Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich jetzt daran nicht persönlich erinnern, aber die Nachwirkungen habe ich in den 70er-Jahren noch kennengelernt. Mitte der 50er-Jahre führten die Gewerkschaften, damals in der alten Bundesrepublik Deutschland, einen massiven Kampf zur Einführung der 40-Stunden-Woche. Das war damals eine Durchschnittsarbeitszeit pro Woche der Beschäftigten in Westdeutschland von knapp 48 Stunden, und das bei vollem Lohnausgleich. Wofür die Gewerkschaften auch stritten – und deswegen führe ich das
hier heute an –, war die Einführung eines arbeitsfreien Wochenendes. Das Ganze, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lief unter dem Slogan, vielleicht kennt der eine oder andere von Ihnen den auch: „Samstags gehört Vati mir.“
60 Jahre später, gut 60 Jahre später würden wir an dieser Stelle wahrscheinlich sagen, wenn so ein Slogan auf den Tisch gelegt würde, ist das sexistisch, weil es nicht mehr die reale Arbeitswelt und vor allem die Vielzahl von berufstätigen Frauen in der Bundesrepublik Deutschland wahrnimmt. Aber weswegen ich das anspreche, ist nicht die Frage, ob dieser Slogan damals sexistisch war, sondern der Umstand, dass wir heutzutage in der Bundesrepublik Deutschland – das gilt nicht nur hier für Mecklenburg-Vorpommern, es ist eine Diskussion, die immer wieder gerade in touristisch geprägten Regionen in Gesamtdeutschland geführt wird – immer wieder nicht mal mehr über die Frage der Samstagsarbeit, egal, ob Vati, Mutti oder sonst wer, diskutieren, sondern, dass wir inzwischen auch immer darüber diskutieren, ob denn Sonntagsarbeit eigentlich der Regelfall sein soll.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich das an dieser Stelle mal so deutlich sage, zumindest für meine Person: Vielleicht bin ich so weit hinter der Zeit, aber das möchte ich dann an dieser Stelle auch bleiben, für mich persönlich ist Sonntagsarbeit keine Selbstverständlichkeit.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann höre ich immer wieder das Argument, na ja, es sind die Ärztinnen und Ärzte, Krankenpfleger, Feuerwehrleute, PolizistInnen und wer sonst noch alles für die Sicherheit und die Gesundheit in diesem Land für die Menschen am Wochenende tätig, und wenn die alle arbeiten, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann ist es doch eigentlich keine Frage, dann dürfte das eigentlich kein Problem sein, wenn die Verkäuferinnen und die Verkäufer im Einzelhandel auch tatsächlich alle arbeiten.
Wenn es nicht die Polizistinnen sind und wenn es nicht die Polizisten sind, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann sind es die Mitarbeiter/-innen, die Beschäftigten in den Gastronomieeinrichtungen.
Natürlich, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin nicht weltfremd, natürlich, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, haben wir einen gesellschaftlichen Wandel in den letzten Jahrzehnten, der weiter dazu führt, dass eben Sonntagsarbeit immer selbstverständlicher – aus meiner Sicht auch teilweise bedauerlicherweise – wird, aber es ist nun mal so. Aber wer auf der einen Seite – und ich will mal bei dem Beispiel der Krankenpfleger oder PolizistInnen bleiben – sagt, das ist doch selbstverständlich, dass die am Wochenende arbeiten, dann soll die Verkäuferin in ihrem Halbtagsjob oder im 450-Euro-Job, weil das häufig der Fall ist, bitte schön am Wochenende auch arbeiten, der macht nämlich eines damit deutlich: Er missachtet eigentlich den Wert der Leistung, den insbesondere einige, egal, ob es Ärzte, Krankenpfleger oder Feuerwehrleute sind, für diese Gesellschaft erbringen. Das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sollten sich die alle mal fragen, die tatsächlich diese Vergleiche ziehen.
Meine Damen und Herren, weswegen sage ich das? Es ist eben hier angesprochen worden, auch der Kollege Foerster hat es angesprochen, natürlich sind wir in diesem Land in einer Situation, in der wir uns in einem Spannungsverhältnis befinden. Auf der einen Seite haben wir die Interessen der Beschäftigten, ich lasse die Kirchen jetzt etwas außen vor, weil das ist noch ein anderer Schnack, wir haben die Interessen der Beschäftigten, aber wir haben natürlich auch – wir sind ein touristisch geprägtes Land – die durchaus berechtigten Interessen der einheimischen Wirtschaft, gerade in den touristischen Regionen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin schon lange in diesem Landtag und ich habe selbst daran mitgearbeitet, damals mit dem Kollegen Waldmüller und dem damaligen Staatssekretär Möller, aufseiten der Regierung und der Koalition, also der CDU, dass wir versucht haben, für das Ladenöffnungsgesetz – und das ist immer wieder die Grundlage für die Bäderverkaufsregelung – eine Grundlage zu schaffen, einen vernünftigen Interessenausgleich zu schaffen zwischen den berechtigten Interessen der Beschäftigten, den berechtigten Interessen der Unternehmen, aber natürlich auch der Gesamtgesellschaft. Ob das in jedem Punkt gelungen ist, das will ich jetzt mal dahingestellt sein lassen, aber das ist letztendlich auch die Grundlage für die heutige Diskussion, nämlich die Diskussion des neuen Entwurfes der Bäderverkaufsverordnung.
