Protocol of the Session on April 12, 2019

(Horst Förster, AfD: Das ist doch lächerlich.)

jetzt will ich nicht die NS-Keule rausholen, sondern, um das noch mal deutlich zu machen, diese Vorstellungen hat die Breite der Gesellschaft schon Anfang des 20. Jahrhunderts überwunden. Das ist die geistige Zeit, in der sich die AfD heute noch bewegt mit ihrer Programmatik.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zurufe von Andreas Butzki, SPD, und Dr. Ralph Weber, AfD)

Das habe ich doch,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

das habe ich doch gerade eben zitiert. Und, sehr geehrte,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Glocke der Vizepräsidentin)

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, diese Beispiele,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

die der Abgeordnete Professor Weber hier eben vorgebracht hat mit der Feier am Abend und dem Frühstück am Morgen, machen das ja nur noch mal deutlich. Denn was heißt das eigentlich?

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Der soll durcharbeiten!)

Da soll die Verantwortung für das Management im Unternehmen arbeitsrechtlich auf den einzelnen Beschäftigten abgewälzt werden,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Auf keinen Fall!)

denn jedes Unternehmen, völlig egal, in welchem Bereich es tätig ist, ist erst mal selber dafür verantwortlich mit seinem Personal, das es hat, das so zu organisieren, dass es die Aufträge, die Dienstleistungen, die es dann übernimmt, auch tatsächlich abarbeiten kann.

Und im Zweifelsfall, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – da bin ich mir jetzt hundertprozentig sicher, dass es da keine Differenz gibt, nicht mal zwischen der BMV, Herr Kollege Wildt, auch wenn wir ab und zu unterschiedliche Auffassungen haben, über die CDU, die SPD bis zu den LINKEN –, ist es vom Grundsatz her erst mal die Überlegung auch eines Unternehmers/einer Unternehmerin zu sagen, muss ich dann möglicherweise mehr Personal in meinem Betrieb einstellen. Das kann eine Lösung sein im Rahmen des Personalmanagements. Aber ich kann mich doch nicht hinstellen und sagen, na ja, das überlasse ich jetzt meinen Beschäftigten.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ja.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wie abstrus das Beispiel von Herrn Professor Weber ist, will ich nur an einer Stelle deutlich machen, weil er ja gesagt hat, was würden Sie denn sagen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie am nächsten Morgen kein Frühstück bekommen würden. Das kann ich Ihnen ganz einfach beantworten: Wenn ich das gebucht hätte, dann würde ich das einfordern, und wenn ich es nicht bekomme, dann weiß ich als Anwalt, was ich tun würde.

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD, und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Herr Professor Weber, das ist genau das, was die Konsequenz wäre aus Ihrer Entgegnung.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Und das nächste Mal fährt man nicht mehr hin.)

Und, meine Damen und Herren, einen letzten Satz – das kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen, weil auch immer wieder durch die Redebeiträge der Abgeordneten der AfD deutlich wird, dass es ja irgendwie einen Mangel an konstruktiver Diskussion geben sollte, was letztendlich dann auch Ausdruck

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

einer vielleicht nicht vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Fraktionen in diesem Haus mit der AfD ist –:

(Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

Wenn ich heute, heute, an diesem Tag in der aktuellen Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gelesen habe, dass der Bundesvorsitzende der AfD und CoFraktionsvorsitzende der AfD im Deutschen Bundestag wortwörtlich erklärt, dass es eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der AfD und anderen, nein, den demokratischen Fraktionen – das sage ich jetzt –

(Dr. Ralph Weber, AfD: Der Einheitsfront! Das sage ich jetzt.)

nicht geben soll, nicht geben will, er das nicht will, weil ihn ansonsten seine Wählerinnen und Wähler „zum Teufel jagen würden“, Zitat, dann muss sich die AfD doch in diesem Plenarsaal,

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD)

in diesem Land nicht darüber beklagen,

(Beifall vonseiten der Fraktionen SPD, CDU und DIE LINKE – Thomas Krüger, SPD: Genau.)

wie wir mit ihr umgehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal das Wort der Abgeordnete Foerster.

(Andreas Butzki, SPD: Das war ein gutes Schlusswort eben!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zu den Inhalten komme: Es ist zweimal formal der Wunsch nach Überweisung geäußert worden, den übernehme ich und beantrage das dann damit auch förmlich.

Ansonsten, Herr Lerche, hat mir die Debatte gerade von Ihrer Seite heute gezeigt, dass sich einige Abgeordnete vielleicht in der Sommerpause mal als Praktikanten in der Gastronomie melden sollten.

