Wir haben E-Residency als ein virtuelles Unternehmen. Sie kriegen eine digitale ID, und dann können Sie den Service des Staates von Estland in Kauf nehmen. Ich selbst bin in meinen Unternehmerkreisen auch schon mal angesprochen worden und da hat man mir das gesagt. Ich muss ehrlich gestehen, ich habe das nicht auf dem Schirm gehabt, was da in Estland war, das habe ich nicht genau gewusst. Ich musste mich auch erst informieren, nachdem ich angesprochen wurde von unseren Unternehmern, die gesagt haben, wieso ist das eigentlich bei uns in Mecklenburg-Vorpommern nicht möglich, könnt ihr da nicht mal gucken, was ist denn da. Ich kenne auch Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern, die bereits einen Unternehmenssitz in Estland angemeldet haben. Insofern ist dieser Antrag sehr wichtig und auch gut so.
Und, Herr Lerche, Sie haben das vorhin gesagt, in der Tat – also ich habe von anderen Zahlen gehört – dauert eine Gründung 18 Minuten, kostet 220 Euro. Sie spra
chen aber von einer GmbH, und das Ganze ortsunabhängig und so weiter. Ich denke, das sind Vorteile, die Estland damit geschaffen hat, die haben viele Vorteile dadurch. Damit ist ein enormes Gründungsgeschehen in Estland auf den Weg gebracht worden. Und ich denke mal, dass es allein aus diesem Grund schon für uns ein Thema sein muss, dass wir es, gerade bei Start-ups, bei Neugründungen, die für so etwas geeignet sind, denen eben nicht überlassen, dass die das in anderen Ländern machen, sondern dass die das auch in MecklenburgVorpommern machen können. Deswegen geht der Antrag in die richtige Richtung. Es wird unser Bundesland weiter voranbringen, es erleichtert Unternehmensgründungen und -ansiedlungen.
Ich will vielleicht nur drei Punkte ganz kurz sagen, an denen wir natürlich noch ein bisschen arbeiten müssen. Das ist zum einen die digitale Infrastruktur, aber ich glaube, da sind wir auf einem sehr guten Weg. Das andere ist – ich weiß nicht, ob es schon gesagt wurde –: Wussten Sie, dass im estnischen Parlament komplett papierlos getagt wird? Also komplett papierlos. Insofern gibt es Herausforderungen, die wir noch bestehen, aber ich freue mich, dass wir da alle mutiger werden und dass wir das jetzt noch mehr angehen werden. Das dritte Thema waren die Steuern in Estland, die auch in der Begründung mit angeführt wurden, aber die Gewerbesteuer in Estland fällt nicht an. Steuern fallen, wenn, dann überhaupt erst an, wenn Dividenden, Gewinne oder Gehälter ausbezahlt werden. Das bleibt also – solange es nicht verwendet wird, wird es nicht besteuert – im Unternehmen.
Insofern erlaube ich mir einen kleinen Nebengedanken, dass wir uns vielleicht im Land – Herr Schulte wird mir verzeihen – gerade bei Neugründungen, bei Start-ups, darüber haben wir schon mal gesprochen, glaube ich, bei Unternehmensgründungen im Land, uns auch über die Steuergesetzgebung unterhalten, gerade solche Unternehmen, die also eine Gründungsphase, eine Markteintrittsphase haben in dem Bereich, nicht mit Steuern zu belasten. Das erlaube ich mir, da zu bemerken, dass wir vielleicht im Zuge dessen auch noch darüber reden.
Aber ansonsten ist die E-Residency ein Baustein der digitalen Wirtschaft. Ich glaube es ist ein Muss, dass wir das machen. Insofern begrüßen wir den Antrag. Wir stimmen selbstverständlich zu und die Gegenrede zu Herrn Lerche überlasse ich dann Herrn Schulte. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die digitalen Nomaden sind ja schon angesprochen worden, die neuen Onlinedienstleister/-innen und -händler/-innen, und man stellt sie sich immer so romantisch vor, irgendwo mit einem Laptop auf dem Schoß in der Sonne oder in einer Hängematte, aber ganz so malerisch ist es ganz sicher oft nicht.
Aber was sicherlich wichtig ist, ist, dass sie ein Netz brauchen, ein Netz, um zu arbeiten, und dann geht
das natürlich auch überall auf der Welt. Die estnische E-Residency ist also hier ein sehr passendes Angebot für ortsunabhängige Unternehmer/-innen, denn die Vorteile liegen ganz klar auf der Hand, sie sind hier auch schon genannt worden: Es geht viel schneller als eine traditionelle GmbH-Gründung, es ist unbürokratischer und am Ende des Tages ist es auch billiger.
Wer online arbeitet, kann mit der E-Residency etwas anfangen. Warum ist das attraktiv und momentan schlechthin der Hype? Es geht vor allem um Prozesse, es geht um Geschwindigkeiten, insbesondere mit Blick auf die sogenannten Start-ups. Das Gründen oder Schließen von Firmen geht auf diese Art und Weise natürlich sehr zügig. Wir wissen ja, wie das mit den Startups ist, manche Ideen halten sich nur ein paar Wochen oder ein paar Monate, dann sind sie im Zweifel schon wieder überholt oder man verwirft sie und dann muss es schnell gehen, um das nächste Projekt zu starten. Und in Deutschland sind die Verwaltungsprozesse für dieses Wirtschaften einfach zu langsam, sie sind nicht agil genug. Deshalb dürfen wir auch stark bezweifeln, dass sich dieses Modell einfach so und unkompliziert übertragen lässt. Herr Minister hat ja schon auf einige Hürden in seiner Rede hingewiesen.
