Protocol of the Session on June 28, 2018

dann frage ich mich, warum wir eine Unterschriftenaktion haben, warum wir ständig das hier irgendwo thematisieren, warum Ihre Fraktionen beständig alle zwei Jahre mit dem Antrag für die Azubitickets sozusagen um die Ecke kommen. Wenn alles in Butter wäre, so, wie Sie es hier dargestellt haben, müssen Sie mal mit Ihrer Fraktion reden, warum die denn aus ihrer Sicht das machen und hier irgendetwas einbringen, was überhaupt nicht nottut.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es. – Dietmar Eifler, CDU: Sie haben eine falsche Wahrnehmung. Sie haben eine falsche Wahrnehmung.)

Mit unserem Antrag fahren alle Kinder und Jugendlichen kostenlos zur Schule. Wir umgehen damit auch diese unmögliche 2- und 4-Kilometer-Regelung, die wir jetzt haben. Mit uns kann jeder Schüler fahren, und zwar kostenlos fahren, ob die Schule zwei, vier oder zehn Kilometer entfernt ist. Wir beenden mit unserem Antrag auch endlich das unwürdige Gezerre an den Berufsschülerinnen und Berufsschülern. Die müssen sich schon komplett veralbert vorkommen, wenn hier ständig die Pirouetten getanzt werden, diesmal der Bildungsministerin bei dem Antrag über die Fahrtkostenzuschüsse, und die Koalition tanzt mit.

Ich möchte noch etwas zu Ihnen, Herr Pegel, sagen, aber wir werden das ja heute Abend sicherlich noch thematisieren können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Er kann ja jetzt einen ausgeben. – Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Ob es ein Ministerkind ist oder nicht – also, das finde ich ziemlich chaotisch, diese Argumentation.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sie sagen, Sie können sich das leisten, und verwiesen auf uns.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Vor allen Dingen auf jeder Landtags- sitzung kommt das neuerdings.)

Wir können uns das auch leisten. Das ist für mich eine vollkommen falsche Argumentation, denn dann müssten Sie doch jetzt auch dort bezahlen, was für andere kostenlos ist. Da müssen Sie sagen, nein, nein, ich bin der Minister, ich möchte gerne bezahlen, ich weiß, es ist kostenlos, aber bitte nicht für mein Kind, ich kann es mir leisten. Dann müssten wir diese Diskussion im Übrigen bei den Kitas auch führen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig!)

denn auch die, nehme ich an, können Sie sich leisten – das nehme ich an –,

(Torsten Renz, CDU: Wurde gestern empfohlen.)

könnte ich mir leisten, wenn ich noch ein Kind in dem Alter hätte. Es geht doch nicht darum, dass die Eltern sich etwas leisten können. Es geht um eine chancengleiche Bildung, um chancengleiches Leben, und zwar egal, welche Eltern ein Kind hat.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Jeder, der seine Schulpflicht erfüllt oder auch seine Berufsschulpflicht erfüllt, der muss doch die Möglichkeit haben, kostenlos zur Erfüllung dieser Pflicht zu kommen. Es ist eine Pflicht. In dem Moment, wo die Fahrt dorthin etwas kostet, ist die Bildung in Mecklenburg-Vorpommern eben nicht kostenlos.

(Dietmar Eifler, CDU: Das glauben Sie doch selber nicht, was Sie da erzählen.)

Jeder, ob SPD, ob wir mit der Chancengleichheit, die CDU mit Chancengerechtigkeit – wer sich Chancengleichheit, Chancengerechtigkeit, vor allem in der Bildung auf die Fahnen schreibt, der kann nicht anders, als diesen Anträgen zuzustimmen, der kann nicht anders, als zumindest der Überweisung dieser Anträge zuzustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

