sondern sie ist der letzte, aber unverzichtbare Baustein, um die Geldstrafe zu einem schlüssigen Strafkonzept werden zu lassen, denn eine Strafandrohung entfaltet nur dann die erforderliche Wirkung, wenn sie auch durchgesetzt werden kann.
Die Ersatzfreiheitsstrafe ist der letzte Schritt in dem sehr ausdifferenzierten System der Strafvollstreckung. Sie ist nicht nur juristisch unbedenklich, sondern grundsätzlich auch erforderlich.
Als Argument gegen die Ersatzfreiheitsstrafe wird in dem Antrag darauf verwiesen – und das haben Sie jetzt auch noch mal im mündlichen Vortrag deutlich gemacht –, dass die Kosten für die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe die verhängten Geldstrafen um ein Vielfaches übersteigen. Das ist rechnerisch absolut richtig, aber Strafvollstreckung sowie die gesamte Strafverfolgung insgesamt lassen sich eben nicht betriebswirtschaftlich betrachten.
Auch die Kosten für die Vermittlung, Bereitstellung und Durchführung freier gemeinnütziger Arbeit wird die verhängte Geldstrafe manches Mal übersteigen. Und selbst der Aufwand für die Bewilligung und jahrelange Überwachung einer Ratenzahlung kann im Einzelfall viel höher sein als die Geldstrafe selbst. Eine wirksame Strafverfolgung erfordert, dass der Staat seinen Strafanspruch effektiv durchsetzen kann, wenn es sein muss bis zu Ultima Ratio, und dies ohne Gegenrechnung der Kosten.
Allerdings gehen dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe vielfältige Bemühungen voraus, um diese abzuwenden. Zahlt der Verurteilte nicht freiwillig, wird von den dafür zuständigen Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern zunächst versucht, mit Ratenzahlungsangeboten eine Zahlungsbereitschaft zu erreichen. Insbesondere, wenn bekannt ist, dass der Verurteilte nur über geringe finanzi
elle Mittel verfügt, werden wirklich sehr niedrige Raten angeboten. Erst wenn der Verurteilte keinerlei Ratenzahlung leistet und versucht wird, die Geldstrafe zu vollstrecken, wird in diesem Zusammenhang regelmäßig ein umfassendes Bild von der finanziellen Situation des Verurteilten erstellt. Gleichzeitig wird ihm dann nämlich angeboten, die Geldstrafe durch freie gemeinnützige Arbeit abzuleisten. Arbeitsmöglichkeiten und das zur Vermittlung erforderliche Personal stehen in Mecklenburg-Vorpommern in ausreichender Zahl zur Verfügung.
Wäre es anders, meine Damen und Herren, hätten wir längst reagiert, denn ich sagte es bereits, es liegt im ureigenen Interesse des Strafvollzuges. Aber da liegt das Problem nicht. „Schwitzen statt Sitzen“ ist das Stichwort, das wir mit Erfolg bereits seit 1999 verfolgen, zunächst mit dem Projekt „Ausweg“, das über die Jahre mit freien Trägern erarbeitet und entwickelt wurde. Ende des Jahres 2016 lief das Projekt aus und ging in den Regelbetrieb über. Wir haben heute an vier Landgerichtsstand- orten jeweils eine Vermittlungsstelle, also in Rostock, Schwerin, Neubrandenburg und Stralsund.
In den Jahren 2015 und 2016 konnten die Vermittlungsstellen in jeweils etwa 1.000 Fällen – das war jeweils knapp die Hälfte der Fälle insgesamt – durch freie gemeinnützige Arbeit einen Haftantritt vollständig abwenden. Im Jahr 2017 war es gut ein Drittel der Fälle, um genau zu sein, 756. Ja, Sie sehen einen Rückgang bei den erfolgreichen Vermittlungen. Ich komme auf die Gründe auch gleich zurück. An einer unzureichenden Personalausstattung der Vermittlungsstellen liegt es jedenfalls nicht.
