Protocol of the Session on January 24, 2019

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Für Lokalpatrioten ist der Wunsch nach einer eigenen staatlichen Hochschule in Schwerin verständlich. Als Landespolitiker müssen wir uns aber fragen, ob die Gründung einer solchen Hochschule im Interesse des Bundeslandes liegt.

Zunächst müsste geprüft werden, ob überhaupt ein Bedarf besteht. In Punkt II.2 des Antrages wird hier auf den pflegerischen, erzieherischen oder auch auf den MINT-Bereich verwiesen. Gewiss sind das die Berufsfelder, in denen ein Mangel an ausgebildeten Fachkräften besteht, der sich mit Sicherheit auch noch verschärfen wird, doch ist gleichfalls festzustellen, dass es anderenorts entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten in unserem Bundesland gibt, aber zu wenige Abiturienten derartige Studiengänge wählen beziehungsweise in großer Zahl auch wieder abbrechen. Nicht das Angebot an Studienplätzen ist das Problem, sondern das Angebot geeigneter Studenten. Aus diesem Grunde wurden auch schon Studiengänge wieder geschlossen, zum Beispiel das Bauingenieurwesen in Neubrandenburg.

Hinzu kommt, dass gerade in klassischen Ausbildungsberufen, die kein Studium erfordern, Bewerber in großer Zahl fehlen. Es würde also der Überakademisierung durchaus Vorschub leisten, wenn wir mit zusätzlichen Studienplätzen Abiturienten zu einer Hochschulausbildung ermuntern, während sie anderenorts dringender gebraucht werden.

Der Antrag der LINKEN legt Wert darauf, zu betonen, dass die Gründung einer Schweriner Hochschule nicht zulasten anderer Hochschulstandorte gehen dürfe. Es wäre also eine quantitative Vergrößerung des landesweiten Studienangebotes und dadurch mit entsprechend höheren Finanzmitteln insgesamt für die Hochschulen verbunden. Doch schon jetzt klagen die Hochschulen über unzureichende Finanzierung. Eine neu zu schaffende Hochschule würde schon bei ihrer Gründung erhebliche Mittel verschlingen. Man denke nur an die benötigten Gebäude, die Einrichtung einer Hochschulbibliothek und die laufenden Personalkosten et cetera pp. Und auch der Schweriner Wohnungsmarkt wäre betroffen. All das ist in dem vorliegenden Antrag nicht durchgerechnet. Damit geht er leider an der Realität ein Stück weit vorbei, oder man könnte auch sagen, er ist vielleicht ein Auszug aus einem Wunschzettel.

Die Begründung des Antrages bewegt sich relativ allgemein beziehungsweise eigentlich ziemlich allgemein, denn wenn die Begründung sagt, eine Hochschule hat einen großen Nutzen für jede Stadt und Region, dann ist

das eine Aussage, der niemand widersprechen wird. Lediglich der Hinweis, dass Schwerin die einzige Landeshauptstadt in der Bundesrepublik ist, die keine eigene Hochschule besitzt, gibt durchaus zu denken. Nun ist Schwerin allerdings auch die nach Einwohnern kleinste Landeshauptstadt in der Bundesrepublik, und sie hat ja durchaus mehrere Hochschulen, wenn auch keine staatlichen.

Sehr geehrte Damen und Herren, eine Hochschule lässt sich nicht einfach aus dem Boden stampfen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: So schlau sind wir auch.)

Die Hochschullandschaft sollte organisch aufgrund des Bedarfs wachsen und nicht infolge dirigistischer Maßnahmen. In Anbetracht dieser Gründe lehnen wir derzeit den Antrag der Fraktion DIE LINKE ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Franz-Robert Liskow.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte gerne auf der Besuchertribüne noch die Freunde und Förderer des Hochschulfördervereins begrüßen

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

und auch den Geschäftsführer der IHK zu Schwerin, Herrn Eisenach. Herzlich willkommen!

Ich muss leider unterbrechen, denn wir hatten vereinbart, dass Begrüßungen von wem auch immer auf der Besuchertribüne dem Präsidium obliegen.

(Tilo Gundlack, SPD: Das ist nicht das erste Mal.)

Trotzdem ist es doch ein schönes Zeichen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die jungen Wilden! Die jungen Wilden!)

dass es den Zuschauern sehr wichtig ist, zu diesem Thema bei uns in der Debatte zu sein. Von daher freue ich mich, dass wir jetzt intensiv über das Thema reden können.

(Thomas Krüger, SPD: Na, dann mal los!)

