Protocol of the Session on March 14, 2019

Wir beantragen eine Überweisung in den Sozialausschuss,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der eine sagt so, der andere so.)

damit die hier bestellte Integrationsbeauftragte sich dieses Themas annehmen kann und damit das immer noch nicht vorliegende neue Integrationskonzept auch auf die geschlechtersensible Arbeit ausgerichtet werden kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung. Frau Drese, Sie haben das Wort.

(Patrick Dahlemann, SPD: Frau Drese, wie viele Reden haben Sie denn noch heute?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Jeder Mensch soll in Mecklenburg-Vorpommern gleichberechtigt und ohne Angst vor Ausgrenzung und Anfeindung leben können. Das ist unser Anspruch innerhalb der Landesregierung und dafür stehen wir geschlossen ein. Deshalb sind der Antrag und das vorgebrachte Thema, die geschlechtersensible Arbeit mit Geflüchteten zu stärken, gleich in mehrfacher Hinsicht wichtig. Ich freue mich sehr, in diesem Rahmen Auskunft über die bisherigen Umsetzungen und aktuellen Aktivitäten geben zu können.

Gleich am Anfang möchte ich zu bedenken geben, dass die im Antrag geforderten neuen Strukturen zur Verbesserung der geschlechterspezifischen Orientierung mit Geflüchteten allein wenig Auswirkung hätten, denn es sind Menschen, die in Strukturen arbeiten, und diese Akteure müssen im Fokus stehen, wenn es um die Frage nach dem kultur- und geschlechtsspezifischen Handeln geht. Dies schaffen wir in Form von Weiterbildung, im interkulturellen Dialog oder beim Ausbau von Netzwerken zwischen den Betroffenen und zahlreichen Ansprechpartnern, die bereits in unserem Land existieren.

Solch ein personelles Bindeglied haben wir unter anderem mit unserer Integrationsbeauftragten Dagmar Kaselitz geschaffen.

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

Mit ihrem großen Engagement und der Etablierung beziehungsweise Unterstützung von Stellen auf kommunaler Ebene wurden bereits wichtige Schritte im Bereich der Integration getan. Hinzu kommen die bestehenden Angebote für eine gelingende gesellschaftliche Partizipation. Zentral sind dabei die Leistungen, die die Träger der Migrationsberatung, der Jugendmigrationsdienste und der Integrationsfachdienste Migration sowie der Flüchtlingsrat und die Migrationsvereine unter dem Dach von MigraNet-MV bieten. Ihnen allen gilt mein Dank, denn sie sind eine tragende Säule und große Unterstützung für alle Migrantinnen und Migranten im Hinblick auf persönliche, berufliche und soziale Belange.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Landesregierung ist sich der enormen Bedeutung der kulturellen und gesellschaftlichen Anschauungen von Geflüchteten im Pro- zess der Integration und des gemeinsamen Zusammenlebens bewusst. Die Vermittlung unserer Werte und Normen ist daher integraler Bestandteil unserer Integrationspolitik. Dazu gehören selbstverständlich auch geschlechter- und gendersensible Themen.

So setzen wir uns für einen gendersensiblen Gewaltschutz in Gemeinschaftsunterkünften ein. Die Maßnahmen und Konzepte zum Gewaltschutz beinhalten auch

einen räumlichen Schutz von Frauen, Kindern und anderen schutzbedürftigen Personen. Das Betreuungspersonal in den Flüchtlingsunterkünften wird durch geeignete Angebote zum Erkennen von und dem Umgang mit besonders Schutzbedürftigen sensibilisiert. Wenn aufgrund von geschlechtsspezifischer Gewalt eine schnelle landesinterne Umverteilung von zentral und dezentral untergebrachten Asylsuchenden notwendig wird, können über die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise in Fällen häuslicher Gewalt geeignete Lösungen gefunden werden und gegebenenfalls kann eine bedarfsgerechte Umverteilung von Personen erfolgen. Die Frauenhäuser stehen zudem ausdrücklich auch für geflüchtete Frauen und deren Kinder offen. Darüber hinaus wurden in Stern Buchholz 2017 weitere separate Unterkünfte, sogenannte Schutzhäuser, für allein reisende Frauen eingerichtet.