Aber schauen wir uns zunächst den Gang der Geldstrafenvollstreckung weiter an: Bestehen bei dem Verurteilten körperliche oder psychische Einschränkungen, die eine Arbeitsleistung mit täglich sechs Stunden nicht erlauben, wird die Zahl der täglichen Arbeitsstunden herabgesetzt, wobei dann der Arbeitstag mit geringerer Stundenzahl im Rahmen einer besonderen Umrechnungsformel angesetzt wird. Auch zu diesen verkürzten Arbeitsleistungen sind jedoch einige Verurteilte nicht in der Lage/nicht willens. Dann fällt die Vollstreckung der Strafe durch gemeinnützige Arbeit aus.
Erst nach diesen umfangreichen Bemühungen der Vollstreckungsbehörden wird die Vollstreckung der Strafe als Ersatzfreiheitsstrafe angedroht. Auch nach dieser Androhung bleibt für den Verurteilten dann ausreichend Zeit, um sich an die Rechtspflegerin oder den Rechtspfleger zu wenden und nach anderen Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Erst wenn diese sich über mehrere Monate hinziehenden Stufen der Geldstrafenvollstreckung nicht zum Erfolg führen, wird zur Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe geladen, und auch daraufhin wird in nicht wenigen Fällen noch gezahlt.
Selbst während der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe ist eine Zahlung des noch offenen Betrages jederzeit möglich, was selbstverständlich zur unmittelbaren Freilassung aus der Haft führt. Trägt der Verurteilte in der Haft ernsthaft vor, die Strafe nun doch noch durch Ableistung freier Arbeit verbüßen zu wollen, wird ihm regelmäßig auch diese Möglichkeit gewährt, wenn, das muss ich an dieser Stelle allerdings einräumen, die Glaubwürdigkeit seiner Äußerung nicht dadurch infrage steht, dass er bereits zuvor Ähnliches versprochen und nach der Freilassung aus der Haft eben nicht gehalten hat.
Auch aus dem Vollzug heraus gelingt es jedes Jahr in der Größenordnung von 50 bis 70 Fällen, die weitere Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe so abzuwenden. Aber, meine Damen und Herren, wir können nicht die Augen davor verschließen, dass ein Teil der Verurteilten, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, schwere soziale und psychische Probleme hat. Und das Klientel der zu uneinbringlichen Geldstrafen Verurteilten ist leider schwieriger geworden. In nahezu jedem Fall ist erheblicher Alkohol- oder Drogenmissbrauch festzustellen. Aufgrund von Entzugserscheinungen wird in nicht wenigen Fällen zunächst die Ersatzfreiheitsstrafe in einem Krankenhaus vollzogen.
Im Rahmen der Geldstrafenvollstreckung und der Vermittlung in freie gemeinnützige Arbeit können solche tief greifenden, sozialen und psychischen Probleme nicht gelöst werden. Ein Mindestmaß an Selbstorganisation aufseiten des Verurteilten ist eben unabdingbar. Wir haben es hier mit Problemlagen zu tun, die gesamtgesellschaftlich angegangen werden müssen, und zwar unabhängig von und am besten vor der Begehung und Verurteilung zu einer Geldstrafe. Bundesweit ist die Zahl derjenigen Inhaftierten, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, mit 11 Prozent deutlich angestiegen.
In Mecklenburg-Vorpommern liegen wir zwar unter diesem Wert, hier sind es gegenwärtig 7,5 Prozent oder, um es mal in absoluten Zahlen zu sagen, 80 von etwa 1.100 Gefangenen, aber auch das ist uns zu viel. Deshalb legen wir die Hände nicht in den Schoß. Wir tun, was wir seitens der Justiz tun können, um die Zahl weiter zu verringern. Wenn aber trotz aller Bemühungen die Ersatzfreiheitsstrafe nicht abgewendet werden kann, tun wir auch dann im Vollzug unser Möglichstes. Von einem klassischen Verwahrvollzug, wie Sie es gerade genannt haben, kann nicht die Rede sein. Mit jedem dieser Gefangenen wird sich auseinandergesetzt. Dabei kann beispielsweise die Eignung des Gefangenen für den offenen Vollzug festgestellt werden, auch die Schulden- und Suchtsituation wird analysiert. Es besteht ein Anspruch auf Schulden- und Suchtberatung und ebenso auf seelsorgerische und psychologische Betreuung, der nachgekommen wird. Außerdem zeigen eine ausgewogene Ernährung, Suchtentzug und medizinische Versorgung nicht selten lebenserhaltende Wirkung. Das muss man leider so drastisch an dieser Stelle sagen. Hier leistet der Strafvollzug einen eher stabilisierenden Faktor, auch wenn diese Menschen, die ja zu einer Geldstrafe verurteilt sind, eigentlich gar nicht in den Justizvollzug gehören.
