Schon damals passte das im Rahmen der Feierlichkeiten zum 65. Geburtstag der „Ostsee-Zeitung“ vermittelte Bild von der heilen OZ-Familie nicht so richtig zum Sparprogramm MADSACK 2018, mit dem, und das will ich hier auch noch mal sagen, ein Personalabbau von etwa einem Viertel der Redaktion und das Verschwinden ganzer Abteilungen im Verlagsbereich einhergingen.
Die inszenierte Jubelarie hat ältere Beschäftigte an längst vergangene Zeiten erinnert und verleitete sie zu dem Ausspruch, dass nur noch der „lang anhaltende, nicht enden wollende Beifall“ gefehlt habe.
Seitdem sind Monate ins Land gegangen. Während die meisten Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen das Thema nach der Debatte im Herbst offensichtlich abgehakt haben, sind wir drangeblieben und haben uns mit Vertretern des Deutschen Journalisten-Verbandes sowie des Betriebsrates getroffen und mussten zur Kenntnis nehmen, dass die Entwicklungen dort in einer Art voranschreiten, die man, auf gut Deutsch gesagt, nur noch als Sauerei bezeichnen kann.
Nachdem die Konzernleitung der MADSACK Mediengruppe den Kolleginnen und Kollegen schon im vergangenen Jahr mit der Ankündigung, neue Mitarbeiter künftig nur noch in tariflosen Tochterfirmen einzustellen, in denen niedrigere Löhne bei verlängerten Arbeitszeiten und reduzierten Urlaubsansprüchen gezahlt werden, ein vergiftetes Geburtstagsgeschenk gemacht hatte, wird nun seit Jahresbeginn der Betriebsrat massiv unter Beschuss genommen. Der vom Betriebsrat eingesetzte Wahlvorstand hatte die 32 Abowerber des im Verlagshaus sitzenden Ostsee Aboservice aufgrund der bestehenden engen Verflechtungen in die Betriebsratswahlen mit einbezogen und war in seiner Auffassung, dass dies rechtens sei und die Kolleginnen und Kollegen die Arbeitnehmervertretungen mitwählen dürfen, in zwei Instanzen vor der Arbeitsgerichtsbarkeit erfolgreich. Das Ergebnis diese Engagements möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.
Einen Tag vor der Betriebsratswahl wurde der Ostsee Aboservice geschlossen. Die 32 Beschäftigten erhielten ausnahmslos blaue Briefe. Die offizielle und wenig glaubwürdige Begründung des Unternehmens lautete: Die Kosten für die Telefon- und Standwerbung von Abonnenten seien zu hoch gewesen, daher würden die Aufgaben zum größten Teil jetzt von der Dialoghafen GmbH, einem gerade erst gegründeten Callcenter in Warnemünde, übernommen und dort könnten sich die soeben gekündigten Mitarbeiter gern bewerben.
Meine Damen und Herren, ich für meinen Teil glaube nicht an solche Zufälle. Aus meiner Sicht werden hier Arbeitnehmerrechte vor den Augen der Öffentlichkeit in diesem unseren Lande mit Füßen getreten. Jetzt erinnern Sie sich bitte an die Landtagssitzung vom März. Angeblich gibt es so etwas wie die Behinderung von Betriebsräten und Betriebsratswahlen in unserem Bundesland ja gar nicht, nicht wahr Herr Kollege Waldmüller,
Mich erstaunt in diesem Zusammenhang ehrlich gesagt das Schweigen der Koalitionsfraktionen. Während sie noch Anfang des Jahres gemeinsam mit uns die Vorgänge um die Zustellerinnen und Zusteller bei der Nordkurier Logistik Mecklenburgische Seenplatte GmbH geißelten und die Rücknahme der Kündigungen forderten, hört man von Ihnen zu den Vorgängen bei der „OstseeZeitung“ bislang leider gar nichts, und das, obwohl sich die Beschäftigten und ihre gewählten Betriebsräte bereits mehrfach – zum Beispiel am Rande des Hoffestes zum 65. Jubiläum der OZ und jüngst auch noch mal am 1. Mai bei der Kundgebung in Rostock – mit der Bitte um Unterstützung an Frau Ministerpräsidentin Schwesig gewandt haben. Nach meinen Informationen, wurde ihnen diese auch zugesagt. Daher erwartet meine Fraktion von Ihnen, Frau Ministerpräsidentin, heute, dass Sie persönlich in die Bütt gehen und dem Landtag genauso wie den Kolleginnen und Kollegen bei der „Ostsee-Zeitung“ erklären, was Sie konkret seit Herbst 2017 getan haben oder angesichts der aktuellen Zuspitzungen noch zu tun gedenken.
