Protocol of the Session on March 16, 2018

(Marc Reinhardt, CDU: Der Schwimmminister.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste! Als ehemaliger Sportminister weiß ich natürlich um die hohe Bedeutung des Schwimmsportes und des Schwimmunterrichts in diesem Land. Ich spreche heute auch nicht in Vertretung meiner geschätzten Kollegin Hesse, die jetzt für Sport zuständig ist, sondern als Kommunalminister.

Das ändert nichts an der Tatsache, Herr Dr. Manthei, dass sich der vorliegende Antrag bei einer näheren Betrachtung als zumindest verfassungsrechtlich fragwürdig entpuppt, dessen finanzielle Folgen, das haben Sie richterweise auch gesagt, weitreichend wären und der zudem die Aufgaben vor den wirklichen Bedürfnissen der Kommunen verschließt. Wir sind immer noch bei dem Thema „Kommunale Selbstverwaltung“ und solche Dinge sind in der Eigenverantwortung der Kommunen,

(Bernhard Wildt, BMV: Schwache Ausrede.)

denn die kommunale Selbstverwaltung, das haben wir heute wieder mehrfach gehört, ist ein hohes Gut und ein grundlegendes Staatsprinzip. Deswegen können wir nicht einfach nach Gutdünken bestimmte Sachen infrage

stellen, wann immer es uns gerade passt, ohne ein Konzept zu erarbeiten. Um es ganz deutlich zu sagen: Die Landesregierung plant auch nicht, ein solches Konzept zu erarbeiten oder in irgendeiner Form das vorzuschreiben.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Aufgaben, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln, sind auch durch die Gemeinden eigenverantwortlich wahrzunehmen. Das betrifft das Ob der Aufgabenwahrnehmung genauso wie das Wie. Hinter diesem staatsorganisatorischen Prinzip steht natürlich eine grundlegende Erkenntnis, dass Gemeinden über örtliche Belange besser, sachnäher und bürgernäher entscheiden können, als das übergeordnete Stellen tun. Lediglich dann – und auch das ist bekannt, deswegen machen wir gerade kurz mal den Ausflug –, wenn es ein ausreichendes öffentliches Interesse gibt, kann der Staat öffentliche Aufgaben zu kommunalen Pflichtaufgaben machen, wie wir es eben beispielsweise bei der Schulträgerschaft machen, wie wir es beim Brandschutz machen oder wie es auch bei der Abwasserbeseitigung geschehen ist. In solchen Fällen kann es durchaus sinnvoll sein, dass wir für eine übergemeindliche Planung sorgen oder gemeinsam vorgehen, wie wir es auch bei der Brandschutzbedarfsplanung beispielsweise gerade durchführen oder bei der Schulentwicklungsplanung in Zusammenarbeit mit den Landkreisen.

Schon die Beispiele – deswegen habe ich mir die mal ausgesucht und hier gebracht – machen deutlich, dass die Einrichtung von Schwimmbädern bei aller Wertschätzung für den Schwimmunterricht und bei aller Wertschätzung, dass wir uns möglichst viele Schwimmhallen im Land wünschen sollten, keinen gleichwertigen Stellenwert besitzt wie die Schulentwicklungsplanung, um mal das Beispiel zu bringen. Gehen wir also von der Grundprämisse aus, dass wir Schwimmhallen nicht zu einer Pflichtaufgabe machen wollen, welchen Sinn hat dann ein landesweites Schwimmhallenkonzept, wenn das die Kommune selbst entscheidet, ob sie den Schwerpunkt setzt, ihr Theater zu sanieren oder eine Schwimmhalle bauen zu wollen? Das sollten wir auch als Land tunlichst nicht vorschreiben. Niemand braucht ein Konzept, aus dem sich ergibt, wo es an und für sich schön wäre, eine Schwimmhalle zu haben, wenn es denn eine Kommune gäbe, die diese auch baut, denn schlussendlich, das wissen Sie auch, kann nur die Kommune eine Schwimmhalle bauen, wenn sie Fördermittel des Landes haben will. Das ist nicht über Vereine oder sonstige andere Institutionen möglich. Es muss immer eine Entscheidung der Kommune sein.

Und da wissen Sie auch, bei aller hohen Förderung – zum Schluss bleibt ein Eigenanteil für die Kommune übrig, und eine Schwimmhalle ist nicht schnell gebaut. Das haben wir heute in Anklam gelernt. Das ist durchaus ein langwieriger Weg, aber das Entscheidende sind nachher die Betriebskosten und diese werden in der Regel eben nicht gefördert. Auch da erleben wir immer mit den Schwimmhallen, die wir im Land schon am Netz haben, meistens in größeren Städten, wie schwierig es ist, dass sie betriebswirtschaftlich überhaupt am Leben bleiben, siehe Rostock ehemals, siehe Güstrow et cetera. Schon deswegen ist es sehr wichtig, sich zu überlegen, wie wir das aufstellen können. Ich glaube nicht, dass das Parlament möchte, dass wir MecklenburgVorpommern zum ersten Bundesland machen, in dem

der Schwimmhallenbau und die damit verbundene Unterrichtsaufgabe zur Pflichtaufgabe erhoben wird, denn dann ist in der Tat das Land zuständig. Für diesen Fall empfehle ich dringend den Artikel 72 Absatz 3 der Landesverfassung. Das Konnexitätsprinzip würde das Land in diesem Fall nicht nur verpflichten, sämtliche Kosten für neue Schwimmhallen zu übernehmen, sondern auch für alle bestehenden.

Solange Schwimmhallen aber eine freiwillige Aufgabe bleiben, müssen wir uns nicht über den vom Antragsteller verwendeten Begriff „Versorgungslücken“ unterhalten. Was sind nach Ihrer Auffassung denn „Versorgungslücken“? Wie definieren Sie „Versorgungslücken“? Eine Lücke kann es nämlich nur immer dort geben, wo überhaupt eine flächendeckende Versorgung festgeschrieben ist. Und in vielen Fällen, das wissen Sie genauso gut wie ich, gibt es für unser Land immer ein Problem. Wir sind ein Land mit einer großen Fläche und wenig Menschen. Das ist eine riesige Herausforderung, die Wünsche und den Bedarf so zu gestalten, dass das Land lebens- und liebenswert ist. Deswegen sollten wir es auch tunlichst vermeiden, Wünsche zu formulieren und in den Raum zu stellen, die schon aufgrund unserer natürlichen Gegebenheit – der Fläche und der Menschen – in dem Umfang einfach nicht realistisch sind. Wir sollten so ehrlich sein und damit umgehen und sagen, dort, wo man die Schwerpunkte setzt als Kommune, sollten wir das als Land in vollem Umfang unterstützen.

(Zuruf von Dr. Matthias Manthei, BMV)

Dort, wo Private in ihren Hotels Schwimmhallen bauen, sollten wir vielleicht versuchen, ob wir diese mehr auch im Rahmen von Schwimmunterricht und anderen Dingen mitnutzen können, wie es schon getan wird, aber wir sollten nicht Wünsche und Hoffnungen wecken, die einfach so nicht tragbar sind.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Und noch mal, im Anschluss kommt der Hammer, das sind die Folgekosten, die dann bei den Kommunen bleiben.

Nicht ganz zu Unrecht kritisiert die kommunale Ebene selbst die staatliche Einflussnahme auf eigenverantwortliche Entscheidungsprozesse durch scheinbar verlockende Förderprogramme. Die Förderung ist das eine, egal, worüber wir reden, der Betrieb ist immer das andere. Zu der Einsicht, dass man vor Ort am besten weiß, für welchen Zweck Finanzmittel sinnvoll eingesetzt werden sollen, läuft der „Goldene Zügel“ total zuwider der Frage, ob eine Gemeinde bei ausreichender finanzieller Leistungsfähigkeit lieber das Schwimmbad realisiert oder einen anderen Schwerpunkt. Diese Maßgabe sollten wir im Land weiter aufrechterhalten.

Für diesen Antrag kann ich aus diesem Grund auch nur einmal mehr feststellen, das ist sicherlich gut gemeint,

(Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

aber häufig ist gut gemeint halt genau das Gegenteil von gut. Insofern bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit und würde empfehlen, den Antrag abzulehnen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Schneider.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute! Gäste sind keine mehr da, großartig.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Oh doch, Entschuldigung, da oben!

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Vorweg möchte ich eine Sache klären, und zwar geht es meinem geschätzten Kollegen Herrn de Jesus Fernandes mitnichten darum, nur seinen eigenen Hintern zu retten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht?! Ihren auch, oder was?)

