Protocol of the Session on November 21, 2018

unter anderem zu Studienanfängerzahlen, Studienabbrüchen und Studienbedingungen Kleine Anfragen. Die Ergebnisse der Antworten waren leider auch eher erschreckend.

Im November 2014, im Februar 2016, im März 2016, im Juli 2016, im September 2016, im Januar und August 2017 und mehrfach im Jahr 2018 stellte ich – und an dieser Stelle wird dem aufmerksamen Kenner der Parlamentsdatenbank deutlich werden, dass „ich“ in diesem Fall Simone Oldenburg bin,

(Heiterkeit bei Dirk Stamer, SPD)

meine geschätzte Fraktionsvorsitzende, die heute nicht da ist und für die ich hier stellvertretend spreche –,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wow, Karsten! – Peter Ritter, DIE LINKE: Aber das machst du gut, Karsten!)

ja, stellte ich, also mein imaginäres Ich, unter anderem Kleine Anfragen zum Vorbereitungsdienst der Referendarinnen und Referendare, zur Anzahl der Lehramtsstudierenden und Studienabbrecher,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

zu Einstellung und Stellenbesetzungsverfahren für Referendarinnen und Referendare und zu Absolventen der Studiengänge für das Lehramt. Die Ergebnisse dieser Antworten waren – Sie können es sich denken – erschreckend. Erschreckend war auch, dass die Landesregierung selbst die Antworten gab,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gewisse Kontinuität in der Landespolitik ist schon vorhanden.)

warum die Studienabbrecherquote so hoch war. Höhe und Gründe für die Abbrecherquote waren der Landesregierung seit vielen, vielen Semestern bekannt. Was aber hat die Landesregierung getan? Seit 2011 kaum eine Reaktion, kein beherztes Handeln, keine wesentlichen Veränderungen.

Sehr geehrte Damen und Herren, das allein zeigt, dass die Landesregierung bis jetzt nicht gewillt war, die Zukunft der Lehrerinnen und Lehrer so zu gestalten, dass wir erstens mehr Studierende haben, die das Studium dann am Ende auch beenden können, und zweitens die zukünftigen Lehrkräfte ihr Referendariat in MecklenburgVorpommern absolvieren und nicht dem Land den Rücken kehren. Eigentlich könnte man glauben, dass die Zahlen aus den Antworten auf die Kleinen Anfragen selbst die Landesregierung davon überzeugen, dass hier etwas faul ist und sogar mächtig stinkt. Aber anstatt dem Gestank auf den Grund zu gehen, wird noch nicht einmal gelüftet, sondern nur gepüstert – ein bisschen Raumspray hier, ein bisschen Veilchenduft da. Als aber auch das Raumspray nichts mehr nützte, die Studierenden immer lauter wurden und schlussendlich auf die Straße gingen – ich denke da an die Grundschulpädagoginnen und -pädagogen an der Universität Rostock –, die Kleinen Anfragen immer häufiger und die Zahl der Absolventen des Lehramtsstudiums immer weniger wurden, dann erst, erst dann begann die Landesregierung langsam,

ganz langsam, sich zu bewegen. Es wurde eine Studie in Auftrag gegeben, obwohl eigentlich doch bereits bekannt ist, dass und warum die Hälfte und mehr der Lehramtsstudierenden ihr Studium hinschmeißt.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Jetzt, nach fast zwei Jahren oder insgesamt mehr als sieben Jahren seit der ersten Anfrage dazu, kommen die Ergebnisse, die allen bereits bekannt waren, noch mal ans Licht. Sieben Jahre hat das gedauert. Das ist mehr als ein Lehramtsstudium. Das hätte ein Studium und ein Referendariat sein können. Es hätte sogar ein Studium, ein Referendariat und das erste Dienstjahr einer Lehrerin oder eines Lehrers sein können,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht zu fassen!)

natürlich immer vorausgesetzt, dass man das in der Regelstudienzeit überhaupt schafft. Und da sind wir ja bei einem der großen Knackpunkte, die die Studie auch aufgedeckt hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn bei den Zahlen der Studie spielt eine große Rolle die Schwundquote. „Schwundquote“ kannte ich bisher eigentlich nur von Obst. Das gibt es aber auch in anderen Bereichen, wie ich festgestellt habe.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Also die Schwundquote bei den Studierenden

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na ja, wenn die Äpfel zusammenschrumpfen, dann gibt es ein bisschen Schwund, und das ist die Schwundquote.)

beträgt nach dem 3. Semester im Lehramtsstudium bis zu 60 Prozent und nach dem 10. Semester in der Spitze sogar bis zu 85 Prozent.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Man könnte also fast meinen, es brechen mehr Studierende ihr Lehramtsstudium ab, als überhaupt ihr Studium angefangen haben. So katastrophal sind diese Zahlen. Also wenn 100 Leute anfangen, das Lehramt zu studieren, kommen bei den Regionalschullehrern, um das Schlimmste der Beispiele herauszugreifen, gerade mal 15 Lehrerinnen und Lehrer heraus. Das ist

(Peter Ritter, DIE LINKE: Skandalös.)

nicht so gut, um das vorsichtig auszudrücken.

