Protocol of the Session on May 22, 2019

(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Deshalb macht es zuweilen Sinn, Schwerpunktsetzung zu betreiben.

Meine Damen und Herren, wir sind bei drei differenzierten Räumen, die das Bundesland ausweist. Die sind auch angesprochen worden. Zwischendurch war kritisiert worden, denkt an die ländlichen Räume. Ja, auch das tun wir. Aber wir werden, wenn wir Wohnungspolitik diskutieren, uns eben auch erlauben müssen, drei differenzierte Räume zu benennen. Das eine sind Städte, vor allen Dingen Hochschulstädte, das andere sind ländliche Räume, und das Dritte sind ländliche Räume mit touristischem Schwerpunkt, die den Städten im Druck sehr ähnlich und vergleichbar sind. Anders als in Greifswald oder Rostock, wo die Mieten durchaus dynamisch sind, habe ich in vielen touristischen Schwerpunkträumen nicht mehr das Problem, dass ich eine dynamische Miete habe, ich habe einfach überhaupt kein Mietangebot mehr, weil der Grundstücksbereich, der da ist, dann komplett in verschiedenste touristische Nutzungen geht.

Diese drei unterschiedlichen Differenzierungen würden wir uns gern vor Augen nehmen. An den Stellen wollen wir die Programme orientieren. Wir werden die vorhandenen Programme fortsetzen, aber vor allen Dingen die Neubau- und Sozialprogramme, die dann eben nicht nur auf sozialen Wohnungsbau ausgerichtet sind.

Deswegen bin ich Herrn Ehlers sehr dankbar, ich glaube, Sie hatten den Hinweis gegeben: Mit dem zweiten Förderweg, den wir im Frühjahr dieses Jahres begonnen haben, gehen wir ganz bewusst in mittlere Einkommensschichten und sagen, es gibt zwei unterschiedliche Förderzielrichtungen, um eben auch in mittlere Einkommensschichten beim Neubau zu kommen, damit wir uns nicht nur in dem kleinräumigen oder im KdU-nahen Bereich bewegen, sondern ganz bewusst auch in mittlere Einkommensschichten vorgehen. Und wenn ich sehe, was die Wohnungsgesellschaften uns dazu an Anträgen ankündigen, zielen sie genau darauf ab.

Meine Damen und Herren, der letzte große Punkt, der uns bewegt, bleibt gleichwohl die Segregation. Die ist in

ländlichen Räumen weniger dramatisch nach den Zahlen, die wir kennen. In den Städten wiederum hat sie uns an manchen Stellen vor Herausforderungen gestellt. Und auch da sagt DIE LINKE, das hätten wir euch sagen können, das nützt mir aber nichts. Wir haben trotzdem genauer hingeguckt und mein Bauchgefühl war – Frau Dr. Schwenke mag jetzt den Kopf schütteln –, in Greifswald sei die Situation nicht ganz so dramatisch, und ich hätte sie in Stralsund dafür schwieriger vorgefunden, nach meinem Gefühl von außen betrachtet. Die Segregationsstudie, die wir haben fortschreiben lassen, zeigt genau das Gegenteil. Greifswald schwimmt leider auf dem Niveau von Rostock und Schwerin bei der Situation mit, dass Menschen mit verschiedenen Einkünften, verschiedenen Herkünften, verschiedenen Altersgruppen viel weniger zusammenleben, als ich es angenommen hätte. Umgekehrt sind Stralsund und Wismar noch deutlich ausgewogener, als ich es in Stralsund angenommen hätte. Das stellt sich in einzelnen Stadtteilen dann vielleicht extremer dar, aber der Blick von außen mit dem ersten Bauchgefühl ist manchmal nicht der richtige.

Deswegen glauben wir immer noch, dass es nicht falsch war, diese Studie für das Land differenziert ausgestalten zu lassen. Wir setzen das fort bis zum Sommer und gucken vor allen Dingen auch noch mal auf die touristischen Räume, die zu betrachten gleichermaßen Sinn macht zu schauen: Wo wohnen eigentlich die Menschen, die in der Hotellerie, in der Gastronomie tätig sind? Kriegen wir da ein bisschen festgemacht, wie weit die fahren müssen und wo wir helfen müssten, wenn wir mit entsprechenden Wohnraumprogrammen helfen wollen?

Meine Damen und Herren, meine Redezeit ist damit vermutlich ausgereizt. Ich freue mich auf weitergehende Debatten, vor allen Dingen im Ausschuss, wie sie angekündigt sind. Die Landesregierung wird ihrerseits Ende August eine große Auftaktveranstaltung machen, um auch noch mal die verschiedenen kommunalen Beteiligten, wie Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften, die ich immer bitte, mit zu erwähnen, weil die genauso bedeutsam sind, mit an den Tisch zu holen, einmal mit einem Auftakt zu beginnen, gern auch den Streit zu führen, sind Darlehen oder Zuschuss eine ausschließende Alternative oder geht das eine mit dem anderen, lässt sich das vereinbaren.

