Protocol of the Session on November 21, 2018

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2810. Wer dem zuzu

stimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. –

(Unruhe auf der Regierungsbank)

Wir sind in der Abstimmung. Pralinen können ausgegeben werden, wann auch immer, aber nicht während der Abstimmung.

(Minister Dr. Till Backhaus: Wer wird ausgegeben?)

Also noch mal: Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? –

(Unruhe auf der Regierungsbank)

Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2810 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, ansonsten Ablehnung abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir folgenden Hinweis: Der Tagesordnungspunkt 23 für die morgige Sitzung entfällt, da der Antragsteller zwischenzeitlich seinen Antrag zurückgezogen hat.

Ich rufe nun auf den Zusatztagesordnungspunkt 1: Aussprache gemäß Paragraf 43 Nummer 2 der Geschäftsordnung des Landtages zum Thema „Aktuelle Vorwürfe rund um die landeseigene Ihlenberger Abfallentsorgungsgesellschaft“, in Verbindung mit der Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU „Müllentsorgung auf dem Ihlenberg zukunftsfähig ausrichten“, Drucksache 7/2868. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/2871 vor.

Aussprache gemäß § 43 Nummer 2 GO LT zum Thema Aktuelle Vorwürfe rund um die landeseigene Ihlenberger Abfallentsorgungsgesellschaft

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Müllentsorgung auf dem Ihlenberg zukunftsfähig ausrichten – Drucksache 7/2868 –

Änderungsantrag der Fraktion der AfD – Drucksache 7/2871 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kollege Schulte muss wirklich zu allem reden. – Jochen Schulte, SPD: Ich hab ja schon früher gesagt, dass mich das heute trifft.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Betrieb einer Deponie, vor allem einer recht großen Deponie, wie es der Ihlenberg ist, ist immer ein Unterfangen, welches mit besonderer Umsicht geführt werden muss, nicht nur, weil es tatsächlich an der einen oder anderen Stelle zu Unregelmäßigkeiten kommen kann, sondern weil natürlich die Bevölkerung ein großes Interesse daran hat, dass das, was an abfallrechtlichen Standards, was an umweltrechtlichen Standards, was an gesundheitsrechtli

chen Fragen berücksichtigt werden muss, dann auch berücksichtigt wird.

Deponien, Abfallentsorger im Allgemeinen – das ist ein Thema, das die Öffentlichkeit immer wieder zu Recht interessiert. Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, vor dem Hintergrund ist es natürlich auch kein Wunder, dass das, was in den letzten Tagen im Zusammenhang mit der Deponie Ihlenberg in der Berichterstattung war, ein entsprechendes Echo in der Bevölkerung gefunden hat.

Meine Damen und Herren, ich erinnere mich daran, dass wir vor langer Zeit, vor etlichen Jahren in diesem Haus schon einmal über die Deponie Ihlenberg diskutiert haben.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das war 2012.)

Damals ging es um die Abfallentsorgung von Asbestabfällen aus dem Land Niedersachsen. Auch damals ging es darum, dass kritisch, aber rechtlich ordnungsgemäß mit den gesamten Angelegenheiten …

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: 2012.)

2012 – völlig richtig, Frau Kollegin Schwenke.

(Minister Harry Glawe: 2011.)

…, dass damit kritisch, aber rechtlich ordnungsgemäß umgegangen wird.

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Und auch damals haben wir das Thema aufgegriffen, haben uns im Nachgang in den verschiedenen Ausschüssen unterrichten lassen, wie damit umgegangen wird. Ich glaube, das war ein sinnvoller und konstruktiver Umgang mit der Angelegenheit. Damals ist, glaube ich, das Thema von der damaligen Fraktion der GRÜNEN auf die Tagesordnung gesetzt worden. Jetzt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liegt Ihnen auf der einen Seite der Koalitionsantrag vor und auf der anderen Seite kommt dazu eine Aussprache, die DIE LINKE beantragt hat.

Worum geht es im Endeffekt? Es geht darum, dass wir als diejenigen, die politische Verantwortung in diesem Land tragen, mit dafür Sorge tragen, dass etwaige Sorgen, Besorgnisse der Öffentlichkeit aus Anlass der aktuell bekannt gewordenen Vorgänge um die Deponie Ihlenberg ernst genommen und soweit erforderlich auch aufgeklärt werden. Und eins muss uns, glaube ich, allen klar sein: Wichtig ist, dass an erster Stelle die Sicherheit der Bevölkerung steht und natürlich auch die Sicherung der Arbeitsplätze der Beschäftigten auf der Deponie Ihlenberg.

