Protocol of the Session on June 29, 2018

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/2257 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/2257 mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 35: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Herkunftsbezeichnungen schützen lassen, auf Drucksache 7/2237.

Antrag der Fraktion der AfD Herkunftsbezeichnungen schützen lassen – Drucksache 7/2237 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Lerche.

Sehr geehrtes Präsidium! Verehrte Kollegen Abgeordnete! Liebe Bürger! Werte Gäste! Heute geht es um die Wurst, und zwar um die Pommersche Leberwurst und Pommersche Rauchwurst, um den Mecklenburger Rippenbraten und so weiter. In MecklenburgVorpommern gibt es eine Reihe tradierter regionaler Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse. Viele der Produkte sind seit Jahrhunderten über die Region hinaus bekannt. Doch heute wird vieles nicht mehr vollständig in unserer Region produziert.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Eine Ursache dafür könnte sein, dass es keine geschützten geografischen Angaben hier gibt. Deshalb wird es Zeit, dass die Landesregierung dafür Sorge trägt, dass unsere bekannten Produkte geschützt werden. Mit einer geschützten geografischen Herkunftsangabe nach EURecht könnten unsere heimischen Produkte bestärkt werden. Mindestens eine der Produktionsstufen – Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung – muss dann in dem Herkunftsgebiet durchgeführt werden. Damit wird die Wertschöpfungskette der regionalen Erzeugnisse hier vor Ort bestärkt. Die heimischen Landwirtschaftsbetriebe und unser Arbeitsmarkt werden durch solchen Schutz bestärkt, die Einhaltung der Spezifikation durch Kontrollen gewährleistet. Jeder Bewerber eines geschützten Produkts muss sich einem Kontrollsystem stellen.

Ich will jetzt keine einzelnen Unternehmen oder Marken angreifen, doch die meisten Bürger empfinden es als Verbrauchertäuschung, wenn bekannte Wurst- oder Käsesorten Herkunftsbezeichnungen aus unserem Bundesland tragen, aber wenig bis gar nichts hier vor Ort erzeugt wird.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Glocke der Vizepräsidentin)

In den meisten anderen Bundesländern, außer dem Saarland und Berlin, existieren, um das zu verhindern, eine ganze Reihe geschützter geografischer Angaben oder sogar geschützte Ursprungsbezeichnungen. Wer kennt sie nicht, die Thüringer Bratwurst oder das Kölsch Bier? Wer Schwäbische Spätzle vom Discounter, Eigenmarken wie „ja!“, kauft, der sieht auf der Verpackung, dass die auch dort produziert wurden, denn Schwäbische Spätzle sind geschützt, genauso wie bayerisches Bier. Ende 2017 ging aus Berlin der Antrag auf Berliner Currywurst ohne Darm schon mal beim Deutschen Patent- und Markenamt ein und hat gute Chancen, auch EU-weit geschützt zu werden.

Wenn Berlin das hinbekommt, meine Damen und Herren, dann schaffen wir das auch.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Echt?)

Wir schaffen das mit unseren zahlreichen Sanddornprodukten, Mecklenburger Rippenbraten, Sauerfleisch, den Pommerschen Fleischprodukten, unseren geräucherten Fischen und den zahlreichen beliebten Käseprodukten wie Tollenser oder Rügener Badejunge. Vielleicht heißt der ja dann irgendwann mal Schmalkalder Badejunge oder so. Ich will mich da nicht festlegen, was genau schützenswert ist oder was geschützt werden kann, aber den zuständigen Ministerien, sprich Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium, in Zusammenarbeit mit Agrarmarketingvereinigung, Unternehmensverband und so weiter und unseren Produzenten werden hier schon Rezepte und Kriterien einfallen.

