Protocol of the Session on December 7, 2016

Zum anderen haben die Wähler alles richtig gemacht, indem sie Ihnen diesen deutlichen Stimmenverlust zugefügt haben.

(Beifall Enrico Komning, AfD)

Die gesamte Regierungserklärung zeigt wenig Licht und viel Schatten. Wir müssen da zunächst mal im Justizsektor bleiben. Hier gilt es festzuhalten: Den praktizierten Weg der Bürgerferne – Wahlkreisstrukturreform, Gerichtsstrukturreform – behalten Sie weiter bei. Sie geben sich nicht mal den Anschein der Mühe, das zu verhindern oder wieder zurechtzudrehen. Sie bleiben bei einer Politik, die sich vom Bürger entfernt. Da ist es ein kleiner Lichtblick, dass Sie sich bemühen wollen, mehr Bürgerentscheide durchzuführen, allerdings nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, weil Sie gleichzeitig Hürden erhöhen, statt abzubauen, und das auch nur in ausgewählten Bereichen anstreben.

Wir von der AfD wünschen uns eine unmittelbare Demokratie in allen die Bürger wesentlich belangenden Fragen und werden uns bemühen, das durchzusetzen. Ich möchte dazu noch betonen, das geschieht im Parlament und außerhalb des Parlaments auf der Straße. Dresden, Erfurt und andere Städte zeigen, dass Abendspaziergänge oder Mittagsspaziergänge durchaus ein richtiger Weg sind, die Bevölkerung anzusprechen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Torsten Renz, CDU: Können Sie auch was Neues bringen oder wiederholen Sie nur den Fraktionsvorsitzenden, mit dem Sie nicht zufrieden waren?)

Ich war mit meinem Fraktionsvorsitzenden sehr zufrieden.

(Torsten Renz, CDU: Sie müssen auch mal was Neues bringen.)

Ich habe bisher, glaube ich, nichts wiederholt von dem, was wir gesagt haben.

Wenn man die Regierungserklärung Revue passieren lässt und den Koalitionsvertrag aufmerksam liest – das haben die Kollegen von der Linkspartei schon gesagt –, dann wollen Sie ganz viel prüfen, ganz viel überdenken. An den wenigen Stellen, wo Sie wirklich etwas Neues anpacken wollen, wollen Sie das immer wieder in Zusammenarbeit mit den Kommunen tun. Eigentlich schön, wir werden allerdings sehr kritisch verfolgen müssen, dass die Zusammenarbeit mit den Kommunen nicht darauf hinausläuft, dass Sie den Kommunen weitere finan

zielle Lasten aufbürden, für die kein Ausgleich erfolgt, denn unsere Kommunen sind schon abgestraft genug.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich wollte noch das ansprechen, was Sie unter Familienpolitik verstehen.

(Torsten Renz, CDU: Dazu hat sich Ihr Fraktionsvorsitzender ja schon geäußert.)

Die Familie ist die Wurzel unserer Gesellschaft und das wichtigste Standbein für sozialen Frieden. Allerdings ist das Familienbild, das Sie im Koalitionsvertrag vermitteln, nicht das Familienbild, das wir anstreben. Statt klassische Familie zu fördern, wollen Sie alle möglichen bunt gewürfelten Formen zwischenzeitlichen Zusammenlebens darunter subsumieren. Dem werden wir unseren Widerstand entgegensetzen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Das heißt, Patchworkfamilien fallen bei Ihnen da raus?)

Und wenn Sie dann noch auf die Idee kommen sollten, beim Punkt Familie und Erziehung Themen wie Genderorientierung und Frühsexualisierung in der Grundschule auf Ihre Fahnen zu schreiben, dann, muss ich sagen, werden wir auch dagegen vorgehen. Die Grundschule ist dazu da, den Schülern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen, und nicht etwa den Umgang mit sexuellen Praktiken oder einer gendergerechten Lebensweise.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Da hat der Bürger ja schon ein deutliches Wort gesprochen und diejenigen per Wahl aus dem Landtag entfernt, die das besonders intensiv betrieben haben. Es ist gut, dass die GRÜNEN sich auf diese Weise aus diesem Hause verabschiedet haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Das gleiche Schicksal blüht Ihnen auch, wenn Sie weiter so einen Unsinn erzählen!)

