Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem AntiMobbing-Antrag wollen die Koalitionsfraktionen die Prävention an unseren Schulen auf einem sehr sensiblen Feld stärken. Mobbing, wir haben es heute schon mehrfach gehört, kann immer auftreten, überall auftreten, wo Menschen zusammen sind. Das gilt selbstverständlich auch für die Schulen, ob das die Grundschulen sind, die Förderschulen sind, die Regionalen Schulen, die Beruflichen Schulen oder die Gymnasien.
Und wenn jetzt gesagt wird, mit der Inklusionsstrategie, das wird dann alles noch verschärft, dann frage ich mich, Herr Schneider – ich habe mal kurz nachgeguckt, Sie sind 1971 geboren –, Sie sind nach meinem Kenntnisstand ja zur DDR-Schule gegangen, da gab es eine Schule für alle und da müsste es ja nach Ihrer Theorie eigentlich nur Mobbing gegeben haben,
weil fast alle Schüler in einer Klasse zusammen waren. Solche Schlüsse zu ziehen, das finde ich schon recht, recht hart.
Mobbing entsteht auch, und das muss man so deutlich sagen, aus Angst. Um nicht selbst zum Mobbingopfer zu werden, beteiligen sich einige lieber aktiv an vermeintlich starken Gruppen und hänseln dann andere, um Anerkennung zu erreichen, um cool dabei zu wirken, durch Machtdemonstration, teilweise auch aus eigenen Minderwertigkeitskomplexen, aus Neid, aus Frust, aus Konkurrenzdenken und auch – was ganz gefährlich ist, aber leider ebenso passiert – aus Langeweile.
Mobbing kann jeden treffen. Man kann sich ja mal selbst hinterfragen, warum kann man mit einigen Personen besonders gut, warum wird man mit einigen Menschen nicht so richtig warm. Aber nicht jeder Streit, das muss man dazusagen, und jede Auseinandersetzung führt automatisch zum Mobbing, weil dazu einfach ein langfristiges, systematisches Vorgehen gehört.
Mobbing hat auch verschiedene Gesichter. Das eine ist das Nonverbale, das darf man bei solchen Sachen immer nicht vergessen. Man kann einfach Leute ignorieren, man kann sich abwenden, man kann wegschauen, man kann die Zusammenarbeit vermeiden. Wir haben das verbale Mobbing, was eigentlich immer so mehr oder weniger im
Fokus steht, das ist Beschimpfen, das ist Beleidigen, Hänseln, Bloßstellen, Gerüchte verbreiten oder HintermRücken-Tuscheln.
Körperlich haben wir Mobbing, also sprich jetzt Schlagen, Stoßen, Sich-in-den-Weg-Stellen, festes Zupacken beziehungsweise sexuelle Übergriffe.
Und was im Augenblick jetzt wieder sehr oder leider im Kommen ist, ist diese ganze Frage Cybermobbing. Das ist ein wichtiges Thema und der digitale Raum muss jetzt insgesamt bei diesen ganzen Dingen auch sehr stark betrachtet werden. Jugendliche, die im virtuellen Medium gemobbt werden, waren vorher Opfer, teilweise war es auch umgekehrt, sie waren Opfer und versuchen dann, in diesem Medium zu mobben. Auslöser von Cybermobbing ist oft am realen Ort verankert, zum Beispiel auf dem Schulhof oder am Schulhof. Anders als früher können sich jetzt auch diese Personen nicht mehr ins Private zurückziehen. Die digitalen Medien lassen leider dabei die Grenzen immer mehr verschwinden.
Mobbing kann in allen Lebensbereichen auftreten und in der Schule spiegelt sich die Gesellschaft wider. Wir Erwachsenen haben natürlich auch eine Vorbildwirkung. Unsere Schüler und Schülerinnen erleben uns und erleben ihre Eltern. Zu Hause, in der Freizeit, im Urlaub, beim Sport und auch beim Autofahren, was da teilweise für Kommentare losgelassen werden, ist auch immer sehr spannend. Ihre Lehrerinnen und Lehrer erleben sie in der Schule, auf Schulfahrten, im Alltagsleben und auch ihre Idole von Sport, Musik, Kunst, Lifestyle im Fernsehen und im Internet. Da gibt es ja auch bestimmte Sendungen, wo teilweise dann Jugendliche gemobbt werden. Und unsere Jugendlichen erleben uns Abgeordnete auch bei den politischen Debatten hier im Landtag, und oft werden wir in Besuchergruppen auch gefragt über unser Verhalten, auch dementsprechend angesprochen.
Ich bin viele Jahre meines Lebens in der Schule gewesen. In dieser langen Zeit konnte ich feststellen, dass es Ausgrenzungen von Mädchen und Jungen leider immer und zu jeder Zeit gab. Die Art des Mobbings hat sich aber, denke ich, doch ganz schön stark verändert. Früher, als man noch mehr oder weniger analog unterwegs war, konnte man wesentlich schneller reagieren. Heute in der digitalen Welt ist es schwieriger und vor allen Dingen auch langwieriger. Erlebte psychische Gewalt und Psychoterror bedarf therapeutischer Hilfe. Aber eins ist immer geblieben: Mobbing muss man von Anfang an bekämpfen. Nur dann hat man eine Chance, Konflikte relativ schnell zu entschärfen. Schülerinnen und Schüler müssen wissen, mit wem sie sich vertraulich austauschen können und wen sie ansprechen können.