(Heiterkeit bei Tilo Gundlack, SPD)

Ich habe das Gefühl, dass ein Perspektivwechsel so manchem hier ganz gut tun würde. Ich will es in Ihre Richtung mal so formulieren: Das Schlimmste, was uns körperlich als Abgeordnete passieren kann, wenn wir hier zwölf Stunden und länger im Plenum sitzen, ist vielleicht, dass man bei einem weniger spannenden Thema nach einem langen Tag einnickt und mit dem Kopf auf den Tisch knallt. Das gibt im schlechtesten Fall eine Beule und bringt einen in Erklärungsnot.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Manche müssen vielleicht auch noch heimfahren, Herr Kollege!)

Vielleicht zieht es auch mal im Rücken oder die Nase trieft wegen der Einstellung der hiesigen Klimaanlage, aber das wird es dann im Wesentlichen schon gewesen sein.

(Zuruf von Holger Kliewe, CDU)

In der Küche dagegen wird nicht mit Seifenblasen gespielt, sondern da wird bei hohen Temperaturen gekocht und mit scharfen Messern geschnitten. Im Service und in der Zimmerreinigung werden täglich zig Kilometer abgerissen und die Leute sind nach acht bis zehn Stunden entsprechend platt. Das sind übrigens alles, wie in der Einbringung bereits geschildert, imagebildende Faktoren, Herr Waldmüller, die es den Unternehmen tatsächlich schon heute schwermachen, gut qualifizierten und motivierten Nachwuchs zu finden.

Ihre Antwort an aktuelle und potenziell neue Beschäftigte darauf soll jetzt heißen, stellt euch nicht so an, passt auf die heißen Töpfe und eure Finger auf oder dreht noch ein paar Extrarunden. Ich empfehle denjenigen, die das hier wieder mal als maßlose Übertreibung abtun, wirklich einen Ausflug aus dem Elfenbeinturmschloss ins wahre Leben, dann bin ich mir sicher, dann verläuft die nächste Debatte hier auch ein bisschen anders.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Die meisten von uns im Unterschied zu anderen Parteien kommen aus dem wahren Leben.)

Das klingt nämlich immer so schön, Herr Weber, wenn man daherkommt und sagt, na ja, das Ziel sei nicht, die Arbeitszeit zu erhöhen, man wolle sie nur anders verteilen.

Und, meine Damen und Herren, wie Sie wissen, bin ich auch stets darauf aus, Problembeschreibungen mit Zahlen zu untersetzen, und folgende sind nun wirklich bemerkenswert. Die Anzahl der Krankentage aufgrund von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen hat sich bundesweit zwischen 2007 und 2017 von knapp 48 auf 107 Millionen mehr als verdoppelt. Das ist ein Plus von 123 Prozent. Die Produktionsausfallkosten und der damit verbundene Ausfall an Bruttowertschöpfung, die auf psychische Störungen und auch auf Verhaltensstörungen zurückzuführen sind, stiegen im gleichen Zeitraum von 12,4 auf 33,9 Milliarden Euro an. Das sind sogar plus 173,4 Prozent.

Und jetzt, Herr Waldmüller, weil Sie mir ja vorgeworfen haben, ich hätte eine Branche diffamiert, raten Sie doch mal, welche beiden Branchen wegen Arbeitshetze sowie starken Termin- und Leistungsdrucks in dieser Statistik ganz vorne stehen! Ich verrate es Ihnen gern: Das eine ist das Gesundheits- und Sozialwesen und das andere ist die Hotellerie und Gastronomie. Wie man dann angesichts solcher Entwicklungen zu der Überzeugung gelangen kann, noch mehr Flexibilität in Sachen Arbeitszeit sei die Lösung, kann ich beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen.

Meine Damen und Herren, wer sich mal mit den Beschäftigten aus der Gastronomie unterhält und fragt, wie denn bisher Leistungsspitzen im Betrieb abgefangen wurden, der erhält hinter vorgehaltener Hand zugegebenermaßen hin und wieder auch die Aussage, wenn hier die Hütte brennt, dann arbeiten wir doch ohnehin schon mehr als zehn Stunden und keiner lässt einfach den Löffel oder das Portemonnaie fallen oder fährt an der Rezeption den Rechner runter. Das heißt auf Deutsch, man lässt durchaus auch mal das Arbeitszeitgesetz in der Hochsaison notgedrungen das Arbeitszeitgesetz sein.

Deshalb aber jetzt als politisch Verantwortlicher herzugehen und zu sagen, dass man einfach mal die Regeln so ändert, damit es am Ende wieder passt, das ist doch, ehrlich gesagt, ein wenig absurd. Das wäre etwa genauso, als wenn Sie vor einer Schule ein 30er-Schild hinstellen, und, weil es leider immer eine Menge Unbelehrbare gibt, die trotzdem weiter mit 50 km/h daran vorbeirauschen, feststellen, man könne es doch dann gleich bei 50 km/h belassen. So geht es nicht und das muss hier im Landtag auch mal deutlich gesagt werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Herr Abgeordneter, …