Die Stadtvertretung der Stadt Schwerin hat am 03.12. einen Antrag verabschiedet, der genau das Thema des Antrages der Fraktion DIE LINKE aufgreift. Die Stadtvertreter haben den Oberbürgermeister beauftragt, Schwerin als Hochschulstandort ins Gespräch zu bringen. Dies ist ein Anliegen, welches ich für eine Stadt als Verwaltungssitz eines Bundeslandes grundsätzlich nachvollziehen kann. Ich frage mich allerdings, ob der Weg, den die Fraktion DIE LINKE hier eingeschlagen hat, dem Anliegen nicht eher schadet, als dass es ihm nutzt. Das Anlie

gen der Stadtvertretung wurde interfraktionell beantragt und auch verabschiedet. Der Bürgermeister hatte rein praktisch gesehen seit dem Beschluss kaum Gelegenheit, diesem nachzukommen und in Gespräche einzutreten, obwohl die Bildungsministerin ja gerade erwähnt hat, dass der Oberbürgermeister es schon versucht hat und dort auch Gespräche aufgenommen hat. Dennoch benutzt die Fraktion DIE LINKE dieses Ansinnen, um hier politisch Kapital daraus zu schlagen und sich an die Speerspitze der Bewegung zu stellen. Gespräche mit meiner Fraktion zu diesem Thema mit dem Ansinnen eines gemeinsamen Antrages haben zumindest bisher nicht stattgefunden.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Fragt ihr uns immer?)

Schauen wir uns also erst mal die Faktenlage an:

(Henning Foerster, DIE LINKE: Fragt ihr uns immer?)

Rein von den Zahlen her stagnieren die Studierendenzahlen in Mecklenburg-Vorpommern seit ein paar Jahren auf gleichbleibendem Niveau. Die Zahlen legen also nicht automatisch nahe, dass es in Schwerin einer Hochschule bedarf, aber sie schließen es auch nicht aus.

Ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE denn für dieses Anliegen zielführend? Ich denke, eher nicht. Es müssen sehr viele Gespräche geführt werden, vor allem mit den bereits bestehenden Hochschulen. Es muss herausgefunden werden, ob es Sinn macht, eine eigene Hochschule in Schwerin zu etablieren, oder ob es nicht sinnvoller wäre, einen Außenstandort zu errichten, welche Fachrichtung dann sinnvollerweise in Schwerin untergebracht werden könnte, oder eben, ob diese Umsetzung an praktischen Überlegungen scheitern wird.

Es bedarf also eines durchdachten Konzeptes, es bedarf einer Reihe von Gesprächen mit der Landesregierung, mit den Behörden, mit den Hochschulen, denn was aus meiner Sicht auf keinen Fall eintreten darf, ist eine Schwächung der bestehenden Hochschulstandorte. Was in dieser Situation wirklich nicht hilfreich ist, ist ein Ausscheren und ein Eindruck der fehlenden Geschlossenheit der Initiatoren. Sie haben dem Oberbürgermeister bisher keine Zeit für Gespräche gegeben, und manchmal ist der Weg mit dem Kopf durch die Wand einfach nicht der, der in das nächste Zimmer führt.

Ich möchte deshalb noch mal klarstellen, dass meine Fraktion das Ansinnen der Stadtvertretung nicht pauschal ablehnt, aber meine Fraktion ist an Gesprächen mit allen Beteiligten interessiert. Meine Fraktion ist an allen Meinungen interessiert und wir werden hier keine Vorfestlegung treffen, die vielleicht zum Nachteil eines Beteiligten führen würde. Meine Fraktion hat schon erste Gespräche zu dem Thema geführt. An diesem Thema werden wir auch weiterhin festhalten und für Schnellschüsse sind wir nicht zu haben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Stamer.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt kommt eine unterstützende Rede.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In Ihrem Antrag fordern Sie zwei Dinge: zum einen, Verhandlungen über die Zielvereinbarungen der Hochschulen frühzeitig zu beginnen, und zum anderen, Schwerin als Hochschulstandort zu berücksichtigen. Der Prozess zur Abstimmung der Zielvereinbarungen der Hochschulen wurde bereits vom Ministerium angestoßen. Die Hochschulen sind aufgefordert, ihre Anteile zuzuarbeiten. Die Aufforderung zum Handeln, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren, ist daher überflüssig.