(Patrick Dahlemann, SPD: Denk an die Beförderung!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Wer für Chancengerechtigkeit ist, wer für Chancengleichheit ist, der kann nicht nur diese Anträge ablehnen, der muss es nämlich, denn Chancengerechtigkeit und Chancengleichheit, sehr geehrte Frau Oldenburg, bedeuten auch, dass derjenige verantwortungsvoll mit dem Geld, wofür er zuständig ist, umgeht und nicht überall dort, wo vielleicht Defizite in anderen Bereichen da sein mögen, für die er aber nicht zuständig ist, sondern Dritte, die mit deren Mitteln umgehen müssen, einspringt.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, manchmal frage ich mich auch, wo ich hier eigentlich bin oder, genauer gesagt, ob es irgendwo in der Landesregierung, in irgendeinem Keller eine Druckmaschine oder wahrscheinlich heute eher einen Fotokopierer gibt, wo die

Euroscheine gedruckt werden, die hier jeden Tag neu ausgegeben werden, nicht für Aufgaben übrigens, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, für die das Land zuständig ist, sondern für Aufgaben, die originär Dritten obliegen und die aus deren Mitteln tatsächlich auch zu bezahlen sind.

(Beifall Dietmar Eifler, CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ja, ich kann die Intention verstehen, dass man kostenlosen Schülerverkehr oder kostenlosen Verkehr für Jugendliche, für jene, die in Ausbildung sind, möglicherweise auch für Seniorinnen und Senioren, gegebenenfalls auch für diejenigen, die sich im Rahmen ihrer beruflichen Weiterbildung weiterqualifizieren wollen, für diejenigen, die vielleicht tatsächlich einen etwas weiteren Weg haben als andere, oder für andere Gruppen, für die man bestimmt auch noch ein Beispiel finden kann, in diesem Land kostenlos durchführen kann, aber dafür, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sind die zuständig, die nach dem ÖPNVGesetz dieses Landes Aufgabenträger des sonstigen ÖPNV sind. Das ist nicht das Land, das sind die kommunalen Aufgabenträger.

Deswegen ist es auch richtig, was Minister Pegel vorhin sagte, dann soll man ehrlich miteinander sein, dann soll man die kommunale Aufgabenträgerschaft in diesem Bereich abschaffen, dann stellen Sie einen Antrag in diesem Haus, dass das ÖPNV-Gesetz zumindest in diesem Punkt geändert wird. Aber kommen Sie doch bitte nicht mit Anträgen, wo vom Grundsatz her gesagt wird, die sollen zwar dafür formal zuständig sein, aber wir bezahlen es und am Ende machen wir auch die Vorschriften darüber, wann das Geld ausgegeben wird und wofür das Geld ausgegeben wird, denn es gilt in Deutschland faktisch immer noch der Satz: „Wer das Lied bestellt, der bezahlt es auch.“

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Die „Musik“ heißt das, die „Musik“.)

Wer die Musik bestellt, genau, Frau Kollegin Oldenburg.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ich höre zu, ne?!)

Vielen Dank für den qualitativen Beitrag.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Bitte.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, deswegen machen Sie sich doch nicht so einfach vom Acker, wie Sie das hier heute tun, sondern sagen Sie den Menschen in diesem Land auch, wir wollen in diesen Bereichen keine kommunale Selbstverwaltung!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann komme ich noch zu einem zweiten Punkt. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob ich Frau Kollegin Schwenke an dieser Stelle richtig verstanden habe. Es geht nicht direkt aus dem Antrag hervor, aber, wenn ich es richtig gehört habe, dann hat die von mir sehr geschätzte Kollegin im Rahmen ihres Redebeitrages gesagt, dass die bisherigen Ausgleichsleistungen, also die 45a-Mittel, direkt an die Kommunen gegeben werden sollen.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: An die Kreise!)

An die Kreise, also an die kommunalen Aufgabenträger.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ja.)

Das ist jetzt keine wirklich neue Überlegung in der Bundesrepublik Deutschland.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Nee.)

Das habe ich jetzt auch nicht so verstanden, dass Sie damit das Rad neu erfinden wollten.

