… und auch immer wieder neue Studien, neue Gutachten und noch mal ganz neue Perspektiven. Soziale Durchmischung – damit muss man sich wirklich mal befassen, was damit gemeint ist und wie so etwas funktionieren kann, denn nur nebeneinander zu wohnen, heißt noch lange nicht, dass man auch zusammenlebt.
Das zeigen die Erfahrungen aus den Kommunen, die versucht haben, etwas für die sogenannte soziale Durchmischung zu tun. Grundsätzlich in Bezug auf die Absenderadressen – also den Fall, den Sie auch geschildert haben, dass man allein schon vom Briefkopf her nicht in eine Schublade gesteckt werden darf und dadurch Ausgrenzung passiert –, in Bezug auf die Absender/-innenadressen ist es natürlich gut, wenn es an einem Quartier Wohnungen unterschiedlicher Preiskategorien gibt und dort auch Menschen mit unterschiedlichen Einkommenssituationen leben. Aber was das gemeinsame Leben angeht und diese Schaffung eines Wir-Gefühls, einer Solidarität und einer gruppenübergreifenden Kommunikation, da reicht das Nebeneinanderwohnen auf jeden Fall nicht aus, sondern – und das ist eben eine Frage von Quartiersentwicklung und Stadtentwicklung, die dann auf kommunaler Ebene stattfindet, aber natürlich auch entsprechend durch das Land und die Programme unterstützt werden muss – da sind wir wieder beim Thema „Kommunale Finanzausstattungen“, da sind wir auch beim Thema „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“.
Also alles Dinge, die auch von den Kommunen immer wieder in Richtung Land eingefordert und angemahnt werden, denn um eine integrierende Quartiersentwicklung, Stadtentwicklung zu machen, braucht man natürlich auch die entsprechenden Förderinstrumentarien und die entsprechenden Freiräume als Kommune, damit man die Dinge schaffen kann, die für eine tatsächliche soziale Durchmischung wichtig sind. Da geht es eben um Infrastruktur wie Schulen, wie Kitas, Kultur, Integration, Aufenthaltsräume, Begegnungsräume – also alles ganz wesentliche Faktoren, die neben dem reinen Wohnen und den unterschiedlichen Miethöhen dazu beitragen sollen, dass Menschen unterschiedlicher Einkommens- und Bildungsgruppierungen miteinander in Kontakt kommen.
Das muss man so ehrlich sagen und das kennen Sie aus der Debatte mit Einwohnerinnen und Einwohnern auch. Ich darf mir jetzt herausnehmen, einfach mal Dierkow zu nehmen als Stadtteil in Rostock. Ich bin dort aufgewachsen, habe da 22 Jahre gelebt. Wenn man in dem Stadtteil unterwegs ist oder man über den Stadtteil redet, dann hört man auch von anderen Rostockerinnen und Rostockern immer wieder, ja, so schlimm ist das gar nicht, die Wohnungen sind saniert, günstig sind sie und groß sind sie auch, aber ich habe keine Lust, dass mein Kind mit den Kindern zur Schule geht, oder ich habe keine Lust, im Supermarkt an der Kasse mit den Leuten zu tun zu haben. Das ist nicht meine Wortwahl, aber so reden die Menschen,
weil es eben nicht nur um das Wohnen geht, sondern auch um das Miteinander, sich auf Augenhöhe zu begegnen.
Deswegen habe ich eingangs gesagt, Herr Schulte, ich habe dort 22 Jahre gelebt, auch während meines Studiums. Ich habe nicht versucht, ein sauteures Zimmer in der KTV zu bekommen, sondern bin jeden Tag fleißig Rad gefahren – auch das mal an dieser Stelle. Ich weiß schon, wie es in dem Viertel ist. Ich kenne Dierkow sehr gut und ich habe dort auch sehr gerne gewohnt. Aber diese Vorurteile, die es immer noch gibt, wir möchten nichts miteinander zu tun haben, haben eben nicht nur etwas mit dem Wohnort zu tun, sondern die Menschen grenzen sich voneinander ab.
Auch die Einwohnerinnen und Einwohner dieser Stadtteile, die jetzt in der Studie betrachtet worden sind, die so krass von Segregation betroffen sind, auch diese Einwohnerinnen und Einwohner dort grenzen sich noch mal voneinander ab und machen Unterschiede untereinander.