Das gleiche Schicksal blüht uns nicht. Dazu wollte ich zum Schluss noch etwas sagen. Ein Gutes hat Ihr „Weiter so“: Wenn Sie nämlich weiter so machen, dann werden wir in fünf Jahren nicht mit 18, sondern mit 34/36 Abgeordneten hier sitzen

(Tilo Gundlack, SPD: Na, da mussten Sie eben aber lange rechnen.)

und Regierungspartei werden.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Und das wäre ganz besonders gut so. In diesem Sinne – aber auch nur in diesem Sinne – möchte ich Ihnen zurufen: Weiter so! Wenn Sie aber wirklich einen Dienst an unserer Heimat leisten wollen, dann sollten Sie schleunigst das Ruder rumwerfen und vernünftige Politik betreiben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Herr Abgeordneter Weber, ich gehe davon aus, dass Sie damit Ihre

persönliche Bemerkung, die Sie beantragt hatten, bereits abgegeben haben.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ja, richtig.)

Normalerweise ist es so, dass man für persönliche Bemerkungen erst nach der Debatte hier vorn das Wort erhält, aber Sie haben das jetzt schon gemacht. Außerdem behalten wir uns vor, Ihre Rede auf die Verfassungskonformität hin zu prüfen und gegebenenfalls noch Ordnungsmaßnahmen zu verkünden.

Es erhält jetzt das Wort der Kollege Schulte von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist normalerweise ja nicht üblich, dass nach dem Fraktionsvorsitzenden zwingend ein weiterer Abgeordneter aus meiner Fraktion das Wort ergreift, weil es nach den demokratischen Gepflogenheiten, die ich in 14 Jahren hier habe erleben dürfen, so ist, dass zwischen den demokratischen Fraktionen alles gesagt wird. Aber gestatten Sie mir trotzdem, vielleicht zwei, drei Punkte – und ich will das wirklich nur auf wenige Punkte konzentrieren – noch mal aufzugreifen.

Ich fange gleich mit dem letzten Redebeitrag des Herrn Professor Weber an. Das richtet sich jetzt weniger an Sie, Herr Professor Weber, sondern mehr an Ihren Fraktionsvorsitzenden und seinen Parlamentarischen Geschäftsführer. Vielleicht sollten Sie in Ihrer Fraktion noch mal innehalten und darüber nachdenken. Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass die Form der Anrede, die Ihr Fraktionsmitglied hier gewählt hat, derjenigen entspricht – und ich glaube nicht, dass das in Ihrem Interesse ist, Herr Kollege Holm –, die in der letzten Wahlperiode von den Herren der NPD gewählt worden ist.

(Leif-Erik Holm, AfD: Wo ist jetzt Ihr Problem?)

Ich kann mir nicht vorstellen,

(Zuruf von Leif-Erik Holm, AfD)

ich kann mir nicht vorstellen, Herr Manthei, Herr Holm, dass Sie hier mit der NPD in einen Topf geworfen werden wollen.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle, denn das kann man als Sozialdemokrat nicht stehen lassen, noch mal auf die Äußerung von Herrn Professor Weber einzugehen, dass der Kniefall von Willy Brandt ein Verrat an den Vertriebenen gewesen wäre.

Meine Damen und Herren, es ist tatsächlich so, dass diese Äußerung von Herrn Weber auch in der Fraktion der SPD getan wurde, so wiederholt worden ist. Dass wir unter diesen Voraussetzungen uns nicht in der Lage sehen, ihn zu einem stellvertretenden Präsidenten dieses Hohen Hauses zu wählen, das wird vielen von Ihnen verständlich sein. Nach Auffassung meiner Fraktion, nach Auffassung meiner Partei – aber ich glaube, das ist inzwischen Konsens weit über die Grenzen der Sozialdemokratie hinaus – war die Politik Willy Brandts wesentliche Grundlage für die Überwindung des Kalten Krieges, für die Überwindung der Teilung in Europa, der Trennung, tatsächlich für ein Miteinander auch gerade zwischen den damaligen deutschen Staaten. Letztendlich,

meine Damen und Herren, und das muss man mal in diesem Hause sagen dürfen, war sie damit eine der Grundlagen für die Überwindung der deutschen Teilung und auch dafür, dass die Menschen in der DDR 1989 sich die Freiheit erstritten haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig.)

Wer das infrage stellt, wer die Person Willy Brandts stattdessen mit dem Attribut „Volksverräter“ belegt, der zeigt, wes Geistes Kind er ist.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Einen Satz möchte ich noch zu der Äußerung des Kollegen Manthei sagen, dass man sich erfolgreichen Wahlkampf bei der AfD abschauen kann. Herr Kollege Manthei, ich will Ihnen und Ihrer Partei nicht zu nahe treten, aber schauen Sie sich einmal an, wie viele Direktwahlkreise in diesem Land von der SPD gewonnen worden sind – das sind 26, die Kolleginnen und Kollegen sitzen heute hier – und wie viele Direktmandate Ihre Partei gewonnen hat, das sind 3. Da können Sie sicherlich noch viel lernen und wir sind gern bereit, in einem demokratischen Diskurs mit Ihnen darüber zu sprechen.

Meine Damen und Herren, aber lassen Sie mich noch auf Inhalte eingehen, sofern sie überhaupt heute von den Oppositionsfraktionen angesprochen worden sind. Das ist ja bei den Ausführungen des Kollegen Manthei im Grunde nur ein Punkt gewesen, die innere Sicherheit. Er hat das begründet, die mangelnde innere Sicherheit, die es in unserem Land geben würde, mit dem Anschlag, der auf seine eigene Privatwohnung – Herr Kollege, wenn ich das richtig verstanden habe – erfolgte. Ich bedaure das zutiefst. Ich halte das für keinerlei Maßnahme innerhalb eines wie auch immer gearteten politischen Diskurses. Der Diskurs muss mit Worten geführt werden und in keinem Fall mit irgendwelchen Auseinandersetzungen tätlicher Art. Ich sage das auch deswegen,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

ich sage das auch deswegen, Herr Kollege Manthei, weil ich selbst zwar nicht mit meiner privaten Wohnung, aber mit meinem Wahlkreisbüro dreimal Gegenstand entsprechender Anschläge gewesen bin, nicht von Linksextremen, sondern von Rechtsextremen, die das entsprechend attackiert haben. Gott sei Dank kann ich, das sage ich an dieser Stelle auch, die Kritik, die Sie an der Arbeit der Polizei geäußert haben, in dem Zusammenhang nicht teilen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich die Polizei große Mühe gegeben hat, nicht nur die Situation aufzuklären, sondern auch in der Perspektive zu verhindern. Dass das nicht immer machbar ist, Herr Kollege, das räume ich auch ein, aber Sie werden nie in einem demokratischen Staat so viel Sicherheit haben, dass Sie jegliche Gefahr ausschließen können. Wer das möchte, ist auf dem Weg zur Diktatur, und selbst Diktaturen können das nicht gewährleisten.

Meine Damen und Herren, Sie haben eine weitere Äußerung getan – und damit möchte ich auch schließen, was die Ausführungen der AfD angeht –, Sie haben eine weitere Äußerung getan, dass wir als Koalitionsfraktionen, dass wir als SPD Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit, an dem rechtsstaatlichen Verhalten der Polizistinnen und Polizisten in diesem Land haben. Das, meine Damen und Herren, weise ich aufs Schärfste für meine Fraktion zu

rück. Wir vertrauen darauf, dass die Polizisten in diesem Land – und wir sind uns sicher darin – auf dem Boden des Rechtsstaates, auf dem Boden des Gesetzes stehen. Die Polizistinnen und Polizisten in ihrer Arbeit, in ihrer schweren Arbeit, haben eine besondere Verantwortung. Sie stehen als Erste für das Gewaltmonopol des Staates. Und dass der Staat dieses Gewaltmonopol ausübt, ist eine der großen rechtsstaatlichen Errungenschaften, die sich seit dem 18. und 19. Jahrhundert in Europa durchgesetzt haben, dass nicht mehr jeder, in welcher Form auch immer, mit der eigenen Waffe für Ordnung und Sicherheit meint dienen zu müssen.

Aber wenn man Vertrauen hat in die Polizistinnen und Polizisten, wenn man davon ausgeht, dass die Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten sich eben gesetzestreu verhält, dann muss man auch dafür Sorge tragen, dass die ein oder zwei schwarzen Schafe, die es möglicherweise in ihren Reihen gibt, wie es sie in jeder Berufsgruppe gibt, auch tatsächlich herausgegriffen werden können und sie sich nicht hinter der Masse ihrer gesetzestreuen, ihrer ordentlichen und fleißig arbeitenden Kolleginnen und Kollegen verstecken. Und dafür, meine Damen und Herren, ist es wichtig, dass im Einzelfall nicht, wie in der Vergangenheit geschehen, mit pauschalen Vorwürfen gegen die Polizei im Allgemeinen gearbeitet wird, sondern dass, wenn es tatsächlich im Ausnahmefall zu strafbaren Handlungen von Polizisten gekommen ist, diese dann auch konkret benannt werden können. Ich glaube, das ist ein großer Schritt, um das Vertrauen in die Arbeit der Polizei – und die Kolleginnen und Kollegen haben es verdient, dass die Menschen in diesem Land ihnen mit Vertrauen entgegentreten – entsprechend zu stärken.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich mit einigen wenigen Punkten auch noch mal auf die Rede der Kollegin Oldenburg eingehen. Frau Kollegin Oldenburg – man wird es ihr ja sicherlich ausrichten, ansonsten kann sie es vielleicht auch draußen hören –,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)