Insgesamt sind 89 deutsche Erzeugnisse bei der EU registriert. Es wird Zeit, dass auch welche aus M-V dazukommen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Insgesamt 1.360 Namen von geschützten Ursprungsbezeichnungen und geschützten geografischen Angaben gibt es EU-weit. Meiner Kleinen Anfrage 7/2212 ist zu entnehmen, dass Fördermittel für markenrechtlichen Schutz ausgehändigt wurden. Insgesamt 203.276 Euro wurden der Schutzgemeinschaft Pommersche Fleisch- und Wurstwaren ausgezahlt, um drei Produkte zu schützen. Doch in der EU-Datenbank haben sich Pommersche Fleischblutwurst, Leberwurst und Schlackwurst nicht durchsetzen können. Anscheinend hat es nur für das nationale DPMA, also Deutsches Patent- und Markenamt, gereicht. Vielleicht kann Herr Backhaus dazu noch was sagen? Von daher wird es ja für die Landesregierung kein Problem sein, sich der Sache erneut anzunehmen. Auch andere Produkte sind zu schützen und die drei bundesweit geschützten sind in den EU-Status zu bringen.

In meiner anderen Kleinen Anfrage, Drucksache 7/2205, wurde mir seitens der Regierung geantwortet, dass es theoretisch auch für Tochtergesellschaften der Landesregierung möglich ist, markenrechtlichen Schutz zu beantragen.

(Thomas Krüger, SPD: Machen Sie mal ein Beispiel!)

Da kann sich doch mal ein Gremium aus den Juristen der Ministerien und den Tochtergesellschaften aus dem Bereich Agrar, Wirtschaftsförderung und Landesmarketing zusammenschließen und solche Anträge ausarbeiten.

Ewas knifflig ist natürlich auch die Bezeichnung „Pommern“, denn wie wir wissen, liegt ein Großteil der Region in der Republik Polen, aber auch die Woiwodschaften haben Regierungen und Verwaltungen, und nach Artikel 49 Absatz 1 der EU-Verordnung über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel können natürlich auch mehrere Mitgliedsstaaten sich darum bemühen. Im Haus der Wirtschaft in Stettin warten die Angestellten auf Input aus Mecklenburg-Vorpommern und wären bestimmt behilflich. Es wird sicherlich keine Bedenken seitens der polnischen Seite geben, dass man solche länderübergreifenden Markenrechte angeht, denn wie heißt es so schön: Mit Speck fängt man Mäuse. Es wäre zum Beispiel ein Schritt in Richtung eines ersten gemeinsamen, identitätsstiftenden Projektes in der Metropolregion Stettin.

Nun ist mir natürlich wieder klar, dass dann mit irgendwelchen Spitzfindigkeiten und juristischen Spitzfindigkeiten –

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Herr Krüger guckt mich da schon so böse an –

(Thomas Krüger, SPD: Mit Sicherheit, kritisch!)

oder sonstigen taktischen Schutzbehauptungen gehandelt wird, um nicht zuzustimmen, aber wir hoffen zumindest, dass wir das Thema öffentlich wiederbelebt haben, damit sich in die Richtung mal was tut,

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

und würden uns freuen, wenn es zu einer Überweisung in den Ausschuss kommt. Die Pommersche Rauchwurst hat zwei Enden. Meine Rede hat jetzt ein Ende.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Ministerin Stefanie Drese)

Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen oder ihn zu überweisen. – Ich danke.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Herr Abgeordneter, habe ich das richtig verstanden, war das ein Antrag auf Überweisung? Wenn Sie mir dann noch sagen, in welche Ausschüsse Sie das überwiesen haben wollen, dann werden wir das so berücksichtigen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Wirtschaft und Agrar.)

Ich bitte um die Überweisung in den Wirtschafts- und Agrarausschuss.

Okay, danke schön.

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort … Nein, Unsinn, so weit sind wir noch lange nicht.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat zunächst ums Wort gebeten der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit. Herr Glawe, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der zu beratende Antrag geht am eigentlichen Ziel vorbei, und ich kann den Fraktionen nur empfehlen, ihn abzulehnen, denn erstens kommt die Landesregierung der zu beschließenden Aufforderung schon seit Langem nach und zweitens geht es ja in besonderer Weise um den geografischen Schutz. Dieser ist durch die Erzeugergemeinschaften zu beantragen und nicht durch das Land.