Da wird die soziale Spaltung in sich auch noch mal forciert und das merkt man immer, wenn man in entsprechenden Mehrgenerationenhäusern oder Stadtteil- und Begegnungszentren ist oder mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern spricht, wie schwierig das ist, wieder eine gemeinsame Sprache zu finden, miteinander kommunizieren zu können und eben dafür zu sorgen, dass auch ein gemeinsames Leben stattfindet, gerade in Bezug auf die Kinder und die Jugendlichen. Das ist eine enorme Herausforderung und dafür müssen wir unsere Kommunen fit machen und unsere Kommunen stärken.
Dann noch mal zu einem anderen Thema, das Thema „Einsatz von Bundesmitteln“. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt wieder so verkürzt mit der Nummer zu kommen, ach, DIE LINKE will ja nur mehr Geld, DIE LINKE will ja nur mehr Geld – das stimmt nicht. Wir sind hier auch nicht hin und her geeiert oder haben irgendwie von Veruntreuung gesprochen, sondern unsere Sprachregelung war schon immer, das sind die Bundesmittel, die kommen, und die werden in der Höhe, wie wir sie hier aufgelistet haben, auch nicht angezweifelt.
Ein gewisser Teil wird für die soziale Wohnraumförderung ausgegeben, für den anderen Teil gibt es keine verpflichtende Zweckbindung. Auch das haben wir immer gesagt. Aber man könnte sich ja freiwillig dazu bereiterklären, eine freiwillige Selbstverpflichtung eingehen, alle Bundesmittel entsprechend einzusetzen. Auch das haben wir schon immer genauso gesagt. Wir haben als Fraktion DIE LINKE 2012 einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingereicht, dass wir uns selbst verpflichten, alle Mittel für die soziale Wohnraumförderung trotz des Entfallens der Zweckmittelbindung einzusetzen. Dieser Antrag ist hier abgelehnt worden.
Dass jetzt anders über einen zweiten Förderweg gesprochen wird, freut uns, denn das ist auch etwas, was wir schon mehrfach angesprochen haben. Bisher wurde es immer als nicht klug abgetan,
einen zweiten Förderweg einzuziehen oder als nicht machbar, oder die Wohnungswirtschaft wurde in dem Zusammenhang kritisiert, wie auch immer. Dass jetzt
gemeinsam darüber gesprochen werden soll, wie ein zweiter Förderweg aussehen kann, freut uns. Das haben wir ja oft genug angemahnt. Es wäre schön, wenn wir jetzt gemeinsam darüber reden können.
Dann ein letztes Thema: die Überarbeitung der Richtlinien. Da sind es sicherlich auch alle Richtlinien, die wir mal prüfend in den Blick nehmen können. So sollten wir bei Modernisierungen und beim Umbau von Darlehens- auf Zuschussförderung umstellen, um hier eine erhöhte Förderung in diesen beiden Bereichen im Wohnungsbestand erreichen zu können. Derzeit scheitert die Förderung in Grundzentren des Binnenlandes noch an fehlenden Eigenmitteln – Herr Minister hat darauf hingewiesen – oder fehlender Kreditwürdigkeit.
Der Leerstand ist natürlich auch ein Problem. Aber in diesem Zusammenhang müssen wir noch mal daran erinnern, wie viele barrierefreie Wohnungen im Land fehlen. Im Zuge der letzten Debatte haben wir darauf hingewiesen, dass jetzt schon 35.000 barrierefreie Wohnungen fehlen. Diese Zahl wird sich auch noch vergrößern.
(Torsten Renz, CDU: Die Zeit drängt? Können wir da nicht mal eine Ausnahme machen? – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
(Torsten Renz, CDU: Das wäre im öffentlichen Interesse gewesen. – Peter Ritter, DIE LINKE: Natürlich.)
Wie ich bereits sagte, fehlen schon 35.000 barrierefreie Wohnungen, und das wird nicht besser, sondern der Bedarf wird steigen. Das hat ja die Enquetekommission „Älter werden in M-V“ deutlich angemahnt. Also auch da müssen wir noch mal einen großen Schluck aus der Pulle nehmen.
Bei der Förderung des nachträglichen Aufzuganbaus sind selbst bei Förderungen die Mieterhöhungen so hoch, dass sie für viele Mieterinnen und Mieter nicht mehr tragbar sind und die Kosten für Personenaufzüge auch stark gestiegen sind. Wenn dann nur einzelne Aufzüge bestellt werden, bleiben die Kosten hoch. Auch an dieser Stelle müssten wir uns die Richtlinie mal angucken.
