Protocol of the Session on September 5, 2019

Viele der inzwischen über 70 Mitglieder des Vereins sind seit Jahren ehrenamtlich in den verschiedenen sozialen Bereichen tätig und bringen sehr engagiert ihre Erfahrungen und Kompetenzen als anerkannte Multiplikatoren in diese Vereinsarbeit ein, zum Beispiel Herr Bluhm für den Landessportbund, Professor Schareck, Professor Steininger für die Wissenschaft, Frau Lutz-Auras für politische Bildung, Miro Zahra, Dr. Neumann, Dr. Fein für Kunst und Kultur, der ehemalige Bildungsminister Henry Tesch für Schüleraustausch und so weiter.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Als erstes großes Event haben wir mit engagierten Partnern im Juli dieses Jahres eine deutsch-russische Jugendwoche durchgeführt. In sieben verschiedenen Projekten an unterschiedlichen Orten im ganzen Land haben deutsche und russische Jugendliche sich beim Sport, beim Denkmalschutz, mit einem politischen Planspiel, bei kreativem Schaffen, gemeinsamem Musizieren, in der Feuerwehr kennen- und verstehen gelernt. Dabei sind gute Kontakte und Freundschaften entstanden und

ich bin überzeugt, das ist ein wichtiger, langfristiger Beitrag zu einem guten Verhältnis zwischen unseren Ländern.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE und Freie Wähler/BMV)

Das ist ein Beitrag zur Völkerverständigung und letztlich zur Erhaltung und Stärkung eines friedlichen Zusammenlebens. Und darum geht es uns. Wir sind davon überzeugt, dass Menschen, die sich in ihrer Unterschiedlichkeit kennen- und schätzen gelernt haben, die zu Freunden geworden sind, dass sie sich weniger leicht aufhetzen lassen, sich weniger leicht weismachen lassen, ein anderes Volk sei böse, wolle Krieg und müsse bekämpft werden.

Im nächsten Frühsommer wird die deutsch-russische Jugendwoche im Leningrader Oblast von den Russen durchgeführt. Außerdem werden wir im nächsten Jahr im Herbst bei uns eine große Kulturwoche mit Workshops, anschließenden Aufführungen beziehungsweise Ausstellungen in den Bereichen Musik, bildende Kunst, Theater und so weiter durchführen. Dieser wichtige Beitrag der Zivilgesellschaft wird unterstützt von beiden Regierungen der Partnerregionen. Die Ministerpräsidentin und der Gouverneur engagieren sich persönlich, das ist gut und sehr wichtig. Heute liegt ein Antrag vor, mit dessen Annahme auch der Landtag zu einem wichtigen Akteur bei dem Ausbau und der Pflege guter Beziehungen mit Russland, mit der Leningrader Oblast werden soll. Das ist eine großartige Sache.

Die SPD-Fraktion war vor einigen Wochen in der Leningrader Oblast und hat dort einen warmherzigen Empfang und viel freundschaftlichen Austausch erfahren. Es wäre schön, wenn auch die anderen antragstellenden Fraktionen es ihr gleichtun würden, denn dieses wichtige Bemühen um Frieden und Völkerverständigung zwischen Deutschland und Russland muss ein überparteiliches Anliegen sein.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, Freie Wähler/BMV und Ann Christin von Allwörden, CDU – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wir wissen natürlich alle, dass viele – gerade in Westdeutschland, in anderen Ländern Europas – eine andere Grundeinstellung zu Russland haben und uns Naivität vorwerfen. Ich denke, daran ist durchaus richtig, dass auch die Außenpolitik einen moralischen Kompass haben sollte. Aber wir brauchen dabei einen realistischen Blick auf die Politik aller drei Großmächte, China, Russland und die USA, die doch jede ihre eigenen Interessen an die erste Stelle setzt und aggressiv verfolgt, im Zweifel sogar unter Missachtung der Menschenrechte und des Völkerrechts. Ich halte es für wichtig, da nicht auf einem Auge blind zu sein.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Ann Christin von Allwörden, CDU)

Europa ordnet sich gerade neu und ich wünsche mir sehr, dass es gelingt, eine selbstbewusste, eigenständige Position im Verhältnis zu diesen drei Weltmächten zu finden und uns nicht auf einer Seite in einen unkalkulierbaren Konflikt hineinziehen zu lassen. Ich wünsche mir

sehr, dass der Antrag hier in diesem Hause eine große Mehrheit findet. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, Freie Wähler/BMV und Christoph Grimm, AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 64 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Kolbe.