Meine Damen und Herren, damit komme ich zur letzten Ziffer des Antrages. Vor dem geschilderten Hintergrund hat die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister auf der Frühjahrstagung 2016 eine Bund-LänderArbeitsgruppe für dieses komplexe Thema eingerichtet. Deutlich geworden ist nämlich, dass eine vertiefte Prüfung erforderlich ist, einschließlich der Frage, die Sie eben aufgeworfen haben: Wie gehen unsere Nachbarländer damit um?
Deutlich geworden ist aber auch, dass es eine schnelle, einfache Lösung dieses Problems, vor allem für die Justiz, nicht geben kann und nicht geben wird. Der Abschlussbericht ist für die Herbstsitzung 2019 der Justizministerkonferenz angekündigt. Über diese Ergebnisse und natürlich über weitere Überlegungen werde ich selbstverständlich informieren, auch ohne dass es dazu
eines vorliegenden Antrages bedarf. Es ist aus meiner Sicht deshalb der Antrag der LINKEN abzulehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Torsten Renz, CDU: Nur noch ein Redner? Habt ihr nur noch einen Redner? – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Haftvermeidung – die einfachste Art der Vermeidung einer Ersatzfreiheitsstrafe besteht darin, sich straffrei zu führen, also keine Straftat zu begehen. Dies gilt es bei allem Weiteren voranzustellen, denn aus dem Antrag der LINKEN, insbesondere der Begründung, erwächst die Botschaft, dass mit der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe dem Verurteilten ein kaum zu vertretendes Unheil zugefügt wird. Eigentlich müsse die als höchst bedenklich bezeichnete Ersatzfreiheitsstrafe gleich ganz abgeschafft werden. So liest es sich jedenfalls zwischen den Zeilen und wurde auch andeutungsweise so hier formuliert.
Ausgangspunkt der Problematik ist die Verurteilung zu einer Geldstrafe. Diese wird seit Langem in Tagessätzen bemessen. Der einzelne Tagessatz bemisst sich am Netto- einkommen des Straftäters, also an dem, was diesem pro Tag zur Verfügung steht. Für den einzelnen Tagessatz besteht eine Spanne von 1 Euro bis zu 30.000 Euro. Hier werden die unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in vollem Umfang berücksichtigt. Das Gewicht der Tat bemisst sich mithin nicht an der Höhe der Geldstrafe, sondern an der Zahl der Tagessätze, zum Beispiel 90 Tagessätze zu je 10 Euro oder etwa 300 Euro, oder noch mehr. Kann die Geldstrafe nicht beigetrieben werden, kommt die Ersatzfreiheitsstrafe zum Tragen, und zwar mit einem Tag Haft pro Tagessatz.
Nun erweckt der Antrag den Eindruck, die Ersatzfreiheitsstrafe komme nur bei geringfügigen Taten in Betracht. Das ist nicht richtig. Geldstrafen werden weit mehr verhängt als Freiheitsstrafen. Bevor man in Deutschland eine Freiheitsstrafe oder gar eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung erhält, muss man schon einiges, und das in der Regel nicht zum ersten Mal, anstellen. Hinter der Geldstrafe stehen meist Taten, die durchaus ihr Gewicht haben. Das gilt folglich ebenso für die Ersatzfreiheitsstrafen. Im Übrigen ergibt sich dies auch aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der LINKEN, die den in der Antragsbegründung genannten Zahlen zugrunde liegt.