Und jetzt sage ich das an dieser Stelle auch mal ganz offen – ich finde es bedauerlich, dass der Wirtschaftsminister nicht da ist, ich hätte es lieber in seiner eigenen Anwesenheit gesagt, aber sein Vertreter kann das vielleicht auch mitnehmen –: Diese Bäderverkaufsregelung ist sicherlich nicht das Glanzstück der 30-jährigen Gesetzgebungsgeschichte der verschiedenen Wirtschaftsminister, ich will es mal so freundlich formulieren. Allein schon der Umstand – und die Diskussionen haben Sie auch an vielen Stellen sicherlich mitbekommen –, dass wir einen variablen Beginn der jeweiligen Regelungen haben, je nachdem, wann Ostern ist, ob es im April ist oder noch im März oder schon im März, je nachdem richtet sich im Grunde der Beginnzeitraum der Bäderverkaufsregelung, ist doch schwer vermittelbar. Aber wir wollen das mal alles außen vor lassen. Es ist und bleibt ein Kompromiss unter allen Beteiligten.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich könnte es mir jetzt einfach machen und dem Kollegen der AfD sagen, wir lehnen den Antrag allein schon deswegen ab, weil, wenn wir Ihrem Antrag zustimmen würden – und ein bisschen hat das auch der Innenminister in Vertretung des Wirtschaftsministers gesagt –, dann hätte das nur ein einziges Ergebnis: Egal, wann Ostern ist, in diesem Jahr würde es keine gültige Bäderverkaufsverordnung mehr für die einheimische Wirtschaft geben, weil wir bis Ende April, dann ist Ostern, sicherlich keine neue mehr zustande kriegen. Die Konsequenz wäre, wir würden zurückfallen auf die allgemeinen Regelungen des Ladenöffnungsgesetzes. Das sind je nachdem entsprechend vier oder acht Sonntage, die verkaufsfrei wären, das wäre es dann. Wer das möchte, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der soll diesem Antrag zustimmen. Ich werde es nicht tun, weil dann wird die Kritik der einheimischen Wirtschaft an denen, die dem zustimmen werden oder das hier beschließen wollen, wahrscheinlich noch größer werden als die Kritik, die ohnehin schon an der bestehenden Bäder
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will es mir aber nicht so einfach machen. Ich will mal tatsächlich auf die einzelnen Punkte des Antrages der Fraktion der AfD eingehen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann heißt es im ersten Absatz, dass allen Geschäftsinhabern die Öffnung „in der Zeit vom 15. April bis 30. Oktober“ respektive „15. März bis 30. Oktober“ – das ist übrigens das Gleiche, was im Entwurf der Bäderverkaufsregelung steht – ermöglicht werden soll. „Ausgenommen ist der gewerbliche Verkauf in Baumärkten, Möbelhäusern und Autohäusern.“ Herr Minister Caffier ist darauf eingegangen, dass das doch identisch wäre mit dem Entwurf der Bäderverkaufsverordnung. Das ist aber nicht der Fall, das ist nicht der Fall.
„Ausgenommen ist der gewerbliche Verkauf in Baumärkten, Möbelhäusern und Autohäusern.“ Das steht in Ihrem Antrag, ja. Habe ich recht? Ich habe recht.
das ist nämlich nur der erste Punkt im Entwurf. Was auch ausgenommen wurde in der entsprechenden Bäderverkaufsverordnung, ist der Verkauf von Haushaltsgeräten wie Kühlschränke, Geschirrschränke, Herde, Waschmaschinen, Geschirrspülmaschinen, Wäschetrockner, Lampen, Staubsauger. Dann wird keine Informationstechnik und Unterhaltungstechnik verkauft, keine Computer, Laptops, es sollen keine Autoersatzteile verkauft werden, Baumaschinen übrigens auch nicht, keine lebenden Tiere et cetera, et cetera.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich sehe es gerade vor mir, die Massen an Touristen, die in dieses Land strömen, um Baumaschinen, Wäschetrockner oder Ähnliches zu kaufen.
