Protocol of the Session on June 29, 2018

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bringe dieses Beispiel nur, um deutlich zu machen, dass man diese

Angelegenheit differenziert betrachten muss. Vor dem Hintergrund, meine Damen und Herren, ist die Grundtendenz dieses Antrags durchaus nachvollziehbar, nämlich den Zustand in den einzelnen Gebietskörperschaften dieses Landes, also in den einzelnen Landkreisen, kreisfreien Städten, zu betrachten. Aber wir haben zwei Prämissen, die wir dabei berücksichtigen müssen:

Erstens. Die Straßenbaulast liegt nun einmal originär bei den jeweiligen Landkreisen beziehungsweise kreisfreien Städten und wenn es Städte sind, größer als 50.000 Einwohner, in den Landkreisen, gegebenenfalls auch bei den Kommunen vor Ort.

Zweitens. Es ist erst mal eine eigenständige Verantwortung der jeweiligen Gebietskörperschaft. Und dort, wo das Land an zwei Punkten helfen kann – so ist es ja auch durch den Minister ausgeführt worden –, dort, wo das Land an zwei Punkten helfen kann, nämlich einen Anhalt zu geben, wie man gemeinsam mit den Bewertungsmaßstäben, die das Land ohnehin für ihre eigenen Straßen benutzt, das auch in der kommunalen Gebietskörperschaft bewerten kann, da ist es zunächst einmal die Entscheidung der kommunalen Gebietskörperschaft zu sagen, ja, wir wollen auch diese Bewertungsmaßstäbe bei uns anlegen.

Es kann nicht sein, dass wir als Land sagen, ihr müsst das tun. Ich glaube, auch da sind wir uns einig. Wenn wir das nicht tun können, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann kann nur das Angebot, so, wie es von der Landesregierung schon gemacht wird, tatsächlich weiter aufrechterhalten bleiben. Und wenn dieses Angebot nicht angenommen wird, dann müssen sich die jeweiligen Bewohnerinnen und Bewohner des Landkreises entweder mit ihrem Landrat oder mit ihrem Kreistag entsprechend konfrontativ auseinandersetzen, um das mal so zu formulieren.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der zweite Punkt ist natürlich auch das finanzielle Volumen. Und jetzt komme ich noch mal auf das zurück, was Frau Kollegin Schwenke gesagt hat. Wenn wir uns hinstellen würden – und da nehme ich ein bisschen die Debatte auf, die wir gestern zum Schülerticket geführt haben , es gibt ja viele löbliche Ideen, die man alle aus Landessicht finanzieren könnte, völlig losgelöst von der Frage, ob man dafür zuständig ist oder nicht – und wenn wir diese Ideen alle aufgreifen würden, und das gilt natürlich auch für die Frage der Infrastrukturfinanzierung, insbesondere der Kostenübernahme, Kostenentlastung, wie immer man das nennen will in Bezug auf Straßenbaulast der Kreise und kreisfreien Städte, dann sind wir am Ende des Tages an einem Punkt angekommen, wo das, was wir als Land entweder machen müssen, oder das, was wir als Land auch für politisch verantwortlich halten – und darüber kann man ja streiten, da haben Sie vielleicht andere Vorstellungen als meine Fraktion oder andere Vorstellungen als die AfD und die BMV, das ist völlig normal, aber jeder von uns hat doch Vorstellungen darüber, was landespolitisch mit den entsprechenden Haushaltsmitteln gemacht werden soll –, dann kommen wir zu einem Punkt, wo das nicht mehr finanzierbar ist.

Dann werden wir, wenn wir das alles durchdeklinieren würden, nur noch das bezahlen, wofür eigentlich andere zuständig sind. Die werden sich, wenn ich das jetzt mal

überspitzen darf, die werden sich zurücklehnen in den Bereich freiwilliger Aufgaben und sich hinstellen und sagen, wir sind für das Gute, für das Schöne bei uns zu Hause zuständig, weil das Land das finanziert, was wir eigentlich als Pflichtaufgaben machen müssten. Und wir können uns dann hinstellen und sagen, ja, liebe Einwohner dieses Landes, wir würden ja gerne etwas tun, aber leider haben wir das Geld nicht mehr, weil, um bei dem konkreten Beispiel zu bleiben, wir die Infrastruktur in irgendeinem Landkreis sanieren würden.

Dann habe ich Sie jetzt aber nicht so verstanden, dass Sie sagen, na ja gut, das Land soll jetzt eine 100Prozent-Finanzierung übernehmen. Bloß dann kommen wir natürlich zu dem Punkt, den auch Herr Minister Pegel eben noch mal deutlich gemacht hat: Wir sind ja schon in der Situation, dass das Land mit den entsprechenden Fördermitteln die Kreise, kreisfreien Städte dort unterstützt, wo es unterstützen kann. Da kommen wir wieder zu dem Ausgangspunkt, den ich eben angesprochen habe, da muss es dann auch zwei Punkte geben bei den jeweiligen Gebietskörperschaften. Erstens muss es den Willen geben, eine Infrastruktur zu sanieren, die entsprechenden Planungen auch durchzumachen, die entsprechenden eigenen Investitionsmittel in den eigenen Haushalt einzustellen, und zweitens muss es auch tatsächlich die Bereitschaft zur Kofinanzierung geben, weil wir können nicht den gesamten Anteil der entsprechenden Investitionen durchführen, sondern wir als Land sind es, die dann entsprechend kofinanzieren.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ich kann das Problem verstehen, ich lebe lange genug in diesem Land. Ich ärgere mich manchmal darüber, dass ich den Eindruck habe, mein Auto ist eher ein Schlaglochsuchgerät als alles andere.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Aber, mal unabhängig von dem Auto, das ich selber fahre,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das kann jetzt nicht dazu führen, dass wir diejenigen, die originär in der Verantwortung stehen, dass wir diejenigen aus ihrer Verantwortung lassen, um dann hinterher das, was wir selber machen wollen, über das Maß, das wir bereits tun, entlasten, denn dann stellen wir uns politisch am Ende dieses Tages völlig ins Abseits. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Schneider.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Landsleute! Es ist heute zu dem Thema viel Richtiges, Wichtiges, Gutes gesagt worden. Herrn Eifler nehme ich da mal aus, das war irgendwie nix.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Der Zustand der Kreisstraßen in Mecklenburg-Vorpommern ist seit Jahren bekannt und, drücken wir es moderat aus, er lässt zu wünschen übrig.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Sie haben bemerkt, dass ich wohl bedacht meine Worte wähle.

Es geht uns nicht darum, jetzt den Schwarzen Peter einer Regierung der aktuellen oder der vergangenen Legislaturperioden zuzuschieben. Insofern hat der Minister auch wichtige Sachen und gute Sachen gesagt. Es muss allerdings in unser aller Interesse sein, den gegenwärtigen Zustand der Kreisstraßen tatsächlich im Sinne der Kommunen und ihrer Bürger zu verbessern. Die Situation der Kreisstraßen Mecklenburg-Vorpom- merns darf nicht zum Dauerzustand werden. Deshalb bitte ich Sie schon jetzt darum – noch mal, mein Kollege Reuken hat es schon getan –, mit uns gemeinsam für diesen Antrag zu stimmen oder die Überweisung in den Ausschuss, federführend Innen, mitberatend Infrastruktur,

(Torsten Renz, CDU: Weder noch!)

Energie und Finanzen, zuzulassen.

Na, Herr Renz, wir werden es sehen. Das müssen Sie dann auch mal den Leuten vor Ort erklären.

(Torsten Renz, CDU: Weder noch!)

Wie Sie sicher im Rahmen der Vorbereitung festgestellt haben, liefert die Antwort zu unserer Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/2109 einen Überblick über den Zustand der Kreisstraßen im Lande M-V, der alles andere als befriedigend ist. Und da beweisen wir auch mal ein bisschen kommunalpolitische Kompetenz, Herr Renz, in dem Zusammenhang. Der Zustand der Kreisstraßen der Landkreise und der kreisfreien Städte ist sehr unterschiedlich. Die Landesregierung hält einerseits eine Vergleichbarkeit und eine Beurteilung auf der Grundlage der vorhandenen Daten als sachgerecht nicht möglich. Als Gründe werden unterschiedliche Zeitpunkte der Erfassung beziehungsweise der Beurteilung des Zustandes, der Ermittlung der Zustandsnoten beziehungsweise Zustandsbereiche und Art der Erfassung benannt.

Dem Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung ist die unterschiedliche Vorgehensweise der Landkreise und kreisfreien Städte bekannt. Ja, denn das Ministerium wird sogar konkret und betrachtet eine einheitliche Erfassung des Zustandes mit Messfahrzeugen und eine einheitliche Bewertung nach gleichen Kriterien als fachlich wünschenswert. Die Erkenntnis des Ministeriums, die Kreisstraßen einheitlich zu erfassen und zu bewerten, werten wir durchaus als positiv, das begrüßen wir. Damit kann man nur voranschreiten oder, um beim Thema zu bleiben, gut voranfahren.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Des Weiteren erfolgt die Zustandsbewertung der Kreisstraßen in den Landkreisen und kreisfreien Städten, wie aus der Anfrage zu schließen ist, nicht bei allen Kommunen – das ist auch schon gesagt worden – in Anlehnung an das durch die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. herausgegebene technische Regelwerk.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Weiterhin wurde mitgeteilt, dass unterschiedliche Personen beziehungsweise Institutionen den Zustand der Kreisstraßen erfassen und so eine Vergleichbarkeit nur bedingt gegeben ist.

(Unruhe bei Jochen Schulte, SPD, und Bernhard Wildt, BMV – Dr. Ralph Weber, AfD: Könnt ihr draußen reden, verflixt noch mal?!)

Ja, gut, kennen wir ja, da wird auch unterschiedlich

(Glocke der Vizepräsidentin)

geklingelt und das bewertet.

Wie weiterhin einem Medienbericht zu entnehmen ist, teilt der Landkreis Rostock seine Zustandsdaten für Straßen in vier anstatt fünf Kategorien ein. Der Zustand der Straßen wird auch nur teilweise in regelmäßigen Abständen beziehungsweise anlassbezogen ermittelt und die Pflege der Daten – das ist gesagt worden – erfolgt durch verschiedene Systeme. Dies alles gilt es, möglicherweise auf den Prüfstand zu stellen, um durch eine Vereinheitlichung eine Vergleichbarkeit herzustellen beziehungsweise in den entsprechenden Richtlinien nachzujustieren.

Wie verhält es sich denn nun genau mit dem Zustand der Kreisstraßen in Mecklenburg-Vorpommern? Mein Kollege Stefan Reuken hat es schon angesprochen: Mehr als ein Drittel der Kreisstraßen in MecklenburgVorpommern sind in einem schlechten bis sehr schlechten Zustand. Der Landkreis Vorpommern-Greifswald ist mit rund 38 Prozent besonders betroffen, gefolgt von den Straßen in den Kreisen Ludwigslust-Parchim und Vorpommern-Rügen. Ich weiß nicht, Herr Eifler, wie Sie das sehen. Aber gut, von denen befinden sich auch jeweils 20 Prozent in einem sehr schlechten Zustand. Hier ist sofortiger Handlungsbedarf erforderlich.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Diese Straßen sind mit der Zustandsklasse 5 gekennzeichnet. Ich wiederhole das gern und betone es auch: Die Betonung liegt hier auf dem sofortigen Handlungsbedarf. Das bedeutet, dass bei Straßen der Klasse 5 keine Erhaltungsmaßnahmen mehr möglich sind, sondern nur eine grundhafte Sanierung. Im schlimmsten Falle käme es zu einer beschränkten Nutzung oder gar zu einer Schließung der Straße. Dies erfordert also ein sofortiges Handeln, das wir als Land und Fördermittelgeber indirekt steuern können. Es geht uns, wie gesagt, auch nicht darum, in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen.

Die Kommunen sollten schon im Eigeninteresse als Erstes jene Straßen mit der Zustandsklasse 5 grundhaft sanieren, damit in den nächsten Jahren Straßen mit der Zustandsklasse 4, gefolgt von Zustandsklasse 3 und so weiter nicht in eine noch schlechtere Klasse fallen. Da gilt es, möglicherweise zu berücksichtigen, was Sie gesagt haben, Herr Minister, dass man sich die Straßenauslastung und Straßennutzung angucken muss, aber grundsätzlich sollte es tatsächlich so sein, dass man die zunächst sanierungsbedürftigsten Straßen im Auge behält. Das Ziel muss es sein, dieses zu verhindern.

Und jetzt kommen wir auch mal zu ein paar Zahlen, was das alles kostet.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Eine grundhafte Sanierung des durchschnittlichen Kilometers Landstraße ist mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden. Wie aus unserer Anfrage hervorgeht, beträgt die durchschnittliche Sanierung eines Kilometers Kreisstraße zwischen 156.000 und 250.000 Euro. Der grundhafte Neubau für einen Kilometer Kreisstraße würde mit Beiträgen in Höhe von 500.000 bis 1 Million Euro beziffert.

Meine Damen und Herren, wir müssen nun wirklich keine mathematischen Experten sein, um zu erkennen, dass zwischen dieser Sanierung und diesem Neubau eine erhebliche Differenz zu verzeichnen ist. Der Grundsatz sollte hier lauten: Erhalt vor Neubau. Wie aus einer weiteren Anfrage, die mein Kollege Thomas de Jesus Fernandes gestellt hat, Drucksache 7/1641 vom 16.02.2018, hervorgeht, richtet sich das Land bei den Landesstraßen nach diesem Grundsatz. Dieser Ansatz ist zu begrüßen und sollte auch für Kreisstraßen gelten. Die Landkreise und Kommunen werden mit erheblichen finanziellen Mitteln für die Sanierung der Straßen unterstützt und letzten Endes geht es genau darum. Wir unterstützen ja schon, wir geben schon Geld für die Landkreise und die Kommunen.

Die Anträge hierzu stellen die jeweiligen Straßenbaulastträger nach eigener Priorisierung. Es ist durchaus möglich, dass die Landesregierung hier Vorhaben bezuschusst, die weniger Sanierungsbedarf aufweisen als andere. Das könnte der Grund sein, den Sie genannt haben. Es ist für die Gesamtsituation im Land nicht zweckdienlich, förderfähige Vorhaben mit den Kategorien 2 oder 3 eines Landkreises auf gleiche Stufe mit den Kategorien 4 oder 5 zu stellen. Hier fehlt die Prioritätensetzung für eine effiziente Verwendung der Landesmittel. Das Land als Fördermittelgeber vergibt hier scheinbar Mittel an die Kommunen, ohne sich Gedanken zu machen, ob diese Mittel landesweit betrachtet bedarfsgerecht eingesetzt werden. So kann nicht mehr weiter verfahren werden.

(Nikolaus Kramer, AfD: Sehr richtig!)

Kreisstraßen mit dem höchsten Sanierungsbedarf sind vorrangig zu behandeln. Die Kreise erhalten als Antragsteller Mittel aus den Fördertöpfen des Landes. Und genau hier liegt Chance als Land Mecklenburg-Vor- pommern, den Kommunen koordinierend zur Seite zu stehen. Bei diesem Antrag geht es nicht darum, die derzeitigen Mittel zu erhöhen – das ist auch noch mal ganz wichtig – oder die Förderrichtlinie in Gänze zu kritisieren, sondern die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel des Landes zur Sanierung von Kreisstraßen aus reiner Landessicht zielgerichteter einzusetzen.