, dass eine Fackel während eines Marsches mehr giftiges Kohlenmonoxid verursacht als alle ShishaBars des Landes.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Thomas Krüger, SPD: Hört, hört!)

Also, sehr geehrte Damen und Herren …

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)