Und warum man dann, sehr geehrte Kollegen der AfD, sich hinstellen will, um das rauszunehmen, das entzieht sich mir dann allerdings wirklich.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich auf den zweiten Punkt eingehen. Dann wird da gesagt, jetzt zitiere ich mal vorsichtshalber – nicht, dass der Kollege Lerche sich wieder missverstanden fühlt – den Gesamttext dieses Punktes: „Die Möglichkeit, in der Nebensaison an Sonntagen dem gewerblichen Verkauf nachzugehen, sofern die Sonntage keine geschützten Feiertage sind, ist zusätzlich auf inhabergeführte Geschäfte zu erweitern, in denen ausschließlich die Inhaber mit etwaigen Familienangehörigen das Geschäft betreiben.“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zumindest habe ich offensichtlich richtig zitiert, jetzt ist schon die Frage: Was ist denn überhaupt ein Angehöriger? Eine Definition gibt es hier nicht. Eine Definition – das muss ich Ihnen übrigens zugutehalten – gibt es auch nicht im Ladenöffnungsgesetz. Das ist ein Manko dieses Gesetzes, das gebe ich zu, weil, allerdings gilt das dann nur an dem einen Tag im Jahr, nämlich am 1. Mai, an allen anderen Tagen spielt das keine Rolle, denn es gibt nirgendwo im deutschen Zivilrecht eine Definition, was Angehörige sind. Von Verwandten wird da gesprochen, das ist nicht der Punkt, aber nicht von Angehörigen.
Jetzt machen wir das mal so, wie Juristen das gern tun. Wir gucken mal, was in anderen Gesetzen einschlägig ist. Im Strafgesetzbuch gibt es da eine entsprechende Definition von Angehörigen. Dann zitiere ich Ihnen das auch mal, zitieren macht manchmal Spaß. Da heißt es im Paragrafen 11 StGB, also in Bezug auf Angehörige: „Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte“, auch im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes, „Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist“.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das stelle ich mir jetzt nur einmal vor. Da muss – das ist jetzt ein unparlamentarischer Ausdruck – die arme Sau von der Gewerbeaufsicht,
die geht am Sonntag los und muss dann kontrollieren, ob da möglicherweise irgendwann zu irgendeinem Zeitpunkt irgendein,
nein, nicht Verwandtschaftsverhältnis, sondern Angehörigenverhältnis bestanden hat, das möglicherweise dazu führt, dass nach den Vorstellungen dieses Antrages tatsächlich dort der Inhaber oder die eventuellen Angehörigen dieses Geschäft betreiben können. Das kann doch wohl nicht ernst gemeint sein!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann lassen Sie mich auch zu dem dritten Punkt kommen. Herr Minister Caffier hat es hier angesprochen, in der Ziffer 3 des Antrages geht es dann darum, dass auch Tagestouristen an zentralen Orten berücksichtigt werden sollen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, da kann man vielleicht mal in der Perspektive sogar darüber diskutieren, wie man tatsächlich den touristischen Bedarf in einem Ort feststellt, aber einfach mal zu sagen, na ja, wir berücksichtigen auch Tagestouristen, da frage ich mich dann: Wie stellen wir die denn dann fest? Ist das jeder, der da einmal durchfährt? Ist das jeder, der da durchfährt und tankt, oder muss der einkaufen oder irgendeine Einrichtung besuchen?
Sehr geehrter Herr Kollege Lerche, vielleicht ist es besser, bevor Sie irgendwelche Anträge einreichen, dass Sie oder Ihre Referenten sich tatsächlich mal die Mühe machen, das durchzudenken, dann brauche ich mir hier nicht die Mühe zu machen, das auseinanderzunehmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Kollege Schulte, Sie haben es selbst gesagt, Sie haben einen unparlamentarischen Ausdruck verwendet, den ich natürlich zurückweisen muss
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich muss zugeben, Herr Schulte, mir war das jetzt gerade ein kleines bisschen zu abstrakt, was Sie ausgeführt haben, und die Beispiele ein bisschen zu weit weg von der Realität.
Ich möchte jetzt gern mal wieder ein bisschen mehr in die Praxis zurückkommen. Bei der Praxis stelle ich mindestens schon mal zwei, wahrscheinlich dann drei Punkte fest, die mir einfach an der jetzigen Bäderverordnung nicht gefallen. Der Antrag der AfD greift insofern ein sehr wichtiges Thema auf. Wir werden ihm trotzdem nicht zustimmen, sondern uns der Stimme enthalten, weil wir mit dem Antrag insgesamt noch nicht zufrieden sind, aber das Thema ist wichtig.
Einen kleinen Punkt stelle ich jetzt mal an den Anfang, das ist Ostern. Wenn also Ostern tatsächlich in den März fällt, ist es klar geregelt. Wenn es in den April fällt, ist es auch klar geregelt, dann fängt es ab dem 15. April an. Was ist aber, wenn Ostern in der ersten Aprilhälfte ist? Dann bedeutet das, dass wir in den Osterferien keinen verkaufsoffenen Sonntag haben. Das ist ein handwerklicher Fehler, so etwas darf nicht passieren.