Protocol of the Session on March 13, 2019

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3248. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3248 bei Zustimmung der Fraktion Freie Wähler/BMV, Gegenstimmen der Fraktionen von SPD, CDU und AfD und Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

(Zuruf von Jörg Kröger, AfD)

Okay, ich wiederhole: und einigen Enthaltungen bei der Fraktion der AfD abgelehnt.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3244 zur federführenden Beratung an den Innen- und Europaausschuss sowie zur Mitberatung an den Rechtsausschuss sowie den Sozialausschuss zu überweisen. Wer möchte diesem Überweisungsvorschlag zustimmen? – Danke schön. Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE, AfD und der Fraktion Freie Wähler/BMV und Gegenstimmen der Fraktionen von SPD und CDU abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3244. Hierzu ist beantragt worden, über die Ziffern 1 bis 3 des Antrages einzeln abzustimmen.

Wer der Ziffer 1 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3244 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3244 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und Freie Wähler/BMV, Gegenstimmen der Fraktionen von SPD und CDU und Stimmenthaltung der Fraktion der AfD abgelehnt.

Wer der Ziffer 2 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3244 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 2 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3244 bei gleichem Stimmverhalten abgelehnt.

Wer der Ziffer 3 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3244 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 3 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3244 ebenfalls bei gleichem Stimmverhalten abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Abgeordnete Förster hat nach unserer Geschäftsordnung Paragraf 88 um die Möglichkeit zur Abgabe einer persönlichen Erklärung gebeten.

Bitte, Herr Förster, Sie haben das Wort.

In der Aussprache hat mir die Abgeordnete Frau Tegtmeier vorgehalten, ich hätte den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes als ideologiebehaftet kritisiert. Ich gehe davon aus, dass das hier ein Missverständnis ist und dem keine böswillige Falschinterpretation zugrunde liegt. Es ist aber nicht richtig. Ich habe ausgeführt, dass auch die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes oder Beschlüsse und die Entscheidungen kritisiert werden dürfen. Und das habe ich getan und habe ganz allgemein gesagt,

(Andreas Butzki, SPD: Wir haben ja ein Protokoll. Wir haben ja ein Protokoll.)

dass in der Vergangenheit auch Urteile oder Entscheidungen ergangen seien, die ideologiebehaftet waren.

(Zurufe von Martina Tegtmeier, SPD, und Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Aber gerade diesen Fall, diesen Beschluss, mit dem ich mich auseinandergesetzt habe, habe ich zwar kritisiert, aber auch nicht beanstandet. Ich habe auch das Wort „beanstandet“ bewusst vermieden. Ich habe es kritisiert, vor allem wegen der praktischen Auswirkung, aber da war nicht ein Funken bei meiner Kritik, den man als ideologiebehaftete Begründung an dem Vorwurf ansehen könnte.

(Andreas Butzki, SPD: Wir lesen nach. Wir lesen nach. – Martina Tegtmeier, SPD: Das Wort habe ich gehört.)

Aber in anderem Zusammenhang, das möchte ich hier klarstellen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften, auf Drucksache 7/3240.

Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (Erste Lesung) – Drucksache 7/3240 –

Das Wort zur Einbringung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bringen heute den Gesetzentwurf zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes ein. Worum geht es uns? Es geht uns als Linksfraktion um eine wohnortnahe, bürgerfreundliche Erreichbarkeit von Gerichten, die aus unserer Sicht Voraussetzung für einen funktionierenden Rechtsstaat sind.

Zu den Hintergründen: Wie kam es überhaupt, dass wir heute Zweigstellen et cetera haben? Vor über fünf Jah

ren beschlossen wir hier im Landtag eine Gerichtsstrukturreform. Trotz einer erfolgreichen Volksinitiative und eines erfolgreichen Volksbegehrens entschied sich dieser Landtag dazu, die Amtsgerichte von 21 auf 10 zu reduzieren, 6 der ehemaligen Amtsgerichte sollten Zweigstellen werden. Meine Fraktion war damals entschieden gegen diese Reform. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle nicht die alten Debatten wieder aufwärmen. Uns geht es heute in dem vorliegenden Gesetzentwurf ausschließlich um die Zweigstellen und ihre Rückumwandlung zu Vollgerichten.

Wenn wir über diesen Punkt diskutieren, so meinen wir, hilft es uns, wenn man sich vielleicht noch einmal vergegenwärtigt, wie diese Zweigstellen überhaupt entstanden sind.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Das hat ja mit der alten Debatte gar nichts zu tun!)