Im Rahmen der von UNICEF und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ins Leben gerufenen Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ wurden in Flüchtlingsunterkünften in Mecklenburg-Vorpommern Gewaltschutzkoordinatorinnen und -koordinatoren eingestellt und Schutzkonzepte mit Mindeststandards entwickelt. Ziel der Initiative ist es, die Sicherheit von schutzbedürftigen Personen in Gemeinschaftsunterkünften weiter zu verbessern. Unsere Landesintegrationsbeauftragte Dagmar Kaselitz setzte sich maßgeblich dafür ein, dass nach Beendigung des Projektes im vergangenen Herbst Mecklenburg-Vorpommern mit in die bundesweite Evaluierung einbezogen wird. Künftig ist hier ein weiterer Fachaustausch geplant und ich freue mich sehr, dass als Ergebnis der Initiative die Einrichtungen, die Gewaltschutzkonzepte eingeführt haben, diese auch weiter nutzen.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit agieren die Gebietskörperschaften in kommunaler Selbstverwaltung. Die in der Jugendhilfe aufgebauten Angebote haben sich etabliert und werden trotz deutlich rückläufiger Zahlen bei den unbegleiteten minderjährigen Ausländern beibehalten, sodass ein gleichberechtigter Zugang von Mädchen und Jungen mit unterschiedlichen Interessen und unabhängig von Herkunft und Religion gewährleistet ist.

Der vom Land geförderte Landesjugendring M-V reagierte bereits 2016 zum Beispiel umgehend mit dem Projekt „Flucht und Jugend“ auf die Bedarfslage aufgrund des Anstieges der Zahl der jungen Geflüchteten. Darüber hinaus wurde 2017 ein Austausch für mit jungen Geflüchteten arbeitenden Fachkräften realisiert. Das weitere 2017 initiierte dreijährige Projekt „Jugend kommt an“ wurde durchgeführt, um zugewanderte Jugendliche verstärkt in die Jugend- und Jugendverbandsarbeit einzubeziehen, interkulturelle Öffnung in den Jugendverbänden voranzutreiben, regionale Akteure in Dialogen zusammenzuführen und Vorurteile abzubauen.

Darüber hinaus haben die Gebietskörperschaften unterschiedliche Netzwerke etabliert, in denen haupt- und ehrenamtliche Akteure zusammenfinden und sich zum stetigen Fachaustausch treffen. Zudem gibt es in Mecklenburg-Vorpommern aktuell 17 Beraterstellen des bundesgeförderten Jugendmigrationsdienstes, der junge Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von 12 bis 27 Jahren bedarfsgerecht fördert, um ihnen die schulische, berufliche und soziale Eingliederung zu erleichtern. Sie sehen also, im Rahmen der Jugendhilfe stehen be

reits viele Ansprechpartner und Angebote zur Verfügung, die ausdrücklich auch genderreflektiert sind.

(Heiterkeit bei Holger Arppe, fraktionslos)

Sehr geehrte Damen und Herren, in unserer vielfältigen und bunten Gesellschaft werden auch die spezifischen Bedürfnisse von zugewanderten Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, transsexuellen und intergeschlechtlichen Menschen, kurz LSBTI, mit Migrationshintergrund berücksichtigt. Der Landesverband der Lesben und Schwulen Mecklenburg-Vorpommern setzt sich seit Jahren mit einzelnen Vereinen und Verbänden für den Schutz geflüchteter LSBTI ein. Kontinuierliche Fortbildung der einzelnen Mitarbeiter in den Anlaufstellen sowie Informationsweitergaben, auch durch den Bundesverband, werden durch den Landesverband organisiert. Dazu gehören zum Beispiel Fachtagungen rund um das Bundesprojekt „Queer Refugees Deutschland“, dem vier Partnerorganisationen in Mecklenburg-Vorpommern an- gehören.

Ein schönes Engagementbeispiel ist hier der Verein SCHuLZ e. V. in Wismar. Er betreut seit mehreren Jahren Menschen verschiedener sexueller und geschlechtlicher Identitäten mit Migrationshintergrund und bemüht sich um die Betreuung und Beratung von dezentral untergebrachten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und anerkannt Schutzberechtigten im Landkreis Nordwestmecklenburg. Das ist vorbildlich, meine Damen und Herren.

Gendersensibilität ist natürlich auch eine Handlungsgrundlage in der pädagogischen Arbeit mit Kindern, um die Chancengleichheit aller Kinder, ihre individuelle Förderung und den Ausgleich von Benachteiligungen zu gewährleisten. Wir wollen als Landesregierung, dass die Öffnung der Schulen und die Etablierung einer Empfangs- und Willkommenskultur, die den Anforderungen gendersensibel gerecht wird, weiter vorangetrieben werden. So werden in den Fort- und Weiterbildungsangeboten in den Bereichen „Deutsch als Zweitsprache“, „sprachsensibler Fachunterricht“ sowie „interkulturelle Bildung und Erziehung für pädagogische Fachkräfte“ gendersensible Fragestellungen berücksichtigt.

Zu Ihrem Antrag, die Ergebnisse der Genderforschung in den Lehrplänen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte stärker zu verankern, verweise ich darauf, dass die Ausgestaltung der Studienprogramme und Curricula zu den Studiengängen „Soziale Arbeit“ und „Sozialpädagogik“ der autonomen Regelungskompetenz der Hochschulen unterliegt. Die gendersensible Weiterbildung der Fachkräfte in diesem Arbeitsbereich obliegt den jeweiligen Arbeitgebern.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Integrationspolitik meines Hauses beachtet stets auch genderspezifische Belange, will sie generell stärken und berücksichtigt sie auch im Rahmen der Projektförderung. Der Integrationsfonds des Landes ermöglicht es, frauenspezifische und gendersensible Projekte zu initiieren. Ein gutes Beispiel dafür ist das Anbringen mehrsprachiger Informationen in Bussen in der Hansestadt Wismar zu Schutzangeboten wie das bundesweit kostenlose Hilfetelefon für Frauen.

Ein weiteres Integrationsfondsprojekt ist die Ausstrahlung einer arabisch- und englischsprachigen regelmäßigen Radiosendung, welche durch Rostockerinnen und Rostocker mit Migrationshintergrund und anerkannte Ge

flüchtete aus Rostock realisiert wird. Durch die wöchentliche Ausstrahlung der Sendung sollen Arabisch sprechende Menschen Radio in ihrer Sprache hören können. Dadurch erhalten sie Informationen über grundlegende Verhaltensweisen und Regeln, Rechte und Pflichten, Gendergrundsätze sowie über berufsorientierende Maßnahmen und Wohnungsangebote.

Auch möchte ich noch das Integrationsfondsprojekt der Initiative „Demokratie leben!“ nennen. In deren interkulturellen Frauenseminaren können sich Frauen aus verschiedenen Kulturen begegnen, es wird der interkulturelle Austausch von geflüchteten Frauen gefördert. Dabei geht es etwa um die Auseinandersetzung mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bedanke mich für das Interesse der Fraktion DIE LINKE an der gendersensiblen Arbeit mit Geflüchteten. Ich hoffe, ich habe Ihnen darlegen können, dass die Landesregierung dieses Politikfeld intensiv bearbeitet hat und auch weiter im Blick haben wird, und ich versichere Ihnen, es wird auch in Zukunft ein Schwerpunkt unserer Integrations- und Genderpolitik sein. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Torsten Renz, CDU: Und was ist jetzt mit dem Antrag? – Zuruf von Ministerin Stefanie Drese)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete de Jesus Fernandes.

(Unruhe bei Thomas Krüger, SPD, und Torsten Renz, CDU – Burkhard Lenz, CDU: Bitte seid ruhig!)

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Abgeordnete! Liebe Bürger im Lande!

Also zuallererst hat mich das schwer beeindruckt, Frau Drese. Das ist ja Wahnsinn, was in diesem Bereich getan wird und was für Aufwendungen, für Mittel und Personen in Bewegung gesetzt werden, um die Herausforderung, die immer noch im Raum steht, mit den vielen Migranten zu bewältigen. Dasselbe Engagement hätte ich mir gewünscht für unser Bildungssystem,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

für unsere Kinder und überhaupt für die ganzen sozialen Belange in diesem Land.

(Thomas Krüger, SPD: Tun wir!)

Das wäre doch toll.

Was mich interessieren würde,

(Thomas Krüger, SPD: Genau das machen wir.)

und vielleicht können Sie das ja nachreichen,

(Zuruf von Elisabeth Aßmann, SPD)

Frau Drese, alles das, was Sie hier vorgetragen haben, was wir in diesem Bereich für Migranten machen und mit

dieser Problemlage, für all dieses, das hätte ich doch gern mal beziffert. Vielleicht können Sie ja mal den Kostenrahmen seit 2015 dafür offenlegen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Torsten Renz, CDU: Da können Sie ja eine Kleine Anfrage machen. – Ministerin Stefanie Drese: Da wissen Sie ja, wie das geht, uns damit zu beschäftigen.)

Meine Damen und Herren, als Erstes habe ich gedacht, als ich diesen Antrag gelesen habe, da ist doch aus Versehen die Aschermittwochsrede reingerutscht als Antrag der LINKEN. Aber dann habe ich mal gegoogelt, wofür DIE LINKEN eigentlich stehen, und siehe da, da gibt es zum Beispiel die Frauenarbeitsgemeinschaft LISA,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

die seit geraumer Zeit den Ton in der Linkspartei angibt.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Und wissen Sie, was die wollen?