Und, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, deswegen werbe ich dafür, dass wir gemeinsam mit der Landesregierung auch dafür Sorge tragen, dass sämtliche Vorgänge radikal und ohne irgendwelche Vorbehalte aufgeklärt werden, dass wir gemeinsam dafür Sorge tragen, dass etwaige Risiken, selbst wenn sie sich heute noch nicht realisiert haben sollten, aber doch zumindest für die Zukunft weiter minimiert werden.

Meiner Fraktion und den Koalitionsfraktionen ist es in diesem Zusammenhang wichtig, dass nicht nur die oh

nehin bestehenden abfallrechtlichen Standards aufrechterhalten und eingehalten werden, sondern dass wir uns auch klar werden, dass bei einem so sensiblen Umgang, wie es eine Deponie ist, wir dafür Sorge tragen, dass die ökologischen und gesundheitlichen Anforderungen nicht hinter etwaigen betriebswirtschaftlichen Zielen des Unternehmens IAG GmbH zurückstehen dürfen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, eins ist uns auch wichtig und deswegen habe ich das eben noch mal angesprochen, sehr geehrte Frau Kollegin Schwenke: Ich glaube, es besteht zumindest in einem großen Teil in diesem Land, bei all denjenigen, die sich mit dem Thema beschäftigen, natürlich Einigkeit darüber, dass wir uns als Mecklenburg-Vorpommern mit dieser Deponie in einem zwar nicht rechtlichen, aber tatsächlichen Verbund der norddeutschen Länder bewegen. Nicht jedes Bundesland, auch nicht in Norddeutschland, kann für jeden Abfall – das gilt sowohl für Hausmüllabfälle, aber auch für andere Abfälle – in seiner eigenen Region eine entsprechende Deponie vorhalten. Das macht auch gar keinen Sinn, weil es natürlich dann dazu führen würde, dass exorbitante Kosten und zusätzliche Gefährdung an der einen oder anderen Stelle entstehen können. Deswegen ist es sinnvoll, dass wir in Norddeutschland mit unseren Nachbarbundesländern gemeinsam die entsprechenden Abfallentsorgungseinrichtungen vorhalten.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, davon differenzieren muss man natürlich alle die Abfallentsorgungsstoffe, alle die Müllreststoffe davon trennen, die aus anderen Ländern kommen. Und das sage ich an dieser Stelle ganz deutlich: Es kann nicht in unserem Interesse liegen, dass allein, um damit den möglichen Gewinn des Unternehmens IAG GmbH zu erhöhen, deswegen aus allen Teilen der Welt oder allen Teilen Europas tatsächlich Müll oder Reststoffe hier nach Mecklenburg-Vorpommern kommen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn die Diskussion, die jetzt in der Öffentlichkeit geführt wird, dafür gut ist, dass wir hier und gemeinsam mit der Landeregierung uns in dieser Zielstellung verständigen können, dann hat das schon einen Wert an sich, denn das trägt dann auch zur Sicherheit für die Menschen in unserer eigenen Region bei.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, deswegen ist es uns wichtig, ist es der Koalitionsfraktion wichtig, dass wir zwei Dinge für die Zukunft hier festhalten und auch heute beschließen: Auf der einen Seite stehen wir dazu, wir stehen zu der Gemeinsamkeit, auch mit den anderen norddeutschen Bundesländern, aber auf der anderen Seite wollen wir grundsätzlich keine Mülltransporte aus anderen Regionen Europas.

Das bedeutet natürlich nicht, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass es nicht im Einzelfall mal dazu kommen kann, aber das muss tatsächlich ein Einzelfall sein, und deswegen fordern wir, fordern die Koalitionsfraktionen die Landesregierung, den Gesellschafter, die Geschäftsführung der IAG auf, dass es in jedem konkreten Fall eine Einzelfallgenehmigung geben muss und darüber im Nachgang der Landtag durch den entsprechend zuständigen Ausschuss, den Wirtschaftsausschuss, unterrichtet werden kann, weil, was wir sicherstellen müssen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist Transparenz

nicht nur für uns, sondern auch für die Menschen in diesem Land. Die Menschen in diesem Land haben einen Anspruch darauf, zu wissen, was an Reststoffen, was an Müll tatsächlich in dieses Land kommt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist uns auch klar, dass es bestehende vertragliche Verpflichtungen gibt. Deswegen muss genau geschaut werden, welche der bestehenden vertraglichen Verpflichtungen, die die IAG GmbH eingegangen ist, tatsächlich noch in kürzerer Zeit abgearbeitet werden müssen. Aber ich denke, es ist wichtig, dass wir uns darauf verständigen, dass zum Beispiel Mülltransporte, wie sie aus Italien gekommen sind, eben nicht mehr auf den Ihlenberg kommen.