Ende August ist die erste große Veranstaltung und die Idee ist dann, in einem Dialog nicht nur im Ausschuss zu bleiben, sondern gerade auch mit den Beteiligten im Lande. Herzliche Einladung, dass Sie uns dabei begleiten! – Ich danke für die Aufmerksamkeit und wünsche uns eine erfolgreiche weitere Debatte.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD, Sebastian Ehlers, CDU, und Dr. Ralph Weber, AfD)

Ums Wort gebeten hat für die SPD-Fraktion Herr Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe mich ad hoc gemeldet auf die Ausführungen von Herrn Ehlers. Herr Ehlers brachte ja den Namen Kevin Kühnert hier in die Debatte und den Hinweis auf das Thema Verstaatlichung, „Verstaatlichung von BMW“. Also wenn ich über das Thema Verstaatlichung reden würde, dann würde ich jetzt auch

nicht in erster Linie über das Thema „Verstaatlichung von BMW“ reden wollen. Das, finde ich, ist jetzt keine erforderliche Diskussion, aber wenn man sich anguckt, was in den letzten Jahrzehnten auf dem Wohnungsmarkt passiert ist, dann muss man sagen, die Liberalisierung des Wohnungsmarktes hat zu großen Schwierigkeiten und zu Verwerfungen geführt, die man nicht wollen kann. Wenn man beispielsweise nach Berlin guckt, was da passiert, dann muss man sagen, das ist nicht der richtige Weg, den muss man verhindern. Dass zunehmend Menschen nicht mehr dazu in der Lage sind, eine Wohnung zu finden beziehungsweise immer mehr in die Peripherie gedrängt werden, und so das Thema Segregation gefördert wird, das ist nicht der richtige Weg.

Es wird immer wieder viel von Wien geredet. Natürlich hat Herr Ehlers recht, wenn er sagt, auch in Wien ist ein bestimmtes Wohnungssegment preislich in den letzten Jahren teurer geworden. Das stimmt, aber vergleichen Sie mal die Durchschnittsmieten, Herr Ehlers, die Sie in Wien finden! Vergleichen Sie mal die mit denen, die Sie in München oder Frankfurt haben! Dann werden Sie gravierende Unterschiede feststellen, nämlich dergestalt, dass Wohnen in Wien deutlich günstiger ist als in Frankfurt, in Hamburg oder in München. Das hat ja seine Ursachen.

Ich will jetzt nicht noch weiter auf Wien eingehen, aber eins muss man sagen: Das Modell ist ja deswegen so erfolgreich, weil die seit über 100 Jahren in diese Richtung gehen. Die haben das mal ein bisschen stringenter betrieben, dann haben sie auch mal ein bisschen mehr dem Markt überlassen. Jetzt sind sie wieder dabei, dieses Segment der Daseinsvorsorge deutlich stärker zu steuern und zu regulieren, weil insoweit die Situation auch da ist, wie sie ist. Aber sie gehen seit langer Zeit in die gleiche Richtung, verfolgen dieses Thema der Daseinsvorsorge in der Wohnungspolitik konsequent weiter und das hat scheinbar Erfolg.

Ich würde gern noch einen Satz zu Frau Kröger verlieren. Frau Kröger hat sich hier hingestellt und gesagt, geringes Einkommen führt zu Segregation. Das ist nicht zwangsläufig der Fall, Frau Kröger.

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Das habe ich so nicht gesagt, Herr Heydorn.)

Leute, die ein geringes Einkommen haben, muss man nicht in bestimmten Quartieren konzentrieren. Das ist immer eine Frage, welche Form der Wohnungsbelegung ich betreibe. Ich habe jetzt keinen Überblick, inwieweit das in ganz Mecklenburg-Vorpommern so ist, aber ich weiß, hier in Schwerin, wo Sie auch über viele Jahre die Oberbürgermeisterin gestellt haben, hat eine derartige Belegungssteuerung nie stattgefunden,

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Dann müssen Sie mir aber keine falschen Zahlen in den Mund legen, um mit Krampf DIE LINKE zu kritisieren.)

die hat überhaupt nicht stattgefunden. Das heißt, man hat das dem freien Spiel der Kräfte überlassen und gesagt, es gibt hier Neu Zippendorf und Mueßer Holz und die Leute gehen da und da rein, Spätaussiedler, jüdische Kontingentflüchtlinge, sonstige Flüchtlinge, alle ins Mueßer Holz und nach Neu Zippendorf,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Was hat denn da die SPD gemacht in der Situation?)

und heute haben wir dort Konzentrationen von bestimmten Bevölkerungsgruppen, die im bundesweiten Vergleich Spitzenplätze einnehmen. Frau Kröger, und da muss man sagen – wie haben Sie es gesagt, wir haben ja schon vorher darauf hingewiesen –, ich glaube, es wäre ganz günstig gewesen, wenn Sie in den eigenen Reihen, Frau Kröger, solche Hinweise auch verteilt hätten, beispielsweise an Ihren Genossen Foerster, weil hier in Schwerin gibt es ein Grundstück an der Güstrower Straße, ein Wassergrundstück, da war die Position der hiesigen SPD, dass wir gesagt haben, hier sollte mal ein bisschen Wohnungspolitik stattfinden,

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

unter sozialen Gesichtspunkten sollte da Wohnungspolitik stattfinden.

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

Ja, Herr Foerster, …

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Sebastian Ehlers, CDU: Gefährliches Halbwissen! – Glocke der Präsidentin)

Einen Moment bitte, Herr Heydorn, bitte einen Moment!

Ich bitte um ein bisschen Ruhe, der Redner ist nicht mehr zu verstehen.

Herr Heydorn, Sie können fortsetzen.

Aber da spielte an der Stelle für Sie soziale Wohnungspolitik keine große Rolle.

Und ein anderes Beispiel in Schwerin, die Waisengärten. In den Waisengärten ist es doch so gewesen, dass möglichst alles so teuer wie möglich verbimmelt worden ist, um teure Eigentumswohnungen hochzuziehen. Auch da, wie gesagt, waren Sie hier in der Verwaltung beteiligt

(Sebastian Ehlers, CDU: SPD aber auch!)

und ich habe keine Aktivitäten erlebt, die quasi in eine andere Richtung gegangen sind.

Also ich sage mal, Frau Kröger, auch in Ihrem eigenen Laden gibt es meines Erachtens noch einen nicht unerheblichen Beratungsbedarf, dem können Sie ja nachgehen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Beraten Sie erst mal Herrn Meslien!)

Das wäre es. Ich habe die Punkte abgearbeitet, die ich mir aufgeschrieben habe, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Sebastian Ehlers, CDU: Die SPD hat seit 30 Jahren keine Verantwortung gehabt? Seit 30 Jahren in der Opposition, Herr Heydorn?)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der AfD Herr Professor Weber.

Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen und liebe Gäste! Wichtiges Thema, das die SPD hier in die Aktuelle Stunde eingebracht hat, und wir haben auch viel Sinnvolles gehört. Ihr 7-Punkte-Plan kann in etlichen Punkten überzeugen. Auch der Bauminister Pegel hat sehr Sinnvolles von sich gegeben. Hoffen wir mal, dass Sie nicht nur reden, sondern das dann auch umsetzen. Sie sind ja lange genug in der Regierung

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Nee, noch nicht. – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

und haben mindestens noch zweieinhalb Jahre vor sich, da kann man noch einiges anpacken. Also da sehen wir zuversichtlich dem Aktivwerden dieser Regierung im Punkte „bezahlbare Mieten“ entgegen.

Was ich aber vermisst habe in der Diskussion, ist ein ganz anderer Punkt – deswegen bin ich noch mal nach vorn gekommen –, und das ist die Frage der Wohnraumentfremdung. Wir haben ja nicht nur das Problem der steigenden Wohnungsmieten, sondern wir haben auch den Verdrängungswettbewerb, Geschäftsraummiete statt Wohnen. Die Innenstädte werden immer eintöniger, immer weniger Menschen leben in den Innenstädten der Großstädte, und wenn Sie mal durch die Fußgängerzonen laufen, es sind immer die gleichen großen Ketten, die sich da noch die Mieten leisten können in der Geschäftsraummiete. Wir haben zwar ein Wohnraumentfremdungsrecht, ein Wohnraumentfremdungsgesetz, das aber nicht angewandt wird, und wir sollten mal dafür sorgen, dass wieder mehr Bevölkerung in die Städte zurückkommt.

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

Das sollten wir auch nicht ganz vergessen. Das wäre vielleicht der achte Punkt in Ihrer Agenda, dass wir die Innenstädte wieder mit Menschen beleben und versuchen, ein bisschen bunter zu werden, dass auch Kleingewerbetreibende wieder in den Innenstädten ihre Geschäfte haben und die Mieten bezahlen können. Das gehört auch zum Punkt Miete und es gehört zum Wohnen, weil wir im Moment eine Entvölkerungstendenz in den Innenstädten zugunsten von großen Industrieketten und Verkaufsketten haben. Das sollte auch mit auf der Agenda stehen beim Punkt „bezahlbares Wohnen und Wohnwert der Innenstädte“.

Ich wollte das nur anmahnen, dass Sie das vielleicht als weiteren Punkt bedenken, denn da liegt auch vieles im Argen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften, Drucksache 7/3240.

Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 7/3240 –