Bestimmt ist es interessant zu erfahren, was die Bundesebene dazu sagt und welche Veränderungen man vornehmen müsste, wobei ich natürlich die Hoffnung hätte, dass auch auf Bundesebene kluge Menschen arbeiten und ihnen schon aufgefallen ist, was in Estland gerade passiert, und man dann vielleicht auch mal rüberschaut und sich fragt, welche Voraussetzungen müssten wir in Deutschland schaffen, um hier den virtuellen Wohnsitz auch zu ermöglichen.
Grundsätzlich haben wir also kein Problem damit, dass Sie das auf Bundesebene mal anstoßen wollen, aber der dritte Punkt Ihres Antrages hat, ehrlich gesagt, bei uns dazu geführt, dass wir ihn ablehnen werden.
Ich bin mir sicher, Sie wissen, welche Bedingungen in Estland herrschen. Auch ich habe mir das mal angeschaut und mich da ein bisschen durchgeklickt. Ich glaube, wenn ich nicht aufgepasst hätte, dann hätte ich bei der estnischen Verwaltung aus Versehen meinen Anwohnerparkschein für Rostock beantragt. So weit sind die nämlich schon.
Fast die gesamte Verwaltung läuft digital. Jede Bürgerin, jeder Bürger hat eine ID-Chipkarte und kann nahezu alle Behördengänge online erledigen. An den Grundschulen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird den SchülerInnen gezeigt, wie man programmiert. So weit sind die. Davor kann man nur den Hut ziehen.
und diese App hat neuerdings bewiesen, wie viele weiße Flecken es gibt. Wir reden über landeseigene Funkmasten, das haben wir heute getan.
Sie schreiben sogar in Ihrem eigenen Antrag, wie schlecht die Netzabdeckungen sind. LTE, 3G – selbst für den Mobilfunk der zweiten Generation
existiert keine vollumfängliche Abdeckung. Erst vor Kurzem haben wir hier im Plenarsaal hören müssen, wie langsam der Breitbandausbau vorankommt oder eben auch nicht vorankommt.
Dann reden wir über das Serviceportal MV-Service, darüber haben wir im Energieausschuss ja auch gesprochen – eine wirklich gute Idee, eine gute Innovation. Peu à peu sollen Verwaltungsleistungen digital beantragt werden können, eben peu à peu. So schnell wird das alles auch nicht gehen und hinter vorgehaltener Hand wird auch immer noch angezweifelt, dass das alles so reibungslos funktioniert wie angekündigt, Stichwort „Basiskomponenten“. Derweil rennen die Einwohner/-innen immer noch zu Fuß in die Ortsämter, ziehen dort Nummern, um Parkausweise oder das Bezahlen der Hundesteuer beantragen zu können.
Dieser Prozess der Digitalisierung lahmt de facto in Mecklenburg-Vorpommern noch, auch im Bereich der Veraltung. E-Government-Dienste gehören bei uns noch zur Seltenheit und zur Zukunftsmusik. Hier haben wir noch sehr viel zu tun und Hausaufgaben zu machen. Dann über sich als Modellregion zu sprechen, ist, gelinde gesagt, ein bisschen größenwahnsinnig. In Ihrer Begründung heißt es, ich zitiere: „Die Einführung der E-Residency würde als positiven Nebeneffekt … deutliche Effizienzsteigerungen für einheimische Unternehmen …“ und so weiter, „Verwaltungs- und Fiskalleistungen sowie Finanzdienstleistungen“ müssen „konsequent digitalisiert werden“, wovon dann auch Unternehmen profitieren. Also durch die E-Residency wird dann auch alles andere digitalisiert.
Wir haben uns gefragt, müsste nicht zuerst die Verwaltung digitalisiert werden, bevor E-Residency auch wirklich greifbar und umsetzbar wäre,
zumal es in Ihrem Beschlusstext dann heißt: „Entscheidend für die Wahl eines Firmensitzes“ sind „unternehmerfreundliche, … effektive“ und „digitale Verwaltungsleistungen“. Daraus resultiert die Frage: Verbessert sich die Digitalisierung der Verwaltung, weil es E-Residency gibt oder müssten eben nicht zuerst mal die Strukturen geschaffen werden?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Interesse an diesem Thema können wir sehr gut nachvollziehen und auch die Zielstellung ist durchaus ambitioniert, aber ich
Also wir wissen doch, wie vor Ort, gerade in den ländlichen Strukturen, die Verwaltungsstrukturen hinsichtlich Digitalisierung aussehen. Das ist doch ein Witz und das wird auch noch dauern.
Ja, wir reden selbst in unserem tollen, vorbildlichen Rostock immer noch über die Digitalisierung der Bauakte.
Ich meine, das ist was, was die Baubranche – das brauche ich Ihnen nicht zu erzählen – sich schon seit Tausend Jahren wünscht.