Uns ist bekannt, dass Sie kürzlich Besuch von den Zeitungsverlegern hatten. Uns würde natürlich brennend interessieren, ob Sie die geschilderten Probleme dort zur Sprache gebracht haben.
Mit Verwunderung habe ich ebenfalls zur Kenntnis genommen, dass die von mir beschriebenen Entwicklungen trotz offizieller Pressemitteilungen des Deutschen Journalisten-Verbandes in den übrigen Medien des Landes, bislang jedenfalls, keine Rolle gespielt haben. Anders übrigens als im Fall der gekündigten „Nordkurier“Zusteller hat bislang leider niemand dieses Thema aufgenommen. Ich möchte nicht hoffen, dass der Grund dafür ist, dass ähnliche Vorgänge auch anderswo an der Tagesordnung sind.
Im Übrigen wird die als Start-up mit ausschließlich glücklichen und zufriedenen Beschäftigten gefeierte Dialog
hafen GmbH nach Veröffentlichung des Deutschen Journalisten-Verbandes jetzt offenbar als Rammbock gegen den Betriebsrat der „Ostsee-Zeitung“ genutzt. Weil dieser zuletzt zum Beispiel nicht bereit war, umgehend und ohne weitere Prüfung eine überraschend vom Unternehmen vorgelegte Vereinbarung über eine erfolgsabhängige Vergütung von Verlagsmitarbeitern zu unterzeichnen, vergab man den Auftrag der telefonischen Werbevermarktung ebenfalls nach Warnemünde. Ursprünglich war vorgesehen, hier hausinterne Neueinstellungen vorzunehmen. Pikant an dieser Sache ist, dass die Manager der Dialoghafen GmbH und die derzeitige OZ-Geschäftsführerin auf eine gemeinsame berufliche Historie bei einem großen Werbevermarkter zurückblicken.
Meine Fraktion meint, dass all dies nicht zum selbstproklamierten Anspruch der Landesregierung, ein Land der guten Arbeit zu sein, passt. Wir erwarten, dass solche Dinge nicht unter den Tisch gekehrt und totgeschwiegen, sondern mit den handelnden Personen besprochen werden. Wir jedenfalls werden, wann immer uns derartige Vorgänge bekannt werden, auch zukünftig im Parlament den Finger in die Wunde legen.
Als wir im Herbst 2017 hier über die Lage bei der OZ im Speziellen und den Zeitungsverlagen im Allgemeinen sprachen, wurde auch auf deren häufig schwierige wirtschaftliche Lage verwiesen. Ich möchte jedem empfehlen, diese Einschätzung nicht als quasi gottgegeben hinzunehmen, sondern sich jeweils im Detail anzuschauen, worüber man redet. Für die „Ostsee-Zeitung“ kann man sagen, dass der Rostocker Zeitungsverlag im vermeintlichen Krisenjahr 2016 – für 2017 gibt es noch keine Daten – mit 8,4 Millionen Euro einer der erfolgreichsten innerhalb der Hannoveraner Mediengruppe gewesen ist. Das war übrigens der höchste Ertrag seit 2009. Das können Sie alles nachlesen im Bundesanzeiger bei den Jahresabschlüssen. Zu sehen ist, dass die Belegschaften dafür geblutet haben. Der Personalaufwand sank um 12,8 Prozent.
Insgesamt kann man aber, glaube ich, sagen, dass die Lage deutlich stabiler ist, als man angesichts konstanter Klagen am Zeitungsmarkt vielleicht meinen mag. Während das Anzeigengeschäft leicht rückläufig war, wurde insbesondere mit Abo-Erlösen gut verdient, natürlich auch, weil Leser mit entsprechend starken Preiserhöhungen zur Kasse gebeten wurden.
