Protocol of the Session on December 13, 2018

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das war aber weit hergeholt!)

Da brennen also die Lichter an unseren Straßenlaternen und das ist irritierend für Insekten. Sie wollen geradeaus fliegen und orientieren sich an schwachen, weit entfernten Lichtquellen wie dem Mond, zu dem sie sich im Flug rechtwinklig ausrichten. Bei einer Lichtquelle, die sehr nahe ist, führt es dazu, dass die Tiere auf eine Kreisbahn geraten.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Dieses Problem ist so alt wie künstliche Beleuchtung und die ist nach den zeitlichen Maßstäben der Evolution für Insekten noch immer eine unverstehbare Neuigkeit.

Da die Beleuchtung aus Gründen der Einsparung elektrischer Energie vermehrt auf LED umgestellt wird, verschärft sich dieses Problem, weil die Farbtemperatur des LED-Lichts noch stärker den nächtlichen natürlichen Lichtquellen ähnelt. Die Bemühungen der Technik, diesem Umstand abzuhelfen, kann man begrüßen. Im letzten Jahrzehnt wurde mit öffentlicher Förderung massiv in die Umstellung auf LED-Beleuchtung investiert. Die Umstellung sollte auch wegen der wesentlich längeren Betriebsdauer zu finanziellen wie energetischen Einsparungen führen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Leute! Leute!)

Mit dieser Begründung entschieden sich die Kommunen dazu, ihre Eigenanteile aufzubringen. Hier ist also in nächster Zukunft nicht mehr viel zu ändern. Gleichwohl kann man bei der Neuausrüstung die Vorgabe „warmweißes Licht“ machen. Der Trend geht ohnehin in diese Richtung. Aus technischen Gesichtspunkten muss das also nicht zwingend auf gesetzlichem Wege forciert werden. Die Regierungsparteien bleiben in ihrem Antrag, was die finanziellen Auswirkungen auf den Landeshaushalt angeht, ohnehin im Ungefähren und wollen am Ende wahrscheinlich alles auf die EU abschieben. Es würde mich interessieren, inwieweit es an dunklen Orten mehr Insekten gibt als an Orten im hellen Lichtbereich.

(Tilo Gundlack, SPD: Am besten mal hinstellen! Am besten mal hinstellen!)

Weiß keiner.

Kommen wir zum Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV. Wir haben schon einmal einen ähnlichen Antrag hier im Landtag behandelt, weshalb ich zum Teil auf meine damalige Rede zurückgreifen kann.

Gibt es tatsächlich so viel weniger Insekten, wie es insbesondere durch die Presse und Umweltverbände behauptet wird? Auslöser war die im Antrag erwähnte Studie der Krefelder Forscher.

(Thomas Krüger, SPD: Nein, das ist nicht wahr!)

Über knapp drei Jahrzehnte hinweg haben in erster Linie Hobbyforscher an 63 Orten in Schutzgebieten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg Insekten gefangen und ihre Biomasse erfasst.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Es war so, Herr Krüger!

(Andreas Butzki, SPD: Bei welchem Antrag?)

Dabei stellten sie einen angeblichen Rückgang der Biomasse um bis zu 76 Prozent fest.

Nun gibt es einige Kritikpunkte an der Methode. So wurde zum Beispiel nicht kontinuierlich an den jeweiligen Orten gemessen, teilweise erfolgte nicht mal eine Wiederholungsmessung an ein und demselben Ort. Nicht ohne Grund wurde diese Studie vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung aus Essen als Unstatistik des Monats deklariert. Dennoch ist die Tendenz klar: Die Biomasse an Insekten nimmt ab. Nun lassen sich natürlich 76 Prozent Rückgang der Biomasse in der allgemeinen Panikmache der grünen Umweltideologen besser verkaufen, aber auch, wenn es nur 30 Prozent Rückgang sein sollten, müsste uns das nachdenklich stimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben es in Deutschland mit einem Rückgang der Insektenbiomasse zu tun. Inwieweit damit auch ein Rückgang der Artenvielfalt einhergeht, konnte die Messmethode der Krefelder Forschung nicht ermitteln. Auch ob es insgesamt weniger Individuen an Insekten waren oder ob nur große Arten zurückgegangen sind und somit die starke Abnahme der Biomasse zu erklären ist, bleibt offen.

Der Antrag der Freien Wähler/BMV zielt nun darauf ab, die Frage klären zu lassen, ob diese in anderen Teilen Deutschlands beobachtete Abnahme der Insektenbiomasse auch auf Mecklenburg-Vorpommern zutrifft. Das sollte in der Tat einmal wissenschaftlich exakt untersucht werden,

(Thomas Krüger, SPD: Genau das wird gemacht.)

denn meine persönlichen Beobachtungen sind uneinheitlich. Ich war im Spätherbst 2017 in einem 40-jährigen Kiefernbestand Maronen sammeln. Hier wurde ich von Stechmücken regelrecht überfallen.

(Andreas Butzki, SPD: Ach, Sie waren das! – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Ja, das ist ja nur mal aus dem Bauch heraus eine gefühlte Annahme.

(Andreas Butzki, SPD: Das war die grenzüberschreitende Flüchtlingsfliege! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Das ist ja keine wissenschaftlich exakt fundierte Sache, was ich hier präsentiere.

Also, Herr Butzki, immer ein bisschen Respekt!

(Andreas Butzki, SPD: Das war wirklich ein hoch wissenschaftlicher Vortrag, den ich von Ihnen gehört habe. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Da ich nur kurzärmlig bekleidet war und von diesen Plagegeistern ständig attackiert wurde, musste ich letztlich das Feld räumen.

(Zurufe von Andreas Butzki, SPD, Simone Oldenburg, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Da es Milliarden von Mücken waren, konnte ich in diesem Waldabschnitt keinen Rückgang feststellen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Man geht auch nicht kurzärmelig in den Wald!)

Es ist natürlich möglich, dass es auch Inseln gibt, wo wir noch genügend Insekten haben, und in wieder anderen Gebieten oder Gegenden kaum noch Insekten sind. Das muss natürlich untersucht werden,

(Thomas Krüger, SPD: Aber es wird doch seit vier Jahren untersucht.)

und zwar neutral muss es untersucht werden, Herr Krüger.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Andererseits ist für die meisten Autofahrer der Sommer 2018 einer gewesen, bei dem die Verschmutzung der Windschutzscheibe durch Insekten nur an wenigen Tagen auftrat. Das hängt natürlich auch mit dem Regenwetter zusammen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Echt?!)

Das gibt schon zu denken.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Das war ja dieses Jahr so ein verregneter Sommer! – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Ergebnisse dieser Freizeitforscher offenbar die einzigen brauchbaren Erhebungen zur Entwicklung der Insektenbestände in Deutschland sind. Weder die Behörden, allen voran das Umweltbundesamt, noch die verschiedenen Forschungs- und Lehreinrichtungen haben sich mit dieser Frage intensiv beschäftigt – eine durchaus sträfliche Angelegenheit.

Der vorliegende Antrag geht somit in die richtige Richtung. Wir wollen ihn auch gern unterstützen,

(Andreas Butzki, SPD: Welchen Antrag?)

denn die Suche nach der Ursache für die Abnahme der Biomasse müssen wir nicht den zahlreichen grünen Nichtregierungsorganisationen überlassen, denn für diese Herrschaften ist der Verursacher schon längst ausgemacht: die moderne konventionelle Landwirtschaft.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Unter anderem. – Andreas Butzki, SPD: Windschutzscheibe!)

Doch das ist so einfach nicht. Die Behauptung des Umweltministeriums in Berlin, in der Landwirtschaft würden seit Jahrzehnten immer mehr Insektizide ausgebracht, ist schlichtweg falsch. Die in Deutschland verkaufte Menge an Insektiziden liegt konstant bei rund 1.000 Tonnen pro Jahr. Darüber hinaus wurden in den letzten 20 Jahren unzählige hochwirksame Mittel verboten, weil sie gegen alle möglichen Arten von Insekten wirkten.

Tatsache dagegen ist, dass durch den Strukturwandel immer größere Flächeneinheiten entstehen, weniger Feldraine und Hecken bestehen und somit die Lebensräume der Insekten verschwinden. So nahm in SchleswigHolstein die Länge der Knicks, also der Felder begrenzenden Wallhecken, von 80.000 Kilometern in den 50erJahren auf heute rund 46.000 Kilometer ab. Daran war nicht die Landwirtschaft schuld, sondern der Straßen- und Siedlungsbau. In diesem Zusammenhang eine Zahl zur Verdeutlichung: In den letzten 25 Jahren wurden in Deutschland rund 800.000 Hektar Land durch Straßen- und Siedlungsbau versiegelt. Das entspricht mehr als der Hälfte der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in Mecklenburg-Vorpommern. Da sollten wir auch einmal anfangen darüber nachzudenken, wollen wir alles zersiedeln, wollen wir überall noch Straßen bauen, in jedem kleinen Feldweg und so weiter und so fort. Das wäre eine Zukunftsaufgabe.

Auch das Versiegeln mit Dämmung an unseren alten Fassaden hat zur Folge, dass die Ritzen und Nischen überklebt werden und den Insekten die Brut- und Unterschlupfstandorte weggenommen werden. Die Viehhaltung wurde in den letzten Jahrzehnten immer hygienischer im Interesse des Tierwohls. Das dürfte zulasten der Fliegenpopulation gegangen sein. Früher gab es mehr kleine Ställe auf den Dörfern. Das war Schutz und Futterplatz für die Fliegen. Das war zugleich auch ein guter Schutz zum Nestbau für die Schwalben.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

In diesen Ställen konnten die Schwalben auch bei regnerischem Wetter Fliegen für ihre Jungen fangen. Trotz allem gab es hier sehr viele Fliegen mit einer sehr hohen Vermehrungsrate. Die heutigen modernen Rinderställe sind im Grunde genommen offene Ställe, die wegen der Zugluft keinen Schutz für Fliegen bieten und deren Vermehrung mindern. Die Schwalbenpopulation befindet sich im Sinkflug. Ob es sich hier um einen Mangel an Brutplätzen oder an Insekten handelt oder beides zusammen, ist die große Frage. Auch der Rückgang der Beweidung unseres Grünlandes hat zur Folge, dass die Insekten immer weniger Futter finden. Da kommt mir schon wieder der Gedanke an den Wolf.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Der Gedanke an den Wolf, warum auch immer.)