Das möchte ich einfach mal klargestellt wissen.

Und jetzt zum eigentlichen Thema zurück. Zu den Aufgaben von Städten und Gemeinden zählt es, sich sport- und gesundheitspolitisch einzubringen. Das heißt auch, sich für gesundheitsfördernde Lebenswelten und Angebote zu engagieren. Schwimmhallen bilden dabei einen Teil des soziokulturellen und sportlichen Angebotes einer Stadt oder Region. Gleichzeitig leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität. Schwimmhallen ermöglichen es, den in den Lehrplänen vorgesehenen Schwimmunterricht durchzuführen. Schwimmhallen dienen der körperlichen Ertüchtigung und damit letztlich der Gesundheitsförderung der Bürger sowie der Jugendarbeit. Des Weiteren befördern Schwimmhallen in Abhängigkeit von der jeweiligen Region auch die touristische Infrastruktur.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir uns hier im Landtag über öffentliche Schwimmhallen unterhalten, dann haben wir zumindest zweifach politische Dimensionen zu beachten. Es ist heute viel Wichtiges und auch Richtiges dazu gesagt worden:

Erstens haben wir die bildungspolitische Dimension, die Schwimmhalle als Ort der Schwimmausbildung, denn wir haben, wie wir den Ausführungen des Ministers Glawe entnehmen konnten, tatsächlich großen Nachholbedarf bei eben dieser Schwimmausbildung.

Dann haben wir zum Zweiten die soziokulturelle und tourismuspolitische Dimension, die Schwimmhalle als Ort für Sport, Freizeit und Urlaub und leider auch – und das ist die schwierige Dimension in dem Zusammenhang – die kommunale und finanzielle, die Schwimmhalle als Ort einer freiwilligen Aufgabe im eigenen Wirkungskreis und den damit verbundenen Kosten. Darauf hat der Herr Innenminister gerade hingewiesen.

Diese Dimensionen müssen sorgfältig betrachtet, analysiert und ausgewertet werden. Es besteht bei einem solchen Antrag, wie diesem hier vorliegenden, immer die Gefahr, dass wir mit drei Bällen jonglieren, wobei auch immer die Gefahr besteht, dass einer davon im Schaufenster landet.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Bei zweien auch.)

Aber gehen wir das Ganze im Einzelnen durch.

In Ziffer 1 des Antrages ist zu lesen, dass allen Bürgern in Mecklenburg-Vorpommern der wohnortnahe Zugang zu öffentlichen Schwimmhallen möglich sein soll. Die Schwimmhallenversorgung des Landes sei derzeit unzureichend. Begründet wird dies unter anderem damit, dass die fehlende Erreichbarkeit einer geeigneten Schwimmstätte einer der Hauptgründe sei, warum einige Grundschulen in den vergangenen beiden Jahren keinen Schwimmunterricht durchgeführt haben. Die Datengrundlage zu dieser Erkenntnis bildet die Kleine Anfrage auf Drucksache 7/691 von Dr. Manthei zur Schwimmfähigkeit von Grundschülern in Mecklenburg-Vorpommern. Diese wird aber entweder falsch gelesen oder fehlinterpretiert. In 26 Fällen der rund 260 Grundschulen, das wäre jede zehnte, wurde kein Schwimmunterricht durchgeführt.

Das heißt zum einen, dass es in diesen Fällen Klärungsbedarf gibt, aber zum anderen auch, dass diese Herausforderung lösbar erscheint. Und wenn ich mir zeitgleich die Begründung dazu ansehe, warum kein Schwimmunterricht stattgefunden hat, dann ist festzustellen, dass der Hauptgrund darin liegt, dass der Schwimmunterricht alle zwei Jahre oder bei den Regionalschulen mit Grundschulanteil erst in der Klasse 5 erfolgt. Der Mangel an einer geeigneten Schwimmstätte taucht als alleinstehende Begründung nur einmal auf, ansonsten ist immer die Kombination mit der Nichtübernahme der Kosten entweder durch die Schulträger …

(Dr. Matthias Manthei, BMV: Ja, Fahrtkosten.)

Ja, das habe ich gerade erwähnt.

… oder das Fehlen von ausgebildeten Schwimmlehrkräften beziehungsweise Rettungsschwimmern ersichtlich. Ob wir mit einem Konzept zur Versorgung des Landes mit öffentlichen Schwimmhallen an dieser Stelle weiterkommen, erscheint zutiefst fragwürdig.