Das hat es zum Beispiel auch in Niedersachsen gegeben, die das dortige Nahverkehrsgesetz so geändert haben. Wie die Auswirkungen sind, das weiß heute noch keiner, aber ich kann Ihnen mal die Kritik, die es damals im Zusammenhang mit dieser Änderung des Gesetzes gab, nennen, und zwar die, die nicht von irgendwelchen Unbeteiligten geäußert worden ist, sondern die von den Verkehrsunternehmen dort deutlich gemacht worden ist. Die Verkehrsunternehmen in Niedersachsen – Ähnliches würden Sie wahrscheinlich genauso auch hier im Lande von den betroffenen Verkehrsunternehmen hören – haben sich dagegen massiv ausgesprochen. Die haben als Erste gesagt, wenn diese Mittel direkt an die kommunalen Aufgabenträger gehen, also entweder an die Landkreise oder die kreisfreien Städte, wissen wir gar nicht mehr, wo das Geld landet, dann landet es auf einmal bei den zuständigen Finanzdezernenten oder bei dem zuständigen Finanzsenator und wir wissen noch gar nicht, ob es tatsächlich auch bei den,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Deshalb wollen wir Zweckbindung.)

deswegen wissen wir auch noch gar nicht, ob es bei den entsprechenden Verkehrsunternehmen ankommt.

Der zweite Vorwurf war – das ist dann schon schwerwiegender, denn daran kommen Sie auch mit der Zweckbindung nicht vorbei, Frau Kollegin –: Wenn Sie auf einmal Mittel aus einem kommunalen Haushalt, einem kreislichen Haushalt, einem Unternehmen geben, dann stellt sich eine beihilferechtliche Frage: Können Sie das überhaupt in dem Zusammenhang noch geben? Da, sehr geehrte Frau Kollegin Schwenke, wenn Sie diese Idee hier einbringen, hätte ich zumindest von Ihnen erwartet, dass Sie klar aussagen können, wie sich das tatsächlich verhält, ob nicht möglicherweise diese Zahlung, die ein kommunaler Aufgabenträger ohne die Rechtsgrundlage des 45a – weil wir das ja dann umgehen –, ohne die Rechtsgrundlage des 45a in die entsprechenden Verkehrsunternehmen geben kann, dann beihilferechtskonform überhaupt noch an die Unternehmen geben kann. Wie sieht es mit den Mitteln aus, die gar nicht bei dem eigenen kommunalen Verkehrsunternehmen landen, sondern vielleicht bei einem privaten Nach-/Unterauftragnehmer?

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, was ich auch von Ihnen erwartet hätte, wäre zum Beispiel die Frage, die auch dort von den Verkehrsunternehmen aufgeworfen wurde, ob, wenn es nicht mehr die 45aMittel sind, die direkt aus dem Land an die entsprechenden Verkehrsunternehmen weitergeleitet werden, das Ganze dann nicht umsatzsteuerpflichtig ist. Der Verband der Verkehrsunternehmen in Niedersachsen hat in seinen damaligen Berechnungen ausgerechnet, dass unge

fähr 7 Millionen Euro allein an Umsatzsteuer bei dieser Konstruktion wieder an den Bund zurückfließen werden, 7 Millionen Euro – und eine ähnliche Zahl wird es wahrscheinlich auch in Mecklenburg-Vorpommern sein –, Millionen von Euro, die Sie den Verkehrsunternehmen und dem Nahverkehr in diesem Land auf diese Art und Weise entziehen wollen, ohne dass es irgendeine qualitative Veränderung gegeben hat.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das ist jetzt eine ziemliche Behauptung.)

Und das...

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das müsste man zumindest prüfen.)

Na, Frau Kollegin Schwenke, es ist Ihre Aufgabe, wenn Sie mit einem solchen Antrag ins Plenum gehen, sich vorher Gedanken über diese Fragen zu machen, die offenkundig schon in anderen Bundesländern diskutiert worden sind. Das erwarte ich einfach von Ihnen, dass Sie sich vorher damit auseinandersetzen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Dietmar Eifler, CDU)