Meine Damen und Herren, das hat natürlich ganz massive Konsequenzen. Das bedeutet unter anderem – das ist das, was wir von der Landesregierung erwarten, und ich glaube, da stehen wir in einem guten Gespräch mit der Landesregierung –, dass wir vor diesem Hintergrund, dass wir auch andere wirtschaftliche Rahmenbedingungen für das Unternehmen setzen, natürlich dann eine Konzeption erwarten, wie mit der Deponie Ihlenberg umgegangen wird.

Wir, die Koalitionsfraktionen, erwarten vor dem Hintergrund dessen, was jetzt in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist, was durch die Medien gegangen ist, dass uns die Landesregierung ein Szenario vorlegt, wie möglichst schnell der Umstand, dass auf diesem Gelände eine Deponie betrieben wird, die übrigens nicht erst nach 1990 nach den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen ihre Genehmigung erhalten hat, sondern aller Voraussicht nach dann schon die betriebliche Genehmigung in der Zeit von 1990 erhalten hat, dass wir mit diesem Umstand so umgehen, dass möglichst zügig diese Deponie dann auch weiter nicht betrieben werden kann.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich an dieser Stelle noch eins sagen: Wenn man eine Deponie schließt, dann ist das natürlich immer erst mit der Überlegung betroffen, wie gehen wir mit den Arbeitskräften um. Aber wir erwarten von der Landesregierung dann auch, dass für diejenigen, die über Jahre dort gearbeitet haben, dort sichergestellt wird, dass diese Arbeitsplätze nicht von heute auf morgen wegfallen. Ich glaube, das ist ein berechtigtes Interesse der Beschäftigten vor Ort.

Ich denke mal, dass das eigentlich auch nicht das Problem ist, denn jeder, der sich mit diesem Thema beschäftigt, weiß, dass man einen Deponiekörper nicht einfach von heute auf morgen dichtmachen kann, den Betrieb dort einstellt, sondern dass die eigentliche Aufgabe, die mit einer Deponie verbunden ist, erst in dem Moment wirklich akut wird, in dem sie geschlossen wird, in dem die Rekultivierung stattfindet, in dem die Nachsorge auf dem Deponiekörper stattfindet und auch in den Folgejahren sichergestellt wird, dass dort keine entsprechenden umweltrechtlichen Beeinträchtigungen erfolgen.

(Beifall Thomas Krüger, SPD)

Auch dafür, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, braucht man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, braucht man die Beschäftigten, und deswegen werben wir dafür an dieser Stelle, dass Sie diesen Antrag mit unterstützen, um ein klares Signal in die Richtung der Beschäftigten,

aber natürlich auch in erster Linie an die Menschen in diesem Land zu geben, dass wir eine klare Zielstellung haben: Ihlenberg ja, solange wie nötig eine vernünftige Abwicklung unter Berücksichtigung der Umweltstandards mit den Beschäftigten vor Ort, aber keine Fremdstoffe mehr aus anderen europäischen Regionen, bestenfalls, wenn es sich gar nicht anders vermeiden lässt, weil zum Beispiel bestimmte Verträge noch abgearbeitet werden müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Es ist vereinbart worden, eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Herr Glawe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auftrag und Geschäft der Ihlenberger Abfallentsorgungsgesellschaft ist Entsorgung und Behandlung von Abfällen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Deponierung. Die Aufgabe besteht darin, Entsorgungssicherheit zu gewährleisten, die Deponie auf höchstmöglichem Stand zu betreiben und den aus diesem Geschäftsbereich resultierenden Rekultivierungs- und Nachsorgeverpflichtungen verantwortungsvoll nachzukommen.

Die Landesregierung und die IAG stellen sich hierbei in einer besonderen Weise der Verantwortung für die Menschen und für die Umwelt. Das ist Richtschnur unseres Handelns. Wir waren und sind uns der Risiken bewusst, die mit der Ablagerung von Abfällen verbunden sind. Die Minimierung der Risiken für Belegschaft und Umwelt hat für uns höchste Priorität. Hierbei bringen wir ökologische und soziale Aspekte mit den ökonomischen Erfordernissen in Einklang und sind dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet. Abfallentsorgung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die nur im Dialog mit der Öffentlichkeit und der Allgemeinheit geleistet werden kann. Daher hat sich die Landesregierung in der Kabinettssitzung am 20. November 2018 mit der Situation auf dem Ihlenberg auseinandergesetzt und einen umfassenden Beschluss gefasst: