geleistet haben. Jede und jeder in diesem Raum weiß um die Zunahme der Beratungen. Wie oft mussten sie am Abend und am Wochenende raus. Ein Land mit Landesprogramm ist auch dafür verantwortlich, regelmäßig zu schauen, ob es den Beteiligten gut geht. Wir wollen diese gute Arbeit von LOBBI und den Regionalzentren erhalten. Wir müssen prüfen: Brauchen wir mehr Personal, brauchen wir mehr Arbeit? 20 Prozent der Menschen in diesem Land können unsere demokratischen Grundwerte nicht akzeptieren. 20 Prozent der Menschen in diesem Land stehen tatsächlich auf der rechten Seite, das ist auch nachgewiesen im Urteil des Verbotsverfahrens.
JUMP ist Distanzierungs- und Ausstiegsarbeit, so steht es in den Flyern. Es ist eine sehr wichtige Aufgabe und die Menschen wissen auch, was das ist, aber ich würde mir wünschen, dass in den Flyern eine barrierefreie Sprache wichtig ist, denn nicht jeder weiß, was Distanzierungs- und Ausstiegsarbeit ist.
Ja, Herr Dr. Weber, das ist barrierefrei, Teilnahme an der Demokratie ist für jeden Menschen wichtig. Das ist Demokratie und Kampf gegen Rechtsextremismus. Barrierefreie Sprache, Gebärdensprache, Hörschleifen in den Gemeindesälen, Hörschleifen in den Ämtern und in den Behörden, eine Jobcenter-Mitarbeiterin, die umgehend eine Gebärdendolmetscherin rufen kann, wenn jemand kommt, das ist Demokratiebildung und Kampf gegen Demokratiefeinde.
Genau das ist es, und das fordere ich und das fordert meine Fraktion. Hören Sie mir bitte weiter zu, ich antworte Ihnen aber gern.
Im Bereich Schule könnten Außenstehende Folgendes aus dem Bericht entnehmen: Den Schulen wird das Geld gestrichen, den Lehrkräften werden die Stunden gestrichen, dann sollen die Lehrkräfte die Zeit wieder obendrauf zaubern und mit ESF-Mitteln auch noch schulische Arbeit erfüllen. So ist dieser Bericht wohl nicht gemeint, davon gehen wir natürlich aus, weil wir das wissen. Und hier ist ernsthaft die Frage zu stellen: Was sollen Lehrkräfte eigentlich noch alles tun? Muss eigentlich auch immer alles verschult sein?
Gedenkstättenfahrten und Schulen ohne Rassismus sind ein ganz wichtiger Punkt in Ihrem Bericht und hier passiert tatsächlich etwas. Die Kinder und Jugendlichen erleben Werte, Haltung, sie diskutieren, lernen, unterschiedliche Positionen zu akzeptieren. Aber all das muss viel besser finanziell untersetzt werden. Es kann doch nicht sein, dass Schulen mitten im Jahr einen Antrag auf eine Fahrt stellen und dann ist der Topf leer, wie es letztens in Rostock passiert ist. So geht das nicht! Gleiche Chancen für alle heißt nicht, dass der die Chance erhält, der zuerst kommt.
Am Beispiel Demokratieladen Anklam und Demokratiebahnhof Anklam ist eine Diskrepanz sichtbar. Beide Projekte sind tolle Projekte, aber das eine Projekt wird mit Landesmitteln gefördert und das andere nicht. Wenn Sie jetzt nicht wollen, dass sich jemand benachteiligt fühlt und zwei notwendige, bewährte, unterschiedlichen Menschen zugängige Projekte gegeneinander ausgespielt
werden, braucht es eine institutionelle Förderung. Nur so stärken wir die Gesellschaft gegen undemokratische Umtriebe.
Über Schulsozialarbeit wurde in diesem Jahr schon mehrfach kontrovers diskutiert. Auf Seite 31 des Landesprogrammes ist die Schulsozialarbeit als unerlässlich dargestellt worden, aber wenn es um die Finanzierung geht, dann reden sich manchmal einige Menschen raus. Dann ist Schulsozialarbeit wieder nur verantwortlich für gute Schulabschlüsse. Aber schulsozialpädagogische Arbeit vermittelt soziale Kompetenzen, zeigt Perspektive und vermittelt Werte. Wir brauchen dauerhafte, ausfinanzierte Jugend- und Schulsozialarbeit.
Und wissen Sie, meine Damen und Herren, was wir noch brauchen? Die Vermittlung von Werten kann auch beim Tischtennisspielen vermittelt werden. Wenn Sie nämlich verlieren, können Sie nicht einfach losgehen und die Kelle dem Gewinner über den Schädel ziehen. Das ist auch Demokratie, dass Sie lernen, zu gewinnen und zu verlieren. In einem Tischtennisraum, in einer Schule und einem Jugendklub braucht man aber Geld und das ist schon lange nicht mehr da.
Freiwillige Jahre für junge Menschen – Sie nennen in Ihrem Bericht nur das freie Jahr für Demokratie, aber es gibt soziale Jahre, ökologische Jahre und internationale Freiwilligendienste – prägen ihr Leben ganz intensiv und danach reflektiert sich auch der eigene Wertekanon. Aber es kostet für die Familien Geld. Finanziell arme Menschen können sich diese internationalen Austauschprogramme gar nicht leisten. Auch hier muss es untersetzt werden. Es kann nicht sein, dass nur Kinder, deren Eltern gut situiert sind, es sich leisten können, nach der Schule vielleicht ein soziales Jahr zu machen.
„Jugend im Landtag“ – immer hoch gelobt, wunderbar, wenn Jugendliche mitdiskutieren. Aber wie ist eigentlich der weitere Umgang mit den Forderungen?
Die Mitwirkung der jungen Menschen endet anscheinend an Debattiertagen vor der Tür zu den Sitzungsräumen. Traurig!
Und jetzt nennen Sie die Polizei als Netzwerkpartner, das ist sehr wichtig, aber der vor Ort auf der Straße anwesende Beamte, der Kontaktbeamte, ist gar nicht so oft auf den Vernetzungstreffen mit den Initiativen und Machern und Macherinnen.
Aber genau das ist notwendig, um Missverständnisse auszuräumen. Warum reagiert ein Polizeibeamter so und so und warum sein Gegenüber anders? Ganz exemplarisch ist hier die Aussage eines Polizeibeamten beim letzten Netzwerktreffen gegen Homophobie am Montag.
Das hat mich sehr bewegt. Die Beamten ermitteln zeitaufwendig und akribisch, finden den Täter und dann stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen mangelnden öffentlichen Interesses ein. Was bitte macht das mit den Beteiligten? Die Betroffenen sind wütend, fühlen sich in ihren Ängsten nicht ernst genommen und die Polizeibeamten sind frustriert. Und dann? Entweder wird nicht mehr angezeigt oder wenn doch, rutscht schon mal jemandem raus, irgendwie hat hier alles überhaupt keinen Zweck mehr, durchgreifen tut der Staat ja nicht, und schon sind der Konflikt und auch die Wut da. Warum zum Beispiel erfahren Polizeidienststellen oft von den Gerichten nichts über Verfügungen nach dem Gewaltschutzgesetz? Der oder die Betroffene sind dazu angehalten, immer diese Verfügung bei sich zu tragen. Ich nenne das sehr unempathisch, weil ich persönlich weiß, was es heißt. Hier braucht es generelle Lösungen und eine Zusammenarbeit des Justizministeriums mit dem Innenministerium.
Im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Verbotsverfahren der NPD steht, dass die Gewalt der Rechtsextremen gegenüber den Verfechtern der Demokratie nicht negiert wird. Es gibt Angsträume, Menschen werden eingeschüchtert und die Gewalt ist da. Sie wird von Einzeltätern begangen und der Staat und die Justiz müssen mehr als je zuvor endlich durchgreifen. Das schützt alle Betroffenen und es stärkt sie und es schützt auch die Polizeibeamten.
Und ich möchte Ihnen ein ganz persönliches Wort sagen, was hier auch jeder weiß. Ich weiß genau, wovon ich rede, und jeder von Ihnen weiß und ich weiß, dass Sie definitiv darauf eingehen. Deshalb sage ich das hier persönlich: Ja, auch ich stehe in diesem Urteil und ich bin stolz darauf.
In der Urteilsbegründung steht, der Angstraum wurde eingerichtet, um die Leiterin einer soziokulturellen Begegnungsstätte einzuschüchtern, es ist ihnen am Ende aber nicht gelungen. Und dieses Parlament steht dafür, dass es in diesem Land nicht gelingen wird, dass Rechtsextreme, die in Kameradschaften und der NPD nahe sind, dem Völkischen, mit Gewalt versuchen, dieses Weltbild durchzusetzen. Es wird nicht gelingen, dieses Parlament und die Menschen draußen einzuschüchtern.
Und mit den 20 Prozent, die auf der Straße nicht mit der Demokratie laufen, meine ich nicht, dass alle links bleiben müssen, Frau Weißig.
Ja, ich rede immer so, Herr Arppe, das wissen Sie, und ich unterhalte mich auch mit Ihnen, das wissen Sie, weil das zur Demokratie gehört. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach der aufgeregten Rede meiner Vorgängerin versuche ich jetzt mal wieder, etwas Gehalt reinzubringen
Das Landesprogramm „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“ blickt nunmehr auf zehn Jahre Umsetzung zurück. Ursprünglich ins Leben gerufen, um Rechtsextremismus und anderen gefährlichen Ideologien wirksam begegnen zu können, war es von Anfang an als langfristige Maßnahme ausgelegt. Wie langfristig, konnte damals und kann auch noch heute von niemandem genau beziffert werden. Ebenso wenig vorhergesehen werden konnten die erforderlichen Anpassungsbedarfe durch gesellschaftliche oder politische Ereignisse. Insofern möchte ich drei Ergebnisse des vorliegenden Berichts vorwegnehmen:
Erstens. Das Programm hat sich bewährt. MecklenburgVorpommern nach den Grundprinzipien von Demokratie und Toleranz zu entwickeln und Rechtsextremismus, Antisemitismus, Gewalt und Ausländerfeindlichkeit zu verhindern, wurde durch ein Bündel kleinerer und größerer Maßnahmen und Projekte umgesetzt.
Zweitens. Es hat sich aufgrund der geänderten gesellschaftlichen und politischen Lage kontinuierlich angepasst. Beispielhaft für den Berichtszeitraum 2015 müssen hier die besonderen Herausforderungen durch Flucht und Asyl genannt werden.
Drittens. Das Landesprogramm hat an seiner Notwendigkeit für eine Stärkung der demokratischen Kultur nichts eingebüßt und muss daher weiterhin fortgeführt werden.
Sicher, als das Programm 2006 aus der Taufe gehoben wurde, ging durch den erstmaligen Einzug einer rechtsextremen Partei in diesen Landtag und die damit verbundenen Gefahren für unsere demokratische Grundordnung eine akute Gefahr aus. Heute gibt es diese Partei in diesem Hause nicht mehr. Kürzlich hat das Bundesverfassungsgericht diese Partei wegen ihrer mittlerweile erlangten Bedeutungslosigkeit zwar nicht verboten, aber die NPD im Grundsatz für verfassungsfeindlich erklärt.
Die Partei ist auf dem politischen Parkett in diesem Land kaum noch vertreten. Ungefährlicher sind die nationalistischen, rückwärtsgewandten Ideologien aber dadurch nicht geworden. Wie es gestern mein Kollege Thomas Krüger bereits feststellte, Ideologien machen sich nicht an Parteien fest, nein, sie machen sich in den Köpfen fest. Dort entstehen sie und dort bleiben sie auch. Sie sitzen in den Köpfen der Menschen. Daher ist es auch umso wichtiger, nicht gegen etwas zu kämpfen, sondern echte Alternativen aufzuzeigen gegen Rassismus, Intoleranz, Gewalt und Fremdenhass. Unsere Alternative heißt: Für ein weltoffenes, freiheitliches, demokratisches Mecklenburg-Vorpommern, dafür lohnt es sich zu kämpfen.