Weiterhin sagen Sie in Ihrem Antrag, dass eine staatliche Hochschule in Schwerin dringend erforderlich sei. Dringend erforderlich ist dies allerdings nicht, höchstens wünschenswert. Es ist ja nicht so, als wären in Schwerin derzeit keine Möglichkeiten zur Hochschulbildung vorhanden. Unsere Bildungsministerin hat Ihnen hierzu Beispiele genannt.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Kenne ich selber, vielen Dank.)

Daher ist der Gedanke perspektivisch verständlich, aber derzeit nicht drängend.

Die Bedeutung der Hochschulen für dieses Land hat die Ministerin ebenfalls herausgestellt. Die Hochschulen liegen diesem Land am Herzen und sind für die weitere Entwicklung des Landes essenziell. So weit richtig. Mir wäre es aber ganz recht, wenn wir erst über die Stärkung der bestehenden Hochschulen reden könnten, bevor wir die Gründung einer neuen ins Auge fassen. Im Sinne eines effizienten Mitteleinsatzes erscheint es derzeit sinnvoller,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: An die Stärkung erinnern wir Sie dann.)

den bestehenden Bestand zu stärken. Frau Hesse hat bereits unter anderem über eine Erhöhung der Flexibilität beim Mitteleinsatz gesprochen.

Die Stadt Schwerin diskutiert die weitere Entwicklung des Hochschulstandorts bereits. Im letzten Jahr wurde der Oberbürgermeister, wie wir schon gehört haben, fraktionsübergreifend aufgefordert, erstens Gespräche zur weiteren Entwicklung des Hochschulstandortes zu führen – das hört sich schon mal anders an als in Ihrem Antrag –, zweitens bei den Hochschulen zu werben, Standorte nach Schwerin zu verlagern oder dort zu etablieren, und drittens ein Entwicklungskonzept zu erstellen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Genau.)

Ihr Antrag greift einer bislang kommunal geführten Diskussion vor und zieht das Thema, unreif, wie es zu diesem Zeitpunkt noch ist, auf Landesebene, wo es jetzt noch gar nicht hingehört. Die kommunale Ebene muss aus meiner Sicht hier zunächst ihren Wunsch nach einer Hochschule zu einem konkreten Plan weiterentwickeln. Hier sind eine Vielzahl von Fragen noch offen, um zum Beispiel Kannibalisierungseffekte zu vermeiden, Mitteleinsatz et cetera. Als einzige Fraktion versuchen Sie, dieses kommunale Thema, bei dem fraktionsübergreifend Einigkeit besteht, auf Landesebene zu ziehen. Dies

ist nichts anderes als eine plumpe Einmischung in den kommenden Kommunalwahlkampf und wird der Sache nicht gerecht. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt bin ich aber enttäuscht.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Foerster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schwerin ist unbestritten eine der schönsten Landeshauptstädte. Es liegt eingebettet in eine herrliche Seenlandschaft, verfügt über eine schöne Altstadt, ist gleichsam Kultur- und Sportstadt,

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

bietet Familien gute Bedingungen und hat sich auch als Wirtschaftsstandort durchaus gut entwickelt. Mit seinem Märchenschloss wird Schwerin es am Ende der gemeinsamen Anstrengungen vieler Akteure hoffentlich auch schaffen, UNESCO-Weltkulturerbe zu sein.

Wenn allerdings dann in diesem Jahr nicht nur aus Anlass der Kommunalwahlen bei den verschiedensten Veranstaltungen insbesondere junge Leute wieder Politik befragen, dann wird ein Thema ganz oben auf der Agenda stehen, denn sehr häufig wird die Frage, was unserer schönen Stadt noch fehlt, wie aus der Pistole geschossen mit „eine Universität“ oder „eine Fachhochschule“ oder „wenigstens ein Außenstandort einer solchen“ beantwortet. In der Vergangenheit hat sich durchaus auch die Kommunalpolitik in Schwerin schwer damit getan, dieses Ansinnen mit einer entsprechenden Priorität zu behandeln. Zu tief saßen offenbar alte Vorbehalte, zu viele andere Herausforderungen forderten die Aufmerksamkeit der Stadtvertretung. Da ich zur Wendezeit selbst noch gar kein Schweriner war, will ich das heute auch gar nicht bewerten, sondern mich stattdessen darauf konzentrieren, dafür zu werben, Schwerin als Hochschulstandort endlich ernst zu nehmen und perspektivisch auch zu stärken. Und ich will mich auch nicht an den Dingen abarbeiten, die jetzt, ich sage mal, aus polittaktischen Gründen hier geäußert worden sind, was die Motivation meiner Fraktion angeht, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen.