Unbeschadet dessen entdeckt die AfD auf Bundesebene im September 2017 dieses Abkommen, dann folgen im Dezember eine wütend vorgetragene Rede der AfD in Sachsen-Anhalt und im Januar eine Initiative in SchleswigHolstein – ein Ausweis von nicht gerade wirtschaftspolitischem Ideenreichtum bei der AfD in Mecklenburg-Vor- pommern, weil Sie es nun mit halbjährlicher Verzögerung in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern einbringen. Nennen wir die Sache beim Namen, dann kann man sa
gen, dieser Antrag stammt aus dem – damit haben Sie ja Erfahrung – AfD-Copy-Shop: Steuerung/Kopieren, Steuerung/Einfügen, schon hat man in der Begründung fast wortgleich den Antrag hier eingebracht, den Sie von den anderen kopiert haben.
Meine Damen und Herren, dieser AfD-Antrag ist jedenfalls im Sinne der AfD-Programme gar nicht zu Ende gedacht. Wir haben jetzt mehrfach gehört, wenn ein Familienmitglied eines in Deutschland krankenversicherten türkischen Arbeitnehmers in der Türkei ärztlichen Beistand braucht, schießt die türkische Krankenversicherung die Kosten für die Behandlung vor. Hinterher gibt es das Geld mittels einer Pauschale von den deutschen Krankenversicherungen zurück.
ich rede in Ihrem Sinne –: Türkischen Familienangehörigen, denen der Schutz in der Türkei dann ja nicht mehr gewährt würde, wird damit ein Zuzugsgrund nach Deutschland geliefert.
Die folgerichtige Auffassung des deutschen Bundesarbeitsministeriums ist deswegen, dass, und das zitiere ich, die „Ausgaben der Krankenkassen … deutlich höher“ wären, „würden die Familienangehörigen nicht in ihren Heimatstaaten leben, sondern von ihrem Recht nach Deutschland nachzuziehen bzw. hier zu wohnen, Gebrauch machen“. Zitatende.
Ursächlich dafür ist, dass die Behandlungskosten natürlich in der Türkei wesentlich niedriger sind als in Deutschland.
Meine Damen und Herren, jetzt hatte ich Sie immer so verstanden, dass Ihnen dieser Zuzug und diese Kosten gar nicht so recht seien.
So habe ich Sie verstanden, das bricht ja immer durch. Jetzt muss ich scheinbar meine Meinung überdenken, jetzt muss ich meine Meinung wirklich überdenken, weil Ihr Antrag, wenn Sie den Zuzug nicht wollen, dann eigentlich heißen müsste „Deutsch-türkisches Sozialversicherungsabkommen zur Abwehr der Islamisierung Mecklenburg-Vorpommerns sichern und stärken“. Das wäre doch Ihre Intention, aber nein, er heißt „Deutschtürkisches Sozialversicherungsabkommen aufkündigen“. Der Antrag trägt also in keinster Weise zu irgendeiner
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Zurufe von Dirk Lerche, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Mitbürger! Ich habe sechs Minuten Redezeit, da wurde gerade schon spekuliert, zum Glück hätte ich ja nicht so viel. Sechs Minuten reichen vollkommen aus, um diesen Antrag abzulehnen.
Die meisten Argumente sind jetzt fairerweise schon genannt worden und ich möchte die auch nicht wiederholen.
Ich verweise auf die Drucksache 19/575 des Bundestages vom 30. Januar. Ich empfehle, sie mal sorgfältig zu lesen. Da stehen eigentlich die wichtigsten Punkte drin. Sehr viele kluge Fragen wurden dort gestellt. Die letzten bekannten Zahlen: 4,4 Millionen Euro war der Aufwand bei 10.100 betroffenen Familien von den 1,5 Millionen. Also nur ein ganz, ganz kleiner Anteil der hier lebenden Türken macht von dieser Familienversicherung überhaupt Gebrauch. Das entspricht einer Monatspauschale von 36,30 Euro. Die ist auch jedes Jahr gesunken. Für 36,30 Euro können Sie hier in Deutschland noch nicht mal ein Familienmitglied zusätzlich versichern, geschweige denn mehrere. Das sind eben Familienpauschalen, das heißt, es können Eltern sein mit Vater und Mutter, dann sind Sie bei zwei, es ist aber mindestens einer, denn unter einer Person geht es ja nicht, also im Durchschnitt irgendwas dazwischen.
Das hat Herr Waldmüller schon richtig gesagt, die Kosten würden natürlich steigen, wenn Sie diese zurückgebliebenen Eltern – es sind ja nur noch wenige zurückgebliebenen Eltern – in der Türkei quasi zwingen würden, nach Deutschland zu kommen, damit sie ärztlich behandelt werden können. Das ist der eine Punkt.
Der zweite Punkt ist, was auch schon richtigerweise gesagt wurde, dass die entsendeten Arbeitnehmer, aber auch Touristen, Rentner und Studenten dann in einem vertraglosen Zustand wären. Sie wollen – das habe ich gerade den Zurufen entnommen –, Sie wollen das Abkommen wieder neu verhandeln. Das würde Ihnen wahrscheinlich ganz toll gelingen mit dem Herrn Erdoğan, da werden Sie sich sicherlich toll verstehen.
Man müsste ihn allein schon deshalb ablehnen, weil Sie deutsche Staatsbürger im vertraglosen Zustand in der Türkei lassen.
(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Na, stell dir mal vor, wir schicken Weber zum Verhandeln. Das gibt doch gleich einen Krieg.)
Da nützt ihnen auch ihre Sozialversicherung in Deutschland gar nichts, denn wenn sie in der Türkei krank werden, müssen sie zum türkischen Arzt gehen, und wenn dann kein Abkommen besteht, wird der sie auch nicht behandeln, es sei denn, sie bezahlen das privat in cash.
Manche haben Erfahrung damit, wie das ist, wenn man in der Türkei oder in Griechenland in Schwierigkeiten kommt, und wie man dann ausgelöst werden muss von anderen.
Es ist jetzt schon mehrfach gesagt worden, dass es ja wohl offensichtlich darum geht, hier wieder die eine Bevölkerungsgruppe gegen die andere Bevölkerungsgruppe aufzubringen, aufzuwiegeln und aufzuspalten. Und ich muss sagen, das kotzt einen wirklich langsam an, zumal ich gerade vor sieben Stunden in der „Zeit“ gelesen habe, dass es eine Demonstration in Torgau gegeben hat, da ist die AfD-Politikerin Elena Roon – das muss jetzt am Wochenende gewesen sein – gegen die Westdeutschen losgezogen, die Wessis sind „kulturell degenerierte Perversdeutsche“.
Also fangen Sie jetzt an, nachdem Sie nun die Türken durchhaben, auch noch gegen die Wessis hier – Frau Weißig zum Beispiel – als Perversdeutsche loszulegen.
Ich muss Ihnen sagen, lesen Sie sich den Artikel mal richtig durch, kommen Sie endlich zur Besinnung und hören auf, die Leute gegeneinander aufzuwiegeln! Das bringt Ihnen nämlich gar keine Punkte.
(Bernhard Wildt, BMV: Auch ein Wessi. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BMV – Bernhard Wildt, BMV: Na, wer baut die denn auf, die Mauer?! – Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Du!)