Meine Damen und Herren, das ist jetzt anderthalb Jahre her. Liegt eine Nachhaltigkeitsstrategie für MecklenburgVorpommern vor, wenigstens in den drei im Antrag der Koalitionsfraktionen benannten Handlungsfeldern? Nein! Und eine Erarbeitung ist auch nicht in Sicht. Angesichts der dringend notwendigen Kursänderung in vielen Bereichen ist das aus meiner Sicht nicht zu akzeptieren.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung missachtet sozusagen, bisher zumindest, ihren Koalitionsvertrag und sie tritt an dieser Stelle auch die Beschlüsse des Landtages mit Füßen. Ich erwarte nicht, dass Sie Ihre eigene Regierung öffentlich kritisieren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, aber auch Ihnen kann dieses Nichthandeln weder entgangen noch egal sein. Deshalb muss die Landesregierung hier und heute einen neuen klaren Auftrag erhalten und der sieht nach unserer Auffassung folgendermaßen aus:
Erstens. Die Landesregierung hat eine Nachhaltigkeitsstrategie zu erarbeiten, die alle 17 Ziele der UNO und nationalen Agenda umfasst, und das nicht 2022 oder 2020, sondern bis zum 1. Juli 2019. Da geht es zum einen darum festzuschreiben, was Nachhaltigkeitskriterien in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt sind. Aber es geht nicht um allgemeine Programmsätze, sondern um ganz konkrete Ziele und Maßnahmen, die einmal in der Legislatur mit einem Fortschrittsbericht überprüft und abgerechnet werden.
Zweitens muss die Kooperation mit den anderen norddeutschen Ländern verbessert werden. Auch hier ist die Landesregierung in der Pflicht, mit den anderen Ländern grenzüberschreitende Ziele und Maßnahmen zu formulieren.
Meine Damen und Herren, und dann sehen Sie in dem Antrag noch eine Eigenverpflichtung des Parlaments. Auf der Klimakonferenz Norddeutschland am 26. September dieses Jahres wurde der Vorstoß aus Niedersachsen in persona des SPD-Umweltministers Olaf Lies diskutiert und gefeiert, des Umweltministers aus Niedersachsen,
Klimaschutz und Nachhaltigkeit als Staatsziel in der Verfassung zu verankern. Das halten wir auch für den richtigen Weg für Mecklenburg-Vorpommern. Am Ende würde das konkret bedeuten, bei Gesetzesvorhaben, Planungen und Maßnahmen würde es in Zukunft einen Nachhaltigkeits- und Klimacheck geben.
Meine Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern kann mehr beim Thema Nachhaltigkeit. MecklenburgVorpommern muss mehr beim Thema Nachhaltigkeit können als jetzt. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Ums Wort gebeten hat für die Landesregierung der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Backhaus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal herzlichen Dank für den Antrag! Ich glaube, es ist doch gut, wenn die Landesregierung sich zu dem Thema outet, woran arbeiten wir, wie weit sind wir. Ich muss Ihnen ausdrücklich sagen, Frau Dr. Schwenke, wenn ich mir Ihre Rede angehört habe, kann ich weite Teile nachvollziehen, und auf der anderen Seite glaube ich, es ist auch aus meiner Sicht wirklich deutlich zu machen, dass wir in den letzten Jahren gerade in Mecklenburg-Vorpommern, was die Nachhaltigkeitsstrategie anbetrifft, Vorleistungen erfüllt haben.
Im Übrigen erinnere ich daran, dass wir natürlich eine ganz klare Nachhaltigkeitsstrategie haben, die aus dem Jahre 2007 stammt. Es sind auch andere Konzepte erarbeitet worden und wir arbeiten nach wie vor an einer Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Ich will Ihnen sagen, wenn man sich die 17 Ziele der UN anschaut, Sie haben ja im Wesentlichen die naturschutzfachlichen Themen herausgegriffen, aber selbstverständlich auch die anderen Themen, die mit den 17 Zielen verbunden sind, dann will ich die Initiative, die jetzt in den nächsten Tagen mehr als 50 Veranstaltungen durchführen wird, ausdrücklich unterstützen. Auf der anderen Seite, glaube ich, ist die Agenda 2030 der UN oder auch das, was die Bundesregierung an Strategie vorgelegt hat, eine gute Grundlage für alle Ebenen der Zivilgesellschaft, und damit ist die Wirtschaft gefragt, damit ist die Zivilgesellschaft gefragt, damit sind die sozialen, die ökonomischen, die ökologischen und die kulturellen Themen gefragt.
Deswegen, glaube ich, ist es so, dass wir diesen Diskurs als richtig empfinden, uns damit auseinanderzusetzen und zum anderen die Grundlage der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie für die 17 Ziele auch mal ein Stück anhand einzelner Beispiele herauszuarbeiten. Das will ich versuchen, denn eins ist klar, ich glaube, man darf gerade in Deutschland und Europa nicht vergessen: Die wichtigsten Ziele sind Frieden, Freiheit und Demokratie, auch das sind Ziele unter den 17 Punkten.
Ich glaube, wir als Deutsche, wir als MecklenburgVorpommern und wir als Europäer können uns glücklich und stolz schätzen, in einem Land leben zu dürfen, wo Frieden, Freiheit und Demokratie herrschen, wo wir satt zu essen haben und wo wir auch im Wesentlichen die Armut in den letzten Jahren massiv bekämpft haben. Ich bin jedenfalls stolz darauf, dass wir in diesem Land leben dürfen.
Meine Damen und Herren, wenn wir so ein paar wichtige Ziele herausstellen wollen, dann will ich das auch hier tun, nämlich erstens keine Armut, und zwar in den Staaten, die diese UN-Deklaration mit unterzeichnet haben. Das sind ja fast 190 Staaten dieser Erde. Wenn man sich das weltweit anschaut, ist es nach wie vor ein Dilemma, was die Armut anbetrifft.
Kein Hunger – für uns ist das heute selbstverständlich, dass wir im Überfluss leben und auf Kosten anderer Regionen dieser Erde. Wenn wir zu Alexander Gerst hochschauen, der uns an die Hand gibt, dem Blauen Planeten geht es schlecht – genauso ist das. Und wenn wir als Menschheit nicht aufpassen, werden wir in den nächsten Jahren, Jahrzehnten, Jahrhunderten zur Verantwortung gezogen. Da bin ich dicht bei Ihnen, aber den Hunger zu beenden und weltweit dieses umzusetzen, ist eine grundlegende Aufgabe.
Gesundheit und Wohlergehen – ein weiteres Ziel, ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters, im Übrigen auch die Generationengerechtigkeit, das Thema hatten wir heute, glaube ich, schon mal, und das Wohlergehen, nämlich ein menschenwürdiges Leben auf dieser Erde für alle Menschen zu gewährleisten, dieses Ziel finde ich grandios.
Oder sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen – wenn wir uns überlegen, weltweit haben zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser. Für mich, als ich das Umweltministerium übernommen habe, war es eine der Hauptaufgaben, mich um das Wasser zu kümmern. Ich glaube, dass wir da auch im Übrigen mit Konzepten unterlegen können, dass wir sehr viel getan haben. Ich will nur ein Beispiel nennen: So haben wir die Düngeverordnung auf den Weg gebracht oder das Konzept für eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung im Oberflächenwasserbereich und im Grundwasserbereich. Beim Thema der bezahlbaren sauberen Energie ist Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile an der Spitze der Bewegung der erneuerbaren Energien. Das können Sie auch nicht leugnen. Ich glaube, dass wir uns da einig sind.
Aber auch der verlässliche und nachhaltige Zugang zu moderner Energie ist ein Thema, das wir in den letzten Jahren auf die Agenda genommen haben und mit dem wir am weitesten in ganz Deutschland sind.
Die Städte und Gemeinden oder die Städte und Siedlungen – auch das Thema hatten wir – widerstandsfähig und nachhaltig zu gestalten, das ist ebenfalls eines der Ziele.
Für mich auch ein Thema, ein Kernthema, das dem Land auf die Stirn geschrieben steht, ist Leben am und mit dem Wasser, den Ozeanen, den Meeren oder auch der gesamte Ressourcenschutz. Ich glaube, das ist ein Thema, mit dem wir uns intensiv auseinandersetzen müssen
Alle Menschen dieser Erde tragen Verantwortung für das, was hier abläuft, und damit ist und bleibt es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auch die Veranstaltungen, die wir jedenfalls innerhalb der Landesregierung machen, sind dazu angetan, dieses Thema weiter in die Gesellschaft hineinzutragen.
In diesem Antrag fordern Sie als LINKE die Landesregierung auf, eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie vorzulegen. Ich kann hier nur noch mal sagen: Natürlich arbeiten wir daran ressortübergreifend und sind in einem intensiven Abstimmungsprozess. Den Auftrag hat die Landesregierung nicht nur sich im Koalitionsvertrag gegeben. Es gibt ja bereits einen Landtagsbeschluss aus dem letzten Jahr, den Sie auch kennen, wo es nämlich darum geht, die Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung mit der Bundesregierungsstrategie abzustimmen und drei besondere Handlungsfelder, nämlich die Wirtschaft, die Digitalisierung und die ländlichen Räume besonders herauszuarbeiten.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir zwei ganz wichtige Vorläufer einer Nachhaltigkeitsstrategie haben, zum einen – Sie haben darauf hingewiesen – die Landesagenda für nachhaltige Entwicklung im sozialen, im ökologischen, im wirtschaftlichen Entwicklungspotenzial aus dem Jahr 2006 und auf der anderen Seite nämlich das Perspektivpapier „Land hat Zukunft – Mecklenburg-Vorpommern 2020“ aus dem Jahr 2007.
Meine Damen und Herren, wir können bereits auf zahlreiche verschiedene Aktivitäten zurückblicken, die eine entscheidende Basis für das aktuelle Arbeiten dieses Leitbildes in Mecklenburg-Vorpommern bilden. Mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der Ausrichtung der Wirtschaftsförderung über die GRW auf Mindesttarifentlohnung oder die überwiegend unbefristeten Arbeitsplätze und deren Abbau, den Ausbau der Infrastruktur mit einem modernen Vergabegesetz, mit einem Mindestlohn werden attraktive Arbeitsplätze in diesem Lande geschaffen und damit wird auch eine Strategie gegen Armut weiter untersetzt.
Ein Kernthema der soliden und nachhaltigen Finanzpolitik – auch das will ich hier angesprochen haben – ist der Abbau von Schulden und damit Handlungsspielräume für die nachfolgende Generation zu eröffnen, um damit eine erhöhte Investitionsquote in diesem Land voranzutreiben. Im Übrigen haben wir mit der Schuldenbremse, im Rahmen des Grundsatzes keine neuen Schulden aufzunehmen, in der Landesverfassung dieses auch niedergeschrieben.
Ein weiterer wichtiger Punkt aus der Sicht der Landesregierung ist die finanzielle Unterstützung des massiven Breitbandausbaus und damit Teilhabe an dem Informationssystem. Auch da, glaube ich, können wir beweisen – heute ist das ja deutlich geworden, heute Vormittag –, dass gerade Mecklenburg-Vorpommern hier Maßstäbe insgesamt in Deutschland setzt. Dies ist natürlich auch eine Riesenvoraussetzung für die Nutzung der Chancen der Digitalisierung von Wirtschaft, Gesellschaft und damit in den strukturschwächeren und vor allen Dingen in den ländlichen Räumen. Auch die Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation trägt zur Nachhaltigkeit bei.
Innovationen sind wichtige Treiber für nachhaltige Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen. Darauf ist heute Morgen schon hingewiesen worden und das ist ja auch Teil des Nachtragshaushaltes. Nachhaltigkeitsinnovation zum Beispiel im Bereich der Energiewende dient sowohl dem Klimaschutz ausdrücklich, schafft damit neue Geschäftsmodelle und vor allen Dingen sichere und hoffentlich zukunftsfähige Arbeitsplätze.
Ein weiteres Beispiel sind natürlich die Land- und Ernährungswirtschaft, die Forsten und letzten Endes auch die Fischerei. Es gibt in keinem anderen Bundesland, ich will das ausdrücklich unterstreichen, so viel Gebiete, die unter Schutz gestellt worden sind, im Vergleich zu anderen Bundesländer in Deutschland wie Mecklenburg-Vorpommern.
Das wissen Sie auch. 45 Prozent, ich sage das noch mal ausdrücklich, 45 Prozent der Landesfläche des Landes Mecklenburg-Vorpommern sind mit einem Schutzstatus versehen worden. Das ist Verantwortung, das haben wir längst alles niedergeschrieben in Konzeptionen, und Sie wissen das auch, Frau Dr. Schwenke. Ich bin schon stolz auf unsere drei Nationalparke. Ich bin stolz auf unsere drei Biosphärenreservate. Ich bin stolz auf unsere sieben Naturparke und das erste nationale Monument.
Ich bin übrigens auch stolz darauf, dass wir von 158.000 Hektar, die im nationalen Naturerbe sind, fast 40.000 Hektar – und damit wiederum fast 40 Prozent dieser Flächen für den Natur- und Umweltschutz, für den Artenschutz, für den Klimaschutz und damit letzten Endes auch für die nachfolgenden Generationen – unter Schutz gestellt haben, nämlich mit Nullnutzung versehen haben.
In den Nationalparken haben wir in diesem Jahr die Waldbewirtschaftung eingestellt und wir haben mittlerweile zehn Prozent – das hat kein anderes Bundesland in Deutschland – unserer Wälder aus der Nutzung genommen. Es gibt kein anderes Bundesland, das so viel gemacht hat. Bitte nehmen Sie das mit auf und versuchen Sie das weiterzutragen!
Ich glaube, dass wir aufgrund der vielfältigen Struktur, aber auch der ressourcenschonenden Wirtschaftsweisen und damit der Ökologisierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern einen weitestgehenden Prozess in diesem Lande angeschoben haben, welcher seinesgleichen sucht in ganz Deutschland. Auch das gehört zu einer Strategie. Ich glaube auch, dass wir damit die kulturelle Identität, die ist mir sehr wichtig, in diesem Bundesland gewahrt haben.
Meine Damen und Herren, auch in anderen Sektoren spielen natürlich diese Themen eine entscheidende Rolle, die für die Zukunft dieses Landes insgesamt von Bedeutung ist. Ich denke auch an die innovativen neuen Modelle in der Gesundheitsversorgung und der Versorgung mit Mobilität innerhalb der ländlichen Räume. Sie haben eine ganze zentrale Bedeutung für die Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern, sowohl unter sozialen, ökologischen und ökonomischen sowie den kulturellen Themen dieser Generation. Auch der nachhaltige Tourismus ist für Mecklenburg-Vorpommern von zentraler Bedeutung.
Das sind natürlich die Naturschätze, aber auch die kulturellen Schätze dieses Landes gilt es weiter auszubauen
und zu untersetzen. Im Übrigen werden im Rahmen der neuen Tourismuskonzeption sowohl die Anforderungen des Natur- und Umweltschutzes als auch die Fragen der jüngeren Generation angesprochen und in Einklang gebracht.
nutze ich die Gelegenheit und weise noch mal darauf hin, auch wenn wahrscheinlich alle untereinander oder bilateral hier Gespräche führen, wie wir mit der Nachhaltigkeitsstrategie umgehen, erwarte ich doch, dass man vielleicht dem Minister zuhört und dann seine richtungsweisenden Ideen am Mikrofon präsentiert.
Ich glaube schon, wirklich ganz offen und ehrlich ausgesprochen, das ist ein Zukunftsthema, und ich würde mich schon wirklich sehr freuen, wenn Sie mir ein bisschen zuhören.