(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Na los! – Zuruf von Elisabeth Aßmann, SPD)
(Torsten Renz, CDU: Wollen Sie jetzt wieder die böse Seite rauslassen, oder was? – Glocke der Vizepräsidentin)
nun sind wir schon bei 45 – die Betroffenen, die nach Elternzeit oder Betreuung einer oder mehrerer pflegebedürftiger Personen die Arbeitszeit wieder auf Vollzeitstellen aufstocken wollen, dass die diejenigen sind, die die Verlierer dieser großkoalitionären Hängepartie sein werden, der Hängepartie, die schon 2013 begann und jetzt mit der Zurückweisung des Gesetzesantrages vom Bundesarbeitsminister seinen Höhepunkt fand.
Bundespolitisch sollte die ehemalige Arbeitsministerin Andrea Nahles im Teilzeit- und Befristungsgesetz einen Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeit einfügen, sodass die Vollzeitstelle erhalten bleibt und nur zwischenzeitlich im Umfang gekürzt wird. Jedoch scheiterte sie damit im Bundeskabinett. Die Arbeitnehmer müssen aufgrund dieses Dauerstreits weiterhin auf Kulanz ihres Arbeitgebers setzen.
Das neue Gesetz, wenn es denn nun kommt, ist ebenfalls nur eine reine Flickschusterei. Hierbei stellen sich beson
ders folgende Fragen: Warum sollen Beschäftigte erst ab einer Betriebsgröße von 45 Personen den Rechtsanspruch auf Rückkehrrecht in Vollzeit haben? Bei der Zumutbarkeitsgrenze stellt sich die Frage, welcher der Beschäftigten ausgewählt wird, der dann diesen Anspruch auf Rückkehrrecht in Vollzeit bekommen soll. Es würde dazu führen, dass die anderen, die keine befristete Teilzeit haben, sich benachteiligt fühlen, was wiederum zu Unruhe und Streit in der Belegschaft führen würde, was wiederum für das Betriebsklima schädlich wäre.
Dieser unklare Zustand, meine Damen und Herren, in dem sich Schwarz-Rot in Berlin seit der letzten Koalition wieder zofft, schadet den betroffenen Arbeitnehmern, den Familien, die Kinder haben, oder Familien, die ihre Angehörigen pflegen. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten ist in den letzten 20 Jahren in Deutschland von 24,2 auf 39 Prozent gestiegen. Auch bei uns in MecklenburgVorpommern nahm die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten von 96.438 im Jahr 2006 auf 159.581 Personen in 2016 zu. Das entspricht einem Anstieg von 60,4 Prozent. Da kann man nicht von einer Erfolgsquote reden.
Die Arbeitszeit verringert sich hierbei nicht, sondern hat sich im Bundesdurchschnitt um rund 66 Stunden erhöht. In Mecklenburg-Vorpommern nahm die durchschnittliche Pro-Kopf-Arbeitszeit pro Erwerbstätigem laut Statistischem Bundesamt um 3 Stunden zu und liegt bei 1.413 Stunden, welches über dem Bundesdurchschnitt von 1.354 Stunden liegt.
Die durchschnittliche Arbeitszeit hat sich im Bund um 5 Stunden verringert, während sie sich in MecklenburgVorpommern erhöht hat, meine Damen und Herren. Gleichzeitig nahm die Anzahl der Beschäftigten in Teilzeit weiter zu. In Schwerin erhöhte sich die Zahl der Teilzeitbeschäftigten innerhalb eines Quartals von März 2017 bis Juni 2017 von 9.562 auf 9.758. Dasselbe geschah ebenfalls in den Landkreisen. So erhöhte sich nach Statistischem Landesamt die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten beispielsweise im Kreis Vorpommern-Greifswald von 24.530 Personen auf 25.639. Durch die Zunahme der Arbeitszeit in Mecklenburg-Vorpommern und an den zunehmenden wirtschaftlichen Divergenzen zwischen den einzelnen Kreisen und den kreisfreien Städten zeigt sich, meine Damen und Herren, dass das ursprüngliche Ziel der Teilzeitarbeit konterkariert wurde.
Und wer glaubt eigentlich, dass man von Teilzeit vernünftig leben, geschweige denn genug für die Rente erwirtschaften kann? Hier, meine Damen und Herren, werden schon vorhandene Probleme der Altersarmut für die Zukunft zusätzlich noch einzementiert.
Das, meine Damen und Herren, ist, als wenn man in eine Sackgasse fährt und am Ende noch mal so richtig Vollgas gibt, um mit möglichst viel Schaden an der Wand aufzuschlagen. Das ist eine Situation, die unbefriedigend für alle Beteiligten und vor allem für unser Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ist, meine Damen und Herren. Wir von der AfD sind der Ansicht, dass ein Rechtsanspruch auf Rückkehrrecht in die Vollzeit nach der Eltern- und Pflegezeit existieren soll und sogar muss. Die Alternative für Deutschland ist es,
die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft und die Familie schafft das soziale Kapital und vermehrt dieses. Deshalb steht die Familie im Grundgesetz auch unter besonderem Schutz, und diesen Schutz würdigen wir heute mit diesem Antrag. Wir beantragen:
„Die Familie bildet das Fundament unserer Gesellschaft. In ihr werden Werte und kulturelle Identität, Nächstenliebe, Gemeinschaftssinn und Solidarität gestiftet. …
Es ist zu begrüßen, dass sich Eltern um ihre Kinder kümmern und sie erziehen, sich Kinder um ihre Eltern kümmern und sich der Pflege ihrer Angehörigen annehmen. Denn das stärkt die familiäre Gemeinschaft und den intergenerationellen Zusammenhalt. …
Die Landesregierung wird aufgefordert, sich im Wege einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz um ein Rückkehrrecht auf Vollzeit nach der Eltern- und Pflegezeit gesetzlich ergänzt wird.“
Meine Damen und Herren, im Bundesrat sitzen derzeit fünf SPD-geführte Länder mit insgesamt 27 Stimmen, ein Bundesland unter Führung der Linkspartei mit 4 Stimmen und eines unter grüner Führung mit 6 Stimmen. Das macht insgesamt 37 und damit deutlich die absolute Mehrheit im Bundesrat. Wenn die CDU, wie vorhin schon vorgetragen, der Bremsklotz bei sozialen Themen ist, nutzen Sie dort die rot-rot-grüne Mehrheit im Bundesrat, um Familien zu stärken! Nutzen Sie die, um die Pflege- und Erziehungsleistung würdig anzuerkennen! Nutzen Sie die Mehrheit, um Teilzeit zur Ausnahme und nicht zur Regel werden zu lassen, meine Damen und Herren! Seien Sie wahrhaftig sozial! Damit stärken Sie den sozialen Zusammenhalt und schaffen Lebensplanungssicherheit für die Familien, für Familien, die sich für ihre Kinder und zu pflegenden Angehörigen aufopfern! Seien Sie wahrhaftig sozial und erkennen sie ihre Lebensleistung an, meine Damen und Herren! Seien Sie wahrhaftig sozial und stärken damit unseren Sozialstaat! Verlassen Sie heute Ihre Koalitionszwänge und stimmen Sie unserem Antrag zu!
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Martina Tegtmeier, SPD: Dazu dient Ihr Antrag wahrlich nicht!)
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Ums Wort gebeten hat zunächst die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung Frau Drese.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Laut aktuellen Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sind in Deutschland mittlerweile fast 40 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in sogenannter atypischer Beschäftigung, der größte Teil davon in Teilzeit. Dies hat vielfältige Gründe. Einer der wichtigsten ist, dass immer mehr Beschäftigte eine an den Bedürfnissen unterschiedlicher Lebensphasen orientierte Arbeitszeit wählen. Viele Frauen und Männer nutzen die gesellschaftlich geschaffenen oder erweiterten Möglichkeiten, mehr für ihre Kinder oder pflegebedürftigen Angehörigen da zu sein. Damit wächst der Wunsch nach gesicherten Regelungen bei befristeter Teilzeit. Das ist eine wichtige Botschaft für die Sozial- und Familienpolitik.
Ich war gelinde gesagt überrascht über den Antrag der Fraktion der AfD auf ein gesetzliches Rückkehrrecht auf Vollzeit nach der Eltern- und Pflegezeit. Wir sind da mit dem neuen sozialdemokratischen Sozialminister bereits auf dem Weg, aber ich begrüße außerordentlich die Intention Ihres Antrags. Allerdings – und das sei mir auch gestattet – bekomme ich bei der AfD hier im Landtag langsam ein sozial- und gleichstellungspolitisches Schleudertrauma.
Ihr Antiemanzipationsbeauftragter Professor Dr. Weber fordert in einer Pressemitteilung, Zitat, dass wir den „Beruf Mutter wieder in der Gesellschaft etablieren“ müssen, Zitatende,
sieht Frauen nicht so für die Politik und andere harte gesellschaftliche Bereiche gemacht, und auf der anderen Seite machen Sie sich hiermit für Frauen stark, die selbstbestimmt wieder in Vollzeit arbeiten wollen.
Entweder deutet sich da die nächste Spaltung an, Sie halten Ihr Fähnchen in den Wind, Sie haben den Entwurf Ihres Fachreferenten nicht gelesen oder Sie meinen es wirklich ernst und haben einen kompletten Sinneswandel vollzogen. Da bin ich aber eher skeptisch.
Zurück zum vorliegenden Antrag, wie gesagt ein wichtiges und richtiges Thema. Das Bundessozialministerium hat es deshalb in seinen Dialogprozess Arbeit 4.0 bereits eingebunden. Ein Gesetzentwurf des Ministeriums zur Weiterentwicklung der Teilzeit und zur Einführung einer Brückenteilzeit ist seit der letzten Woche in der Ressortabstimmung und soll zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Vorgesehen ist, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz um einen Rechtsanspruch auf eine Brückenteilzeit ergänzt wird. Dieser Anspruch führt dazu, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach einer Teilzeitphase nicht in der Teilzeitfalle steckenbleiben, sondern wieder zu ihrer vorherigen Arbeitszeit – Vollzeit oder Teilzeit – zurückkehren können.
Es geht um die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Teilzeit in einem Zeitraum von einem bis maximal fünf Jahren, der ohne besondere Bedingungen beim Arbeitgeber angemeldet werden kann. Das ist vor allem für Frauen ein echter Fortschritt. Die Brückenteilzeit ist ein aktiver Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und hilft, Altersarmut bei ihnen zu vermeiden, und sie trägt dazu bei, dringend gebrauchte Fachkräfte zu sichern. Mit der Brückenteilzeit würden wir eine noch bestehende Lücke schließen. Ich möchte deshalb gern die Gelegenheit nutzen, Ihnen den derzeitigen rechtlichen Hintergrund darzustellen.