In den Koalitionsverhandlungen 2011 zur 6. Legislaturperiode beschlossen SPD und CDU, die Strukturen der Amtsgerichte an die Kreisstrukturen anzupassen. Ich vermute mal, das geschah ohne vorherige Anhörung von Experten oder Sachverständigen.

Als es dann an die Umsetzung dieses Vorhabens ging, stellte man fest, dass es doch nicht ganz so funktionierte, wie man es sich erhofft hatte. In der Mecklenburgischen Seenplatte hätte man ein Präsidialgericht einrichten müssen, im Landkreis Vorpommern-Greifswald wären absurde Fahrstrecken nötig gewesen und auch manch Abgeordneter der Koalition wird interveniert haben, als ihm bewusst wurde, dass es auch das Amtsgericht in seinem Wahlkreis betreffen würde.

Eine Lösung musste also her und diese Lösung hieß „Zweigstelle“. Man nahm eine deutschlandweit gemiedene, unpopuläre Notfalllösung für absolute Ausnahmefälle und ernannte sie in Mecklenburg-Vorpommern zur Lösung aller Probleme. Man schuf die Regelzweigstellenlösung. Sieben der zehn Amtsgerichte in MecklenburgVorpommern haben jetzt eine Zweigstelle. Falls Sie sich wundern, warum sieben und nicht sechs, die Amtsgerichte Greifswald und Pasewalk teilen sich die Zweigstelle in Anklam.

Man versprach sich damals von der Zweigstellenlösung zwei Vorteile: Zum einen war man mit ihnen doch noch irgendwie mit dem Amtsgericht vor Ort bei den Bürgern. Bürgernähe und Rechtsstaatlichkeit glaubte man so wenigstens halbwegs gewährleisten zu können. Zum anderen sollten die Zweigstellen einen flexibleren Personaleinsatz ermöglichen. Das heißt, wenn ein Amtsgericht und eine Zweigstelle eine Verwaltungseinheit bilden, können Richter bei Engpässen zwangsweise abgeordnet werden und sich so gegenseitig vertreten. Diese Möglichkeit der zwangsweisen Abordnung haben wir seinerzeit heftig kritisiert. Viele Fachleute waren der Meinung, dass eine solche zwangsweise Abordnung möglicherweise verfassungswidrig ist, da sie in die Unabhängigkeit der Justiz eingreift. Richter sollen eben nicht versetzt werden können.

Neben diesen zwei Punkten sprachen aber noch andere Aspekte gegen die Regelzweigstellenlösung. Ich möchte das an dieser Stelle nicht vertiefen, sondern nur die Stichworte „hoher Verwaltungsaufwand“, „Aushöhlung der Zweigstelle“ und „unsicheren Fortbestand“ nennen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, man darf nicht vergessen, dass die Fachleute hier in Mecklenburg-Vorpommern, insbesondere auch der Richterbund, wussten, wovon sie sprechen. Bereits bei der ersten Gerichtsstrukturreform 1998 wurden hierzulande Zweigstellen in größerem Umfang eingeführt. Nur mal so nebenbei: Alle Zweigstellen von damals sind verschwunden, wurden nach und nach abgeschafft, geschlossen, es gibt sie nicht mehr.

(Torsten Renz, CDU: Ich denke, Sie wollten die alten Themen nicht wieder aufrollen?!)

Unsere Richterinnen und Richter waren also Experten in Sachen gerichtliche Zweigstellen. Aus diesen Gründen sahen wir die Gerichtsstrukturreform kritisch. Und in dieser Kritik sahen wir uns erneut in diesem Jahr bestätigt, als wir im Rechtsausschuss …

Herr Renz, vielleicht sollten Sie zuhören, dann verstehen Sie auch, was ich hier erzähle, und können das besser nachvollziehen.