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Herr Kolbe! – Karsten Kolbe, DIE LINKE: Herr Kolbe ist schon dran.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Blick auf die große Weltpolitik müssen wir konstatieren, dass wir in sehr bewegten Zeiten leben. Wir erleben das schleichende Ende der USA als Weltmacht, die damit verbundenen Brüche und das Entstehen einer neuen multipolaren Weltordnung. Egal, ob man sich den zuspitzenden Handelsstreit zwischen China und den USA anschaut, auf die zunehmende Bedrohungslage am Golf von Hormus nach dem einseitigen Aufkündigen des Nuklearabkommens der USA mit Iran blickt oder auch die Beendigung des INF-Vertrages zwischen Russland und den USA betrachtet, Fakt ist, die Welt ist in den vergangenen Jahren und Monaten ein ganzes Stück unsicherer geworden, und das muss uns auch hier in Mecklenburg-Vorpommern mit großer Sorge erfüllen. Ein neues Rüstungswettrennen hat bereits begonnen und das Säbelrasseln nimmt wieder deutlich zu.

Meine Fraktion ist der festen Überzeugung, dass Aktionen wie das derzeit in der Ostsee stattfindende Manöver mit über 3.000 Soldaten der NATO nicht geeignet sind,

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Richtig!)

um den Frieden in der Region zu befördern.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Kurz nach dem Weltfriedenstag! Kurz nach dem Weltfriedenstag!)

Im Manöverszenario ist vorgesehen, man konnte es lesen, dass ein Anrainerstaat der Ostsee territoriale Ansprüche auf eine Insel erhebt.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Wenn nun alle Ostseeanrainerstaaten, auch Schweden und Finnland,

(Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

die ja bekanntermaßen nicht dazugehören, bis auf Russland an der Übung teilnehmen, wird, denke ich, schnell klar und deutlich, gegen wen sich dieses Manöver richtet.

Wir halten solche Bedrohungsszenarien nicht für förderlich.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Für uns ist klar, die Ostsee ist kein Aufmarschgebiet. Die Ostsee, meine Damen und Herren, muss ein Meer des Friedens bleiben!

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von und Sebastian Ehlers, CDU, und Horst Förster, AfD)

Dafür brauchst es

(Zuruf von und Sebastian Ehlers, CDU)

nicht mehr Säbelrasseln und Aufrüstung, sondern Dialog und Diplomatie.

(Sebastian Ehlers, CDU: Junge, Junge, Junge!)

Ich bin wirklich froh, dass Mecklenburg-Vorpommern hier in den vergangenen Jahren einen Sonderweg eingeschlagen hat, der ganz klar darauf ausgerichtet war, die Gesprächskanäle nach Russland eben nicht abreißen zu lassen, sondern diese trotz der Sanktionen auf wirtschaftlichem, wissenschaftlichem und auch kulturellem Gebiet weiter zu intensivieren. Das ist angesichts des ausgeübten Drucks – Herr Sellering ist darauf eingegangen –, insbesondere von der Bundesebene, nicht selbstverständlich und auch nicht immer einfach gewesen.

Nun ist es ja die ureigenste Aufgabe der Opposition, die Landesregierung zu kontrollieren, zu kritisieren und auch eigene Vorschläge zu unterbreiten. An dieser Stelle möchte ich aber nicht versäumen und auch im Namen meiner Fraktion einmal Herrn Sellering einen ganz großen Dank dafür aussprechen, diese mutige Russlandpolitik betrieben zu haben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, Christoph Grimm, AfD, und Christel Weißig, Freie Wähler/BMV)

Sie haben den Russlandtag angesprochen, Sie haben das klare Bekenntnis zu Nord Stream 2 angesprochen, und das ist ein wichtiges Signal in der Welt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, Christoph Grimm, AfD, und Christel Weißig, Freie Wähler/BMV)

Hier ziehen wir an einer Leine, und das ist auch gut so, meine Damen und Herren.

Der heutige Antrag, mit einer Partnerschaftsvereinbarung zwischen den Parlamenten des Leningrader Oblastes und dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern die Beziehung auf politischer Ebene weiter zu vertiefen, ist aus Sicht meiner Fraktion der konsequente nächste Schritt, um Dialog und gegenseitiges Verständnis weiter zu befördern.

Wir haben in den letzten Tagen und Wochen viel über den Osten, über Ostdeutschland geredet, und, ich glaube, bei aller unterschiedlichen Bewertung der russischen

Politik, die man im Detail haben kann und auch haben muss, verspüre ich insbesondere bei den Menschen in Ostdeutschland doch den klaren Wunsch, eine friedliche Politik mit Russland zu gestalten. Ich glaube, das gehört ein Stück weit zur ostdeutschen Identität, und das sind wir den Menschen hier in diesem Land auch schuldig.

(Torsten Renz, CDU: In den alten Bundesländern nicht, ja?)

Dass wir diesen ersten Schritt heute begehen, erfüllt mich auch 80 Jahre nach dem Überfall Deutschlands auf Polen und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs gewissermaßen mit Demut. Ich hatte zusammen mit meiner Kollegin Simone Oldenburg im Oktober des vergangenen Jahres die Möglichkeit, für zehn Jahre in Russland unterwegs zu sein,

(Torsten Renz, CDU: Zehn Jahre?!)

in Moskau,...

Für zehn Tage!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Zurufe von Patrick Dahlemann, SPD, und Dr. Ralph Weber, AfD)