Wie ist es nun generell um die Arbeit in den Redaktionen bei unseren Zeitungen bestellt? Nach den uns vorliegenden Informationen wird seit Jahren überall Personal abgebaut. Die verbleibenden Beschäftigten müssen folglich zusätzliche Aufgaben übernehmen, und das für die verschiedensten Kanäle, also nicht nur für die Druckausgabe. SVZ und „Nordkurier“ sind aus dem Flächentarifvertrag für die Gehälter bei Zeitungsbeschäftigten ausgestiegen. Während man sich nach meinen Informationen in Schwerin zumindest noch an einer Art vom Betriebsrat ausgehandelter Entgeltordnung orientiert, ist beim „Nordkurier“ heute schon jeder neu einzustellende Redakteur seines eigenen Glückes Schmied, will heißen, er muss seine arbeitsvertraglichen Konditionen individuell aushandeln. Bei der OZ wissen wir seit dem Herbst vergangenen Jahres, dass Neueinstellungen nur noch in tariffreien Firmen mit schlechteren Konditionen erfolgen.
Doch obwohl diese Entwicklungen und die damit verbundene Unsicherheit bereits heute die Suche nach gut ausgebildetem, fachlich versiertem Nachwuchs erschweren, ist der Bund Deutscher Zeitungsverleger im Rahmen der aktuellen Gehaltsrunde für die circa 13.000 Zeitungsjournalisten nicht einmal zu einer Anpassung der Gehälter und Honorare bereit, die nur dem Ausgleich der Inflationsrate entsprechen würden. 1,7 Prozent in diesem und 1,9 Prozent im kommenden Jahr und das Ganze bei 30 Monaten Laufzeit sind angesichts einer Inflationsrate, ich habe heute Morgen noch mal geschaut, von 2,2 Prozent aktuell kein verhandlungsfähiges Angebot. Auch deshalb stehen die Gewerkschaften DJV und ver.di heute an ihrem ersten richtigen Streiktag hier vor dem Schloss und nutzen die Möglichkeit, auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Zu denen gehört neben einer Erhöhung der Gehälter, Honorare und Pauschalen um viereinhalb Prozent auch eine Erhöhung der Gehälter für Berufseinsteiger um 200 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Ganz wichtig ist, dass der in weiten Teilen Deutschlands bereits geltende Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche freie Journalisten künftig ebenfalls in Mecklenburg-Vorpommern Anwendung finden soll. Ein guter Abschluss ist auch mit Blick auf die von mir beschriebenen und in Teilen bereits tariflosen Verhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern wichtig. Man kann wohl davon ausgehen, dass der Entgelttarifvertrag ebenso bei der SVZ und beim „Nordkurier“ zumindest als Orientierungsmarke genutzt wird in Zukunft.
Wenn Sie, Frau Ministerpräsidentin, in Ihrer Eigenschaft als stellvertretende SPD-Vorsitzende traurigerweise schon keinen direkten Einfluss auf Ihre parteieigene Medienholding nehmen können, dann sollten Sie zumindest die berechtigte Tarifforderung unterstützen. Ich kann mich noch an Streiks hier in Schwerin erinnern, auf denen wir beide, Frau Ministerpräsidentin, Sie als Sozialministerin und ich als Abgeordneter und Gewerkschafter, gemeinsam Flagge gezeigt haben. Lang, lang ist es her! Vielleicht gehen Sie aber doch noch einmal in sich und laden zumindest die Vertreterinnen und Vertreter vom Deutschen Journalisten-Verband, von ver.di und möglichst auch den OZ-Betriebsrat ein, um sich aus erster Hand zu den aktuellen Problemen und Auseinandersetzungen zu informieren. Das wäre das Mindeste, was ich von einer SPD-Ministerpräsidentin erwarten würde.
