(Der Abgeordnete Burkhard Lenz stellt das Rednerpult ein. – Andreas Butzki, SPD: Nicht noch höher fahren!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Gäste! Ich habe noch gar nicht gesprochen und trotzdem bin ich von der Debatte, die so sehr zweideutig ist, doch schon emotional sehr angegriffen. Für eins aber, das kann ich gleich vorwegsagen, werden wir – das bin ich und auch meine Fraktion – uns einsetzen, dass nämlich die handwerkliche, ökosystemgerechte und nachhaltige kleine Küstenfischerei, eine Traditionsfischerei, in unserem Bereich trotz zum Teil überbordenden Naturschutzes weiter bestehen bleibt.
Es sind nicht nur die Maßnahmen oder die Ankündigungen des Internationalen Rates für Meeresforschung, die Heringsquote auf null zu setzen. Ich muss dazusagen, ich verstehe das alles langsam nicht mehr, wie Herr
Zimmermann zu diesen Aussagen kommt, es gibt keinen Heringslaich mehr, die Reproduktionsrate ist so gering.
Na ja, Frau Oldenburg, Simone, wir haben nicht über die Größe, gleich welcher Art, gesprochen, ne? Körperlich, gebe ich ja zu,
Da haben Sie zur Heringszeit nicht einen freien Liegeplatz gefunden, weil Fischer aus allen Häfen der ehemaligen DDR, von Poel angefangen und Boltenhagen, alle nach Lauterbach zum Heringsfang gekommen sind.
Übrigens, wir haben als Schüler sehr viel gutes Geld damit verdient, denn nach der Schule sind wir Heringspuken gegangen.
Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon mal Hering aus den Netzen gepukt hat. Das ist keine angenehme Angelegenheit, gerade im Februar und März, wenn es noch schweinekalt ist. Das machen die Fischer auch heute noch.
Die Arbeit ist schwer, körperlich sehr schwer, aber sie haben ein gutes Geld verdient damals, und das nicht umsonst.
Zu Recht! Von dem Fisch haben wir nicht sehr viel gesehen, der meiste davon ging nach Dänemark. Das ist die andere Seite gewesen.
Nur frage ich mich, wenn wir damals zu DDR-Zeiten so zwischen 20.000 und 30.000 Tonnen in Lauterbach angelandet haben im Jahr, wo da die Robben waren.
Da war das Nahrungsdargebot wesentlich höher als heute. Und was wir auch nicht hatten, das sind die ganzen Seevögel, die wir heute haben, die heute ja als Beifang so schlimm sind, weil sie die Populationen der Eisente, der Tafelente, der Bergente bedrohen. Wissen Sie, seit wann diese Vögel erst bei uns sind? Seit Mitte der 70er-Jahre gibt es ein Vorkommen, Ansammlungen von diesen Vögeln, die wir jetzt so maßgeblich schützen sollen, und die Fischer, die sollen sich Fischfanggeräte einfallen lassen, die diese Vögel schützen. Warum sind die Vögel zu uns gekommen, fragt man sich.
Wir hatten und haben auch heute noch sehr gute wissenschaftliche Arbeiten vor 1990, auch in der Universität Greifswald, gerade in der Arbeitsgruppe Ornithologie. Da gibt es eine Arbeit aus dem Monat 6, das war das Heft Nummer 6/1990 über den Bestand von Tauchenten im Greifswalder Bodden und in den anliegenden Gewässern, das heißt, bis zur Pommerschen Bucht hin. Die würde ich gerne mal dem Herrn Zimmermann zum Lesen geben, weil da ist nachgewiesen, wie viel Heringslaich durch die Eisente, die Bergente, die Tauchente jedes Jahr verloren geht. Und von diesen Tieren haben wir jetzt pro Winter ungefähr 100.000 Vögel bei uns in der Region. Dann fragt man sich doch, ist denn nur der Fischer dafür verantwortlich, dass wir so wenig Heringslaich haben, oder ist das nicht auch mit der Natur verbunden, wo wir anderen Vögeln, anderen Tieren die Gelegenheit gegeben haben, sich hier anzusiedeln.
Wodurch ist das passiert? Durch die Eutrophierung des Boddens, ganz einfach. Mitte der 70er-Jahre war die Sichtung von Eisenten, Bergenten, Tauchenten sehr selten. Erst durch die Eutrophierung des Boddens sind die Vögel hierhergekommen, weil das Nahrungsdargebot für sie wesentlich besser wurde. Wodurch? Weil der Blasentang, der bis dahin ein Hauptbestandteil des Bodens im Bodden war, weggegangen ist. Wir haben ihn damals noch am Strand aufgesammelt und haben ihn aufgrund des Eiweißgehaltes an die Schweine verfüttert. Der wurde gehackt und dann ging er als Schweinefutter weg, der Blasentang. Der ging aber weg.
Es kamen die Rotalgen, und die Rotalgen waren für die von mir mehrfach genannten Enten als Aufnahme des Heringslaiches ein herrliches Nahrungsdargebot, denn sie konnten wunderbar den Heringslaich abstreichen und so den Heringslaich verringern. Das ist auch heute noch so.
So, und wenn wir jetzt sagen, alle Schuld den Fischern, die Heringspopulation geht zurück, das kann nicht sein. Wir müssen die Natur im Ganzen betrachten. Dann müssen wir auch damit rechnen, dass, wenn allein über 100.000 Eisenten – ich rede jetzt noch nicht von den Tafelenten, von den Eiderenten, die wir überall in den Meeresschutzgebieten finden, ja, und den Komoranen –,
wenn wir über die Eutrophierung reden, dann müssen wir auch darüber nachdenken, was sind denn die Ausscheidungen, die durch diese Tiere in die Natur gelangen und ebenfalls zur Eutrophierung des Boddens beitragen? Wir brauchen uns nicht zu wundern, dass anstatt 90 Prozent des Bodens des Greifswalder Boddens,
die früher von Pflanzen belegt waren, bewachsen waren, jetzt nur noch 20 Prozent da sind. Da ist nicht nur der arme Bauer auf dem Land schuld, da ist die vorhandene Natur, die sich hier jetzt bei uns, oder die Tiere, die sich bei uns angesiedelt haben, ebenfalls dafür verantwortlich, dass die Eutrophierung im Bodden so hoch geworden ist.
Meine Damen und Herren, sich einen Punkt rauszunehmen aus der Natur und auf einem Punkt nur rumzuhacken, das geht ganz einfach nicht mehr.
Wir müssen uns, wenn wir uns um die Natur kümmern wollen und auch unsere Fischerei erhalten wollen – das wollen wir alle, so, wie wir hier sitzen –, dann müssen wir alles komplex betrachten und dürfen nicht nur auf den einen schimpfen oder auf den anderen schimpfen, die Fischer erst mal runterdrücken. Wir müssen ihnen aus bestimmten Fördermitteln Geld geben. Natürlich müssen sie andere, alternative Einkommensmöglichkeiten erhalten, das sehe ich genauso, aber auf null zu drehen und zu sagen, die Fischer müssen wir zurückhalten, die dürfen nicht mehr fischen, das geht nicht. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir die Natur, die bei uns ein bisschen aus dem Gleichgewicht geraten ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts,
wie wir die wieder ins Gleichgewicht kriegen. Das ist, denke ich, eine Aufgabe. Und unsere Fischer, die müssen aufgrund der Tradition ganz einfach hier bei uns weiterfischen dürfen. Sie müssen! – Danke.