In dieser Kritik sahen wir uns in diesem Jahr bei einer Anhörung im Rechtsausschuss, bei einem Expertengespräch zur Zukunftsfähigkeit der Justiz in MecklenburgVorpommern, bestätigt. Ein Thema war dabei die Gerichtsstrukturreform beziehungsweise die Zweigstellen. Während dieser Anhörung wurde unsere Kritik zu den Zweigstellen erneut vorgebracht von den Experten, von den Praktikern. Die Zweigstellenlösung wurde heftigst kritisiert. Das kam nicht unerwartet, aber zwei Punkte waren für mich besonders interessant.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Zum einen wurde mit der Umsetzung der Gerichtsstrukturreform vor knapp fünf Jahren begonnen. Die Probleme hinsichtlich der Zweigstellen sind nach wie vor die gleichen wie damals und sie sind auch nicht besser geworden, Stichwort „Verwaltungsaufwand“. Ich habe mich über die Jahre mit den verschiedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Gerichten unterhalten und habe kürzlich noch mal drei Amtsgerichte beziehungsweise ihre Zweigstellen besucht. Da wird teilweise Personal abgestellt, das dann fast ausschließlich damit beschäftigt ist, die Akten zwischen dem Amtsgericht und der Zweigstelle hin- und herzufahren. Dieser Aufwand, so die Mitarbeiter, findet keine Berücksichtigung bei der Personalbemessung.

Ein zweiter wichtiger Aspekt, der im Expertengespräch aufkam, war das Problem mit der zwangsweisen Abordnung zwischen den Standorten. Nach fünf Jahren muss man einfach resümieren, diese gibt es kaum bis gar nicht. Sogar freiwillig wird zwischen den Standorten nur in seltenen Fällen gewechselt. Das liegt einfach daran, dass die Standorte ihre Vertretungen innerhalb von sich selbst absichern. Für die Unabhängigkeit der Justiz ist es zwar gut, aber den großen vermeintlichen Vorteil der Zweigstellenlösung, den flexibleren Personaleinsatz, gibt es in der Praxis nicht.

Meine Damen und Herren, ich erinnere noch einmal daran, dass gerade dieser Aspekt mit einer der Hauptgründe für die Einführung der Zweigstellenlösung war. Als Resultat haben wir jetzt das interessante Phänomen, dass mit dem Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz größe

re Einheiten geschaffen werden sollten, um die Effizienz zu steigern, wir aber durch die Zweigstellen faktisch jetzt fast noch kleinere Einheiten haben als vorher.

Ich möchte nicht auf die Effizienz von kleineren Einheiten eingehen, aber Sie merken hoffentlich, dass die ursprüngliche Argumentation zur Einrichtung der Zweigstellen nicht mehr aufgeht. Damit gibt es keine Gründe mehr, an diesen Zweigstellen festzuhalten. Im Gegenteil, wir müssen jetzt umsteuern. Warum? Wie gesagt, ich war selbst noch mal bei den Zweigstellen Parchim, Neustrelitz und Neubrandenburg. Was mir dort erneut deutlich bewusst wurde, ist, dass erstens die Zweigstellen immer unsicher sind und damit wenig attraktiv für Richter, Rechtspfleger und Servicekräfte als Arbeitsort,

(Manfred Dachner, SPD: Sagen Sie mal ein Beispiel!)

und nein, ich rede hier nicht immer alles schlecht, sondern es sind die Bedenken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Herr Dachner, gehen Sie vor Ort, unterhalten Sie sich, dann würden Sie dasselbe hören!

Wenn Richter mir reflektieren, dass an ihrer Zweigstelle ursprünglich acht Richterinnen und Richter arbeiteten, zurzeit nur noch vier da sind und sie noch nicht wissen, durch wen der bald in den Ruhestand gehende Richter an dieser Zweigstelle ersetzt wird, so bedeutet das praktisch begründete Ängste, die dann einfach da sind.

Zweitens. Schaut man sich die einzelnen Zweigstellen an, frage ich mich, warum man da nicht die Sicherheit für Mitarbeiter schafft und diese Zweigstellen zu Vollgerichten erklärt. Dagegen überwiegen aus unserer Sicht die Nachteile, die mit dieser Zweigstellenlösung einhergegangen sind: längere Fahrten, Fahrtkosten, Mehraufwand für die Mitarbeiter in den Gerichten, für Polizisten, für Rechtsanwälte, für Staatsanwälte, aber vor allem die Gefahr der Aushöhlung der Zweigstellen und damit die Gefahr, dass die Gerichte und der Staat sich immer weiter aus der Fläche zurückziehen und der Bürger dann irgendwann zurückbleibt und sich fragt, wie komme ich denn zum nächsten Gericht, zur nächsten Zweigstelle.

Deshalb lassen Sie uns die Zweigstellenlösung mit dem Gesetzentwurf in den Ausschuss überweisen und dort darüber diskutieren. Ich bitte um Überweisung unseres Gesetzentwurfes. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von 210 Minuten vorzusehen.

(Torsten Renz, CDU: Sehr gut!)