Protocol of the Session on September 4, 2019

Frau Hömke vom Paritätischen Landesverband Mecklenburg-Vorpommern äußerte, dass die Praxis zeige, dass zur Fachkräftegewinnung das Schulgeld für die Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher entfallen und eine Vergütung eingeführt werden solle, damit die Ausbildung nicht in Konkurrenz zu anderen Ausbildungsgängen stehe. Die Auszubildenden würden gemäß Paragraf 11a Absatz 2 Satz 1 des Gesetzentwurfs auf den Personalschlüssel angerechnet. Dies führe zu erheblichen Schwierigkeiten, da die Auszubildenden schon als Fachkräfte eingesetzt werden müssen, obwohl die fachliche Eignung noch nicht gegeben sei.

Überwiegend wurde die Verpflichtung zur Erledigung der Hausaufgaben gemäß Paragraf 3 Absatz 5 des Gesetzentwurfes abgelehnt. Mit Blick auf Paragraf 53 Absatz 2 des Schulgesetzes ergebe sich, dass die Erziehungsberechtigten für die Hausaufgabenkontrolle zuständig seien. Zudem setze eine Hausaufgabenkontrolle im Hort voraus, dass die pädagogischen Fachkräfte über ein fundiertes Wissen der Lerninhalte und deren methodischen Vermittlung verfügen. Dies sei unter den jetzigen Rahmenbedingungen nicht gegeben und widerspreche auch der Bildungskonzeption.

Teilweise wurde auch gefordert, gegebenenfalls die Mehrkosten für die Hortbetreuung in den Ferien, aber zumindest die Verpflegungskosten zu übernehmen. Die Stärkung der Elternrechte wurde einhellig befürwortet. Zur Unterstützung wurde angeregt, für die Kreiselternräte eine Landesförderung für Fahrkosten oder Ähnliches bereitzustellen. Bei zusätzlich gesetzlichen Leistungsverpflichtungen oder Standarderhöhungen müsse das Konnexitätsprinzip der Landesverfassung eingehalten und deshalb eine Kostenübernahme durch das Land gewährleistet werden. Durch die Zusatzaufgaben bei der Hausaufgabenbetreuung in den Horten und eine Neudefinition der Verpflegungskosten zulasten der Jugendämter werde das Konnexitätsprinzip verletzt, wenn kein entsprechender Finanzausgleich durch das Land erfolgen würde.

Die zweite Anhörung, meine Damen und Herren, wurde aufgrund von Unsicherheiten über die Prüf- und Kontrollrechte durchgeführt. Professor Dr. Korioth hat ein Rechtsgutachten zu Prüf- und Kontrollrechten bei der Finanzierung der Kindertagesförderung vorgelegt. Grundsätzlich

seien danach wegen des hohen Einsatzes öffentlicher Mittel umfangreiche Vorgaben und Kontrollen gerechtfertigt. Das Recht zur anlasslosen Prüfung sei angemessen angesichts des hohen Mitteleinsatzes.

Professor Dr. Dr. Wiesner hat betont, der Umfang der Leistungen nach dem Kindertagesförderungsgesetz ändere sich nicht. Geändert würden nur die Finanzierungsanteile. Insofern sei für die Verwendung der Mittel insgesamt kein erhöhtes Kontrollinteresse erkennbar. Vielmehr erzeugten die zusätzlichen Kontroll- und Prüfrechte einen Generalverdacht gegenüber den freien Trägern.

Letztlich wurde mehrfach moniert, dass es zur Umsetzung der Neuregelung über die Beitragsfreiheit hinaus gesetzlicher Übergangsregelungen bedürfe, damit nicht alle Kitas und Tagespflegestellen zum 1. Januar 2020 neue Leistungs- und Entgeltvereinbarungen schließen müssten. Es entstehe trotz der Verwaltungsvereinfachung ein erheblicher zusätzlicher Aufwand, bis das Finanzierungssystem umgestellt sei. Dies könnten die Jugendämter der Kommunen aufgrund ihrer begrenzten Kapazität so nicht leisten.

Die Fraktionen der SPD und CDU haben zwei Änderungsanträge zum Gesetzentwurf der Landesregierung eingebracht, heute noch einen weiteren. Die erste Änderung bezieht sich auf die Konkretisierung der Hausaufgabenbetreuung, die Prüfungsrechte und die Folgen nicht oder nicht vereinbarungsgemäßer Leistungserbringung durch den Träger der Kindertageseinrichtungen. Der zweite Änderungsantrag konkretisiert die Betriebs- und Tagespflegeerlaubnis, die vorrangige Erziehungsverantwortung der Eltern sowie die Elternpartnerschaft, die Abgeltung von Mentorinnen und Mentoren und nochmals die Prüfungsrechte.

Die Fraktion der AfD hat mehrere Änderungsanträge, unter anderem zur Mitsprache der Elternräte und der Qualitätserhöhung, eingebracht.

Die Fraktion DIE LINKE hat unter anderem Änderungsanträge zur verpflichtenden Erhöhung des landesweiten Mindestpersonalschlüssels und die Anwendung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst auf Erzieherinnen und Erzieher eingereicht. Darüber hinaus sind ebenfalls die Elternrechte thematisiert worden.