Dann kommt noch eins hinzu: Nach Paragraf 47 Strafgesetzbuch darf eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten nur verhängt werden, wenn besondere Umstände die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den
Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Das geschieht also nur ausnahmsweise und führt dazu, dass eine Geldstrafe auch dann verhängt wird, wenn an sich eine Freiheitsstrafe in Betracht kommt. Die Strafe ist die Konsequenz eines erheblichen Verstoßes gegen die Rechtsordnung. Die Durchsetzung des Rechts ist eine Grundvoraussetzung für die Bewahrung des Rechtsstaats. Ohne die konsequente Ahndung von Rechtsverstößen kann es keinen Rechtstaat geben.
Deshalb stellt sich in dem Fall, dass die Geldstrafe nicht beigetrieben werden kann, die Frage, wie gleichwohl das begangene Unrecht geahndet werden kann, und das hat der Gesetzgeber mit dem Institut der Ersatzfreiheitsstrafe vertretbar geregelt. Die Ministerin hat das ausführlich hier dargelegt. Diese Regelung ist zweifelsfrei verfassungskonform. Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts selbst dann, wenn die Geldstrafe aufgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens uneinbringlich ist.
Entgegen dem Antrag ist das Ziel des Strafvollzugs nicht allein die Resozialisierung. Zwar ist die Resozialisierung ein wichtiges Ziel des Strafvollzugs und hat nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sogar Verfassungsrang. Darüber, ob das richtig ist, ließe sich allerdings trefflich streiten, denn auf der Argumentationsschiene des Verfassungsgerichts in der dabei gezeigten Fantasie lässt sich noch manches mit Verfassungsrang versehen, woran früher niemand im Traum gedacht hat.
Wie dem auch sei, die Strafe ist auch noch Strafe und unbestreitbar ein Mittel zur Bewahrung des Rechts und der Rechtstreue der Bevölkerung.
Wie oben ausgeführt, wird die kurze Freiheitsstrafe nur ausnahmsweise verhängt. Demgegenüber ist die kurze Ersatzfreiheitsstrafe – auch das hat die Ministerin hier präzise dargelegt – in der Praxis die Regel. Das ist aber nur scheinbar ungerecht, weil es nur um den Ersatz für die nicht gezahlte Geldstrafe geht. Diese – in Anführungsstrichen – „Ungerechtigkeit“ gab es nicht, als kurze Freiheitsstrafen noch üblich waren. Zumindest am Anfang der 60er-Jahre ging man für eine Trunkenheitsfahrt als Ersttäter noch vier bis sechs Wochen ins Gefängnis. So war das damals.
Der Gesetzgeber hat sich aber ganz bewusst gegen die kurze Freiheitsstrafe und für den weitgehenden Einsatz der Geldstrafe entschieden. Hier eröffnet sich allerdings ein anderes Feld damit hingenommener Ungerechtigkeit. Die Geldstrafe ist nämlich in ihrer praktischen Auswirkung nichts anderes als eine monetäre Sippenhaft, denn selten kommt der Täter für sich alleine auf, ohne dass die, die mit ihm zusammenleben, davon in gleicher Weise betroffen sind. Es kommt zu dem bereits laufenden Kredit ein weiterer hinzu, der gemeinsam abgestottert wird, oder – keinesfalls selten – die Ehefrau oder Freundin, die sich immer noch aufopfernde Mutter oder auch der Vater im Einzelfall springen ein und tragen letztlich die Hauptlast, denn er, regelmäßig der männliche Täter, ist nicht wirklich in der Lage, seinen Alkohol- oder Zigarettenkonsum einzuschränken. So sieht nicht immer, aber oft das wirkliche Leben aus. Aus diesem Blickwinkel und zugleich aus dem Gesichtspunkt der Abschreckung
könnte durchaus darüber nachgedacht werden, ob der unbedingte Vorrang der Geldstrafe wirklich der richtige und gerechte Weg ist.
