Protocol of the Session on November 22, 2018

Also, Herr Kokert – leider ist er nicht da, aber unser Herr Minister Backhaus ist da, der ist auch Jäger –, wenn Sie sich mal auf einen Wolf ansetzen müssen, dann schießen Sie nicht den falschen,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

sonst weidet sich die Presse bei Ihnen genüsslich aus.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

An diesem Beispiel kann man den bürokratischen Irrsinn erkennen, den Sie wieder einmal inszenieren wollen.

Das Vergrämen führt auch zu nichts. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass erfolgreiches Vergrämen eine Ausnahme ist. Übergriffe auf Nutztiere lassen sich in der Regel nicht durch Vergrämen verhindern, sondern allenfalls durch mechanische Hindernisse, sprich Zäune. Aber auch damit erzielt man keinen absoluten Schutz, das sagte ich schon, der Beutetrieb ist auch hier meist stärker.

Aufgrund der starken Vermehrung der Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern müssen diese bejagt werden. Wir müssen 2019 zusätzlich 25 bis 35 neue Jungwölfe einplanen, denn voriges Jahr hatten wir nur zwei Wolfsrudel, jetzt haben wir sechs. Wenn ich von 35 Wolfsjungen spreche, die dazukommen, dann, denke ich mal, könnte das noch geschmeichelt sein, denn wir wissen es nicht, wir tappen auch mit diesen Voraussagen im Dunkeln.

Nur unter echtem Jagddruck auf unseren Feldern und Wiesen wird der Wolf menschenscheu und verbleibt im Wesentlichen in den Wäldern. Die AfD tritt für Schutzzonen ein, sowohl für den Wolf wie im Übrigen auch für den Biber, in denen sich diese Tierarten aufhalten dürfen. So können wir uns das ganze teure Wolfs- und Bibermanagement sparen, denn dann können Sie diese Untersuchungsergebnisse und die sonstigen Aufwendungen, das können Sie alles in den Ofen stecken, mehr ist es dann nicht wert.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Der Antrag der Freien Wähler/BMV – also da muss man erst mal dahinterkommen, nicht, wie werdet ihr dann nachher in den nächsten paar Monaten heißen –

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

geht deshalb in die richtige Richtung. Der Wechsel des Wolfes vom Anhang 2 in den Anhang 3 der Berner Konvention ist der rechtlich saubere Weg, zu einem Wolfsmanagement zu kommen, das den Namen verdient, weil es wirklich zielführend ist. Die AfD-Fraktion wird dem Antrag deshalb zustimmen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Bitte.)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort die Frau Vizepräsidentin Schlupp.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Intention des Antrages der Fraktion Freie Wähler/BMV in Punkt 1 teilt meine Fraktion uneingeschränkt. Ich habe mich bereits vor der Veröffentlichung des Antrages in diesem Sinne geäußert. Wenn denn einige Teile dieses gemeinsamen Antrages von Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt schon erfüllt sein sollen, dann, denke ich, ändert das nichts daran, dass andere Punkte durchaus

überdenkenswert sind. Ich finde schon, dass es ein guter Ansatz ist, wenn sich die besonders betroffenen Länder zusammenschließen, um den notwendigen Druck im Bund und in Brüssel auf den Weg zu bringen.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Punkt 2 allerdings unterstellt, dass die rechtliche Stellung der Schweiz zur Berner Konvention mit der in Deutschland gleichzusetzen wäre. Hierzu gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen, da die Europäische Union das Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume unter anderem über die FFH-Richtlinie umgesetzt hat. Vor dem Hintergrund, dass in neun Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bereits jetzt der Wolf in Anhang 5 der Richtlinie gelistet ist, scheint es, dass der Punkt 2 für die genannte Zielstellung entbehrlich sein könnte. Dieser Frage könnte man im zuständigen Fachausschuss nachgehen, sodass meine Fraktion sich eine Überweisung des Antrages hätte vorstellen können.

(Der Abgeordnete Peter Ritter pfeift.)

Die Regierungsfraktionen können es nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir verzeichnen im Moment zum Thema Wolf die vielfältigsten politischen Aktivitäten, insbesondere in den besonders betroffenen Bundesländern. Dabei war die jetzt diskutierte Populationsentwicklung mit allen damit verbundenen Problemen schon lange absehbar und es hätte schon vor Jahren wesentlich ernsthafter diskutiert und entsprechend gehandelt werden müssen. Aber die anfänglich uneingeschränkte Begeisterung vieler, auch politisch Verantwortlicher war mit der Strategie verbunden, Probleme so lange zu leugnen, bis nichts mehr zu leugnen war. Zuerst hieß es, wir haben genug Wild, deshalb wird der scheue Wolf unsere Nutztiere nicht anfallen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir haben ja noch Herrn Wildt.)

Dann hieß es, die völlig schutzlosen Schafe sollte man doch besser wolfssicher einzäunen, aber an unsere wehrhaften Rinder und an Pferde traut sich der Wolf nicht heran. Dann wurden die Empfehlungen zum wolfssicheren Einzäunen regelmäßig überarbeitet, noch höher und besser ein Doppelzaun, mehr Strom und noch ein paar Herdenschutzhunde und alles wird gut. Zeitgleich häuften sich die Übergriffe von Wölfen auf unsere sicher geglaubten Rinder, ein Problem im Übrigen, für das keiner der wohlmeinenden Protagonisten bisher mit einer Lösung aufwarten kann.

Doch immer mehr Menschen sehen sich durch die Aussage, der Wolf sei scheu und meide die Menschen, getäuscht. Selbst wenn man nur die wenigsten Wolfssichtungen tatsächlich einem Wolf zuordnen könnte, so sind es doch viel zu viele.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Das Vertrauen in die Aussage, aufrichten, in die Hände klatschen und Krach schlagen, wenn man einem Wolf begegnet, und dann wird schon nichts passieren,

(Beifall Jochen Schulte, SPD)

das ist zumindest bei der Landbevölkerung, gelinde gesagt, gering.

(Beifall Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV)

Die jüngste Vergangenheit hat jetzt zu allem Überfluss für die uneingeschränkten Wolfsbefürworter auch noch die letzte Bastion der Verleugnung eines Problems ins Wanken gebracht. Selbst wolfssicher eingezäunte Schafe, geschützt durch Herdenschutzhunde, sind nicht sicher. Spätestens an diesem Punkt müssen sich alle, auch die größten Idealisten, eingestehen, dass man sich entscheiden muss, im Übrigen nicht nur beim Wolf. Ein konfliktarmes Nebeneinander von unvereinbaren Gegensätzen kann es und wird es im Selbstlauf nicht geben.

(Beifall Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV)

Wir müssen uns entscheiden, ob und welche Art von Tierhaltung wir wollen. Die Mehrheit der Gesellschaft will Weidehaltung, auch bei Rindern. Da hilft die Entschädigung von Wolfsrissen allein wenig, denn wir müssen auch entscheiden, welche Art von Tierhaltern wir wollen, solche, die Tiere nur als Wirtschaftsgut betrachten und bei adäquater Entschädigung keine Probleme mit dem Wolf hätten, oder solche, die eine emotionale Bindung zu ihren Tieren aufbauen

(Beifall Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

und für die ein vom Wolf gerissenes Tier mehr als nur ein wirtschaftlicher Verlust ist.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, Freie Wähler/BMV und Jürgen Strohschein, AfD)

Ich tippe mal, die Mehrheit der Gesellschaft entschiede sich für die Zweiten.

Auch die EU und der Bund und, ich hätte sie bald vergessen, auch die Naturschützer, beispielsweise von NABU und BUND, werden sich entscheiden müssen. Die EU hat für zahlreiche FFH-Gebiete in unserem Land ein Verschlechterungsverbot erlassen. Das gilt insgesamt für alle FFH-Gebiete. Geben unsere Tierhalter bei weiter steigender Wolfspopulation auf, kann die Offenhaltung der Landschaft, die in vielen Bereichen unabdingbar zur Aufrechterhaltung des guten ökologischen Zustandes ist, nicht mehr gewährleistet werden.

Der Bund verpflichtet sich zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in der Bundesrepublik. Wie will er dieses Ziel erreichen, wenn in bestimmten Gegenden, auch in Mecklenburg-Vorpommern, die Landbevölkerung einen überproportionalen Preis für die Natur- und Klimaschutzziele bezahlen soll?

Ich nehme beispielsweise meinen Wahlkreis. Da fühlen sich viele durch die Anwesenheit des Wolfes, insbesondere in Ortsnähe, eingeschränkt. Zusätzlich sorgt der Biber für Überflutung.

(Minister Dr. Till Backhaus: Da muss man mal entscheiden.)

Als Eigentümer eines Straßengrundstückes mit benagten Bäumen wird man dann schnell ungewollt zum Zustandsstörer mit allen damit verbundenen Kosten.

(Minister Dr. Till Backhaus: Da muss man mal entscheiden.)

Auch die durch Biberaktivitäten erhöhten Unterhaltungskosten der Wasser- und Bodenverbände werden natürlich ganz rechtmäßig auf die Beitragszahler umgelegt. Dabei reden wir in dünn besiedelten Gebieten nicht wirklich von Peanuts. Von der gleichen Gegend reden wir im Übrigen auch, wenn es um die Umsetzung der Energiewende geht. Warum wohl bringt es gerade jetzt das Fass zum Überlaufen, wenn man im Namen des Klimaschutzes dann auch noch Windkraftanlagen in diese Gegend stellen will?

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Genau hier brauchen wir politische Entscheidungen, und zwar im Sinne der Betroffenen, wenn wir sie nicht völlig verlieren wollen.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Wir müssen die Probleme so komplex diskutieren, wie sie von den Menschen erlebt werden.

Last, but not least komme ich zu den Naturschutzverbänden, die völlig zu Unrecht bei notwendigen und unpopulären Abwägungsprozessen im Bereich Artenschutz außen vor bleiben. Wie komme ich darauf? Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Probleme der Schafhalter mit dem Wolf verwies der Landesschafzuchtverband zu Recht auch auf die Probleme mit den Kolkraben, Bericht in der „Ostsee-Zeitung“ vom 19.11. unter dem Titel „Die Killer warten in Bäumen“. Der NABU wird dazu mit den Worten zitiert: „Kolkraben sind Teil der Artenvielfalt. Wer dagegen vorgeht, versündigt sich an der Natur.“ Da kann ich nur sagen, so einfach darf es sich ein anerkannter Naturschutzverband nicht machen,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD, Freie Wähler/BMV, Thomas Krüger, SPD, und Egbert Liskow, CDU)

zu fordern, der Wolf muss uneingeschränkt geschützt werden, genau wie die Kolkraben.

Natürlich muss auch die Offenhaltung der Landschaft durch Beweidung gewährleistet werden, damit seltene Bodenbrüter hier ihren Lebensraum finden. Wie die Schäfer das leisten sollen, kein Thema für die Naturschützer. Dass Schäfer sich bereits jetzt selbst ausbeuten und weit unter dem Mindestlohn verdienen, nicht das Problem der Naturschutzverbände. So einfach dürfen wir es diesen Verbänden zukünftig nicht mehr machen. Es ist ihre Pflicht zu erklären, wie ihre Forderungen, die sich manchmal diametral gegenüberstehen, praxistauglich und finanzierbar umgesetzt werden können.