Wie soll Schule auf diese ganze Frage reagieren? Wir haben ja die aktuellen Beispiele gerade schon gehört. Vor
allen Dingen, die Schüler/-innen und die Lehrerinnen und Lehrer müssen sensibel, aber auch konsequent reagieren. Erwachsene dürfen auch nicht wegschauen, wenn Schüler nicht mehr gern zur Schule gehen wollen, wenn auf einmal abrupt die Leistungen nachlassen, wenn sie angeblich Geld verlieren – oftmals ist da auch ein Abzocken mit dabei –, wenn sie sich zurückziehen, wenn sie immer weniger oder gar keine Freunde mehr haben oder wenn sie gar Selbstmordgedanken hegen.
Seit vielen Jahren gibt es an unseren Schulen des Landes eine gute Präventionsarbeit, das muss man noch mal ganz deutlich betonen. Die Maßnahmen sind auch sehr vielschichtig. Das ist zum Beispiel auch Inhalt verschiedenster Unterrichtsfächer, ob das nun Deutsch ist und Sozialkunde, Religion, Philosophie oder Biologie. Ministerin Hesse hat ja schon einige Maßnahmen kurz erwähnt. Ich möchte noch mal sagen, was aus meiner Sicht wirklich sehr gut und besonders geeignet war:
darstellende Spiel hat in der Hinsicht eine sehr, sehr wirkliche und gute Position. Da hat man zum Beispiel die Möglichkeit, sich auch in andere Rollen hineinzuversetzen.
des Programm. Als wir das bei uns an der Schule schon Ende der 90er-Jahre diskutiert haben, war ich zuerst sehr skeptisch, aber als ich mir das dann auch selbst angeschaut habe, wo Kinder mit Kindern im Prinzip über solche Sachen diskutieren, ein absolut überzeugendes Programm.
alles gut, was funktioniert. Und besonders wichtig sind hier dabei natürlich auch Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter beziehungsweise auch Vertrauenslehrer und Vertrauenslehrerinnen.
Trotz aller Maßnahmen, die sich an unseren Schulen bisher bewährt haben, gilt es, die Anti-Mobbing-Strategie im Land neu aufzustellen. Wir müssen uns dem digitalen Zeitalter anpassen. Es soll möglichst ein Anti-MobbingTag, wie bei uns im Antrag hier auch dargestellt ist, eingeführt werden. Unsere Lehrerinnen und Lehrer brauchen gute Unterstützung, zum Beispiel fürs Landesinstitut beziehungsweise für die Krankenkassen. In Elternversammlungen, was ich persönlich sehr wichtig finde, müssen Expertinnen und Experten auch den Erziehungsberechtigten gute Informationen und Dinge weiterleiten.
Bevor wir aber eine neue Strategie aufstellen, müssen wir die anderen und bisher durchgeführten Maßnahmen evaluieren. Die Qualifizierung der Lehrerinnen und Leh
rer, Schulsozialarbeiter/-innen und auch der Erziehungsberechtigten gehört auf den Prüfstand, und die Zusammenarbeit mit den Ämtern muss auch noch mal in der Hinsicht evaluiert werden.
Dem Änderungsantrag der LINKEN können wir insofern zustimmen in Punkt 1 und 2. Aus Punkt 3 würden wir Punkt 4 machen wollen, weil wir unseren Punkt 3 so da haben wollen. Den Antrag der Freien Wähler/BMV werden wir ablehnen.
Ansonsten danke ich für die Aufmerksamkeit, und ich wünsche, dass unserem Koalitionsantrag zugestimmt wird.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, dass es niemanden unter uns gibt, der nicht schon einmal mit dieser wohl perfidesten Art der Demütigung und Ausgrenzung in irgendeiner Form zu tun hatte – sei es beruflich, im familiären Umfeld, im Verein oder, oder, oder. Und wer behauptet, ihn träfe das nicht, er hätte davon noch nie etwas gehört, das würde ihn nicht irgendwie tangieren, ich glaube, der guckt einfach nicht richtig hin oder der hört einfach nicht richtig zu.
Es ist richtig und wichtig, dass wir alle gegen jegliche Form von Gewalt vorgehen müssen. Niemand darf die Hände in den Schoß legen oder die Augen davor verschließen, in der Hoffnung, dass der Kelch an ihm vorübergeht. Auch deshalb stimmen wir als Fraktion selbstverständlich dem vorliegenden Antrag zu, natürlich mit unseren bereits erwähnten Änderungen.
Wir stimmen ihm aber auch zu, weil bisher tatsächlich aus unserer Sicht zu wenig getan wurde, um die Lehrer zu unterstützen, um die Opfer zu unterstützen und um Maßnahmen auch den Tätern an die Hand zu geben, wie gehe ich mit Situationen um, wie löse ich tatsächlich Probleme.
Jetzt, wo ich gerade Ihren Zuruf höre, möchte ich noch darauf eingehen, was Sie gesagt haben, Herr Schneider, dass Kinder mit Behinderungen dann das Opfer sind im gemeinsamen Unterricht. Was glauben Sie denn, an Förderschulen, ob sich da keine Hierarchien entwickeln? Überhaupt nicht, das gibt es überhaupt nicht, um Förderschulen macht anscheinend aus Ihrer Sicht das Mobbing einen Bogen. Wenn man Kinder mit Beeinträchtigungen in einer Klasse hat, dann ist es tatsächlich so, das mögen Sie nicht glauben, weil es fern ist von Ihrer Vorstellung, aber dann können Kinder mit Behinderung sehr wohl alle anderen Kinder in der Klasse zum sozialeren Umgang miteinander erziehen.
Wo ich einmal bei Ihnen bin, mache ich noch einen kleinen Schwenk. Ich hoffe, dass ich mir das richtig mitge
schrieben habe, was Sie gesagt haben: Der Tadel ist jetzt nicht mehr Erziehungsmaßnahme, sondern nur noch Ordnungsmaßnahme. Richtig?