Zurück zur Ersatzfreiheitsstrafe. Es mag wohl sein, dass von der Ersatzfreiheitsstrafe vorwiegend Täter aus einkommensschwachen Schichten betroffen sind. Das ist wohl so. Das hat aber nichts mit einer Zweiklassenjustiz zu tun, denn Täter mit einem höheren Einkommen können davon schon wegen des höheren Tagessatzes grundsätzlich genauso betroffen sein. Es ist richtig, dass therapeutische Maßnahmen so gut wie nicht stattfinden. Sie finden genauso wenig statt wie bei der Zahlung oder Vollstreckung der Geldstrafe, denn es geht letztlich auch bei der Ersatzfreiheitsstrafe im Grundsatz im Ausführungspunkt nur um eine Geldstrafe. Hier den Mangel einer therapeutischen Begleitung zu beklagen, geht völlig an der Wirklichkeit vorbei und vor allem an dem, was eine Haftanstalt leisten soll und kann. Allerdings muss ich mich hier etwas korrigieren, weil ich in dem Stand wahrscheinlich von vor zehn Jahren noch bin. Es ist geradezu erstaunlich, wie sich auch hier der Sozialstaat bemüht, die Strafe möglichst noch, na ja, zu einer therapeutischen Veranstaltung werden zu lassen. Das kann man alles so und so sehen, denn es mangelt dann vielleicht auch an Konsequenz.
DIE LINKE fordert weiter in ihrem Antrag, es müsse mehr auf die Delinquenten eingegangen werden, der Grund für deren Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise Zahlungsunwilligkeit ermittelt werden. Meine Damen und Herren, wo leben Sie eigentlich? Ihr Mitgefühl für Straftäter in allen Ehren, aber fordern Sie ernsthaft noch eine Betreuung für zahlungsunwillige Straftäter, um deren Zahlungsunwilligkeit zu therapieren? Das kann man doch letztlich nicht ernst nehmen!
Nun zur Haftvermeidung durch gemeinnützige Arbeit: Das war auch schon genau vor elf Jahren, wo ich pensioniert wurde, der Fall. Das war gängige Praxis. Ich habe mich gerade jetzt erkundigt, es ist natürlich weiterhin die Praxis sowohl bei der Ersatzfreiheitsstrafe als auch bei Bewährungsauflagen, wo es oft darum geht, dass Geldauflagen umgewandelt werden in Arbeitsauflagen. Die Regel sind sechs Stunden Arbeit pro Tag. Richtig ist, dass es nicht immer einfach ist, ausreichend Plätze für die Ableistung gemeinnütziger Arbeit zu beschaffen. Das sind ganz einfache Merkmale der Gemeinnützigkeit. Zudem sollen die Betroffenen nicht anderen die Arbeit wegnehmen. So können sie also nicht einfach Arbeiten für die Kommune verrichten. Dennoch ist die Situation so, dass jeder, der willig ist, die Ersatzfreiheitsstrafe abarbeiten kann.
Zudem ist noch darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Einzelfällen anordnen kann, dass die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe unterbleibt, wenn sie für den Verurteilten eine unbillige Härte wäre.
Fazit: Es gibt überhaupt keinen Grund, sich im Bereich der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen den armen Delinquenten zuzuwenden, hier noch zusätzliches Personal für die Begleitung und Unterstützung der Delinquenten zu fordern. Wenn eines nottut, dann ist es auch
hier der fehlende Blick auf die Opfer. Straftaten, die für die Opfer durchaus Gewicht haben, zum Beispiel das gestohlene Fahrrad oder der gestohlene Fahrradträger auf Usedom – kürzlich ein Thema in der Presse –, werden bei den Gerichten vielfach so gewichtet, dass die Geschädigten die verhängten Strafen eher als Verhöhnung denn als gerechte Ahndung empfinden.
Da wäre so etwa ein Satz von 20 bis 30 Tagessätzen denkbar. 20 Tagessätze, geringer Tagessatz, 5 bis 10 Euro, dann kann man mit allem geschätzten Risiko doch gelegentlich mal auf Usedom ein Fahrrad oder einen Fahrradträger klauen – so aus der Sicht der Betroffenen, der Opfer.