Über alle benannten Anträge wurde in der abschließenden Beratung abgestimmt.

Der Petitionsausschuss hat dem Sozialausschuss zu der Gesetzesberatung eine Petition des Netzwerkes gegen Kinderarmut in Mecklenburg-Vorpommern zugeleitet. Darin wurde um die Anpassung des Fachkraft-KindVerhältnisses in Krippe, Kindergarten und Hort ohne die Anrechnung der Auszubildenden auf das Fachkraft-KindVerhältnis gebeten.

Auch die Fach- und Praxisberatung für Kindertagesstätten in Greifswald hat eine Petition eingereicht, die sie selbst parallel an den Sozialausschuss übersandt hat. Darin wurde die Landesregierung dazu aufgefordert, auf die stufenweise Verbesserung der Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung hinzuwirken. Zu diesen Petitionen wurden Entschließungen beantragt. Der Ausschuss hat auch über diese abgestimmt.

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf abschließend beraten am 22. August und empfiehlt mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU gegen die Stimmen der Fraktionen der AfD und DIE LINKE bei Enthaltung seitens der Fraktion Freie Wähler/BMV die Annahme des unveränderten Gesetzentwurfes.

Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 58. Sitzung und in seiner 60. Sitzung abschließend beraten und empfiehlt mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU gegen die Stimmen der Fraktionen der AfD und DIE LINKE bei Enthaltung seitens der Freien Wähler/BMV die Annahme des Gesetzes mit der Maßgabe der im Sozialausschuss von den Fraktionen der SPD und CDU beantragten Änderungen.

Der Vorsitzende des Bildungsausschusses hat mit Schreiben vom 23. August mitgeteilt, dass sich der Bildungsausschuss darauf verständigt hat, keine Stellungnahme abzugeben.

Der Sozialausschuss hat in seiner Sitzung am 21. August beraten und mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU gegen die Stimmen der AfD und DIE LINKE bei Abwesenheit der Fraktion Freie Wähler/BMV beschlossen, dem Landtag zu empfehlen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 7/3393 mit den vom Ausschuss beschlossenen Maßgaben und im Übrigen unverändert anzunehmen.

Im Rahmen der Beratung wurde deutlich, dass weitere Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Kindertagesförderung beraten werden sollten. Ich bitte Sie daher um Ihr abschließendes Votum und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Vorsitzender.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 64 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich ganz herzlich auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der Regionalen Schule Neukloster begrüßen. Herzlich willkommen!

Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Ministerpräsidentin Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Das ist heute ein ganz besonderer Tag für unser Land Mecklenburg-Vorpommern. Seit vielen Jahren gibt es die Forderung, den Wunsch, die Diskussion über die kostenfreie Kita,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

und heute ist es so weit, wir werden hoffentlich mit Ihren Stimmen mehrheitlich einen Gesetzentwurf verabschieden, der sicherstellt, dass ab dem 1. Januar 2020 in

Mecklenburg-Vorpommern die Eltern keine Gebühren mehr dafür zahlen, weder in Krippe, Kindergarten, Tagespflege und Hort, und damit werden wir Vorreiter in ganz Deutschland sein. So eine umfangreiche Gebührenfreiheit hat niemand, und das ist gut so, denn wir wollen, wenn es um die Familien im Land geht, auch Vorreiter sein in Deutschland.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, dieser große Meilenstein „Gebührenfreie Kita“ bettet sich ein in eine jetzt schon mittlerweile, ja, 20-jährige kann man sagen, 20-jährige gute Kitapolitik in unserem Land. Bereits unter Ministerpräsident Harald Ringstorff ist damals ein neues Finanzierungssystem eingeführt worden für die Kindertagesbetreuung im Land. Mit diesem neuen Finanzierungssystem wurde erstmals ermöglicht, dass die Träger von Kindertagesstätten auch das Geld bekommen, was sie wirklich brauchen, um Personal zu bezahlen, um die Kitas zu sanieren. Vorher gab es eine Pauschalförderung, die nicht Anreize geschaffen hat für Qualität, für gute Bezahlung. Dieses neue Finanzierungssystem, damals unter Harald Ringstorff eingeführt, war etwas Besonderes und hat dazu beigetragen, dass mehr Geld in die Kitas investiert worden ist für bessere Bezahlung, für Sanierung, und das war der erste wichtige Schritt für den Ausbau einer guten Kinderbetreuung in Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Unser damaliger Sozialminister Erwin Sellering hat dann dafür gesorgt, dass eine große soziale Ungerechtigkeit beseitigt wurde. Viele Kinder aus sozial schwachen Familien konnten damals nicht am Mittagessen teilnehmen. Und auch da waren wir Vorreiter. Das, was ab 1. Juli dieses Jahres ermöglicht wird in ganz Deutschland, dass es ein kostenfreies Mittagessen für Kinder aus sozial schwachen Familien gibt, hat Erwin Sellering damals schon eingeführt in 2006, und auch das war ein Meilenstein für eine gute Kinderbetreuung in unserem Land.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und unter Ministerpräsident Erwin Sellering gab es dann den nächsten großen dritten Schritt für die qualitative Verbesserung. Wir haben damals in dieser Landesregierung dafür gesorgt, dass die Qualität gesteigert wird, dass die Gruppen kleiner werden, dass es mehr Vor- und Nachbereitungszeit gibt und dass es insbesondere in Kitas von sozialen Brennpunkten zusätzlich Personal gibt. Auch das war ein großer Meilenstein für bessere Qualität in unseren Kitas. Auch das war sehr wichtig, denn natürlich geht es darum, gute Plätze zu haben, aber auch gute Qualität zu bieten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir haben also in jeder Legislatur immer wieder die Kindertagesbetreuung verbessert. Wir sind mittlerweile bundesweit an der Spitze, wenn es um die Zahl der Plätze geht, wir sind bundesweit an der Spitze, wenn es um die Anzahl der Fachkräfte geht, denn das muss man bitte immer bei der Personaldiskussion unterscheiden:

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Es nützt nicht viel Personal, was keine Fachkräfte sind, sondern wir garantieren in unserem Land als einem der wenigen Länder in Deutschland, dass auch jede Gruppe von einer Fachkraft, von einer/einem staatlich anerkannten Erzieherin und Erzieher betreut wird, und das ist Qualität, und das muss auch so bleiben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Wir haben damit in den letzten 20 Jahren immer mehr Geld in gute Kindertagesbetreuung und in die gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie investiert. Das ist richtig so und da ist auch jeder Euro gut angelegt. Wir haben ausgebaut, saniert, Qualität verbessert, und jetzt geht es darum, Erzieherinnen und Erzieher besser zu bezahlen, was aber zu steigenden Gebühren bei Eltern führt. Und deswegen ist unser Ziel, dass wir auch die Gebühren bei den Eltern abschaffen, weil es uns darum geht, Beruf und Familie in unserem Land besser vereinbaren zu können, die Familien zu entlasten. Diejenigen, die sich dafür entschieden haben, für Kinder da zu sein, die sollen nicht bestraft werden mit Kitagebühren, sondern wir wollen sie entlasten davon.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, seit 01.01.2019 gilt der erste Schritt dieser Entlastung für die Geschwisterkinder, und ab 01.01.2020 dann für alle Kinder im Land. Das sind 110.000 Kinder, die davon profitieren, dass ihre Eltern keine Gebühren mehr bezahlen. Und ich will auch berichten, was das konkret im Alltag heißt.

Ich kann mich gut erinnern, wie unsere Sozialministerin Steffi Drese und ich eine Veranstaltung, war gar keine Veranstaltung, also das gemacht haben, wofür heute viele hier werben, Bürgerdialog. Wir waren in Bad Doberan vor Ort und haben mit Verkäuferinnen und Verkäufern gesprochen. Und damals, liebe Steffi, hat eine Verkäuferin zu uns gesagt, Frau Schwesig, gut, dass es jetzt den Mindestlohn gibt, denn wir waren vorher darunter, was ehrlich gesagt auch schon eine richtige Schwierigkeit ist, weil bei Mindestlohn reden wir nicht über viel Geld. Aber trotzdem zahle ich mit meinem Mann immer noch für unsere beiden Kinder 600 Euro Kitagebühren. Aber meine Nachbarin, die nicht arbeiten geht, deren Kinder können kostenfrei in die Kita und bekommen ein kostenfreies Mittagessen. Das ist gut für die Kinder, aber es ist ungerecht für die Eltern, die jeden Tag aufstehen, arbeiten gehen und nicht so viel im Portemonnaie haben.

(Torsten Renz, CDU: Das hat die CDU schon immer gesagt.)

Und um diese Leistungsträger geht es uns. Wir wollen die Eltern, die jeden Tag arbeiten gehen, nicht mit Kitagebühren bestrafen, sondern unterstützen, indem wir diese Gebühren abschaffen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Torsten Renz, CDU: Das ist ja reine CDU-Politik!)

Es ist wichtig, dass politische Maßnahmen im Alltag der Menschen ankommen. Und wie sie ankommen, sehen wir beispielhaft an einer Familie, die sich bei unserer Kitahotline gemeldet hat. Die Frau ist Pflegefachkraft, der Mann Elektriker, zwei wichtige Berufe also. Sie haben

vier Kinder. Was für ein Glück! Ein Kind geht in die Schule und besucht den Hort, die anderen beiden Kinder, das andere Kind die Vorschule im Kindergarten und dann noch zwei Kinder in der Krippe. Man kann diese Familie für dieses Glück und diesen Mut eigentlich nur beglückwünschen. Aber stellen Sie sich vor, sie haben für diese vier Kinder bisher Gebühren bezahlt. Und ab 2020 werden sie fast 950 Euro im Monat – 950 Euro im Monat! – sparen, und diese Familie hat sich bedankt, weil sie sagt, jetzt ist endlich der Sommerurlaub für uns drin.

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Das ist Politik von Mecklenburg-Vorpommern, die direkt bei den Menschen ankommt, und dafür stehen wir.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)