Wir müssen uns das angucken, wir müssen darüber reden. Da habe ich heute in der Debatte, zumindest von den meisten Rednerinnen und Rednern, häufiger gehört, dass wir darüber reden sollten, wie wir unsere Förderinstrumente verändern, um die Kommunen entsprechend zu unterstützen. Dann lassen Sie uns darüber reden, dann lassen Sie uns Nägel mit Köpfen machen
und gerne im Energieausschuss wieder gemeinsam noch mal die Vorschläge aufgreifen, die wir auch in den letzten Jahren schon mehrfach gebetsmühlenartig vorgetragen haben!
Deshalb möchte ich hiermit die Überweisung unseres Antrages in den zuständigen Ausschuss beantragen. Es geht eben nicht nur um mehr Geld. Sie wissen ganz genau, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir schon mehrfach zum Thema „Soziale Wohnraumförderung“ unterschiedliche Dinge beantragt und hier vorgeschlagen haben. Jetzt haben wir uns eben mal diesen einen Aspekt herausgenommen, dass die Bundesmittel vollständig freiwillig eingesetzt werden und dass die Mittel, die zurückfließen aus ehemaligen Wohnungsbaudarlehen, ebenso eingesetzt werden für die soziale Wohnraumförderung. Wir haben schon verschiedenste Vorschläge gemacht. Lassen Sie uns die gerne gemeinsam im Energieausschuss beraten! – Recht herzlichen Dank.
Herr Renz, Sie hätten gern auch vor mir sprechen können, aber hier geht es eben der Reihe nach, da müssen Sie sich noch ein bisschen gedulden.
Soziale Wohnraumförderung, ist – das haben, glaube ich, alle Beiträge jetzt deutlich gemacht – ein wirklich heißes Eisen. Das ist ein Thema, mit dem man sich intensiv beschäftigen muss. Deswegen kann auch ich nur dafür plädieren, dass wir darüber im Ausschuss reden sollten – in den zuständigen Ausschüssen.
Die Fraktion DIE LINKE hat jedenfalls insofern recht, es muss auch mehr Geld in die soziale Wohnraumförderung, also finanziell investiert werden, aber das ist es andererseits nicht alleine. Man muss vielleicht mal den Blick öffnen, nicht immer nur neue Sozialwohnungen bauen, sondern – und das hat der Kollege Arppe sehr zutreffend dargelegt – Belegungsrechte wären ein anderes Instrument. In vielen Gemeinden haben wir sogar Wohnungsleerstand, aber nicht unbedingt da, wo er gebraucht wird. Dem könnte man statt mit neuen Sozialwohnungen – möglicherweise Thema Segregation, also soziale und ethnische Durchmischung, um es mal in verständlicher Sprache auszusprechen, Frau Larisch, das ist ja immer Ihr Anliegen, wir sollten uns bemühen, so zu sprechen, dass es auch nachvollziehbar ist –
mit Belegungsrechten, dieser Gettoisierung, nach Alter, nach sozialer Herkunft oder nach Ethnien entgegenwirken. Insofern war das ein sehr richtiger Vorschlag.
Herr Heydorn, Sie haben das selber auch aufgegriffen, der Student, der zu Studierendenzeiten eine Studentenbude anmietet, dann irgendwann ganz gut verdient, müsste auf diese Weise nicht ausziehen, könnte in der Wohnung, in der er vielleicht bleiben will, leben bleiben, man wird nur die Belegungsrechte freigeben – ein fortschrittliches Modell, das man wirklich näher in den Blick nehmen sollte.
Und, Herr Heydorn, Sie selbst haben Wien als lobendes Beispiel genannt. Wien macht genauso was: Belegungsrechte kaufen und nicht nur neue Wohnungen erwerben. Aber Sie selber hatten gesagt, wenn Sie bis zum Ende zuhören, werden Sie schlauer. Ich kann da nur die Schlussfolgerung ziehen, entweder haben Sie dem Kollegen Arppe nicht zugehört oder Sie werden trotz zuhören nicht schlauer. Das muss ich Ihnen überlassen, was dann richtig ist.
Ich möchte noch mal nachdrücklich dafür plädieren, wir sollten über die Problematik „Soziale Wohnraumförderung“ intensiv sprechen. Wir haben Nachholbedarf in vielen Bereichen, aber wir sollten eben nicht nur über neue Sozialwohnungen, sondern über andere Modelle sprechen, nicht das altbekannte „Weiter so!“