Folgende Frage: Halten Sie es grundsätzlich für angemessen, in diesem Stadium mit dem allgemeinen Ruf nach sachlicher Aufklärung ein anonymes Schreiben zu verwerten?
Also wir fangen heute an. Für meine Fraktion will ich hier feststellen, im Wirtschaftsausschuss muss das noch deutlich intensiver weitergehen, als wir das hier im Plenum kennen, schließlich geht es auch um die Zukunft der IAG und um die Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber ich will nicht ausschließen, wenn uns diese Aufklärungsarbeit nicht ausreicht, dass wir dann eventuell sogar einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss fordern werden. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst: Es ist schon viel gesagt worden, Herr Schulte hat die Intention des Antrages dargelegt. Dem schließe ich mich vollumfänglich an. Herr Glawe hat auch ausgeführt, deswegen kann ich das ein wenig kürzen.
Ich möchte jedoch eingangs damit beginnen, auf verschiedene Landtagsdokumente hinzuweisen. Ich will diese jetzt nicht alle aufführen, es sind 13 an der Zahl, die ich hier aufgelistet habe. Es ließe sich auch noch beliebig fortführen. Es handelt sich jeweils um kleine Anträge beziehungsweise einen großen Antrag der CDUFraktion zur Deponie Ihlenberg. Herr Schulte hat das ja vorhin schon gesagt, zurückgenommen auf 2012, da haben wir im Landtag schon mal darüber debattiert.
Die Drucksache, die ich jetzt hier meine, ist die Drucksache 3/2566, datiert vom 14. Dezember 2001. Da hat Frau Holznagel die Landesregierung unter anderem bezüglich der Abfälle aus der italienischen Region befragt und der damalige Umweltminister der rot-roten Landesregierung, Professor Dr. Methling, antwortete auf dieser Drucksache, ich zitiere: „Die IAG hat Anfang Juli 2001 über eine vom Regierungskommissar beauftragte italienische Entsorgungsgesellschaft einen Vertrag erhalten. Die IAG hat den Vertrag unter dem Vorbehalt der Genehmigung der Notifizierung gemäß EG-Abfallverbringungsverordnung durch das zuständige Staatliche Amt für Umwelt und Natur … Schwerin geschlossen.“ Zitatende.
Meine Damen und Herren, das sage ich jetzt nicht – und das verstehen Sie bitte nicht miss – mit anklagender Absicht, das sage ich ausdrücklich, um zu verdeutlichen, dass Müllannahmen aus dem Ausland bei der Deponie auch schon länger Praxis sind. Und wenn es nur den geringsten Anhaltspunkt dafür geben sollte, dass Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte vor Aspekten der Gesundheit stünden, brauchen wir einen Kurswechsel.
Ich mache mir eine am Dienstag auf der Landespressekonferenz geäußerte, etwas dialektische Auffassung zu eigen: Wenn lediglich die Einnahmesituation auf dem Ihlenberg im Vordergrund stünde, dann müsste dies bedeuten, dass der giftigste Abfall aus Europa auf dem Ihlenberg eingelagert wird. Das kann und darf nicht sein. Da sind wir entschieden dagegen. Nebenbei würde das bedeuten, dass wir niemandem erklären könnten, Müll aus Italien, den sie selbst nicht wegbringen, bei uns einzulagern und bei uns auch noch die Renaturierungskosten dadurch auf Steuerzahlerkosten zu erhöhen. Das können Sie niemandem erklären, meine Damen und Herren.
Da sind wir auch entschieden dagegen. Wenn es also zu Auffälligkeiten gekommen sein sollte – und da sind wir uns, denke ich mal, alle einig –, muss dies lückenlos aufgeklärt werden. Aber ich würde mir momentan eine Bewertung ersparen und auch nicht mit anonymen Schreiben hantieren. Ich kenne weder den Bericht, der liegt mir beziehungsweise meiner Fraktion nicht vor, und ich kenne auch keine aktuell in Rede stehende Vorabversion des GSA-Gutachtens. Das kennen wir nicht, deswegen kann ich momentan überhaupt nichts bewerten, sondern nur auf diese Aufklärung drängen. Aber wir haben, denke ich mal, das allergrößte Interesse an dieser Aufklärung, das ist klar, vor allem – und das steht im Vordergrund – wegen der Gesundheit der Mitarbeiter und der Anwohner.
Der Minister hat nach Kenntnis unmittelbar gehandelt und eine Kabinettsvorlage erarbeitet, die dann auch verabschiedet wurde. Deswegen ist es wichtig, dass dieser Weg, dass dieser Antrag, so, wie er jetzt geschrieben steht, auf den Weg gebracht wird. Möglicherweise muss dann, wenn die Ergebnisse vorliegen, eine seit Jahrzehnten bestehende Praxis bei der IAG komplett neu ausgerichtet werden. – Vielen Dank.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Ah, endlich! Darauf habe ich schon den ganzen Tag gewartet. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)
Sehr geehrte Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürger im Land Meck-Pomm! Werte Gäste! Erst mal möchte ich mich bei der Linksfraktion bedanken, dass das Thema der Mülldeponie Ihlenberg auf die Tagesordnung gebracht wurde. Andere Fraktionen folgten dann. Das Thema ist an sich nicht neu und nicht ungewöhnlich. Ich erinnere hier an den Namen Wolfgang Kubicki sowie seinen Geschäftspartner, den Müllunternehmer Adolf Hilmer. Laut Landesrechnungshof entstand dem Bundesland hier damals ein Schaden von circa 100 Millionen D-Mark. Also mit Müll und Mülldeponien ist scheinbar viel Geld zu verdienen, und das weckt immer irgendwelche Begehrlichkeiten.
Wann immer irgendwo eine Mülldeponie angesiedelt wird, gibt es sicherlich Bürger, die vehement dagegen
sind. Hier handelt es sich sogar um eine Sondermülldeponie. Meist gibt es auch viele Bürger, die besorgt um ihre Gesundheit und die Umwelt sind. So kam es, dass sich einige Bürger aus der Region Anfang des Jahres an meinen AfD-Kollegen Sandro Hersel gewandt haben. Sie schilderten ihm, dass es Probleme mit dem Grundwasser gebe und es sehr oft zu Überschreitungen der Werte käme.
Die Sorgen der Bürger hat mein Kollege natürlich ernst genommen. Daraufhin verfasste er fünf Kleine Anfragen an die Regierung. Dort können Sie das alles nachlesen.
Der Tenor aller Antworten war, alles in bester Ordnung. Ich möchte dazu mal auf zwei Fragen hinweisen. Zur Nachfrage Nummer 1, nachzulesen in Drucksache 7/1621(neu), kann man Folgendes zusammenfassen: Die Fragen waren, in welchen Jahren es Überschreitungen von Grenzwerten gab und wie hoch die waren. Die Antwort des Wirtschaftsministeriums war, ich zitiere: „Die auf der Deponie Ihlenberg abgelagerten Abfälle halten alle Zuordnungskriterien nach der TA“ – bedeutet Technische Anleitung – „Abfall“
„beziehungsweise nach der Deponieverordnung ein.“ Ferner hieß es, dass „Mengenerfassungen über Abfalllieferungen mit zulässigen Überschreitungen“ nicht vorlägen.
Natürlich stellte mein Kollege Hersel auch Fragen über den Arbeitsschutz und die Gesundheit der Mitarbeiter. In der Anfrage auf Drucksache 7/1622 antwortete das Wirtschaftsministerium sinngemäß – im Übrigen ja neuerdings auch Gesundheitsministerium und für Arbeitsschutz zuständig –, das im Jahr 2008 als moderat erhöht klassifizierte Krebsrisiko hätte sich 2009 nicht wieder bestätigt. Und über das gesetzliche Maß hinaus soll es zu Arbeitsschutzmaßnahmen gekommen sein. Kein Wort von gesundheitlichen Problemen der Mitarbeiter wurde genannt. Die Sache war für unsere Fraktion damit erst mal erledigt und mein Kollege Hersel hat die Antworten an die skeptischen Bürger weitergeleitet. Er versicherte den Bürgern, dass es wohl keine Überschreitungen von Grenzwerten gebe und gesundheitliche Bedenken nicht bestünden, jedenfalls wurde in den Anfragen nichts genannt.
Aber was las man jetzt in den Medien? Nun, nach knapp zehn Monaten, kommt eine vermeintliche Wende, und ich füge hier hinzu, sollten wir belogen worden sein, wird die Opposition – da bin ich sofort bei den LINKEN – sich wohl über einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einigen.
Der seit 14 Jahren dorthin beorderte Landesbeamte Herr Stefan Schwesig, Gatte der Ministerpräsidentin, rennt mit einem Negativbericht quasi direkt zur Presse. Besonders interessant ist das Detail, dass er nun – kurz vor seinem Weggang zur Landesforst – mit seiner Kritik laut wird. In seinem Bericht zählt er laut Medienberichten zahlreiche Überschreitungen von Grenzwerten auf,
wie uns heute aus dem „Medienspiegel“ bekannt wurde, 64 von 13.000 untersuchten Fällen oder – ein anderer Bericht – 450 von 1.100 Analysen in einem Jahr. Eins von beidem muss Fake News sein – obwohl jeder einzelne Fall einer zu viel ist. Viele Schwermetalle, wie Cadmium, Blei, Zink oder Quecksilber, seien in Konzentrationen vorgekommen, die vertragliche Vereinbarungen überschritten hätten. Die teils giftigen Schadstoffe hätten zu gesonderten Konditionen angenommen werden müssen oder erst gar nicht.
Die Medien schreiben über Herrn Schwesigs Bericht, dass illegitimer Müll aus Italien in Lkws hier nach Mecklenburg geschleppt worden sei. Trotzdem sei der Müll in Ihlenberg deponiert worden. Die „Bild-Zeitung“ schreibt ergänzend,
dass Mitarbeiter, ich zitiere vom 15. November 2018, „wiederholt über Übelkeit und Gesundheitsprobleme geklagt“ hätten. Was soll der Leser davon halten? Es stehen sich nun zwei Meinungen gegenüber: das Wirtschaftsministerium und Herr Schwesig.
Das Kasperletheater fing dann aber erst richtig an. Auf der Pressekonferenz sagte nun Herr Minister Glawe, dass die Überschreitungen nicht justiziabel seien. Landrätin Frau Weiss von der SPD sagte auf der Pressekonferenz, dass die Mülllieferungen derzeit nicht gestoppt würden. Frau Weiss warf ebenso ein, dass die Geschäftsleitung für den Müll Boni kassiere. Wenn ich an die Millionen ganz zu Anfang von Herrn Hilmer denke
und ja, auch an die von Wolfgang Kubicki, an die super Beratungsleistung, und jetzt „Boni“ lese, kann man was zusammenzählen. Herr Glawe widersprach dem und sagte, dass keine gesundheitlichen Gefahren oder rechtlichen Bedenken bestünden. Ende November soll nun ein neues Gutachten vorgelegt werden. Derweil entgegnete der Aufsichtsratsvorsitzende Herr Sönnichsen laut einem Bericht der „Ostsee-Zeitung“, dass es nachträgliche Genehmigungen gab und der Bericht von Herrn Schwesig, Zitat, „fehlerhaft“ sei. So weit, so ungut.
Montag lass ich im „Medienspiegel“ aber die nächsten Wendungen. Es kommt weiterhin Müll aus Italien nach Ihlenberg. Herr Glawe hätte durch verbale Tricksereien getäuscht. Aber was machen wir jetzt mit diesem Fall? Wie sollen wir das noch beurteilen? Wem soll ich glauben und was erzähle ich den besorgten Bürgern, die sich an die AfD wenden? Ich muss sagen, mich hat das vor einigen Tagen ziemlich betroffen gemacht. Ich habe ernsthaft daran geglaubt, dass wahrheitsgemäß auf die Anfragen meines Kollegen geantwortet wurde. Wir kennen das ja von der AfD, wenn den Fragen ausgewichen wird, wir kennen das auch, wenn patzig geantwortet wird. Aber etwaige Probleme einfach zu verleugnen, wenn es denn so war, das wäre ein starkes Stück.
Aber wie geht es nun weiter? Landesregierung, Herr Glawe, Herr Schwesig, die Abfallwirtschaft und die Landrätin hacken aufeinander ein. Es bleibt uns nicht viel übrig. Wie es ausschaut, müssen wir auf das Gutachten warten – das ist der rationale Weg –, wobei wir natürlich hoffen, dass kein Gefälligkeitsgutachten erstellt wird. Dann werden wir die genauen Daten haben und zum
Inhalt Stellung nehmen können. Und dann wird es eines von möglicherweise zwei Ergebnissen geben. Erstens, entweder Herr Schwesig erzählt Unsinn und seine Eskapade war lediglich ein schlecht vorbereiteter Angriff auf das CDU-Wirtschaftsministerium und seine alte Wirkungsstätte, die Deponie,
dass das Wirtschaftsministerium und die Deponie die letzten Jahre über getäuscht und abkassiert haben, auf Kosten der Umwelt, unter dem Gesundheitsrisiko der Menschen.
Bei der ersten Option stellt sich zwangsläufig die Frage, aus welcher Motivation heraus Herr Schwesig so einen Angriff geführt haben könnte. Oder war es seine eigene Idee, war es parteipolitisches Kalkül oder hat er sich nur geirrt?