Anderenfalls gilt wohl ein Satz von Altbundeskanzler Willy Brandt, der formulierte einmal: „Es hat keinen Sinn, eine Mehrheit für die Sozialdemokraten zu erringen, wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein.“ – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bereits im September 2017 hat DIE LINKE das Thema „Unser Land braucht seine Zeitungen“ auf die Tagesordnung des Landtages gesetzt. DIE LINKE meinte offenbar, die Landesregierung noch einmal zum Handeln auffordern zu
Mein Ziel war und bleibt es, Fachkräfte in unserem Land zu halten und in unser Bundesland zu holen, zu unterstützen und gute Arbeit und gute Löhne zu fördern. Das gilt selbstverständlich auch für Zeitungsredaktionen und Verlagshäuser in Mecklenburg-Vorpommern. Sehen Sie es mir nach, dass ich jetzt nicht alle Detaildiskussionen, die das Hohe Haus zuletzt vor einem guten halben Jahr geführt hat, wiedergebe. Nach meinen Informationen streiten sich die Tarifparteien Deutscher JournalistenVerband mit dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, ohne bis heute zu einem Ergebnis gekommen zu sein, um einen bundesweiten Gehaltsvertrag.
In Mecklenburg-Vorpommern ist die „Ostsee-Zeitung“ tarifgebunden. Ein Knackpunkt im Tarifkonflikt dürfte sein, ob der Geltungsbereich, der sich in Westdeutschland ebenso auf freie Journalisten bezieht, auch für Ostdeutschland übernommen wird. Es geht also um grundsätzliche Positionen. Es geht darum, dass einerseits ver.di, der Betriebsrat und die Geschäftsleitung Diskussionen vor Ort führen müssen. Das Tarifrecht darf durch die Landesregierung nicht von vornherein gebrochen werden. Es ist gute Praxis, dass die jeweiligen Parteien ihre Verhandlungen durchführen.
Auch wenn ich das Anliegen einer Angleichung von Tarifverträgen Ost und West grundsätzlich gutheiße und damit nachvollziehen kann, sind mir und der Landesregierung direkt die Hände gebunden, denn es gilt, das hohe Gut der Tarifautonomie zu wahren. Wenn es natürlich dazu führen sollte, dass irgendwann Vermittlung gefragt ist, dann kann man Vermittler anrufen. Sie wissen, dass es beim „Nordkurier“ gelungen ist, die Entlassungen sozial verträglich so zu gestalten, dass alle in Arbeit geblieben sind. Das haben wir durch Vermittlungsversuche des Wirtschaftsministeriums erreicht. Nun heißt das nicht, dass das für die „Ostsee-Zeitung“ genauso gilt, aber ich denke, wir haben Erfahrungen, und wenn es nötig wird, Herr Foerster, werden wir auch diesen Weg gehen, sofern wir dazu gebeten sind.
Hier aber heute sozusagen Klassenkampf zu führen und Gewerkschaftsforderungen grundsätzlich einzufordern, ist legitim. Sie sind Gewerkschafter, dieses Thema liegt Ihnen, aber insgesamt können Sie nicht von der Landesregierung erwarten, dass wir da grundsätzlich jetzt gleich draufspringen.
Entscheidend ist, dass man die Gespräche führt und dass diejenigen, die aufgefordert sind, Verhandlungen zu führen, das auch tun. Dazu sind in erster Linie die Gewerkschaften, zweitens der Betriebsrat oder ein angehender Betriebsrat und die Geschäftsleitung aufgefordert, doch nicht die Landesregierung.
Wenn Sie jetzt immer fordern, die Ministerpräsidentin soll sich einsetzen, das wird sie auf dem Wege schon tun, aber das können Sie nicht im öffentlichen Raum einfordern. So, denke ich, können wir miteinander nicht umgehen. Immer nur mit dem Finger auf die jeweiligen handelnden Politiker zu zeigen, ist, gelinde gesagt, nicht die feine englische Art.
Meine Damen und Herren, wir haben natürlich dafür zu sorgen, dass Angleichungen von Löhnen stattfinden. Aber gerade im Bereich der Zeitungen in unserem Land sind Umstrukturierungsphasen nötig. Man muss neu investieren, man muss neue Technik reinbringen, man muss neue Geschäftsfelder erschließen können, und das, glaube ich, kann man nur im Einvernehmen zwischen der Geschäftsleitung und den Mitarbeitern schaffen.