Und die Landesregierung agierte bisher so, wie sich der Studienverlauf eines Lehramtsstudiums darstellt: zäh, zeitverzögert und oft frustrierend. Angesichts der Studie müssen Sie doch nun endlich wissen, wo es bei der Lehramtsausbildung hakt und was zu tun ist. Und wenn Sie uns schon seit sieben Jahren nicht glauben, dann glauben Sie doch jetzt wenigstens Professor Radisch und dem, was er erforscht und auf den mehreren Hundert Seiten da auch niedergeschrieben hat. Das liegt uns ja vor. Aber stattdessen wird wieder eine weitere Arbeitsgruppe eingerichtet, und nach dieser Logik wäre dann das Bildungsministerium das einzige Ministerium, das entsprechend dann auch richtig handelt. Denn warum handelt das Innenministerium so falsch und erhöht die Zuschläge für Polizistinnen und Polizisten, ohne eine Arbeitsgruppe gebildet zu haben?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hat aber auch sieben Jahre gedauert.)

Oder ein weiteres Beispiel: Warum handelt das Landwirtschaftsministerium so falsch, den Landwirtschaftsbetrieben Dürrehilfen zu gewähren, ohne dass es zuvor Arbeitsgruppen gebildet hat? Zumindest das ging ja deutlich schneller. Zum Glück!

Sehr geehrte Damen und Herren, für meine Fraktion ist das schwerfällige Agieren der Landesregierung bei der Lehramtsausbildung unverständlich. Was wir nicht mehr brauchen, ist, weiter zuzugucken. Was wir nicht mehr brauchen, ist eine weitere Arbeitsgruppe. Stattdessen brauchen wir eine zügige und vor allem auch umfassende Reform des Lehramtsstudiums. Das sind wir unseren Studierenden und hoffentlich dann auch unseren künftigen Lehrerinnen und Lehrern schuldig. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und wir verfahren so. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Frau Hesse, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn meiner Rede würde ich gerne etwas aufgreifen, was einer der Vorredner in der vorigen Debatte ausgeführt hat, nämlich Herr Grimm. Herr Grimm sagte Folgendes – ich hoffe, ich kriege das jetzt richtig zusammen –, er hat eine These aufgestellt, die ihm bisher noch keiner widerlegt hat, und insofern müsste diese These wahr sein. Wenn das so stimmt, würde ich jetzt die These aufstellen: Ich bin Superwoman. Bisher hat mir das noch keiner widerlegt.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Wenn denn das so wäre, könnte ich Probleme natürlich jetzt ganz leicht mit meinen Superkräften lösen.

(Marc Reinhardt, CDU: Dann mach das mal!)

Da ich von dieser Logik nicht ganz überzeugt bin, weil ich schon glaube, dass man meine These sehr schnell widerlegen kann, möchte ich mich auf das zurückbesinnen, was unser Handwerk hier in diesem Hause ist, nämlich – und da teile ich die Einschätzung meines Kollegen Karsten Kolbe –, die Lehrergewinnung wird eine der größten Herausforderungen sein, die wir in den nächsten Jahren zu stemmen haben, im schulischen Bereich selbstverständlich. Und es ist völlig richtig, dass wir die Lehramtsausbildung vertiefend in den Blick nehmen. Gerade deswegen haben wir uns darauf verständigt...

(Der Abgeordnete Christoph Grimm bittet um das Wort für eine Anfrage. – Peter Ritter, DIE LINKE: Grimmsalabim!)

Ich wollte Sie erst den Satz zu Ende reden lassen.

Danke schön, Frau Präsidentin.

Gerade deswegen haben wir uns ja darauf verständigt, Herrn Professor Radisch mit einer Studie zu beauftragen, nämlich die Studie: „Studienerfolg und -misserfolg im Lehramtsstudium“, die in der Zeit von 2016 bis 2018 eben unter seiner fachlichen Leitung erstellt wurde und auch finanziell durch uns unterstützt wurde.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Grimm?

Sehr gerne.

Frau Ministerin, kennen Sie den Unterschied zwischen einer Tatsachenbehauptung und einem Werturteil?

Selbstverständlich, Herr Grimm. Ich bin auch Juristin wie Sie.

Gestatten Sie eine weitere Frage?

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der AfD, DIE LINKE und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Wo würden Sie denn dann Ihre Behauptung mit Superwoman einordnen?

(Andreas Butzki, SPD: Tatsachen- bericht. – allgemeine Heiterkeit – Peter Ritter, DIE LINKE: Tatsache. – Andreas Butzki, SPD: Können sich wieder setzen.)

Sehr geehrter Herr Grimm, ich glaube, ich habe deutlich gemacht, dass ich Ihre Äußerung so nicht teile, nämlich, wenn man eine These aufstellt, die nicht widerlegt wurde, dass sie gleich wahr ist. Das war mein Punkt, den ich setzen wollte. Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, Batman, das ist danebengegangen. – allgemeine Heiterkeit)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dieser Studie haben wir nun erstmals für Mecklenburg-Vorpommern umfassende Aussagen über die Studienverläufe auf Grundlage von Studienverlaufs- und Prüfungsdaten. Und ich glaube, das ist auch ein wichtiger Punkt, den wir heute feststellen sollten, dass uns diese Studie eine solide Grundlage liefert, um über die Fragen der Lehramtsausbildung hier zu diskutieren. Ich habe vor einiger Zeit im Rahmen der Kultusministerkonferenz vorgetragen, dass wir diese Studie erstellt haben, dass die jetzt in der Auswertung ist, und ich kann Ihnen sagen, dass großes Interesse besteht von meinen Amtskollegen aus anderen Bundesländern, diese Studie auch dort auszuwerten, weil – das wurde mir von meinen Kollegen bestätigt – diese Studie bisher einzigartig ist in der Bundesrepublik Deutschland.