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

Die Eintragung einer geschützten geografischen Angabe wird durch die EU-Verordnung mit Nummer 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel ermöglicht. Ziel der Verordnung ist es, die Erzeuger mit einer Verbindung zur Region zu unterstützen. Sie ermöglicht faire Einkünfte für die Qualität der Erzeugnisse, einen einheitlichen Schutz des Namens als Recht des geistigen Eigentums und klare Informationen an den Verbraucher über die wertsteigernden Merkmale der Erzeugnisse.

Aber aus folgenden Gründen ist der Antrag der AfD abzulehnen. Erzeugervereinigungen und im Ausnahmefall auch einzelne Erzeuger können beim Deutschen Patent- und Markenamt den Schutz beantragen. Nur diese können einen Antrag stellen, um ihre eigenen Produkte zu schützen, handeln aber müssen die Erzeugervereinigungen und die Erzeuger selbst. Insofern ist die hier angesprochene Landesregierung als nicht Antragsberechtigter der falsche Adressat.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Die Landesregierung kann nur unterstützen, und das tut sie auch nach Kräften. Diese Unterstützung reicht von der Information bis hin zu finanzieller Unterstützung der Erzeugervereinigungen beim Schutz ihres geistigen Eigentums. Ein Beispiel einer solchen Förderung haben wir bereits in der Beantwortung der Kleinen Anfrage des Kollegen Abgeordneten Lerche zu geografischen Herkunftsangaben in Mecklenburg-Vorpommern in der Drucksache 7/2212 dargestellt.

Die Landesregierung wirkt also bereits im Rahmen der Möglichkeiten auf die vermehrte Inanspruchnahme von geografischen Herkunftsangaben durch Erzeuger in Mecklenburg-Vorpommern hin und daher, da kann ich auch im Namen des Kollegen Backhaus sprechen, werden wir natürlich die Beratungen weiter fortsetzen, auch finanziell die Dinge begleiten, aber Antragsteller kann keine Landesregierung sein. Von daher bitten wir, den Antrag abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Weiß.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Minister Glawe, woher kannten Sie eigentlich meine Rede? Ich werde es umstellen müssen.

Ich muss zugeben, dass der Antrag beim ersten Durchlesen durchaus sympathisch rüberkam. Das Ziel ist ja klar: Heimat zu pushen. Ich habe vor 20 Jahren das Institut für sozialwissenschaftliche Regional- und Umweltforschung als privatwirtschaftlich betriebenes wissenschaftliches Forschungsunternehmen gegründet, meine eigenen Formeln und Logos zuerst schützen lassen. Wie man das macht, kann jeder nach ein paar Minuten Recherche ergründen, und ebenso einfach ist es, eine Herkunftsbezeichnung zu schützen, zumal es dafür auch eine kostenlose professionelle Hilfe gibt, nämlich das Deutsche Patent- und Markenamt selbst. Ebenso könnte man sich mit solchen Fragen an das Agrarmarketing wenden.

Jeder, der sich selbst nur flüchtig mit der Lektüre diesbezüglich öffentlich zugänglicher Dokumente beschäftigt, erkennt leicht, dass der vorliegende Antrag ein klassisches Beispiel eines Schaufensterantrags ist, denn er hat mit der Landesregierung den falschen Adressaten. Solch ein Antrag ist reiner Populismus, und zwar im negativen Sinne. Meine Fraktion wird ihn ablehnen und hat dafür folgende Gründe:

Erstens ist der Feststellungsteil – ich meine nicht das, was Herr Lerche eben vorgetragen hat, sondern das Schriftliche des Antrages – kaum ausreichend, um das Ansinnen zu begründen. Der Landtag soll feststellen, dass, und hier zitiere ich jetzt, „Mecklenburg-Vorpommern über ein breites Spektrum an einzigartigen regionalen Produkten verfügt“. Also genauso gut hätten wir jetzt feststellen können, dass es nachts über M-V dunkel ist.