Protocol of the Session on June 20, 2019

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zu Beginn meiner ja tatsächlich ersten Rede in diesem neuen Plenarsaal in dieser Legislaturperiode eine kurze persönliche Bemerkung. Ich freue mich, wieder in den Reihen der SPD-Fraktion zum Wohle der Menschen in diesem Land arbeiten zu dürfen. Ich freue mich darauf, mit vielen von Ihnen die Kooperation auch aus der letzten Legislaturperiode fortzusetzen,

(Torsten Renz, CDU: Koalition meinen Sie bei uns?!)

mit einigen von Ihnen die Koop…,

Genau, Herr Renz.

(Torsten Renz, CDU: Ja, ja.)

Genau, ja. Da fühlen Sie sich gleich angesprochen?!

(Torsten Renz, CDU: Das müssen wir ein bisschen abstufen hier.)

… mit anderen auf eine neue Kooperation zu starten. Darauf freue ich mich.

Ich mache natürlich überhaupt kein Geheimnis daraus, dass ich mir glücklichere Umstände für mein Nachrücken gewünscht hätte, und möchte an dieser Stelle sagen, dass ich Sylvia Bretschneider und ihrer Person, aber auch ihrem Wirken für dieses Haus und für dieses Land mit meiner Arbeit in der SPD-Fraktion ein ehrendes Andenken bereiten möchte.

Herr Barlen!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Herr Barlen, ich würde Sie bitten, bei allem Verständnis, ich würde Sie bitten, jetzt zur Sache zu reden.

Das habe ich offensichtlich gut getimt, weil mehr wollte ich dazu nicht sagen.

Meine Damen und Herren, die bisherigen Beiträge hier insbesondere von Herrn Kokert, von Minister Glawe zur Einführung einer Impfpflicht für Masern zeigen, glaube ich, deutlich, dass wir uns in diesem Haus einig sind, dass wir den Gesundheitsschutz der Menschen in unserem Bundesland weiter stärken wollen. Wir sind uns gleichzeitig einig, dass wir hier in MecklenburgVorpommern über gute Ausgangsbedingungen verfügen, und diese guten Ausgangsbedingungen haben Gründe, insbesondere die konsequente, jahrelange Aufklärung, man kann sagen der Sieg der Vernunft im Umgang mit

ansteckenden Krankheiten. Das hat dazu geführt, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern schon heute über insgesamt sehr hohe Impfquoten verfügen.

Das ist ein Verdienst der Ärztinnen und Ärzte, das ist ein Verdienst der Mitarbeitenden in den Gesundheitsdiensten, derer im LAGuS, in den Jugendämtern und vieler weiterer Menschen hier im Land, die dafür Sorge tragen. Diesen Menschen, meine Damen und Herren, gilt unser Dank.

Darauf wollen wir aufbauen, darauf müssen wir aufbauen. Es besteht nämlich nach wie vor kein Zweifel daran, dass Impfungen, insbesondere gegen Krankheiten wie Masern, das wirksamste und das sicherste Mittel sind, um diese schwere Krankheit bei Kindern und bei Erwachsenen zu verhüten. Und eine Masernimpfung schützt das Individuum selber und – und das ist aber in diesem Fall wirklich fast noch wichtiger – eine Masernimpfung schützt das soziale Umfeld,

(Vincent Kokert, CDU: Genau.)

also vor allem die Menschen, die aus eigenen gesundheitlichen Gründen selber nicht geimpft werden können.

(Beifall Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

Das ist hier angesprochen worden. Und das ist ein zentraler Fakt in der Begründung, wenn wir über eine Impfpflicht gegen Masern sprechen.

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: So ist es.)

Und ob man sich oder auch seine Kinder gegen Masern also impfen lässt, das ist keine rein individuelle Entscheidung, sondern das hat ganz direkte, im schlechtesten Fall wirklich negative bis hin zu tödlichen Folgen für Dritte. Das ist keine rein individuelle Entscheidung. Und deshalb sind wir in diesem Fall mit Blick auf die Masern ganz klar der Meinung, dass es unter der Voraussetzung einer sich in der Gesamtschau problematisch verschlechternden Impfquote legitim ist, auch solche zwingenden Maßnahmen ins Auge zu fassen.

Meine Damen und Herren, ich betone das gerne noch mal: Das bedeutet nicht, dass wir hier in MecklenburgVorpommern aktuell beim Impfstatus eine schlechte Situation hätten.

(Vincent Kokert, CDU: Nein.)

Es ist so, nirgendwo in Deutschland ist das Risiko, sich an Masern anzustecken, so niedrig wie in MecklenburgVorpommern. In den letzten zehn Jahren hat es hier bei uns im Bundesland 25 Fälle gegeben, und das ist nur gelungen, weil es eine hohe Impfquote gab.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Und um dieses Level zu halten, müssen wir am Ball bleiben, und dazu werden wir die Aufklärung und auch die Information nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau fortsetzen. Das überlassen wir weiterhin nicht dem Selbstlauf.

Wir haben hier in Mecklenburg-Vorpommern auch beispielgebende Systematiken und Instrumente zu diesem Thema entwickelt, die gut funktionieren. Die umfassende

Aufklärung über die empfohlenen Impfungen sind nach wie vor fester Bestandteil der U-Untersuchung und der Kinderärzte. Wir haben hier in Mecklenburg-Vorpommern sehr erfolgreich und auf unser gemeinsames Betreiben in der letzten Legislatur ein Erinnerungssystem eingeführt, an dem nahezu alle Kinder und deren Eltern teilnehmen. Es gibt eine große Impfkampagne. Das sind Gründe dafür, warum die Rate der Impfaufklärung und daraus folgend auch die Rate der Impfquote selber so hoch ist in unserem Bundesland.

Und dieses System, meine Damen und Herren, hat über die Jahre hier im Land das Wichtigste erreicht: Die Einstellung der Menschen zur Impfung hat sich geändert und hat positiv bewirkt, dass es gerade bei den Masern die hier teilweise auch an die Wand gemalten Schreckensbilder in Mecklenburg-Vorpommern in dem Maße nicht gibt. Wir haben eine sehr hohe Impfquote, das heißt, dass es auch eine hohe Zustimmung der erwachsenen Personen, der Eltern für die Impfung ihrer Kinder gibt.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Dann brauchen wir ja keine Pflicht.)

Und trotzdem – auf das Stichwort –, und trotzdem gibt es mit Blick auf die Entwicklung in ganz Deutschland Probleme, insbesondere hinsichtlich der sehr stark vernachlässigten Abholung der zweiten Impfdosis. Diese besagten zu erreichenden 95 Prozent werden in der Regel bei der ersten Impfung erreicht, und dann bei der zweiten Impfung, die überhaupt erst den vollen Impfschutz gewährleistet, bricht dies dramatisch ein.

Deutschlandweit gibt es natürlich viel mehr Menschen als bei uns in Mecklenburg-Vorpommern, die sich diese zweite Impfdosis und dadurch den Impfschutz gegen Masern abholen. Das ist ein Problem in Deutschland. Und insbesondere die Menschen, die sich nicht selber impfen lassen können, leiden darunter. Aus genau diesem Grund sind wir auch dafür, auf der Bundesebene und dann auch mit Gültigkeit natürlich für MecklenburgVorpommern, für unser Bundesland wirksame Vorkehrungen für eine erhöhte Impfteilnahme zu ergreifen und in dem Zusammenhang übrigens auch einen digitalen Impfausweis im Sinne eines Registers mit einem vernünftigen Erinnerungssystem auch an der Stelle einzuführen.

Die beschränkte Impfpflicht gegen Masern für Kinder in der Kita, für Personal in Kitas und Schulen, womöglich auch verbunden mit einem Ordnungsgeld, so, wie es aktuell durch den Bundesgesundheitsminister in Vorbereitung ist, stellt eine Ultima Ratio dar. Das muss man sich klarmachen.

(Vincent Kokert, CDU: Genau. Nichts anderes.)

Das muss auch epidemiologisch begründet sein, das muss rechtssicher ausgestaltet sein. Und das ist das Ziel dieser Initiative auf Bundesebene, die dort auch von der SPD und weiteren mitgetragen und auch mitbefördert wird. Und deshalb macht es Sinn, meine Damen und Herren, sich mit diesem Antrag auf eine solche große Lösung auch des Bundes zu konzentrieren.

Wir als SPD-Landtagsfraktion plädieren für eine solche bundeseinheitliche Regelung und wir bitten die Landesregierung, auf Bundesebene weiterhin die Einführung einer solchen beschränkten Impfpflicht gegen Masern

positiv zu begleiten und zu unterstützen. Und gleichzeitig stehen wir weiterhin dafür, dass wir hier in unserem Land aber bei der Aufklärung, bei der Erinnerung, bei der Information, also bei allen wirksamen Maßnahmen zur Steigerung der Impfquote nicht nachlassen, sondern die auch wirklich auf einem sehr hohen Niveau so wie in den letzten Jahren fortsetzen.

Ich bitte um Zustimmung zu dem Antrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne Seniorinnen und Senioren von ver.di Rostock sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialkaufhauses aus Lütten Klein. Herzlich willkommen!

Ich rufe jetzt auf für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Herrn Koplin.

Frau Präsidentin! Vielen Dank für das Wort. Sehr geehrte Damen und Herren! Impfungen trainieren das Immunsystem und sind deshalb eine ganz wichtige vorbeugende Maßnahme. Sie unterscheiden sich von anderen medizinischen Eingriffen, weil sie nicht nur dem Einzelnen nützen, sondern vor allem der Allgemeinheit. Und wir sprechen uns für diesen Antrag aus, denn wir sehen im Impfen generell und in diesem kleinen Schritt auf dem Weg zu einer verbesserten Prävention und eines verbesserten Gesundheitsstatus in der Bevölkerung die Frage des Impfens als eine Frage der sozialen Verantwortung. Darum geht es: Nehmen wir soziale Verantwortung wahr oder nicht?

Und insofern – Herr Dr. Jess, ich kenne Sie als Fachpolitiker – war ich heute doch schon erstaunt und auch enttäuscht, dass Sie zum einen hochfahrend und belehrend vorgetragen haben,

(Rainer Albrecht, SPD: Nicht nur Sie.)

und zum anderen, was gar nicht Ihre Sache ist, Fakten außer Acht gelassen haben. Also Sie haben darauf verwiesen, dass es Belege gäbe für die Wirksamkeit von Impfungen, und haben Pocken genannt und haben gesagt, aber es gäbe auch ausreichende Belege für die Unwirksamkeit, und nannten dann Grippeviren...

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Korrekt.

… für die fehlende Sinnhaftigkeit. Nun muss man aber in dem Atemzug darauf hinweisen, dass es einen Unterschied macht, ob, wie bei den Pocken, der Erreger und die Ursachen ganz klar bekannt sind oder bei Grippeschutzimpfungen die Ursache letztlich noch nicht ganz klar ist,