Betrachtet man nun die zweite, die soziokulturelle und tourismuspolitische Dimension, so ist sicherlich festzustellen, dass der Bau einer Schwimmhalle auf breite Zustimmung stoßen würde und für den einen oder anderen ein Traum in Erfüllung ginge. Die Freude wäre sicherlich groß. Aber wer nutzt und mit welcher Intensität nun die Schwimmhallen und was ist eigentlich in diesem Zusammenhang wohnortnah?

Nehmen wir einmal das Beispiel direkt hier in Schwerin. Die neu errichtete Schwimmhalle auf dem Großen Dreesch kostete rund 10 Millionen Euro und wurde auch um eine Sauna erweitert. Nun habe ich letztens in einer Beschlussvorlage für die Stadtvertretung Schwerin vom Kollegen Henning Foerster Folgendes gelesen, und ich zitiere: „Die Besucherzahlen zeigen deutlich auf, dass die derzeitige Entgeltordnung eine klare Präferenz auf das Einzelticket legt. Die angebotenen Mehrfachtarife (11er Karte) werden durch die Nutzer kaum angenommen. Für das Erwachsenenticket liegt die Nutzerrate für das Mehrfachticket bei 3,6 %. Für das Familienticket gerade einmal bei 1,1 %.“

Wie kommt so etwas zustande? Ein möglicher Erklärungsansatz könnte darin liegen, dass man das Won

nemar Wismar durchaus als wohnortnah für Schweriner ansehen und damit als Konkurrenz erachten muss. Mit dem Auto aus Schwerin ist man in circa 40 Minuten in Wismar. Ist das wohnortnah? Das ist anzunehmen. Mit der Regionalbahn von Schwerin nach Wismar und dann mit den entsprechenden entweder öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem 20-minütigen Fußweg sicherlich nicht, und daran sieht man, dass die Zeit und nicht die Entfernung das Ausschlaggebende ist.

Auch nach einer Kosten- und Nutzenabwägung gibt es Schweriner Bürger, die sich lieber für einen Jahresvertrag im Wonnemar entscheiden und nicht für eine Mehrfachkarte in Schwerin. Aus diesem Betrachtungswinkel müssten zunächst einmal eine Bestandsaufnahme und eine Bedarfsanalyse erfolgen, bevor es überhaupt zu einem Konzept käme.

Nun möchte ich aber zur letzten und gleichzeitig wichtigsten Dimension kommen, Kommunales und Finanzen, als die ausschlaggebende in dem Zusammenhang oder besser die Einbettung von Schwimmhallen im Kontext der Subsidiarität und Konnexität – wer bestellt, der zahlt. Bleiben wir beim Beispiel Schwerin. Im Haushaltsplan der Stadt Schwerin für die Jahre 2017/2018 taucht die Schwimmhalle auf dem Großen Dreesch unter der Leistungsnummer 4240201 mit einem Planergebnis und einer Unterdeckung von 608.800 Euro in 2017 und mit einer erwarteten Unterdeckung von 631.700 Euro für 2018 auf. Die Aufwendungen übersteigen so klar die Erträge. Man erwartet damit einen Deckungsgrad von circa 50 Prozent. Jetzt kann und will sich Schwerin dieses leisten. Generell muss aber aus dem finanziellen Betrachtungswinkel klar sein, dass, wer schwimmen will, zusehen muss, sich auch über Wasser zu halten.

Erweitern wir unseren Blick auf andere Bundesländer. Das Bäderkonzept der Solinger Schwimmbäder von vor zehn Jahren weist niedrigere Deckungsgrade zwischen 13 und 40 Prozent aus. Der Deutsche Städte- und Gemeindetag ist übrigens in der Stellungnahme zu dem Konzept beziehungsweise zu der ganzen Problematik der Bäder zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Selbst die gut ausfinanzierten Freizeitbäder haben einen Deckungsgrad von maximal 83 Prozent, die brauchen also auch immer noch öffentliche Zuschüsse.

Im etwa gleichen Zeitraum in Schleswig-Holstein kam der Landesrechnungshof dort zu dem folgenden Ergebnis, und ich zitiere: „Während die Kostendeckungsgrade bei den Freibädern im Mittel Werte zwischen rd. 20 % und 35 % annahmen,“ …

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Glocke der Vizepräsidentin)